Parlamentskorrespondenz Nr. 1160 vom 20.10.2021

Maßnahmenpaket zur Terrorismusbekämpfung und gegen Frauenmorde passiert Innenausschuss

Grünes Licht für Umsetzung einer EU-Richtlinie für ein EU-weites elektronisches Einreise- und Ausreisesystem

Wien (PK) – Grünes Licht gaben die Abgeordneten heute im Innenausschuss für zwei Regierungsvorlagen. So sollen Verschärfungen im Vereins-, Waffen- und Sprengmittelgesetz den Kampf gegen Terrorismus genauso verbessern wie den gegen Frauenmorde. Eine EU-Richtlinie für ein EU-weites elektronisches Einreise- und Ausreisesystem soll ebenso umgesetzt werden. Außerdem standen mehrere COVID-19-Berichte sowie ein Bericht über Fingerabdruck-Datenaustausch mit den USA auf der Tagesordnung.

Terrorismusbekämpfung: Verschärfungen im Vereins-, Waffen- und Sprengmittelgesetz

Mit Verschärfungen des Waffen-, Vereins- und Sprengstoffmittelgesetzes möchte die Bundesregierung ein nach dem Terroranschlag in Wien vereinbartes Maßnahmenpaket umsetzen (1101 d.B.). So soll der Zugang zu Schusswaffen für bestimmte Personengruppen ausgeschlossen werden. Bestimmte Verurteilungen, insbesondere wegen Terrordelikten, werden zwingend zu einem Waffenverbot führen. Ebenso soll bei Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots ein vorläufiges Waffenverbot gelten. Zudem soll bei einer Neuausstellung einer Waffenbesitzkarte – im Jahr 2019 wurden ca. 6.500 neu ausgestellt – überprüft werden, ob über die oder den Betroffenen staatschutzpolizeiliche Vormerkungen vorliegen, heißt es in der Regierungsvorlage.

Im Bereich des Vereinsgesetzes soll die Vereinsbehörde verpflichtet werden, im Falle der Ausübung eines Kultus von Vereinen deren Statuten an das Bundeskanzleramt (Kultusamt) zu übermitteln. Solche Kultus ausübende Vereine würden in die inneren Angelegenheiten einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft eingreifen, wird in den Erläuterungen argumentiert. Die Gründung derartiger Vereine sei daher zu verhindern. Um terroristische Sprengstoffattentate zu erschweren, soll zudem das Übereinkommen über die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zweck des Aufspürens auf gesetzliche Basis gestellt werden.

Österreich sei eines der sichersten Länder weltweit und das solle so bleiben, betonte Innenminister Karl Nehammer. Es würden Kommunikationsschnittstellen geschaffen, um den Austausch der Behörden zu verbessern. Als Maßnahme gegen die hohe Zahl an Frauenmorden hob Nehammer auch das vorläufige Waffenverbot hervor, das bei Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbots in Kraft trete. Sabine Schatz (SPÖ) begrüßte das vorläufige Waffenverbot. Man müsse aber weitere Maßnahmen gegen die hohe Zahl an Frauenmorden in Österreich ergreifen, forderte sie. Ein Drittel der Frauenmorde sei unter Waffengebrauch geschehen, erklärte Meri Disoski (Grüne) die Maßnahme der Bundesregierung. Zudem hob die Abgeordnete hervor, dass bei Verordnung eines vorläufigen Waffenverbots künftig die Verhängung eines dauerhaften automatisch geprüft werde.

Jegliche Verschärfung des Waffenrechts sei abzulehnen, meinte hingegen Hannes Amesbauer (FPÖ). Bei den Maßnahmen handle es sich um eine überschießende Alibiaktion, die LegalwaffenbesitzerInnen schikaniere. Die Verhängung eines Waffenverbots sei schon jetzt möglich, betonte der freiheitliche Mandatar. Männer seien oft die leidtragenden, wenn bei kleinen Verdachtslagen ein Waffenverbot verhängt werde.

Grundrechtliche Überlegungen seien der Grund für die Ablehnung der NEOS zu dieser Vorlage, führte Abgeordnete Stephanie Krisper (NEOS) an. Das vorläufige Waffenverbot sei positiv zu beurteilen, Vereinsverbote außerhalb des Strafrechts seien aber bedenklich. Der Staat, der die Religionsfreiheit garantiere, habe auch ein Stück zu verhindern, dass in innere Angelegenheiten von Religionsgemeinschaften eingegriffen werde, entgegnete Georg Bürstmayr (Grüne) darauf. Die Regierungsvorlage wurde unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages der Regierungsparteien, der redaktionelle Richtigstellungen vorsieht, mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen mehrheitlich beschlossen.

EU-weites elektronisches Einreise- und Ausreisesystem

Eine weitere Regierungsvorlage betrifft das EU-Grenzmanagement bzw. dessen technische Umsetzung (1103 d.B.). Die bisher bestehenden EU-Informationssysteme zur Kriminalitätsbekämpfung und Grenzkontrolle seien nicht miteinander vernetzt, was das Risiko von Informationslücken erhöhe. Dies erschwere es beispielsweise dem Vollzug, Aufenthaltsüberziehungen systematisch und effektiv zu erfassen. Um diesen Problemen entgegenzuwirken, wurden von der EU mehrere Rechtsakte erlassen, die mit der nun eingebrachten Regierungsvorlage in nationales Recht umgesetzt werden sollen. Diese beinhalten unter anderem eine Verordnung über ein gemeinsames, elektronisches Einreise- und Ausreisesystem (ESS), das automatisch die Aufenthaltsdauer berechnet, automatische Warnmeldungen für die Mitgliedsstaaten bei Überschreitungen generiert und biometrische Daten von Drittstaatsangehörigen speichert, um der Verwendung von Mehrfach- und Falschidentitäten entgegenzuwirken. Dies könne laut Regierungsvorlage auch für eine wirkungsvollere "Migrationssteuerung" zum Einsatz kommen.

