Parlamentskorrespondenz Nr. 41 vom 17.01.2022

Gleichbehandlungsausschuss: Sämtliche Forderungen der Opposition vertagt oder abgelehnt

Themen: LGBTIQ, Einkommenstransparenz, Frauenbudget und Gewaltprävention

Wien (PK) – Im ersten Gleichbehandlungsausschuss des neuen Jahres standen Themen wie unter anderem die Gewaltschutz-Maßnahmen und das Frauenbudget, Maßnahmen für die LGBTIQ-Community sowie eine verpflichtende Frauenquote in Vorständen auf der Tagesordnung. Sämtliche Anträge der Opposition wurden vertagt, ein Entschließungsantrag der NEOS für ein Verbot von sogenannten Konversions- und anderen reparativen Therapieformen an Minderjährigen wurde abgelehnt.

SPÖ fordert Basisfinanzierung für Beratungsstellen, Maßnahmen für LGBTIQ-Community sowie Einkommenstransparenz und Frauenquoten in Vorstandsetagen

Die SPÖ setzte sich mit ihrem Antrag (2046/A(E)) für eine Basisfinanzierung für Mädchen- und Frauenberatungsstellen ein. Die derzeitig oftmals kurzfristig und schwer kalkulierbaren Projektfinanzierungen würden es den 181 Beratungsstellen in Österreich schwer machen, den MitarbeiterInnen sichere Anstellungsverhältnisse zu bieten, zeigte sich Eva Maria Holzleitner (SPÖ) überzeugt. Eine stabile Basisfinanzierung von Seiten des Bundes sei deshalb unerlässlich. Unterstützt wurde das Ansinnen auch von den NEOS. Henrike Brandstötter (NEOS) bekräftigte die Kurzfristigkeit der Projektfinanzierungen und die Notwendigkeit einer abgesicherten Finanzierung. Auch Rosa Ecker (FPÖ) sprach sich für eine stabile Finanzierung aus, hinterfragte aber, nach welchen Kriterien die Rahmenverträge vergeben werden.

ÖVP-Abgeordnete Elisabeth Pfurtscheller beantragte die Vertagung des Antrags und wies darauf hin, dass Frauenministerin Susanne Raab bereits ein höheres Frauenbudget realisieren konnte und weitere Schritte geplant seien. Ein Schnellschuss sei nicht notwendig, besser wäre ein Paradigmenwechsel bei der Förderung der Beratungsstellen. Meri Disoski (Grüne) befürwortete grundsätzlich die langfristige Planungssicherheit, es gäbe sicherlich noch Luft nach oben. Die Koalitionsparteien bemühten sich, hier gemeinsam weitere Schritte zu setzen.

Ausschuss-Vorsitzende Holzleitner (SPÖ) erkundigte sich bei Frauenministerin Raab unter anderem auch, wofür der Frauenfonds zuständig sei, von diesem hätte der Ausschuss bisher keine Informationen erhalten.

Ministerin Susanne Raab wies auf die beiden in Österreich üblichen Fördersysteme hin – entweder gezielte Projektfinanzierung oder Förderverträge über mehrere Jahre nach dem Bundesvergabegesetz. Die Erhöhung des Frauenbudgets sei bereits ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gewesen. Raab thematisierte, dass viele geförderte Vereine seit Jahren gute Arbeit leisten würden und sie sehr auf Kontinuität setze. Der Frauenfonds hätte die Schwerpunkte Empowerment für Frauen sowie Mädchen in die Technik (MINT) zu bringen. Auch das Schließen des Gender Pay Gap sowie Investitionen in den Gewaltschutz sprach Raab als Zielrichtungen ihrer Arbeit an. Der Gesetzesantrag wurde mehrheitlich vertagt.

Vertagt wurden auch die übrigen Anträge von der SPÖ zum Thema Einkommenstransparenzgesetz und zu einer Maßnahmenoffensive für Lohn- und Einkommensgerechtigkeit. Die SPÖ will dadurch mehr Lohngerechtigkeit in der Privatwirtschaft erreichen und brachte neuerlich eine Initiative für ein Einkommenstransparenzgesetz ein (276/A). Männer und Frauen sollen für gleiche Arbeit endlich gleich gut bezahlt werden, hält die SPÖ ihrem Entschließungsantrag fest und fordert dazu eine Maßnahmenoffensive für Lohn- und Einkommensgerechtigkeit (278/A(E)). Meri Disoski (Grüne) unterstrich die Bedeutung der Lohntransparenz, wies aber darauf hin, dass Einkommensgerechtigkeit dann gegeben sei, wenn auch ausreichend Betreuungsstellen für Kinder umgesetzt seien. Und in diesem Bereich setze die Regierung bereits konkrete Schritte. Ziel müsse der Rechtsanspruch auf Kinderbildung ab dem 1. Lebensjahr sein, bekräftigte Eva Maria Holzleitner (SPÖ) das Ansinnen der beiden Anträge. Diese wurden von den Regierungsparteien mit den Argumenten abgelehnt, dass Einkommensberichte wichtig seien, es brauche aber viel mehr andere Dinge. Nicht alle eingebrachten Punkte seien realisierbar, zeigte sich Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) überzeugt.

