Parlamentskorrespondenz Nr. 1498 vom 21.12.2021

Nehammer im Bundesrat: Das Corona-Virus ist der gemeinsame Feind

Neue Regierungsmitglieder präsentieren sich in der Länderkammer

Wien (PK) - Das Corona-Virus sei der "gemeinsame Feind", das keine Landes-, Staats- oder Parteigrenzen kenne, betonte Bundeskanzler Karl Nehammer in seiner Amtsantrittserklärung im Bundesrat. Zur neuen Gesamtstaatlichen COVID-19-Krisenkoordination (GECKO) hielt der Bundeskanzler fest, dass es notwendig geworden sei, klare Strukturen zu schaffen. Vizekanzler Werner Kogler rechnet durch die Omikron-Variante mit einer "schwierigen Zeit nach Weihnachten". Aktuell habe man sich durch die vorangegangenen Maßnahmen eine "Verschnaufpause" erarbeitet.

Der neue Finanzminister und ehemalige Bundesrat Magnus Brunner betonte, dass er den wertschätzenden Umgang in der Länderkammer sehr schätze. Er plädierte in Budgetfragen für einen sorgsamen Umgang mit Steuergeld und einen nachhaltigen Budgetpfad. Bildungsminister Martin Polaschek bezeichnete es als oberstes Ziel, die Schulen in der aktuellen Phase der Pandemie offenzuhalten. Innenminister Gerhard Karner appellierte im Zusammenhang mit den Corona-Demos an alle, im Sinne der Sicherheit der Bevölkerung und der Exekutive besonnen zu agieren. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm legte unter anderem dar, dass sie die psychische Gesundheit von jungen Menschen in den Vordergrund rücken wolle.

Die VertreterInnen der Koalitionsparteien begrüßten den "neuen Weg des Dialogs und Miteinanders" und sprachen sich für lösungsorientierte Sacharbeit aus. Für die SPÖ ist die Bundesregierung in der Pandemiebekämpfung gescheitert, die Freiheitlichen forderten einmal mehr Neuwahlen. Die NEOS orteten "große Baustellen" und Reformbedarf in den verschiedensten Bereichen.

Nehammer: Corona-Virus kennt keine Landes-, Staats- oder Parteigrenzen

Es seien "über das normale Maß hinaus besonders fordernde Zeiten", hielt Bundeskanzler Karl Nehammer vor den MandatarInnen der Länderkammer fest. Das wichtigste sei, sich klar zu machen, dass das Corona-Virus der "gemeinsame Feind" sei, das keine Landes-, Staats- oder Parteigrenzen kenne. Nehammer dankte den Oppositionsparteien, vor allem der SPÖ und den NEOS, für die "guten Gespräche". Er wolle die Transparenz in der Gesprächskultur weiter aufrechterhalten. Zur neuen GECKO-Kommission hielt der Bundeskanzler fest, dass es notwendig geworden sei, klare Strukturen zu schaffen und die Expertise zusammenzuführen. Denn es sei nur mehr eine Frage der Zeit, bis sich die Omikron-Welle auch in Österreich ausbreiten werde. Die Impfung sei weiterhin das zentrale Instrument zur Einschränkung des Virus. Nehammer rechnet mit den auf Omikron abgestimmten Impfstoffen in ausreichender Qualität und Quantität ab Anfang des zweiten Quartals 2022.

Abseits von Corona gebe es jedoch auch andere wichtige Politikbereiche, die man weiter forcieren wolle. Nehammer nannte die Umsetzung der ökosozialen Steuerreform, zukunftsfähige Strukturen für den Pflegebereich, einen "Bildungsbooster" für Kinder und Jugendliche, sowie Maßnahmen für die Wissenschaft und Forschung, die "das Fundament für die Wirtschaft und Arbeitsplätze" seien. Was den Arbeitsmarkt betrifft, sei man dank der Summe von insgesamt 42 Mrd. € an Unterstützungsmaßnahmen auf Vorkrisenniveau bei den Arbeitslosenzahlen. Zudem könne man aufgrund des hohen Wirtschaftswachstums und den guten Prognosen die Staatsverschuldung weiter abbauen.

