Parlamentskorrespondenz Nr. 118 vom 07.02.2022

Hauptausschuss genehmigt Verordnung des Gesundheitsministers zur COVID-19-Impfpflicht

Opposition kritisiert viele offene Fragen beim Vollzug

Wien (PK) – Seit Samstag dem 5. Februar 2022 ist das COVID-19-Impfpflichtgesetz in Kraft. Der Hauptausschuss des Nationalrats genehmigte heute mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ dazu auch die COVID-19-Impfpflichtverordnung (160/HA) des Gesundheitsministers, in der etwa die Ausnahmen von der Impfpflicht und die anerkannten Impfstoffe geregelt werden.

So fallen unter die Ausnahmen von der Impfpflicht neben Schwangeren und – bis zu 180 Tagen nach Probenahme - Genesenen auch Personen, die nicht ohne konkrete und ernstliche Gefahr für Leben oder Gesundheit mit einem zentral zugelassenen Impfstoff geimpft werden können oder bei denen aus medizinischen Gründen eine ausreichende Immunantwort auf eine Impfung gegen COVID-19 nicht zu erwarten ist. In der Verordnung werden aus diesen Gruppen beispielsweise Transplantations- und KrebspatientInnen genannt. Zusätzlich zu den in Österreich zentral zugelassenen Präparaten werden zwei chinesische und drei indische Produkte anerkannt, nicht jedoch der russische Impfstoff Sputnik V. Weitere Spezifikationen betreffen die Impfintervalle sowie die notwendige Anzahl von Impfungen.

Regelungen zu Impfintervallen und anerkannten Impfstoffen

Als erfüllt gilt die Impfpflicht für jene, die vor Inkrafttreten mindestens dreimal oder nach einer COVID-19-Infektion zweimal geimpft sind, wenn die Erstimpfung innerhalb von 180 Tagen ab dem Tag der Probenahme und die Zweitimpfung bis 190 Tage danach erfolgt ist. Personen, die noch keine Impfserie begonnen haben, haben sich einer Erstimpfung, innerhalb von 65 Tagen nach der Erstimpfung einer Zweitimpfung und innerhalb von 190 Tagen nach der Zweitimpfung einer Drittimpfung zu unterziehen. Wenn seit der Erstimpfung 360 Tage ohne Zweitimpfung verstrichen ist, muss eine neue Impfserie begonnen werden. Ähnliches gilt für länger zurückliegende Zweitimpfungen.

Für die Erfüllung der Impfpflicht anerkannt sind neben den in Österreich ohnehin zugelassenen Impfstoffen auch zwei chinesische (Sinopharm, Sicovac) und drei indische Präparate (Covaxin, Covovax, Covishield). Der russische Impfstoff Sputnik V findet hingegen keine Erwähnung in der Verordnung. Bei Personen, die sich im Ausland mindestens zwei Impfungen mit einem nicht anerkannten Impfstoff unterzogen haben, gilt die dortige zweite Impfung als Erstimpfung.

Ausnahmebestimmungen

Ebenfalls festgelegt wurden die Ausnahmebestimmungen von der Impfpflicht. Diese betreffen neben Schwangeren auch Personen, die durch die Impfung in ihrer Gesundheit gefährdet werden könnten. Darunter fallen laut Verordnung Menschen mit Allergien bzw. Überempfindlichkeiten gegen einzelne Inhaltsstoffe der Präparate, Personen mit einem akuten Schub einer schweren inflammatorischen oder Autoimmunerkrankung sowie an Corona oder einer anderen akuten, schweren, fieberhaften Infektion Erkrankte und multimorbide Personen. Auch jene, die schwere Impfnebenwirkungen aufwiesen fallen darunter.

Ebenfalls ausgenommen sind Personen, bei denen keine ausreichende Immunantwort auf eine Impfung zu erwarten ist. Dies betrifft laut Verordnung Menschen nach einer Knochenmark-, Stammzellen oder Organtransplantation, bei einer andauernden Kortisontherapie, bei Immunsuppression oder anderen Therapien mit bestimmten Medikamenten sowie KrebspatientInnen, die in den letzten sechs Monaten eine Chemo-, Biologika- oder Strahlentherapie erhalten haben bzw. an einer metastasierenden Krebserkrankung auch ohne laufende Therapie leiden. Auch Menschen, die trotz dreimaliger Impfung keine ausreichende Immunantwort ausgebildet haben, fallen unter die Ausnahmen.

Festgelegt werden in der Verordnung auch die Ambulanzen, die neben Amtsarzt oder Epidemiearzt das Vorliegen von Ausnahmegründen für ihre PatientInnen bestätigen können. Zu diesen Ambulanzen inländischer Krankenanstalten zählen - je nach Ausnahmegrund - Spezialambulanzen für Immunsupprimierte, Ambulanzen für Dermatologie, Ambulanzen für Innere Medizin, Geriatrische Ambulanzen, Ambulanzen für Transplantationsmedizin sowie Neurologische Ambulanzen.