Verpflichtende Frauenquoten in Vorständen von Unternehmen war die Zielrichtung eines weiteren Entschließungsantrags (1234/A(E)) der SPÖ, welcher im Ausschuss verhandelt wurde. In den Aufsichtsräten hätte die seit 2018 verpflichtende Geschlechterquote von 30% bereits Wirkung gezeigt. Nun sollte eine Frauenquote auch in der Vorstandsetage eingeführt werden, thematisierte Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) in ihrem Antrag. Nicht befürwortet wurde das Ansinnen von der FPÖ. Rosa Ecker (FPÖ) sprach sich gegen eine Quote aus. Maria Theresia Niss (ÖVP) beantragte die Vertagung des Antrags, es brauche hier eine breit aufgestellte Diskussion zu diesem Thema. Auch Meri Disoski (Grüne) befürwortete die Vertagung mit der Begründung, es sei schon einiges erreicht worden, doch es müssten noch einige Themen hierfür besprochen werden.

SPÖ: Qualitätsvolle sexuelle Bildung in den Schulen gewährleisten

Die SPÖ setzte sich mit einem Entschließungsantrag (1497/A(E)) für qualitätsvolle sexuelle Bildung im Schulunterricht ein. Der Bildungsminister wird im Antrag aufgefordert, ein dauerhaftes Akkreditierungsverfahren zur Sicherstellung zeitgemäßer und wissenschaftlich fundierter sexueller Bildung bis zum Beginn des Schuljahres 2021/2022 einzurichten. Für Antragsstellerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ist es von enormer Bedeutung, dass eine umfassende und weitreichende Sexualerziehung passiere. Es seien früher veraltete und teilweise auch homophobe Inhalte von externen DienstleisterInnen an den Schulen unterrichtet worden – dies sei im Auge zu behalten. Yannik Shetty (NEOS) schloss sich dieser Argumentation an, da das Bildungsministerium laut seinen Informationen derzeit nicht garantieren könne, dass alle derzeit aktiven Vereine nach den neuesten Kriterien unterrichten würden. Dem Vertagungsantrag von Nico Marchetti (ÖVP) mit der Begründung, das Bildungsministerium sei gerade in der Ausarbeitung einer dafür vorgesehenen Datenbank, die noch etwas Zeit benötige, schloss sich auch Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) an. Sie betonte die Wichtigkeit und auch die Dringlichkeit der Thematik, es brauche aber noch bis zur Umsetzung der Datenbank Zeit. Der Antrag wurde vertagt.

SPÖ möchte mehr Gewaltschutz und Beratungsstellen für die LGBTIQ-Community

Einen Schwerpunkt gegen LGBTIQ-Feindlichkeit und Hassverbrechen strebten zwei Entschließungsanträge (2047/A(E)) der SozialdemokratInnen an. Eine bisher ungekannte Welle an Angriffen - insgesamt 97 Gewaltdelikte - auf die LGBTIQ-Community hätten die vergangenen Monate mit sich gebracht. Längst überfällig sei eine Novellierung des Diskriminierungsschutzes im Gleichbehandlungsgesetz und ein umfassender Plan zum Vorgehen gegen LGBTIQ-Feindlichkeit und Diskriminierung, zeigte sich Sabine Schatz (SPÖ) in ihrem Redebeitrag überzeugt. Für Rosa Ecker (FPÖ) stand die in ihren Augen derzeit stattfindende Diskriminierung von ungeimpften Menschen im Vordergund. Yannick Shetty (NEOS) kritisierte die mangelnden Maßnahmen von Seiten der Regierungsparteien gegen die Gewaltattacken gegen die LGBTIQ-Community. Bekräftigt wurde zwar die Notwendigkeit von Maßnahmen gegen die Gewalt gegen LGBTIQ-Feindlichkeit von Nico Marchetti (ÖVP), jedoch müsse man sich die Sachlage genau ansehen. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) wies auf den im Regierungsprogramm vereinbaren Nationalen Aktionsplan zu Menschenrechten hin. Hier würde im Bereich Gewaltschutz für besonders vulnerable Gruppen ein Fokus sein. Der Antrag wurde vertagt.

