Parlamentskorrespondenz Nr. 1301 vom 19.11.2021

Nationalrat beschließt Novelle zum Pfandbriefgesetz

Finanzthemen eröffnen Sitzung, gefolgt von SPÖ-Initiativen gegen Gewalt an Frauen

Wien (PK) – Nach drei Plenartagen, die ganz vom Budget für 2022 geprägt waren, befasst sich heute der Nationalrat mit einer Reihe anderer wichtiger Gesetzesvorhaben für nächstes Jahr. Am Anfang der Beratungen standen Finanzthemen, darunter ein neues Pfandbriefgesetz, das mehrheitlich unter Berücksichtigung eines von der ÖVP eingebrachten Abänderungsantrags angenommen wurde. Ebenfalls mit Stimmenmehrheit passierte ein neues Regelwerk für Investmentfonds den Nationalrat. Der grenzüberschreitende Vertrieb soll dadurch vereinfacht werden. Ein Abänderungsantrag der FPÖ dazu blieb ohne Mehrheit.

Weitere Beschlüsse des Plenums betrafen die mehrheitlich angenommene Verschiebung der erhöhten Normverbrauchsabgabe (NoVA) für Kraftfahrzeuge von November 2021 auf Mai 2022 und Doppelbesteuerungsabkommen zur Abwendung von Steuerflucht mit den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie mit der Republik Korea, die einhellige Zustimmung fanden.

Überlagert wurde die Finanzdebatte von der heute zwischen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und den Landeshauptleuten zu entscheidenden Frage, ob zur Eindämmung der COVID-19-Verbreitung in Österreich ein bundesweiter Lockdown angeordnet wird. Da der Gesundheitsminister dadurch nicht rechtzeitig zu den Tagesordnungspunkten seines Ressorts in das Plenum kommen konnte, wurde die Tagesordnung umgereiht. Dagegen erhob die FPÖ eingangs einen Einwand: Der Bundesminister sei dem Nationalrat verpflichtet und nicht den "Landeskaisern", so Dagmar Belakowitsch (FPÖ), fand aber keine Mehrheit für ihren Protest.

Frauenmorde und Opferschutz bleiben Thema

Nach dem Finanzblock standen zwei SPÖ-Anträge aus dem Gleichbehandlungsausschuss zum Schutz von Frauen gegen Gewalt auf der Tagesordnung. Beide Vorstöße fanden jedoch keine Mehrheit im Plenum. Die Forderungen der Oppositionspartei würden im Rahmen des Gewaltschutzpakets, das mit dem Budget 2022 gestern auf den Weg gebracht wurde, abgedeckt, so der Tenor der Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne. Die FPÖ brachte in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag auf einen 10-Punkte-Plan zur Abwehr von Frauenmorden durch Asylwerber ein, der im Plenum aber mehrheitlich abgelehnt wurde.

Frauenministerin Susanne Raab bekannte sich dazu, grausame Femizide mit der "vollen Härte des Gesetzes" zu bestrafen. Die gesamte Politik und Gesellschaft seien in der Pflicht, Gewalt gerade in der Familie zu verhindern, wies sie auf das Budget 2022 hin, in dem Gewaltprävention eine zentrale Rolle spiele.

Blümel lobt Anpassungen des Finanzrechts an EU-Vorgaben

Finanzminister Gernot Blümel beschrieb eine Reihe von Vorteilen, die sich durch die Novellierungen von Pfandbriefgesetz und Investmentfonds-Gesetz auf Basis von EU-Richtlinien für BürgerInnen und Wirtschaft ergäben. Mit den neuen Regelungen für einheitliche Deckungswerte bei Pfandbriefen würden Wettbewerbsverzerrungen beseitigt. Die Realwirtschaft profitiere von der effizienteren Gestaltung zur Emission gedeckter  Schuldverschreibungen durch Banken, da sie verschiedene Rechtsgrundlagen harmonisiere. Die Einbettung des heimischen Investmentfonds-Gesetzes in den Rechtsrahmen der EU verringere überschießende Anforderungen bei grenzüberschreitenden Anlagen, verbessere aber gleichzeitig den Schutz von AnlegerInnen. Steuervermeidung zu bekämpfen, sei seine Motivation zur Umsetzung der Doppelbesteuerungsabkommen mit Südkorea und den Vereinigten Arabischen Emiraten, unterstrich Minister Blümel.

Mit der NoVA-Novelle reagiert Blümel zufolge die Regierung auf Lieferkettenverzögerungen aufgrund der Corona-Krise, um FahrzeugkäuferInnen Rechtssicherheit zu geben. Bei vor dem 1. Juni 2021 abgeschlossenen Kaufverträgen wird somit die seit 1. Juli 2021 erhöhte Normverbrauchsabgabe (NoVA) auch dann nicht schlagend, wenn die Lieferung des Autos noch ausstehe.