Mückstein: Impfpflicht bietet langfristige Perspektive zum Schutz des Gesundheitssystems

Eine neue Perspektive in der Pandemiebekämpfung sieht Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein im COVID-19-Impfpflichtgesetz und der dazugehörigen Verordnung, wie er in seinen einleitenden Worten im Plenum betonte. 79,6% der impfbaren Bevölkerung hätten bisher zumindest einen Stich erhalten und knapp 54% seien bereits geboostert. Dies sei jedoch zu wenig, um auch gegen neue Varianten des COVID-19-Virus ausreichend geschützt zu sein. Er zeigte sich davon überzeugt, dass die Impfpflicht genügend hohe Impfquoten schaffen werde, um aus dem schon "seit zwei Jahren andauernden Kreislauf des Auf- und Zusperrens endlich herauszukommen", erklärte Mückstein. Für die gegenwärtige Omikron-Welle seien kurzfristige Maßnahmen beschlossen worden, die schrittweise bereits wieder gelockert würden. Bei der Impfpflicht handle es sich jedoch um eine vorausschauende Maßnahme, die vor allem mittel- und langfristig wirke. Mit dieser werde nicht einfach nur reagiert, sondern ein wichtiger Schritt zum Schutz des Gesundheitssystems und auf dem Weg zur Normalität gesetzt.

SPÖ und NEOS bemängeln offene Fragen beim Vollzug

Für die SozialdemokratInnen ließ die Verordnung des Gesundheitsministers trotz Zustimmung noch einige Fragen offen. So kritisierte Petra Bayr (SPÖ) das Fehlen weiterer Spezifikationen bezüglich der zum Zweck des Monitorings angekündigten Einrichtung einer Kommission. Gesundheitsminister Mückstein erklärte, dass diese spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des Impfpflichtgesetzes von der Bundesregierung einberufen werde, um sowohl die epidemiologischen Grundlagen als auch die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen der Maßnahmen begleitend zu prüfen. Weitere Kritikpunkte von Bayr betrafen die verwaltungstechnische Implementierung der Impfpflicht und die Abstimmung mit den Ländern. Mückstein räumte ein, dass diese Prozesse Zeit benötigten. Eine Konferenz mit den GesundheitslandesrätInnen, an der er teilnehmen werde, sei jedoch bereits für den darauffolgenden Tag angesetzt.

Auch für die NEOS bleiben einige Fragen, was die Umsetzung betrifft, unbeantwortet, wie Michael Bernhard (NEOS) ausführte. Kein Verständnis habe er für den vorgesehenen Umgang mit Genesenen, bei dem eine zugrundeliegende fachliche Einschätzung fehle. Da die Verordnung generell unverständlich und schwer exekutierbar sei, kündigte er an, dass seine Fraktion die Verordnung nicht mittragen werde. Bernhards Fraktionskollege Helmut Brandstädter (NEOS) interessierte sich konkret für die Thematik der Totimpfstoffe, auf die laut Brandstätter noch viele Menschen warten wollten. Diese würden im Rahmen der Impfpflicht ebenfalls akzeptiert werden, wie Gesundheitsminister Mückstein erläuterte. Voraussetzung sei jedoch eine Zulassung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und des Nationalen Impfgremiums, womit voraussichtlich erst im zweiten Quartal 2022 zu rechnen sei.

FPÖ: Regierung fährt ihr Programm stur weiter bis zum Crash

Gänzlich ablehnend zeigten sich die Freiheitlichen gegenüber der Verordnung. Diese sei, so wie das gesamte COVID-19-Impfpflichtgesetz, in keiner Weise mehr nachvollziehbar, und Ausdruck einer Politik, die die BürgerInnen nicht mitnehme, erklärte Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Obwohl die Hospitalisierungszahlen stabil seien, komme die Bundesregierung aus der "Endzeitstimmung" nicht heraus, sehe nicht nach links und rechts und fahre ihr Programm "stur weiter bis zum Crash." Die Sinnlosigkeit des Gesetzes und der Verordnung zeige sich laut Belakowitsch deutlich in der fehlenden Anerkennung des russischen Impfstoffs Sputnik V. Da viele PflegerInnen aus Osteuropa kämen, werde die Regelung zu vielen Problemen auf diesem Sektor führen. Generell gehe es dem Gesundheitsmister lediglich um das Bestrafen von Ungehorsamen, so Belakowitsch, denn die Maßnahmen hätten keinerlei Basis in der Datenlage.

Mückstein verwies in seiner Beantwortung auf die Sonderregelung für Menschen, die mit Sputnik V oder einem anderen im Ausland zugelassenen Präparat geimpft wurden. Da man davon ausgehe, dass durch eine zweifache Impfung mit Sputnik V eine gewisse Immunität gegeben sei, werde dies als Erstimpfung anerkannt, was einer "pragmatischen Lösung" entspreche. (Schluss Hauptausschuss) mbu/wit