Parlamentskorrespondenz Nr. 1437 vom 09.12.2021

Mückstein: Operationstechnische Assistenz wird OP-PflegerInnen entlasten

Gesundheitsausschuss gibt grünes Licht für neuen Gesundheitsberuf

Wien (PK) – Zur Verbesserung der Personalsituation an den österreichischen Spitälern gibt es einiges zu tun, finden alle Parlamentsparteien. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein meinte dazu heute im Gesundheitsausschuss des Nationalrats, die Schaffung des Berufs der operationstechnischen Assistenz sei eine langjährige Forderung aus den Krankenhäusern gewesen. Den Regierungsvorschlag für einen neuen Gesundheitsberuf, die operationstechnische Assistenz verabschiedete der Ausschuss aber nur mit ÖVP-Grünen-FPÖ-Mehrheit. SPÖ und NEOS bemängelten, trotz unterschiedlicher Ausbildungszeiten würden die neuen Assistenzkräfte mit diplomierten PflegerInnen gleichgestellt.

Vorstöße der Oppositionsparteien zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung wurden von den Koalitionsparteien ÖVP und Grüne vertagt, mit Hinweisen auf entsprechende Gesetzesvorhaben im kommenden Jahr beziehungsweise laufenden Verhandlungen dazu. Konkret handelte es sich dabei um SPÖ-Anträge zur Kindergesundheit und zum Ausbau psychologischer Behandlungsmöglichkeiten, FPÖ-Anträge betreffend Ärztemangel am Land, Schaffung einer Kieferorthopädieausbildung und klinisch-psychologische Behandlung als Kassenleistung sowie um einen NEOS-Antrag auf Stärkung der Musiktherapie.

Mit der Corona-Krise befassten sich auch mehrere Oppositionsanträge, die großteils ebenfalls vertagt wurden. In diesem Zusammenhang gerieten die Fraktionen im Ausschuss in eine emotionale Debatte über Falschmeldungen bzw. "Fake News" zum Coronavirus, gegen die die NEOS in einem ihrer Anträge mobil machten und den alle Parteien außer der FPÖ mittrugen.

Ein Antrag der FPÖ auf gerichtliche Ahndung von Handlungen, die zum Elternentfremdungssyndrom bei Kindern führen, wurde von der Ausschussmehrheit vertagt.

Operationstechnische Assistenz soll OP-PflegerInnen entlasten

Mit dem neuen Gesundheitsberuf der qualifizierten operationstechnischen Assistenz (OTA) soll der Personalengpasses im Operationsbereich entschärft werden, erklärte Josef Smolle (ÖVP) im Ausschuss. Bevor die Pflegeausbildung ihren derzeitigen Umfang erreicht habe, hätte man im Operationssaal sogenannte "OP-Laboranten" für Tätigkeiten eingesetzt, die nicht unbedingt von diplomierten Kräften durchzuführen sind.

Der Regierungsvorschlag (1164 d.B.) für die operationstechnische Assistenz sieht eine entsprechende Aktualisierung der Spezialisierung Pflege im Operationsbereich vor, wobei die dreijährige OTA-Ausbildung nicht zwingend auf einer vorangegangenen Pflegeausbildung aufbaut. Ermöglicht wird der Einsatz operationstechnischer AssistentInnen in Bereichen, die bislang dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ohne Spezialisierung zugeteilt waren, nämlich in der Notfallambulanz und dem Schockraum, in der Endoskopie sowie in der Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP). Hier setzte allerdings die Kritik von Philipp Kucher (SPÖ) und Julia Seidl (NEOS) an. Die Regierung habe die Weiterentwicklung des Berufsbilds Pflege verabsäumt, meinte Kucher. Mit dem neuen Gesetz würden weit weniger umfassend ausgebildete Personen diplomierten PflegerInnen gleichgestellt, woran sich auch Seidl stieß. Die NEOS-Mandatarin fand es überdies befremdlich, dass laut Gesetzesentwurf OTA-Aufgaben auch von erst 17-jährigen übernommen werden können. Immerhin handle es sich dabei um einen großen Verantwortungsbereich.

Für die FPÖ meldete hingegen Gerhard Kaniak seine Zustimmung zu dem Gesetzesvorhaben, das laut Gesundheitsminister Mückstein ursprünglich unter der Ägide von Ministerin Beate Hartinger-Klein begonnen wurde. Ziel sei nach wie vor die Entlastung des pflegerischen Bereichs bei Operationen. Die aktuelle Regierungsvorlage habe man in enger Zusammenarbeit mit SpitalsärztInnen ausgearbeitet und das angestrebte Berufsbild sei international vergleichbar, so Ralph Schallmeiner (Grüne).

