Parlamentskorrespondenz Nr. 142 vom 17.02.2022

Gesundheitsausschuss: Debatte über die Corona-Teststrategie sowie Verlängerung des Fernrezepts

Mückstein erhält Verordnungsermächtigung zur Durchführung von Screeningprogrammen

Wien (PK) – Auch im zweiten Teil des Gesundheitsausschusses stand die zukünftige Corona-Teststrategie im Fokus. Durch eine mit den Stimmen von ÖVP und Grünen beschlossene Novellierung des Epidemiegesetzes wird der Gesundheitsminister nämlich ermächtigt, per Verordnung festzulegen, zu welchem Zweck, mit welchen Testmethoden und in welcher Häufigkeit Screeningprogramme auf Kosten des Bundes durchgeführt werden sollen. Dafür muss er aber das Einvernehmen mit dem Finanzminister suchen, was von der Opposition heftig kritisiert wurde. Angesichts der hohen Ausgaben für Corona-Tests – insgesamt 2,6 Mrd. € - sei es legitim, Adaptierungen vorzunehmen, argumentierte etwa ÖVP-Abgeordneter Werner Saxinger, der aber noch keine konkreten Details nannte.

Weiters stimmten ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS einer Anpassung der Regelungen für die Ausstellung von COVID-19-Risikoattesten sowie einer Verlängerung des sogenannten Fernrezepts bis Ende Juni zu.

Zum Großteil vertagt wurden zahlreiche Oppositionsanträge, in denen unter anderem die SPÖ eine Ausdehnung des Corona-Bonus auf alle "HeldInnen der Krise" sowie eine umfassende Strategie für die Behandlung von Long-Covid einforderte. Den NEOS ging es vor allem um die Verbesserung des COVID-19-Forschungsdatensatzes sowie im Sinne der Transparenz um eine Übermittlung der Berichte der AGES, die im Corona-Management eine zentrale Rolle spiele. Die Freiheitlichen verlangten die Vorlage eines monatlichen Transparenzberichts über die Arbeit des Nationalen Impfgremiums, die Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie Aufklärung in der Causa "Hygiene Austria". Außerdem war der FPÖ das Verschenken von Impfstoffen an das Ausland ein Dorn im Auge.

Epidemiegesetz: Gesundheitsminister erhält Verordnungsermächtigung zur Durchführung von Screeningprogrammen

Im Zuge der Beratungen über eine Initiative der Regierungsfraktionen zum Epidemiegesetz (2063/A) brachten ÖVP und Grüne einen gesamtändernden Abänderungsantrag ein. Demnach soll der Gesundheitsminister in Zukunft per Verordnung festlegen können, zu welchen Zwecken, mit welchen Testmethoden und in welcher Häufigkeit Screeningprogramme auf Kosten des Bundes durchgeführt werden. Er hat dafür das Einvernehmen mit dem Finanzminister herzustellen.

Eine weitere Änderung betrifft die Anträge auf Ersatz des Verdienstentgangs aufgrund einer behördlichen Maßnahme zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus, etwa einer Schließung des Betriebs. Die Ansprüche konnten bisher bis zu drei Monate nach Ende der behördlichen Maßnahme geltend gemacht werden, eine Antragsänderung war nach Ablauf dieser Frist nicht mehr möglich. Weil in vielen Fällen Verbesserungsaufträge wegen fehlender Daten erst nach Ende der entsprechenden Frist ergangen sind, soll die Bestimmung nun geändert werden. Fristgerecht eingebrachte Ansprüche sollen künftig während eines anhängigen Verfahrens auch nach Ablauf der Frist der Höhe nach ausgedehnt werden können.

SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger sah ein großes Problem darin, dass der Gesundheitsminister in Sachen Screeningprogramme nur im Einvernehmen mit dem Finanzressort handeln könne. Aus diesem Grund könne er den Änderungen nicht zustimmen.

