Parlamentskorrespondenz Nr. 1230 vom 08.11.2021

Höchstgerichte sehen vorerst keinen Budgetengpass

Budgetausschuss debattiert Budgetvorschläge für VfGH und VwGH

Wien (PK) – Die Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) und des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), Christoph Grabenwarter und Rudolf Thienel, erklärten heute im Budgetausschuss des Nationalrats, man werde wohl das Auslangen finden mit den für die Höchstgerichte geplanten Budgets. Allerdings merkte Grabenwarter an, auch wenn bei der Budgetplanung bis 2024 "kein unmittelbarer Druck" bestehe, müsse bis 2025 doch eine Lösung in Bezug auf die laufende Rücklagenentnahme gefunden werden.

Verfassungsgerichtshof deckt Mehrkosten mit Rücklagen

Im Jahr 2022 werden die Auszahlungen für den Verfassungsgerichtshof (VfGH) von den im Jahr 2021 veranschlagten 18,1 Mio. € laut vorgeschlagenem Bundesfinanzgesetz auf 17,3 Mio. € sinken (-4%). Das ist insbesondere auf den Wegfall des Sonderbudgets für die Sanierung des Veranstaltungszentrums zurückzuführen. Im Vergleich zum Budget von 2020 (17,1 Mio. €) steigen die veranschlagten Aufwendungen geringfügig an (+1,12%). VfGH-Präsident Grabenwarter erklärte dem Ausschuss, zur Deckung von Mehrkosten würden jährlich etwa 400.000 € an Rücklagen herangezogen. Das sei ein "strukturelles Problem"; zwar wolle er nicht "auf Vorrat" ein Budget anlegen, doch müsse diese Frage in den kommenden Jahren gelöst werden. Selma Yildirim (SPÖ) hatte in der Debatte die Mittelausstattung des VfGH aufgeworfen, speziell in Hinblick auf die Personalplanung.

Der Verfassungsgerichtshof erwartet weiterhin einen hohen Arbeitsanfall im Bereich des Asyl- und Fremdenrechts sowie bei Normprüfungen in Hinblick auf epidemierechtliche Regelungen. Dazu kommen laut Strategiebericht zum Budget laufend ansteigende Fixkosten, etwa für Miete, Energie und Betriebskosten. Mit 107 Planstellen im Jahr 2022 soll der Personalstand gegenüber dem Jahr 2021 um zwei Personen anwachsen. Bis 2025 ist im Vorschlag zum Bundesfinanzrahmengesetz ein Budgetzuwachs auf 17,6 Mio. € vorgesehen.

Unter seinen Gleichstellungszielen im Bundesvoranschlag führt der Verfassungsgerichtshof den Plan an, zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Zahl an Telearbeitsplätzen in den nächsten Jahren erhöhen zu wollen, konkret auf 22 bis 2023. Insbesondere solle dadurch auch bei Betreuungspflichten die Vollzeitbeschäftigung ermöglicht und die berufliche Qualifikation aufrecht erhalten werden.

Von Susanne Fürst (FPÖ) nach konkreten Kosten von Asylfällen aus bestimmten Ländern wie etwa Afghanistan am VfGH befragt, informierte Präsident Grabenwarter, eine derartige Länderstatistik führe sein Haus nicht. Grundsätzlich befasse sich jede Richterin und jeder Richter mit dem Asylbereich, wobei die Fälle zunächst an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und das Bundesverwaltungsgericht gingen, ehe sie zeitverzögert zum VfGH kämen. Aktuell liege die Anfallszahl geringfügig unter jener von 2020, so Grabenwarter, was eventuell auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sei.

Verwaltungsgerichtshof erwartet Anstieg an Asylfällen

Für den Verwaltungsgerichtshof sind nächstes Jahr 22,5 Mio. € vorgesehen, 1,2% mehr als 2021 (22,2 Mio. €). In etwa gleich bleiben dabei die Personalaufwendungen, da nicht mehr Planstellen als heuer – 202, davon 68 RichterInnen – geplant sind. Vor diesem Hintergrund sieht sich der Gerichtshof gezwungen, zur Gewährleistung der administrativen Rahmenbedingungen der Rechtsprechung die größtmögliche Sparsamkeit in der Justizverwaltung zu üben, wie im Strategiebericht zum Budget erklärt wird.

Geplant sei daher eine Fortsetzung der Digitalisierungsoffensive, vor allem bei der elektronischen Aktenführung. Dadurch wolle man neben den anderen Aufgaben des Verwaltungsgerichtshofs auch die zügige Behandlung der hohen Zahl an Revisionen in Asylangelegenheiten sicherstellen. Außerdem soll die Zahl an Telearbeitsplätzen von 3 auf 4 gesteigert werden. Von der diesen Sommer geschaffenen Möglichkeit der elektronischen Verhandlungsführung habe der VwGH bislang noch keinen Gebrauch gemacht.  Thienel war hier wie Grabenwarter der Meinung, Verhandlungen solange wie möglich im gewöhnlichen Präsenzformat durchführen zu wollen.

Konkret zu Asylverfahren gefragt berichtete Präsident Thienel im Ausschuss, dass es derzeit mit 2.500 neuen Verfahren etwas weniger als 2020 gebe und die Zahl der Erledigungen jener des Anfalls entspreche. Von den 22 Senaten am VwGH seien fünf mit Asylangelegenheiten befasst, 20 der 45 wissenschaftlichen MitarbeiterInnen arbeiteten diesen Asylsenaten zu. Angesichts der personellen Aufstockung des Bundesverwaltungsgerichts, das derzeit noch Rückstände abarbeite, rechnet Thienel mit einem entsprechenden Mehraufwand für den VwGH in den nächsten Jahren. Vom Finanzministerium habe er aber mehr Mittel zugesichert bekommen, wenn der Bedarf vorhanden sei. Im Entwurf zum Bundesfinanzrahmengesetz bis 2025 (1035 d.B.) steigen die Auszahlungen bis zum Ende der Finanzrahmenperiode auf 24,2 Mio. € an.

Weiterbildung im In- und Ausland

Zur Weiterbildung der MitarbeiterInnen nannten die Präsidenten von VwGH und VfGH die Verwaltungsakademie des Bundes als zentrale Stelle, aber auch den Austausch mit Verwaltungsgerichten in den Bundesländern und anderen Staaten. VfGH-Präsident Grabenwarter führte als Beispiel den Austausch mit dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg an. Damit das Wirken des Verfassungsgerichtshofs in der Gesellschaft noch besser bekannt werde, habe man im Rahmen der Wanderausstellung "Verfassung macht Schule" engen Kontakt mit den Bildungsdirektionen und dem Bildungsministerium gepflegt, sagte Grabenwarter, auch eine Kooperation mit dem Parlament bei der Demokratiebildung könne er sich vorstellen. Gerade in Zeiten einer drohenden gesellschaftlichen Spaltung sei eine verstärkte Transparenz der öffentlichen Organe wichtig. Martina Künsberg Sarre (NEOS) und Wolfgang Gerstl (ÖVP) hatten das Thema Verfassungsbildung in der Gesellschaft aufgeworfen.

Von Georg Bürstmayr (Grüne) nach Maßnahmen zur IT-Sicherheit in den Höchstgerichten befragt, beschrieb VwGH-Präsident Thienel die Kooperation des Verwaltungsgerichtshofs mit dem Bundesrechenzentrum in diesem Bereich. Grabenwarter zufolge arbeitet der Verfassungsgerichtshof bei der Cyber Security eng mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) zusammen. (Fortsetzung Budgetausschuss) rei

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.