Parlamentskorrespondenz Nr. 1300 vom 18.11.2021

Nationalrat hebt Immunität von ÖVP-Klubobmann Sebastian Kurz einstimmig auf

FPÖ-Mandatar Michael Schnedlitz wird ebenfalls ausgeliefert, FPÖ und NEOS dagegen

Wien (PK) - Im Anschluss an die heutigen Budgetschlussabstimmungen hat sich der Nationalrat einstimmig für die Auslieferung von ÖVP-Klubobmann Sebastian Kurz ausgesprochen. Konkret geht es um das Ersuchen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) um die Zustimmung zur behördlichen Verfolgung von Kurz, gegen den unter anderem wegen Untreue und falscher Zeugenaussage ermittelt wird. Nach der Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität kann die WKStA ihre Ermittlungen fortsetzen.

Der Nationalrat hat sich zudem für die Auslieferung von FPÖ-Mandatar Michael Schnedlitz ausgesprochen. Dabei herrschte jedoch keine Einstimmigkeit. Die Abgeordneten der FPÖ und der NEOS haben sich, wie schon im Immunitätsausschuss, dagegen ausgesprochen, da sie einen Zusammenhang mit seiner Abgeordneten-Tätigkeit sehen. Bei Schnedlitz geht es um Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien wegen Verhetzung.

Klaus Fürlinger (ÖVP) sprach in Bezug auf die Aufhebung der Immunität von Sebastian Kurz von einem "normalen Vorgang". In den letzten Wochen habe es jedoch "von gewissen politischen Seiten" den Vorwurf von "Tricksereien und Verzögerungen" gegeben, die einem "Faktencheck" nicht standhalten würden. "Nun sind die Staatsanwälte am Zug. Sie schulden uns eine rasche und saubere Ermittlung sowie eine Antwort, ob ein Politiker eine Straftat begangen hat oder nicht", so der ÖVP-Mandatar.

Dem widersprach Selma Yildirim (SPÖ). Sie kritisierte, dass es auf Betreiben der ÖVP hinter den Kulissen ein "Tauziehen" rund um die Terminfindung für den Immunitätsausschuss gegeben habe. In der "ÖVP-Inseratenaffäre" gebe es "schwerwiegende Vorwürfe" gegen Kurz, hier bedürfe es rascher Aufklärung durch die Justiz. Sie sehe keinen Zusammenhang zwischen den Korruptionsvorwürfen und der politischen Arbeit von Kurz.

Christian Hafenecker (FPÖ) sah das ähnlich. Auch er sprach davon, dass die ÖVP versucht habe, den Termin des Immunitätsausschusses zu "verschleppen". Das entspreche nicht den Usancen des Hauses. Kurz solle die von ihm im Zuge der Ibiza-Affäre an die Freiheitlichen auferlegten Maßstäbe an sich selbst anlegen und zurücktreten, so Hafenecker.

Der Vorwurf, die Auslieferung zu verzögern, sei falsch, betonte Georg Bürstmayr (Grüne) in Richtung SPÖ und FPÖ. Die einzige Entscheidung, die das Parlament zu treffen habe sei, ob ein mögliches Strafverfahren während oder nach der Amtszeit eines Abgeordneten zu führen sei. Es bestehe in diesem Fall kein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit, so Bürstmayr.

Was die Auslieferung von FPÖ-Abgeordnetem Michael Schnedlitz betrifft, warnte sein Fraktionskollege Philipp Schrangl, dass das "scharfe Instrument der Immunität" nicht für "politischen Machtmissbrauch" verwendet werden dürfe. Im Eindruck des "schrecklichen Mordes an der 13-jährigen Leonie" habe Schnedlitz in einem sozialen Medium geschrieben: "Zuwanderung tötet" und es dadurch "auf den Punkt gebracht". Die heutige Entscheidung sei eine politische Vorverurteilung, sagte Schrangl in Richtung der grünen Fraktion. Auch Martin Graf (FPÖ) kritisierte die "Spruchpraxis des Hohen Hauses" in Sachen Immunität. Diese sei zum Schutz der Meinungsäußerung gedacht, hier entscheide jedoch ein "nach Parteifarben politisch besetztes Gremium". Christian Ragger (FPÖ) sprach von "Politjustiz".

Die Trennung zwischen beruflicher und außerberuflicher Immunität sei oft schwierig, hielt Friedrich Ofenauer (ÖVP) fest. Schnedlitz habe mit seinen Aussagen jedoch die Grenzen eines Abgeordneten überschritten. Dies dürfe nicht unter dem Schutz der Immunität stehen. Georg Bürstmayr (Grüne) konnte keinen Hinweis für den Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des FPÖ-Mandatars erkennen. (Schluss Nationalrat) med/mbu

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