Auch Abgeordnete Dagmar Belakowisch (FPÖ) sprach von einer Beschneidung der Kompetenzen des Gesundheitsministers. Geldfragen müssten in Gesundheitsangelegenheiten zweitrangig sein. Ihrer Meinung nach sollten aber nun alle "sinnentleerten" Corona-Maßnahmen beendet werden.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrags mit den Stimmen von ÖVP und Grünen beschlossen.

Anpassung der Bestimmungen über COVID-19-Risikoatteste an das Impfpflichtgesetz, Verlängerung des Fernrezepts

Auf mehr Zustimmung stießen die von Seiten der Regierungsfraktionen vorgeschlagenen Änderungen im ASVG und anderen Sozialversicherungsgesetzen, die auch von der SPÖ und den NEOS mitgetragen wurden. Der ursprüngliche Entwurf enthielt vor allem Leistungsharmonisierungen und Klarstellungen (2172/A). So soll etwa auf Vorschlag der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen für die Gewährung von Heilbehelfen wie Brillen oder orthopädischen Schuheinlagen in Hinkunft keine ärztliche Verordnung innerhalb des Trägers mehr notwendig sein. Bei der Novellierung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes geht es um eine Harmonisierung der Bestimmungen über Kostenerstattungen für ÄrztInnen.

Durch einen im Laufe des Ausschusses eingebrachten Abänderungsantrag, in dem es vor allem um die Ausstellung von COVID-19-Risikoattesten geht, wird vor allem eine Harmonisierung der Bestimmungen mit den Impfpflichtgesetz vorgenommen, erläuterte der Gesundheitssprecher der Grünen Ralph Schallmeiner.

Darin wird im Konkreten festgelegt, dass ab dem 1. April 2022 eine Bestätigung über die Ausnahmegründe von der COVID-19-Impfpflicht samt den entsprechenden Befunden vorgelegt werden muss. COVID-19-Risikoatteste, die vor dem 1. April 2022 ausgestellt wurden, müssen innerhalb von zwei Wochen nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung bestätigt werden. Dies gilt nur dann, wenn die betroffene Person tatsächlich von der Arbeitsleistung freigestellt wurde, weil die im Gesetz vorgesehenen Alternativmaßnahmen (Arbeitsleistung im Homeoffice bzw. Schutzmaßnahmen an der Arbeitsstätte einschließlich des Arbeitsweges) nicht möglich sind. Betroffen von der Neuregelung sind Personen, die nicht ohne konkrete und ernstliche Gefahr für Leben oder Gesundheit geimpft werden können oder bei denen aus medizinischen Gründen eine Immunantwort auf eine Impfung gegen COVID-19 nicht zu erwarten ist. Die Bestätigung hat durch eine fachlich geeignete Ambulanz, AmtsärztInnen oder EpidemieärztInnen zu erfolgen.

Ein weiterer im Ausschuss eingebrachter und mehrheitlich beschlossener Antrag von ÖVP und Grünen, der sich auf das Gesundheitstelematikgesetz bezieht, sieht eine Verlängerung der Möglichkeit zur Ausstellung von sogenannten Fernrezepten bis Ende Juni 2022 vor.

Kritik an der Neuregelung in Bezug auf die COVID-19-Risikoatteste übte Abgeordneter Gerhard Kaniak (FPÖ), der insbesondere die Übergangsfrist als zu kurz bezeichnete. Seine Fraktion werde auch der Verlängerung des Fernrezepts nicht zustimmen, da es sich dabei um ein "gemütliches und bequemes Provisorium" handle, das zudem missbrauchsanfällig sei. Ziel müsste es sein, endlich das schon lange versprochene E-Rezept umzusetzen; aber da sei das Ressort noch immer säumig.