Novellen zu Pfandbriefen und Immobilieninvestments: Opposition ortet Nachteile für KonsumentInnen

Weswegen die Sichtweisen von Regierungsparteien und Opposition bei den EU-Anpassungen von Pfandbriefgesetz und Investmentfonds-Gesetz recht weit auseinanderliegen, verdeutlichten die FinanzsprecherInnen Kai Jan Krainer (SPÖ), Peter Haubner (ÖVP), Hubert Fuchs (FPÖ) und Nina Tomaselli (Grüne) sowie der NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker in ihren Wortmeldungen,

SPÖ-Abgeordnetem Krainer sind bei den EU-Richtlinien-Umsetzungen Maßnahmen zum Anlegerschutz und zum Konsumentenschutz zu wenig berücksichtigt. Die NoVA-Novelle werde seine Fraktion zwar mittragen. Deutliche Kritik äußerte er aber an den Vertagungen von Oppositionsanträgen im letzten Finanzausschuss des Nationalrats, etwa vom Vorschlag der SPÖ zur besseren finanziellen Unterstützung von Gemeinden.

Mit der Novellierung des Immobilien-Investmentfondsgesetzes werde dem Konsumentenschutz geschadet, fand FPÖ-Abgeordneter Fuchs, gehe das Gesetz doch "zu Lasten der Kleininvestoren". Unter dem Vorwand, vor kurzfristigen Spekulationen zu schützen, müssten KleinanlegerInnen durch eine auf jeweils 12 Monate verlängerte Mindestbehaltedauer und Kündigungsfrist künftig zwei Jahre lang warten, ehe sie ihre Anlage veräußern können. Dieser "Bevormundung der Konsumenten" wollte Fuchs mit einer Änderung der Behalte- und Rückhaltefrist in der Novelle entgegentreten, fand aber nicht ausreichend Zustimmung dafür.

Sowohl die Änderungen im Immobilienfonds-Gesetz als auch jene im Pfandbriefgesetz tragen für NEOS-Abgeordneten Loacker deutlich die Handschrift der Grünen, die BürgerInnen vorschreiben wollten, wie sie sich zu verhalten hätten. Die Anpassungen beim Deckungsstock für Kredite würden Immobilienkäufe erschweren und verteuern, da im Gesetz keine standardisierten Zustimmungserklärungen bei Kreditvergaben vorgesehen seien.

"In der langen Geschichte des österreichischen Pfandbriefes sind noch nie Kunden zu Schaden gekommen", wies ÖVP-Abgeordneter Haubner die Vorhaltungen mangelnden Konsumentenschutzes zurück. Die Umsetzung der EU-Richtlinie zu Pfandbriefen sichere den Zugang der Banken zu Liquidität, wodurch sie Kredite bereitstellen könnten. Mit einem Abänderungsantrag, den Haubner zur Pfandbrief-Novelle einbrachte, wird klargestellt, dass für alte Kredite keine Zustimmung der Kundinnen und Kunden für die Aufnahme des Kredits in den Deckungsstock eingeholt werden muss.

Grünen-Abgeordnete Tomaselli erklärte in Richtung Fuchs, dessen Aussagen über die Nachteile durch die Novellierung des Investmentfonds-Gesetzes seien falsch, da Immobilieninvestments nicht brauchbar seien für kurzfristige Investitionen. Wohnen sei ein Grundrecht, kein Instrument zur Spekulation bei Preisschwankungen am Immobilienmarkt. Zudem habe die Finanzaufsicht bereits auf zunehmende Liquiditätsinkongruenzen bei Immobilien-Investmentfonds hingewiesen. In den Augen von Tomaselli dient die Novelle daher nicht zuletzt der Sicherstellung des Finanzmarkts.

Regelungen im Pfandbriefgesetz werden vereinheitlicht

Durch ein neues Pfandbriefgesetz sollen die in unterschiedlichen Bundesgesetzen enthaltenen Regelungen zur Emission von gedeckten Schuldverschreibungen (Pfandbriefe und fundierte Bankschuldverschreibungen) bereinigt werden. Außerdem wird auf neue EU-Regelungen in diesem Bereich reagiert. So sollen künftig alle Kreditinstitute eine Berechtigung zur Emission gedeckter Schuldverschreibungen erlangen können. Die zulässigen anerkennungsfähigen Deckungswerte sollen einheitlich geregelt und damit Rechtsunsicherheiten beseitigt werden. Zur Minderung des produktspezifischen Liquiditätsrisikos ist ein verpflichtender Liquiditätspuffer für den Deckungsstock vorgesehen.