Mit der Umsetzung dieser Verordnung werde auch der Rechtsrahmen des Schengener Informationssystems (SIS) erweitert, einer umfangreichen Datenbank, die zur Unterstützung der Kontrollen an den Außengrenzen und der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden herangezogen wird. Zusätzlich sollen neue Möglichkeiten der biometrischen Recherche und des automatischen Fingerabdruckabgleichs zwischen allen Mitgliedsstaaten eingesetzt werden. Zielsetzung der EU-Verordnungen sei die Gewährleistung eines hohen Maßes an Sicherheit durch die verbesserten Möglichkeiten der Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität.

Interoperabilität sei der Schlüssel für erfolgreiche polizeiliche Zusammenarbeit, betonte Innenminister Nehammer. Dies würde die Kontrolle der EU-Außengrenzen verbessern und den Kampf gegen illegale SchlepperInnen sowie die Identifikation potenzieller TerroristInnen bei Grenzübertritten erleichtern. Die Vernetzung der Daten sei äußerst wichtig, um TäterInnen zu identifizieren, hob ein Experte des Innenministeriums hervor. Dem pflichtete Christian Ries (FPÖ) bei und bedauerte, dass es diese Verknüpfung bis jetzt nicht gegeben habe. Reinhold Einwallner (SPÖ) erkundigte sich, welche Daten betroffen seien und welche Instrumente der Migrationssteuerung zum Einsatz kämen. Die Regierungsvorlage wurde mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS mehrheitlich beschlossen.

Bericht über Fingerabdruck-Datenaustausch mit USA

Über den Stand der Zusammenarbeit im Rahmen des PCSC-Abkommens zwischen Österreich und den USA informiert der Innenminister in einem jährlichen Bericht (III-366 d.B., Zeitraum Mai 2020 bis April 2021). Das Abkommen ermögliche den österreichischen Sicherheitsbehörden eine effizientere Zusammenarbeit mit den US-Behörden zur Verhinderung terroristischer und schwerer Straftaten. Zu diesem Zweck ist insbesondere ein gegenseitiger automatisierter Abruf daktyloskopischer Daten (Fingerabdrücke) vorgesehen. Bei diesem wird festgestellt, ob in einer der Dateien der anderen Vertragspartei ein übereinstimmender Datensatz vorhanden ist. Weitere personenbezogene Daten und sonstige Informationen werden nur auf Nachfrage nach positivem Abschluss eines eigenen Verfahrens übermittelt.

Die Zusammenarbeit mit Drittstaaten sei essentiell für die Strafverfolgung, betonte Innenminister Karl Nehammer. Es konnten bereits zahlreiche Personen ermittelt werden, die Straftaten verübt hatten oder gegen die Ermittlungen geführt wurden. Ein Experte des Bundeskriminalamts führte an, dass der operative Betrieb und die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika hervorragend laufen würden. Es seien dem Innenministerium auch keine Beschwerden über die missbräuchliche Verwendung von Daten im Rahmen des Abkommens bekannt. Katharina Kucharowits (SPÖ) und Stephanie Krisper (NEOS) erkundigten sich, wie der Datenschutz eingehalten werde. David Stögmüller (Grüne) fragte nach der Zahl der Abfragen und erfolgreichen Aufgriffe. Der Bericht wurde einstimmig angenommen.

Bericht über Budgetbedarf aus COVID-19-Krisenbewältigungsfonds

Mehrere Berichte zur Verwendung der finanziellen Mittel aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds standen ebenfalls auf der Tagesordnung und wurden einstimmig von den Abgeordneten zur Kenntnis genommen. Aus dem Innenministerium liegen Zahlen für die Zeiträume Mai (III-354 d.B.), Juni (III-381 d.B.), Juli (III-402 d.B.) und August 2021 (III-423 d.B.) vor. Für das Jahr 2021 wird von einem Mittelbedarf von 13,9 Mio. € für den Schutz der Bediensteten (für Schutzmasken, Einweghandschuhe, Schutzanzüge, Desinfektionsmittel, Schutzvorrichtungen sowie für Antigen- und PCR-Tests) ausgegangen, wovon bislang 6,32 Mio. € ausgeschöpft wurden. Auch im Bereich Fremdenwesen, für die dort tätigen Bediensteten und die Personen in den Bundesbetreuungseinrichtungen fallen Kosten für die Schutzausstattung an. Im Mai 2021 wurden 16.000 € hierfür aufgewendet. Im Juni, Juli und August 2021 erfolgten keine derartigen Auszahlungen. Budgetiert sind für das laufende Jahr 2 Mio. €, davon wurden 134.700 € ausgeschöpft.

Innenminister Nehammer betonte, dass es wichtig sei, die eingesetzten Mittel transparent darzustellen und die Bediensteten bestmöglich zu schützen. Auf die Frage von Katharina Kucharowits (SPÖ), warum im Bereich Fremdenwesen das Budget so wenig ausgeschöpft worden sei, führte Nehammer an, dass die eingesetzten Mittel ein Ausdruck des Infektionsgeschehens in den Einrichtungen seien. Es sei aktuell eine Herausforderung genügend Betreuungsplätze unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen bereit zu stellen. Aus diesem Grund seien auch Betreuungseinrichtungen wieder geöffnet worden, führte der Minister aus. (Fortsetzung Innenauschuss) pst