Für Personen, die bereits im Ausland OTA-Kompetenz erworben haben, wird auf Grundlage des Gesetzesentwurfs die Berechtigung zur Berufsausübung in diesem Feld festgeschrieben. Damit will man nicht zuletzt den bestehenden Personalbedarf abdecken, bis die ersten in Österreich ausgebildeten OTA-AbsolventInnen ihre Arbeit aufnehmen.

SPÖ, FPÖ und NEOS sehen Nachholbedarf im Bereich psychischer Erkrankungen

Beraten wird Abgeordneten Schallmeiner (Grüne) und Gabriela Schwarz (ÖVP) zufolge im Gesundheitsressort derzeit die Ausweitung des Mutter-Kind-Passes sowie der Psychotherapieangebote mit besonderem Augenmerk auf Kinder und Jugendliche. So sollten die bestehenden Versorgungsengpässe bei kassenfinanzierter psychotherapeutischer Behandlung bald mit einem neuen Psychotherapiegesetz behoben werden, kündigte Schwarz an.

Mit diesen Erklärungen vertagten die Regierungsparteien Forderungen der Opposition auf Ausweitung von Behandlungs- und Therapieangeboten, wie sie unter anderem im Maßnahmenpaket der SPÖ zur Kindergesundheit vorgesehen sind (40/A(E)). Neben einer Erweiterung des Mutter-Kind-Passes, der Bereitstellung eines gesunden Gratismittagessens in allen Bildungseinrichtungen sowie dem Start einer österreichweiten KinderärztInnen-Offensive enthält der Forderungskatalog auch einen Ausbau der Präventionsprogramme, nicht zuletzt im Bereich Zahngesundheit.

Auf die Unterversorgung von psychisch kranken Menschen machen SPÖ und FPÖ in ihren jeweiligen Anträgen aufmerksam, wobei die SozialdemokratInnen besonders auf die bestehenden Versorgungslücken bei Kindern und Jugendlichen hinweisen (326/A(E)). Die Freiheitlichen erwarten angesichts des Anstiegs von depressiven Symptomen in der Bevölkerung eine umfassende psychologische Versorgung samt klinisch-psychologischer Behandlungen als Kassenleistung (1840/A(E)). Angesichts der Dringlichkeit der Lage brauche es hier eine rasche Lösung, unterstrich Abgeordneter Kaniak (FPÖ) und Mario Lindner (SPÖ) verwies auf den Anstieg Suizidgefährdeter unter SchülerInnen.

Den Appell von Abgeordneter Seidl (NEOS), MusiktherapeutInnen geregelte Verhältnisse für ihre Tätigkeit mit an unterschiedlichen Belastungen leidenden Menschen zu geben (1027/A(E)), verstand ÖVP-Mandatar Smolle gut. Er habe großen Respekt vor dieser Berufsgruppe, sagte er und sicherte zu, man werde die gesetzliche Einordnung dieser Therapierichtung ehestmöglich fertigstellen. Überlegt werde derzeit, inwieweit die Musiktherapie mit anderen Therapieformen wie Logo- oder Ergotherapie gleichzusetzen ist und ob sie von politischer Seite den Therapieeinrichtungen zugeteilt werden kann.

FPÖ fordert Ausbau der ärztlichen Versorgung

Den Ärztemangel im ländlichen Raum brachte die FPÖ mit einem Antrag (1916/A(E)) aufs Tapet, der auf die gravierende Unterversorgung der Regionen mit Kassenplanstellen für FachärztInnen und AllgemeinmedizinerInnen eingeht. Gemäß der Empfehlungen des Rechnungshofs sei von der Regierung eine Strategie zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum auszuarbeiten, da die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sowie die Ärztekammer (ÖAK) ihrem diesbezüglichen Auftrag nicht nachkämen. In den letzten eineinhalb Jahren hätten sich immer drastischere Abweichungen der Versorgungslage von den Vorgaben des Gesetzgebers gezeigt, warf Abgeordneter Kaniak (FPÖ) Gesundheitsminister Mückstein Untätigkeit vor.

Außerdem erwartet die FPÖ eine Antwort aus dem Gesundheitsministerium, wie mit dem Allparteienantrag vom November 2020 auf Einrichtung einer Facharztausbildung für Kieferorthopädie in Österreich verfahren wird. Ein entsprechender Gesetzesentwurf sei bis Jahresende vorzulegen (1837/A(E)). Diesem Anliegen werde noch vor Weihnachten mit einem Gesetzesentwurf Rechnung getragen, sicherte man seitens der ÖVP zu, der Antrag wurde somit vertagt.