Investmentfonds: Novelle soll grenzüberschreitenden Vertrieb erleichtern

Neue Regeln für Investmentfonds sollen mit Anpassungen ans Europarecht zum Ziel haben, regulatorische Hindernisse für den grenzüberschreitenden Vertrieb durch Beseitigung komplexer und aufwendiger Anforderungen und durch verstärkte Transparenz zu verringern, ohne dabei den Anlegerschutz zu vernachlässigen. Konkret sollen die Rahmenbedingungen hinsichtlich der Aufgaben der FondsverwalterInnen im Tätigkeitsmitgliedstaat sowie der Einstellung des grenzüberschreitenden Vertriebs vereinheitlicht werden. Für Alternative Investmentfonds wird die Möglichkeit des Pre-Marketings geregelt. Weiters sind Änderungen geplant, die sich aus der Aufsichtspraxis der Finanzmarktaufsichtsbehörde ergeben haben. Insbesondere soll zur Vermeidung von Liquiditätsinkongruenzen eine Rückgabe von Anteilen an Immobilien-Investmentfonds nur mehr zu bestimmten Stichtagen möglich sein sowie eine Mindestbehaltedauer vorgesehen werden.

Fristverlängerung für NoVA-Erhöhung für bestellte, aber noch nicht gelieferte Kraftfahrzeuge

Wegen Lieferengpässen soll die beschlossene Erhöhung der Normverbrauchsabgabe (NoVA) für Kraftfahrzeuge erst im Mai 2022 erfolgen, statt wie bisher geplant im November 2021. Die NoVA wurde mit 1. Juli 2021 erhöht, eine Übergangsfrist für Kraftfahrzeuge war bis 1. November geplant, soll nun aber bis 1. Mai 2022 verlängert werden. Damit soll jenen Unternehmen unter die Arme gegriffen werden, die ein Fahrzeug bereits bestellt haben, dieses aber noch nicht geliefert wurde. Der Kaufvertrag muss jedoch unverändert vor dem 1.6.2021 abgeschlossen worden sein.

Anpassungen in Steuerabkommen mit der Republik Korea und den Vereinigten Arabischen Emiraten

Um aktuellen OECD-Kriterien zu entsprechen, soll es zu Änderungen in den Steuerabkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie mit der Republik Korea kommen. Bei der Anpassung des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Republik Korea geht es vor allem um die Umsetzung der OECD-Standards betreffend Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung durch die Vermeidung des Abkommensmissbrauchs und der Umgehung des Betriebsstättenstatus sowie um die Verbesserung der Streitbeilegung. Zudem sollen steuerliche Transparenz und Informationsaustausch durch die Leistung von Amtshilfe gefördert werden. Auch bei der Vollstreckung von Steuern soll es zu Amtshilfe-Bestimmungen nach dem OECD-Standard kommen.

Da auch das gegenwärtige Steuerabkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten derzeit nicht den oben genannten OECD-Standards entspricht, soll es zu einer Teilrevision des Abkommens in der Form eines Abänderungsprotokolls kommen. Zudem sollen durch eine Änderung des Artikels zur Dividendenbesteuerung die Anforderungen des Rechnungshofs erfüllt werden.

Maßnahmen für ein Ende der Gewalt an Frauen

Die SPÖ vermisst weiterhin eine nachhaltige Strategie der Regierung sowie vor dem Hintergrund der COVID-19-Krise Akut-Maßnahmen, um Frauen vor häuslicher Gewalt zu schützen. Im Detail fordern die SozialdemokratInnen ein Gewaltschutz-Sofortpaket in der Höhe von 5 Mio. €, eine Fortführung des Nationalen Aktionsplans gegen Gewalt, einen Richtlinienkatalog für Strafverfolgungsbehörden über die Behandlung von Fällen von Gewalt, eine Stärkung der Prozessbegleitung, einen Ausbau von Antigewalttrainings, eine Kampagne zu männlichen Rollenbildern und Gewaltprävention sowie Hochrisikofallkonferenzen und regelmäßige Gewaltschutzgipfel. Beide Anträge wurden im Plenum wie schon im Gleichbehandlungsausschuss des Nationalrats von den Regierungsfraktionen mit Verweis auf das gestern beschlossene Gewaltschutzpaket abgelehnt.

Die Gleichbehandlungsdebatte nutzte die SPÖ heute für einen weiteren Antrag, in dem die Regierung aufgefordert wird, sich auf EU-Ebene gegen die Diskriminierung und Schlechterstellung der LGBTIQ-Community in Polen einzusetzen. Dieser Vorstoß ging mangels Mehrheit zwar ebenfalls ins Leere. Ein Antrag der Grünen mit ähnlicher Zielsetzung - Verbesserung der Situation Homosexueller sowie der Meinungsfreiheit in Polen - wurde aber mehrheitlich angenommen. (Fortsetzung Nationalrat) rei

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.