Parlamentskorrespondenz Nr. 1512 vom 22.12.2021

Bundesrat spricht sich für Maßnahmen zur Armutsbekämpfung aus

Länderkammer gibt Zustimmung zu Sozialmaßnahmen, um Pandemiefolgen entgegenwirken

Wien (PK) — Der Bundesrat gab heute seine Zustimmung zu mehreren Nationalratsbeschlüssen im Bereich der Sozialgesetzgebung. Die Bundesrätinnen und Bundesräte sprachen sich einstimmig für 10 Mio. € an zusätzlichen Mitteln für den Sozialminister aus, um negative soziale Folgen der COVID-19-Pandemie zu bekämpfen. Parteienübergreifend wurde die Wichtigkeit von Sozialmaßnahmen angesichts der anhaltenden Pandemie betont.

Die Länderkammer begrüßte auch Änderungen bzw. Klarstellungen in Sozialversicherungsgesetzen, die das Wochengeld betreffen, und sprach sich für die erleichterte Übermittlung von personenbezogenen Pflegedaten aus, um die Erbringung von Pflegeleistungen sicherzustellen. Keinen Einwand erhob der Bundesrat dagegen, dass der Nachtschwerarbeits-Beitrag 2022 nicht erhöht wird. Der Bundesrat billigte außerdem, dass Sitzungen der AMA-Gremien weiterhin virtuell stattfinden.

BundesrätInnen betonten Notwendigkeit von Armutsbekämpfung

Mehrheitlich sprach sich der Bundesrat für den Beschluss des Nationalrats aus, dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur Bekämpfung der sozialen und armutsrelevanten Folgen der COVID-19-Pandemie und entsprechender Präventionsarbeit zusätzliche Mittel in Höhe von 10 Mio. € zur Verfügung zu stellen. Aus diesen Mitteln sollen insbesondere Projekte zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen, zur Vermeidung von Obdachlosigkeit und zur Versorgungssicherheit durchgeführt werden. Die Maßnahme beruht auf einer Änderung des Bundesgesetzes zur Bekämpfung pandemiebedingter Armutsfolgen (COVID-19-Gesetz-Armut), die auf Antrag von ÖVP und Grünen im Ausschuss für Arbeit und Soziales initiiert wurde.

Auf die Pandemielage reagiert zudem eine Änderung des Bundespflegegeldgesetzes, die ebenfalls einhellig gebilligt wurde. Die pandemiebedingt getroffene Regelung der Übermittlung von personenbezogenen Pflegedaten der Landesstellen des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen wird damit bis Ende Juni 2022 verlängert. Auch der Anspruch von Bediensteten des Bundes, der Länder und Gemeinden auf Pflegekarenzgeld besteht vorerst weiter.

Die nun getroffenen Regelungen des Bundespflegegeldgesetzes und die zusätzlichen Mittel zur Armutsbekämpfung seien richtige Reaktionen auf die Pandemie, meinte die Wiener SPÖ-Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner. Gerade die Entwicklung der Kinderarmut sei derzeit äußerst besorgniserregend. Die Bemühungen des Sozialressorts hätten daher die ausdrückliche Unterstützung ihrer Fraktion, betonte die Bundesrätin. Allerdings dürfe es nicht bei Einzelmaßnahmen bleiben, sondern es müsste nachhaltige Konzepte geben. Denkbar ist für Gruber-Pruner etwa die Einführung einer Kindergrundsicherung. Die aktuelle Kinderkostenstudie zeige deutlich, dass die Familienleistungen nicht treffsicher seien. Diese Schieflage müsse behoben werden.

Auf den Ebenen Bund, Länder und Gemeinden würden viele zielgerichtete Sozialmaßnahmen gesetzt, betonte Heike Eder (ÖVP/V). Mehrere davon würden nun mit den gesetzlichen Schritten, welche der Bundesrat billige, fortgeführt und abgesichert. Sie freue sich besonders, dass weitere 10 Mio. € für die Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut zur Verfügung stehen. Auch gebe es eine Einmalzahlung für einkommensschwache Haushalte.  