SPÖ: Ausweitung des Corona-Bonus auf alle "HeldInnen der Krise" sowie strategischer Plan für Long-Covid

Mitten in der Omikron-Welle der Corona-Pandemie sei der Einsatz unzähliger Menschen im Gesundheits-, Sozial- und Pflegebereich wichtiger denn je, um das gesamte System einsatzfähig zu halten, heben die SPÖ-Abgeordneten in einem Entschließungsantrag hervor (2212/A(E)). Obwohl diese "HeldInnen der Krise" oft mit großem persönlichem Risiko sowie unter Einsatz ihrer eigenen Sicherheit und Gesundheit das Land seit zwei Jahren am Laufen halten, habe nur ein Teil von ihnen nach langen bürokratischen Verzögerungen eine gewisse Anerkennung in Form eines steuerfreien 500 €-Corona-Bonus erhalten.

Viele ArbeitnehmerInnen seien aber bedauerlicherweise nicht einbezogen worden, beklagte Verena Nussbaum (SPÖ), wie etwa die SanitäterInnen in den Rettungs- und Krankentransportorganisationen, aber auch externe Reinigungs- und Sicherheitskräfte. Dies sei aus ihrer Sicht extrem unsolidarisch. Es ergeht daher von Seiten der SPÖ das Ersuchen an die politisch Verantwortlichen, die Bezugsgruppe des Corona-Bonus auf alle Personen im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich auszuweiten.

Abgeordnete Bedrana Ribo (Grüne) sah die Rettungsorganisationen in der Pflicht, zumal sie eine großzügige Abgeltung für jede "Corona-Fahrt" (zusätzlich 90 €) in Form eines Zweckzuschusses erhalten haben.

Das Thema Long-Covid stand erneut im Mittelpunkt einer Initiative der SPÖ (2128/A(E)). Studien besagen, dass rund 10% aller Corona-Erkrankten unter gesundheitlichen Langzeitfolgen leiden, die von Müdigkeit, Kraftlosigkeit, einer überwältigenden Erschöpfung bis hin zur kompletten Arbeitsunfähigkeit reichen können, zeigt Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ) auf. Da die Betroffenen mit starken Einschränkungen ihres Lebens zu kämpfen haben, brauche es nach Ansicht der SozialdemokratInnen dringend einen transparenten, strategischen Plan zur Bekämpfung von Long-Covid. Dieser müsse ein Maßnahmenpaket enthalten, der nicht nur auf die gesundheitliche Rehabilitation der PatientInnen abziele, sondern auch deren Unterstützung beim beruflichen Wiedereinstieg berücksichtige. Es könne nicht sein, dass ein privater Selbsthilfeverein, der von zwei betroffenen jungen Frauen gegründet wurde, derzeit die einzige Anlaufstelle sei.

Es gehe in diesem Bereich schon einiges weiter, war Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein überzeugt, der auf eine Reihe von Projekten verwies, die sein Ressort initiiert habe. Außerdem wurde beim Obersten Sanitätsrat eine Untergruppe eingerichtet, die sich genau mit diesem Thema befasse.

Beide Entschließungsanträge wurden vertagt.

NEOS drängen auf besseren COVID-19-Forschungsdatensatz sowie auf Übermittlung der AGES-Berichte an das Parlament

Auf den seit Monaten fehlenden Forschungsdatensatz bezüglich der COVID-19-Hospitalisierten weist NEOS-Mandatarin Fiona Fiedler mit Nachdruck hin (850/A(E)). Dabei müssten zumindest die relevanten Spitalsdaten mit den entsprechenden Informationen der Sozialversicherung (Diagnosen, Arzneimittel etc.) verknüpft werden. Außerdem sollten auch die Behandlungsmethoden (z. B. mit Rekonvaleszentenplasma) sowie geeignete Kennzahlen abgespeichert werden, die einen Rückschluss auf die Wirksamkeit der eingesetzten Therapieformen ermöglichen. Der Gesundheitsminister, der diese Aufgabe eigentlich schon im März oder April hätte erledigen sollen, müsse nun endlich aktiv werden und einen COVID-19-Datensatz mit einer Schnittstelle für die Wissenschaft bereitstellen. Da seit Beginn der Epidemie massive Zweifel an der Evidenzbasiertheit der Corona-Maßnahmen bestehen, plädieren die NEOS in einem weiteren Antrag auch für die Übermittlung all jener Berichte und Bulletins der AGES an das Parlament, die der Bundesregierung regelmäßig zur Verfügung gestellt werden (946/A(E)).