Kogler: Das Gemeinsame vor das Trennende stellen

Er begrüße die Tonalität des neuen Bundeskanzlers, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen, betonte Vizekanzler Werner Kogler in seiner Wortmeldung. Dies gelte für die Bundesregierung aber auch für die Gesellschaft. Grundsätzlich habe er Respekt vor den schnellen Entscheidungen der ÖVP in der aktuell schwierigen Situation des Landes. Obwohl es im Laufe der Pandemie Versäumnisse der Bundesregierung gegeben habe, sei der Schutz des Gesundheitssystems immer das wichtigste Ziel gewesen. Österreich sei mit diesen Problemen aber nicht allein, ganz Europa sei zu unterschiedlichen Zeiten in Wellenbewegungen von den Auswirkungen der Pandemie betroffen, so der Vizekanzler. Kogler rechnet durch Omikron mit einer "schwierigen Zeit nach Weihnachten". Aktuell habe man sich durch die vorangegangenen Maßnahmen eine "Verschnaufpause" erarbeitet. Für andere Politikfelder abseits von Corona gelte das Motto: "Trotz Pandemie nach vorne schauen".

Finanzminister, Bildungsminister, Innenminister und Jugendstaatssekretärin stellen sich der Länderkammer vor

Er freue sich auf einen intensiven Austausch mit den BundesrätInnen, sagte Finanzminister Magnus Brunner. In seinen zehn Jahren im Bundesrat habe er den wertschätzenden Umgang immer genossen. Das Budget müsse aus seiner Sicht auf zwei Säulen aufbauen: dem sorgsamen Umgang mit Steuergeld und dem Zurückkommen auf einen nachhaltigen Budgetpfad. Die Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, die Stärkung des Standorts und die Übernahme von ökologischer und ökonomischer Verantwortung bezeichnete er als große Herausforderungen in der Zukunft.

Der neue Bildungsminister Martin Polaschek versprach den Mitgliedern des Bundesrats, der Wissenschaft und Bildung zu diesen und zur Lösung von gesellschaftlichen Problemen beizutragen. In der aktuellen Phase der Pandemie sei es das oberste Ziel, die Schulen, geschützt durch ein enges Sicherheitsnetz, offenzuhalten. An den Universitäten gelte es, den Fundus des Wissens zu bewahren und weiterzuentwickeln.

Weil er 18 Jahre im niederösterreichischen Landtag die Interessen seiner Region vertreten habe, sei es ihm ein besonderes Anliegen, seine Vorstellungen der Länderkammer zu präsentieren, sagte Innenminister Gerhard Karner. Er bezeichnete die Demonstrationen im Zusammenhang mit der Pandemie als besondere Herausforderung für die Polizei und appellierte an alle, im Sinne der Sicherheit der Bevölkerung und der Exekutive besonnen zu agieren. Den Kampf gegen Extremismus, gegen Cyberkriminalität und gegen illegale Migration führte Karner als weitere Schwerpunkte an.

Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm legte dar, dass sie ihre Aufgabe darin sieht, Themen klar anzusprechen und anzupacken. Die Pandemie sei insbesondere für junge Menschen extrem kräftezehrend. Gerade die Jungen dürften jedoch den Mut und die Zuversicht nicht verlieren, weil es sie für die Bewältigung der kommenden Herausforderungen brauche. Sie wolle die psychische Gesundheit von jungen Menschen in den Vordergrund rücken und freute sich auf Schwerpunktsetzungen im Rahmen des Europäischen Jahres der Jugend.

ÖVP: Pandemie ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung

Er begrüße die Vorgehensweise des Bundeskanzlers, die Pandemiebekämpfung an erste Stelle zu setzen, hielt Silvester Gfrerer (ÖVP/S) fest. Dies sei "ein neuer Weg des Dialogs und des Miteinanders" unter Einbindung der Opposition und der Bundesländer. In Zeiten der Krise sei zudem das Engagement vieler Menschen positiv zu erwähnen. Zudem seien die Wirtschaftshilfen im Umfang von 42 Mrd. € sowie das Modell der Kurzarbeit einzigartig und habe "hunderttausende Arbeitsplätze" gerettet. Sein Fraktionskollege Christian Buchmann (ÖVP/St) betonte, dass sich die BürgerInnen eine handlungsfähige, handlungswillige und handlungsbereite Bundesregierung erwarten würden. Auch Buchmann begrüßte den begonnen Dialog mit allen Landeshauptleuten, den Sozialpartnern, ExpertInnen sowie der Opposition, da die Pandemie eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung sei.

Sonja Zwazl (ÖVP/N) zeigte sich erfreut darüber, dass der ehemalige Bundesrat Magnus Brunner nun Finanzminister ist. Die Steuerreform lobte sie als großes Entlastungspaket. Elisabeth Wolff (ÖVP/W) strich hervor, dass die neue Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm sich bereits in den vergangenen Jahren dafür eingesetzt habe, dass die Jugend eine Stimme bekomme.