Die Bundesregierung habe durch ihre planlosen Maßnahmen der Pandemiebekämpfung viele Menschen in Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit getrieben, meinte die Salzburger FPÖ-Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. Sinkende Einkommen und eine beispielslose Teuerungswelle hätten schwerwiegende soziale Auswirkungen, gegen die etwas unternommen werden müsse. Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Armutsbekämpfung würden jedoch nicht ausreichen. Steiner-Wieser brachte einen Entschließungsantrag ihrer Fraktion ein, in dem sie die Einführung eines Gutscheins für einen Tausend-Euro-Österreichgutschein forderte. Das sei gut investiertes Geld, das letztlich wieder in die Wirtschaft zurückfließen werde, argumentierte die Bundesrätin. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Die Abgeltung der Teuerung sei vor allem angesichts der starken Erhöhung von Energie- und Heizkosten zweifellos wichtig, unterstrich Bundesrat Andreas Lackner (Grüne/St). Langfristig werde nur der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen erlauben, die Energiekosten in den Griff zu bekommen. Der Bund habe seine Hausaufgaben, was die Unterstützung gegen Energiearmut betreffe, jedenfalls gemacht. Nun sei es an den Ländern, weitere Maßnahmen zu setzen.

Mückstein: Bundesregierung setzt Schritte, um pandemiebedingte Teuerung abzugelten

Die Bundesregierung habe es sich zur Aufgabe gesetzt, die Armutsrate in den nächsten Jahren zu halbieren, sagte Bundesminister Wolfgang Mückstein. Die Kinderkostenstudie zeige, dass es große Unterschiede zwischen Haushalten mit zwei Erwachsenen und einem Erwachsenen gebe. In der Regel seien Haushalte von Alleinerziehenden massiv benachteiligt, was sich noch verschärfe, sobald das Kind über 14 Jahre sei. Hier zeige sich akuter Handlungsbedarf. Die Bundesregierung werde angesichts der Pandemie einen Teuerungsausgleich für sozialschwache Gruppen auf den Weg bringen und Maßnahmen zur Unterstützung von verschiedenen vulnerablen Personengruppen.

Bundesrat billigt Neuregelung von Wochengeld für Selbständige und Bäuerinnen

Mehrheitlich sprach sich der Bundesrat für eine Novellierung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG) und des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG) aus. Im GSVG wird etwa klargestellt, dass im Falle eines vorzeitigen Wochengeldanspruchs der Versicherungsfall der Mutterschaft bereits mit Entstehen dieses Anspruchs als eingetreten gilt. Das Wochengeld soll in Zukunft zudem in bis zu drei Teilbeträgen ausbezahlt werden. Im BSVG wird anstelle einer Abfindung künftig eine Abfertigung gesetzt, die Berechnung soll zudem geschlechtsneutral erfolgen.

Andreas Lackner (Grüne/St) hob hervor, dass die Modalitäten der Auszahlung des Wochengeldes für Selbständige und Bäuerinnen wesentlich verbessert werden. Die SozialdemokratInnen sähen es kritisch, dass Abfertigungsregelungen unterschiedlich geregelt werden und könnten die Novelle daher nicht unterstützen, erklärte Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W).

Eine Novelle des Nachtschwerarbeitsgesetzes passierte den Bundesrat mit Stimmenmehrheit. Sie bewirkt, dass der Nachtschwerarbeits-Beitrag im Jahr 2022 unverändert 3,8% der Beitragsgrundlage beträgt. Das ist jener Beitrag, den Unternehmen zahlen müssen, wenn ihre MitarbeiterInnen Nachtschwerarbeit verrichten. Der Beitragssatz hätte entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen auf 4,9% erhöht werden müssen. Die nun entstehenden Mindereinnahmen der Pensionsversicherung werden den Bund rund 13,45 Mio. € kosten.

AMA-Gesetz erlaubt virtuelle Sitzungen von Gremien

Der Bundesrat sprach sich zudem einstimmig dafür aus, dass eine aufgrund der COVID-19-Pandemie getroffene Regelung im AMA-Gesetz über das Jahr 2021 hinaus unbefristet bestehen bleibt. Damit ist die virtuelle Abhaltung von Sitzungen der AMA-Gremien zulässig. (Fortsetzung Bundesrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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