Beide Anliegen der NEOS wurden vertagt.

FPÖ: Transparenzbericht über das Nationale Impfgremium, Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und "Hygiene Austria"

Mehr Transparenz wünschten sich auch die Freiheitlichen, und zwar was die Arbeit des Nationalen Impfgremiums betrifft (2152/A(E)). Die Öffentlichkeit und das Parlament hätten ein Recht darauf, zu erfahren, ob und in welcher "Dichte" es Unvereinbarkeiten gebe und wie diese sich auch auf Entscheidungen des Gremiums auswirken würden. Die AntragstellerInnen ersuchen daher den Gesundheitsminister, dem Nationalrat monatlich einen diesbezüglichen Transparenzbericht vorzulegen. Auch medial wurde das Thema bereits mehrfach aufgegriffen, merkte Abgeordnete Dagmar Belakowitsch (FPÖ) an, dies stärke nicht gerade das Vertrauen der Bevölkerung in die Impfung.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein sprach den Mitgliedern des Nationalen Impfgremiums, die alle hochqualifiziert seien und unentgeltlich sehr viel Zeit in diese Arbeit investieren würden, seinen ausdrücklichen Dank aus. Es sei in der Geschäftsordnung zudem vorgesehen, dass Interessenskonflikte gemeldet werden müssen. Sollte dies nicht geschehen, würde dies zur unverzüglichen Abberufung führen.

Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) stelle neben den Krankenanstalten und dem niedergelassenen Bereich die dritte Säule des heimischen Gesundheitswesens dar, heißt es in einem weiteren Antrag der Freiheitlichen (1353/A(E)). Gerade die COVID-19-Pandemie habe deutlich aufgezeigt, dass der Reformprozess des ÖGD rasch fortgesetzt und die aus der Corona-Krise gewonnenen Erfahrungen miteinbezogen werden müssen. Überdies brauche es ein zukunftsfähiges und attraktives Berufsbild für ÄrztInnnen sowie eine ausreichende Anzahl an Planstellen für AmtsärztInnen, forderte Abgeordneter Gerhard Kaniak (FPÖ).

In diesem Zusammenhang gab Mückstein bekannt, dass ein Reformprozess zur nachhaltigen und modernen Umgestaltung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes im Laufen sei. Die Projektkoordination obliege der Gesundheit Österreich GmbH. Er rechne mit baldigen Ergebnissen.

Ebenfalls erneut aufs Tapet bringen die Freiheitlichen die Causa "Hygiene Austria" (1831/A(E)). Nur eine Aufklärung aller Kommunikations- und Informationsstränge, aller Aktenläufe und aller politischen Interventionen und Absprachen könne zu einer Klärung führen. Auch eine Dokumentation sämtlicher Beschaffungsvorgänge sowie sämtlicher Behördenkontrollen sollten dem Nationalrat übermittelt werden, so die Forderung.

Alle drei Anträge wurden vertagt.

Abgelehnt wurde hingegen ein Antrag der FPÖ, in dem sich die AntragstellerInnen dagegen aussprechen, dass eingelagerte Medizinprodukte und Arzneimittel an das Ausland verschenkt bzw. unentgeltlich abgegeben werden können (1933/A(E)). Bei den verschenkten Impfstoffen gehe es mittlerweile um dreistellige Millionenbeträge, gab Gerhard Kaniak (FPÖ) zu bedenken. Dies sei aus seiner Sicht aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit abzulehnen. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) sue