In seiner Replik bestätigte Minister Mückstein, der Mangel an AllgemeinmedizinerInnen mit Kasse in Österreich stelle ein großes Problem dar, nicht zuletzt wegen der ungenügenden Anerkennung für dieses breite Berufsfeld. Er plane daher eine Facharztausbildung für Allgemeinmedizin ins Leben zu rufen und den Ausbau der Primärversorgungszentren voranzutreiben. Ein entsprechender Novellenentwurf für die Primärversorgung werde ausgearbeitet. Dietmar Keck (SPÖ) riet überdies dazu, neben einer Verbesserung der Rahmenbedingungen für HausärztInnen auch eine Verdoppelung der Zahl von Medizinstudierenden umzusetzen. Grundsätzlich sollten alle Ärztinnen und Ärzte, die einen Kassenvertrag wollen, einen erhalten. Mit Verweis auf Maßnahmen zur Sicherstellung medizinischer Versorgung am Land im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit beantragte Abgeordneter Schallmeiner (Grüne) die Vertagung des diesbezüglichen FPÖ-Antrags.

NEOS vermissen Standards für Corona-Immunitätsdaten

Nachweise über ausreichend Antikörper gegen das Corona-Virus sollten nach Ansicht der NEOS standardisiert werden, um als Eintrittstests im Rahmen des "Grünen Passes" anerkannt zu werden (1564/A(E)). Gesundheitssprecher Gerald Loacker weist in seinem Antrag darauf hin, dass die mit den aktuellen Tests in den Apotheken nachweisbaren IgG- oder IgA-Antikörper keine Antwort auf eine langfristige Immunität geben. Dafür müssten die Proben nach T-Zellen untersucht werden, fordert er eine rechtsverbindliche Grundlage für die nötigen Anforderungen bei Immunitätsnachweisen.

Gesundheitsminister Mückstein wollte dem Vorstoß der NEOS zur Festlegung eines Antikörper-Grenzwerts als Infektionsschutz aber nicht folgen. Auf die Ausführungen Fiona Fiedlers (NEOS) erwiderte er, es gebe unzureichend wissenschaftliche Evidenz, welcher Antikörperstatus bei Genesenen gegen eine neuerliche Corona-Infektion schützt. Da kein europäisches Land über einen entsprechenden "Cut-off-Wert" verfüge, würde ein damit ausgestatteter "Grüner Pass" auch im Ausland nicht akzeptiert. Gegen die Vertagung des Antrags durch die Koalitionsparteien stellte sich in der Debatte neben den NEOS auch die FPÖ, die der Regierung vorwarf, mit ihrer Argumentation auch die Schutzwirkung von Impfungen in Frage zu stellen.

Anti-Fake-News-Kampagne zur COVID-19-Pandemie

Die Verbreitung von Falschinformationen bzw. "Fake News" und gefährlichem Halbwissen in Zusammenhang mit dem Corona-Virus wollen die NEOS von der Regierung stärker bekämpft sehen (1003/A(E)). Seit Beginn der Pandemie würden vor allem in den sozialen Medien unzählige Gerüchte und teils völlig absurde Verschwörungstheorien zirkulieren, so Julia Seidl (NEOS). Die Regierung müsse daher eine effektive Strategie gegen Falschmeldungen ausarbeiten. Vor allem mithilfe des wirksamsten Kommunikationsmittels, dem direkten Gespräch mit Ärztinnen und Ärzten, sei für faktenbasierte Aufklärung zu sorgen. Während Ralph Schallmeiner (Grüne) klare Unterstützung für den NEOS-Antrag signalisierte, erhoben die Freiheitlichen Peter Wurm und Gerald Hauser lauten Protest dagegen. Wurm hielt der Regierung vor, der Bevölkerung laufend Falschmeldungen zu liefern, mit Beifall von gleichgeschalteten Medien. Wenn die FPÖ wissenschaftlich widerlegte Aussagen ständig wiederhole, seien das "Fake News", stellte Gesundheitsminister Mückstein daraufhin klar. Gerade in Bezug auf das Corona-Virus lerne die Wissenschaft ständig dazu, wovon alle profitierten.