SPÖ: Bundesregierung ist in der Pandemiebekämpfung gescheitert

Es gehe um die Stabilität des Landes "in extrem schwierigen Zeiten" und nicht um die Stabilität der ÖVP, kritisierte Korinna Schumann (SPÖ/W). Die Bundesregierung sei in der Pandemiebekämpfung gescheitert, obwohl man bereits in das dritte Corona-Jahr gehe. Dies lasse sich etwa durch eine fehlende Impfkampagne oder den vierten Lockdown durch nicht rechtzeitiges Handeln belegen. Zudem gebe es keine "Teuerungsbremse" oder frauenpolitische Ansätze, so die SPÖ-Mandatarin. Für Günter Kovacs (SPÖ/B) wäre Österreich nach dem vierten Lockdown nicht "in dieser schwierigen Lage", wenn man sich die Bundesländer Wien und das Burgenland zum Vorbild genommen hätte. Ein Regierungswechsel werde daran wenig ändern. Laut Kovacs werde die SPÖ jedoch die Bundesregierung unterstützen, damit man "das Beste aus der Impfpflicht macht".

Ingo Appé (SPÖ/K) bezeichnete es als eine Art Auszeichnung der Länderkammer, dass mit Magnus Brunner ein ehemaliges Mitglied des Bundesrats zum Finanzminister wurde. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) forderte eine große Offensive in der Elementarbildung, weil diese von der bisherigen Regierung vergessen worden sei. Dem neuen Innenminister warf sie vor, in seiner Rede kein Wort über Gewalt an Frauen verloren zu haben. SPÖ-Bundesrat Dominik Reisinger brachte im Zuge der Debatte einen Entschließungsantrag ein, in dem er unter anderem die Auszahlung eines Corona-Bonus für die Polizei forderte. Der Antrag blieb in der Minderheit.

FPÖ: Kurz hinterlässt massiven Schaden für die Demokratie und das Ansehen Österreichs

Sebastian Kurz habe "einen massiven Schaden für die Demokratie und das Ansehen Österreichs im Ausland hinterlassen", kritisierte Christoph Steiner (FPÖ/T). Er dankte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft für "die Trockenlegung dieses Sumpfes". Nach den Vorwürfen gegen Kurz und die "türkise Clique" hätten die Landeshauptleute reagiert und den ehemaligen Bundeskanzler abgesetzt. Vizekanzler Werner Kogler sei nun der "neue Scharfmacher", da er "friedliche Bürger als Staatsverweigerer, Neonazis und Demokratiefeinde" bezeichnet habe. Ebenso wie Steiner forderte sein Fraktionskollege Josef Ofner (FPÖ/K) Neuwahlen. Anstatt "more of the same", erlebe man "more of the shame". Nehammer verdanke sein Amt nicht seiner Kompetenz sondern der ÖVP Niederösterreich. Laut Ofner hat Nehammer als Innenminister keine Konsequenzen aus dem Terroranschlag von Wien gezogen und die ÖsterreicherInnen als "Lebensgefährder" bezeichnet.

Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) sprach von einem Vertrauensverlust in die Regierung, vor allem in die ÖVP. Lediglich beim neuen Finanzminister und ehemaligen Bundesrat Magnus Brunner zeigte er sich überzeugt, dass er seine Aufgabe besser machen werde als sein Vorgänger. Markus Leinfellner (FPÖ/St) sprach sich für Neuwahlen aus und bezeichnete die Bundesregierung als "rücktrittsreif".

Grüne: Stabilität und lösungsorientierte Sacharbeit wichtig

Die Politik befinde sich derzeit in einer Vertrauenskrise, attestierte Marco Schreuder (Grüne/W). Was es jetzt brauche, sei Stabilität und eine lösungsorientierte Sacharbeit. "Dazu wollen die Grünen beitragen", unterstrich der Grünen-Mandatar. Von der FPÖ würden jedoch keine Vorschläge zum Umgang mit den Herausforderungen der Krise kommen. Es gehe nun um faktenorientiertes Handeln als Antwort auf die "Empörungsmaschinerie".

Elisabeth Kittl (Grüne/W) richtete einen Appell an den neuen Innenminister, im Bereich der Gewalt an Frauen die Zusammenarbeit zwischen Justiz und Polizei zu intensivieren, insbesondere bei der Beweissicherung.

NEOS: Große Baustellen für die Zukunft

Für Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) hat der neue Bundekanzler einen positiven Eindruck in den ersten zwei Wochen seiner Amtszeit hinterlassen. Dies sei eine positive Zäsur zu seinem Vorvorgänger. Arlamovsky ortete jedoch "große Baustellen" für die Zukunft. Dies betrifft etwa das Informationsfreiheitsgesetz, die Parteienfinanzierung, eine Pensionsreform, die Abschaffung der kalten Progression sowie eine große Bildungsreform. (Fortsetzung Bundesrat) med/kar

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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