Parlamentskorrespondenz Nr. 1244 vom 10.11.2021

ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss: Geschäftsordnungsausschuss nahm Beratungen auf

Ausschuss hat bis 9. Dezember Zeit für Bericht an den Nationalrat

Wien (PK) - Der Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats hat heute die Beratungen über das Verlangen von SPÖ, FPÖ und NEOS aufgenommen, zu den Korruptionsvorwürfen gegen die ÖVP einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Ein Beschluss zum sogenannten " ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss " wurde noch nicht gefasst, vielmehr ging es heute um die Wahrung der Frist zur Aufnahme der Beratungen im Ausschuss.

Kritik kam seitens der drei einbringenden Oppositionsfraktionen am zeitlichen Ablauf. Kai Jan Krainer (SPÖ) warf der ÖVP vor, den Untersuchungsausschuss verzögern zu wollen, indem man bis zum letzten Tag damit warte, die Behandlungen im Geschäftsordnungsausschuss aufzunehmen. Christian Hafenecker (FPÖ) pflichtete dem bei und unterstellte eine "willkürliche Geschichte". Auch Nikolaus Scherak (NEOS) meinte, man werde verwundert zurückgelassen, wenn es offensichtlich kein Interesse an einem möglichst raschen Ergebnis gebe.

Seitens der ÖVP wies unter anderem Ausschussobmann August Wöginger die Vorwürfe zurück. Es würden laufend Gespräche stattfinden, außerdem habe es einen Konsens zwischen allen Fraktionen für den heutigen Termin gegeben, mit dem die Fristen eingehalten würden. Den - seitens der Opposition ebenso kritisierten – aktuellen Ablauf zur Erstellung der Liste für die Wahl von VerfahrensrichterIn und Verfahrensanwalt bzw. -anwältin bezeichnete Wöginger als "üblichen Vorgang". Krainer entgegnete dem, es gebe eine ständige Liste, er könne nicht nachvollziehen, warum man auf eine Frist bis 15. November warten soll. Ebenso wie Hafenecker sieht Krainer die Verantwortung dafür bei Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Wöginger meinte dazu, die Liste müsse ergänzt werden, wenn manche RichterInnen etwa wegen Pensionierung nicht mehr für den Untersuchungsausschuss zur Verfügung stehen. Der Ablauf seitens der Parlamentsdirektion mit gewissen Bewerbungsfristen sei so völlig üblich. Insgesamt würden noch wesentliche Inhalte und Rahmenbedingungen fehlen, die es brauche, um den Untersuchungsausschuss ordnungsgemäß abzuwickeln. Eva Blimlinger (Grüne) räumte ein, die Grünen seien offen für alle Gespräche, auch was den zeitlichen Ablauf betrifft. Heute liege allerdings noch kein Wahlvorschlag für VerfahrensrichterIn und Verfahrensanwalt bzw. -anwältin vor, weshalb sie sich für die von der ÖVP beantragte Vertagung aussprach.

Konkret wollen die Oppositionsparteien untersuchen, inwiefern Vorteile an mit der ÖVP verbundene Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes zu parteipolitischen Zwecken gewährt und damit Gesetze gebrochen wurden. Zeitlich wollen SPÖ, FPÖ und NEOS den Zeitraum zwischen 18. Dezember 2017 und 11. Oktober 2021 beleuchten – also jene Zeit, in der Sebastian Kurz (mit Unterbrechung) Bundeskanzler war. Auch vorbereitende Handlungen im Zusammenhang mit dem "Projekt Ballhausplatz" sollen einbezogen werden. In den Fokus stellt die Opposition die "Gruppe um Sebastian Kurz".

SPÖ, FPÖ und NEOS gliedern den Untersuchungsgegenstand in vier Beweisthemen: die Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren, die Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes, die mutmaßliche Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit sowie etwaige Begünstigungen bei der Personalauswahl (siehe auch Parlamentskorrespondenz Nr. 1113/2021).

Geschäftsordnungsausschuss hat vier Wochen Zeit

Der Geschäftsordnungsausschuss muss nun binnen vier Wochen – konkret bis zum 9. Dezember - die formale Korrektheit der Initiative prüfen, die Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses bestimmen, den grundsätzlichen Beweisbeschluss fassen sowie den Verfahrensrichter bzw. die Verfahrensrichterin und den Verfahrensanwalt bzw. die Verfahrensanwältin wählen – die Bewerbungsfrist für die Erweiterung dieser Liste um allfällige neue InteressentInnen läuft bis 15. November - und dem Nationalrat darüber Bericht erstatten. Er kann den beantragten Untersuchungsausschuss grundsätzlich nicht blockieren, da SPÖ, FPÖ und NEOS die 46 Mandate, die es für eine Einsetzung braucht, problemlos gemeinsam erreichen. Sollte es zu Differenzen über die korrekte Formulierung des Untersuchungsgegenstandes kommen, entscheidet letztlich der Verfassungsgerichtshof. (Schluss) mbu