Auch ein Antrag zur flächendeckenden Versorgung für LGBTIQ-Jugendliche (1693/A(E)) der SPÖ wurde mehrheitlich vertagt. Seit Jahren würden internationale Studien zeigen, dass diese Gruppe von Jugendlichen deutlich häufiger unter psychosozialen Belastungen, psychischen Erkrankungen und sogar einem deutlich höheren Suizid-Risiko leide als der Durchschnitt ihrer AltersgenossInnen, so Eva Maria Holzleitner. Ein Sonderfördertopf sei dafür notwendig, damit in jedem Bundesland Beratungsstellen eingerichtet werden können.

Yannick Shetty (NEOS) argumentierte für den Antrag, es brauche besonderes Verständnis für die Situation eines Outingsprozesses. Solche Thematiken würden für die meisten Jugendzentren eine Überforderung darstellen. Von Seiten der FPÖ argumentierte Rosa Ecker, dass es bereits flächendeckende Beratungsstellen für Jugendliche gäbe. Sie stellte die Frage in den Raum, ob es für Jugendliche nicht schwieriger sein würde, zu expliziten LGBTIQ-Beratungsstellen zu gehen.

Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) zeigte die Bereitschaft des Bundes, hier Maßnahmen zu setzen. Doch dieser Antrag werfe die Frage auf, ob eigene LGBTIQ-Beratungsstellen notwendig seien. Sie beantragte die Vertagung mit den Argumenten, dass eventuell die derzeitigen Beratungsstellen ausreichen würden.

FPÖ für rasche Umsetzung der SOS-App und Impfstudien

Für den Bereich Gewaltschutz hat die FPÖ einen Entschließungsantrag (2099/A(E)) eingebracht. EU-weit sei jede dritte Frau von Gewalt betroffen und jede zehnte von sexueller Gewalt. COVID-19 und die dadurch bedingten Lockdowns hätten zu einem weiteren, erschreckenden Anstieg von Gewalt gegen Frauen geführt. Nicht umgesetzt sei bislang eine SOS-App, kritisierte Rosa Ecker (FPÖ), die es betroffenen Frauen auf unkomplizierte Weise ermöglichen würde, direkt mit der Polizei verbunden werden und somit rasch und unverzüglich Kontakt aufnehmen zu können. Die SPÖ wollte dem Antrag zustimmen, denn laut Gabriele Heinisch-Hosek muss jedes Instrument genutzt werden, um Frauen vor Gewalt zu schützen. Die NEOS hielten dies prinzipiell für eine gute Idee, sahen den Staat aber als falschen Organisator an. Laut Henrike Brandstötter (NEOS) sei dies in privaten Händen besser aufgehoben. Auch die Grünen hielten die Idee für begrüßenswert und vertagten das Anliegen mit dem Versprechen, die Sache genauer zu prüfen. Die Herausforderungen liegen im Detail, führte Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) aus, wollte aber ebenfalls "alle Möglichkeiten – auch die moderne Technik – ausnützen", um Gewalt entgegenzutreten.

Vertagt wurden ebenfalls zwei Entschließungsanträge der FPÖ mit Forderungen nach Impfstudien. Die Freiheitlichen traten darin für gendergerechte Medizin ein. Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten seien bei Frauen oft unzureichend untersucht, die FPÖ forderte daher eine Studie über gendergerechte Medizin, die insbesondere über die geschlechterspezifischen Auswirkungen von Krankheitsverläufen, Impfungen und Nebenwirkungen (1678/A(E)). Offene Fragen sieht die FPÖ insbesondere bei der COVID-19-Impfung und ihren Wirkungen und Nebenwirkungen bei Schwangeren, argumentierte Ecker und forderte eine Studie, die Auswirkungen von Impfungen, insbesondere der COVID-19-Impfungen, auf Schwangere und Kinder untersucht (1683/A(E)). Laut ÖVP und Grünen liegen diesbezüglich profunde Studien aus anderen europäischen Ländern vor. Meri Disoski (Grüne) betonte die Unterstützung der Grünen für gendergerechte Medizin. Maria Theresia Niss (ÖVP) sah den Forschungsschwerpunkt im Bereich Long COVID als zentral an.