Einstufung der Fitnessstudios als gesundheitsrelevante Einrichtungen

In Hinblick auf nach wie vor hohe Corona-Infektionszahlen und zu niedrige Impfraten in Österreich stellte Abgeordneter Schallmeiner den Vertagungsantrag zur FPÖ-Forderung, Fitnessstudios als gesundheitsrelevante Einrichtungen einzustufen und sofort zu öffnen (1535/A(E)). Aufgrund der Lockdowns hätten gesundheitliche Leiden durch Bewegungsmangel drastisch zugenommen, mahnte Abgeordneter Kaniak (FPÖ). Nicht zuletzt Kapazitätseinschränkungen in ambulanten Rehabilitationseinrichtungen der Krankenkassen, etwa zur Behandlung chronischer Rückenschmerzen, gelte es daher auszugleichen.

Elternentfremdungssyndrom als Kindesmissbrauch ahnden

Auf die Seite jenes Elternteils, der bei einer Trennung nicht vorrangig die Betreuung der Kinder übernimmt, stellt sich die FPÖ mit ihrem Antrag, Handlungen, die zum Elternentfremdungssyndrom (Parental Alienation Syndrome) beim Kind führen, gerichtlich zu ahnden (2054/A(E)). Der Loyalitätskonflikt, in den ein Kind gerate, wenn der betreuende Elternteil eine symbiotische Beziehung zu ihm entwickelt und ihm ein negatives Bild des anderen Elternteils vermittelt, sei im Grunde seelische Gewalt, also Kindesmissbrauch, so Rosa Ecker (FPÖ). Mit der Erklärung, eine derartige Gesetzesgrundlage benötige lange Prüfung, um Sorgerechtsstreitigkeiten hintanzuhalten, wurde der Antrag von ÖVP und Grünen vertagt.

Zahlreiche weitere Oppositionsanträge vertagt

Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen wurden auch zahlreiche weitere Entschließungsanträge der Opposition vertagt. Die SozialdemokratInnen ersuchen die Regierung etwa, bei der Zuteilung des "Corona-Bonus" auf die unsichtbaren HeldInnen nicht zu vergessen (1690/A(E)). Damit sind etwa ZivildienerInnen und SanitäterInnen im Rettungsdienst aber auch Angestellte im Lebensmittelhandel gemeint.

Um der Bevölkerung einen niederschwelligen und kostenlosen Zugang zu Impfungen zu ermöglichen, plädiert die SPÖ dafür, den nationalen Impfplan in das Leistungsportfolio der Österreichischen Gesundheitskasse zu übernehmen (1590/A(E)). In einem weiteren vertagten Entschließungsantrag sprechen sich die SozialdemokratInnen für eine rechtzeitige Planung künftiger COVID-19-Impfungen aus (1688/A(E)).

Im Sinne einer effektiven und gezielten Umsetzung des nationalen COVID-Impfplans plädieren die NEOS in einem ebenfalls vertagten Antrag für eine stärkere Einbindung der Sozialversicherung (1479/A(E)). Die NEOS schlagen zudem vor, dass Standardimpfungen in Hinkunft auch in Apotheken erlaubt sein sollen (669/A(E)). Dies wäre aus ihrer Sicht ein wichtiger Beitrag, um die laut Schätzungen äußerst niedrige Grippe-Durchimpfungsrate (ca. 10%) in Österreich deutlich zu erhöhen. Auch dieser Antrag wurde vertagt.

Auch mehrere FPÖ-Initiativen wurden vertagt. Die Freiheitlichen fordern Aufwendungen in der Höhe von 210 Mio. € für den Ausbau der intensivmedizinischen Versorgung (1439/A(E)). Außerdem thematisieren sie schlechte Arbeitsbedingungen für MitarbeiterInnen in Corona-Teststraßen (2112/A(E)) und fordern eine Regierungsvorlage, mit der unter anderem geregelte Arbeitszeiten sichergestellt werden.

Die Freiheitlichen wollen die Regierung außerdem dazu auffordern, vom "Grünen Pass" zugunsten echter Reisefreiheit abzusehen und keine Maßnahmen zu setzen, die eine direkte oder indirekte Impfpflicht von Kindern und Jugendlichen bedeuteten (1756/A(E)). In einem weiteren Antrag treten sie an den Gesundheitsminister mit dem Ersuchen heran, die aktuell geltende Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche zurückzunehmen und dafür zu sorgen, dass es zu keiner Impfpflicht für diese Gruppe kommt (1758/A(E)).

Ebenfalls vertagt wurden FPÖ-Vorschläge für einen "Plan B" gegen Corona (2109/A(E)) sowie für ein verfassungsrechtlich garantiertes Diskriminierungsverbot für alle Menschen, die den "Grünen Pass" nicht verwenden (1742/A(E)). (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) rei/kar