NEOS fordern Fristenangleichung, Gewaltambulanzen, Verbot von Konversionstherapien und neutrale Elternteilbezeichnung in internationalen Geburtsurkunden

Auch die NEOS wollten im Gleichbehandlungsausschuss über mehrere Agenden beraten. So kritisierten sie etwa, dass es bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen Belästigungen in der Arbeitswelt unterschiedliche Fristen gibt. Bedienstete im öffentlichen Dienst könnten laut Bundes-Gleichbehandlungsgesetz drei Jahre lang Ansprüche geltend machen, während im Gleichbehandlungsgesetz für die Privatwirtschaft zwischen sexueller Belästigung (drei Jahre) und anderen Belästigungen, etwa wegen des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit (ein Jahr), unterschieden werde. Die NEOS forderten mittels Entschließungsantrag die Angleichung aller Fristen auf drei Jahre (1139/A(E)). Laut Brandstötter sollte die Frist nicht an der Form des Arbeitsplatzes hängen. Unterstützung bekam die Forderung von den anderen Oppositionsparteien sowie den Grünen. Disoski führte aus, dass aus Sicht der Grünen Schritte notwendig seien, in der Koalition aber kein Konsens gefunden wurde. Demgegenüber hielt Pfurtscheller (ÖVP) die dreijährige Frist bei der Geltendmachung von sexueller Belästigung für angebracht, nicht jedoch bei Belästigungen in anderen Bereichen, da auch die Glaubhaftmachung mit der Zeit schwieriger werde. Vertagt wurde schließlich mit der Begründung, dass die Entwicklung beobachtet wird.

Vertagt wurde außerdem ein Entschließungsantrag der NEOS, die ein "offensichtliches auf Männergewalt basierendes Frauengewalt- und Femizid-Problem" in Österreich orten. Um dem entgegenzutreten, forderte Brandstötter Gewaltambulanzen als Anlaufstellen, in denen von Gewalt betroffene Frauen von interdisziplinären Teams rund um die Uhr psychologisch, ärztlich und juristisch betreut werden (1611/A(E)). Damit könnte der Opferschutz gestärkt, mehr Rechtssicherheit für Betroffene geschaffen und Gewalt vorgebeugt werden, so die Antragstellerin. Disoski (Grüne) befürwortete die Forderung, sah aber die Bundesländer in der Verantwortung. Auch die ÖVP wollte eine länderspezifische Lösung finden, obwohl das Anliegen grundsätzlich begrüßt wurde.

Die NEOS forderten ebenfalls mittels Entschließungsantrag (1953/A(E)) eine neutrale Elternteil-Bezeichnung in internationalen Geburtsurkunden für gleichgeschlechtliche Eltern. Die Eintragung von "Mutter" und "Mutter", "Vater" und "Vater" oder auch "Elternteil" sei bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen in internationalen Geburtsurkunden nicht möglich, erklärte Shetty und forderte die Bundesregierung zum Aktivwerden auf. Konkret pochte er auf die Einführung der neutralen Angabe "parent" in dem entsprechenden Formblatt A der Internationalen Kommission für das Zivilstandswesen. Die Grünen sahen keine Zuständigkeit des Gleichbehandlungsausschusses gegeben. Nico Marchetti (ÖVP) informierte diesbezüglich über eine "unbefriedigende Situation". Es mangle am Mitgliedstatus im entsprechenden Gremium, daher könne kein diesbezüglicher Antrag gestellt werden, sagte er. Der Antrag wurde schließlich vertagt.

Abgelehnt wurde am Ende der Sitzung ein Entschließungsantrag der NEOS betreffend ein Verbot von sogenannten Konversions- und anderen reparativen Therapieformen an Minderjährigen (943/A(E)). Shetty kritisierte darin die potenziell psychisch und physisch schädigenden Behandlungen, die oft außerhalb eines beruflichen oder therapeutischen Kontexts vollzogen werden. SPÖ und FPÖ schlossen sich dem Antrag an. Während es für den Gesundheitsbereich Regelungen gebe, sei dies im privaten Bereich sowie bei Vereinen nicht ausreichend geregelt, erklärte Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Marchetti (ÖVP) verwies auf einen diesbezüglichen 2021 einstimmig angenommenen Ausschussantrag betreffend das Verbot von Behandlungen, die auf eine Veränderung der sexuellen Orientierung abzielen. An der Umsetzung werde gearbeitet, sagte er. Seitens der FPÖ kritisierte Christian Lausch die lange Umsetzungsdauer. (Schluss Gesundheitsausschuss) mar/gla