Parlamentskorrespondenz Nr. 226 vom 08.03.2022

Ukraine: EU-Ausschuss des Bundesrats verurteilt Russlands Völkerrechtsbruch

Humanitäre Unterstützung langfristig sicherstellen

Wien (PK) – Klare Ablehnung der Invasion Russlands in der Ukraine zeigte sich heute im EU-Ausschuss des Bundesrats. Ausschussvorsitzender Christian Buchmann (ÖVP/St) verurteilte eingangs "den völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine" und drückte sein tiefstes Mitgefühl mit der ukrainischen Bevölkerung aus. Österreich biete den Opfern des Krieges Schutz und Unterstützung an, verwies er auf die bereits 1,7 Millionen flüchtenden Menschen. Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ/W) appellierte, die Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine für eine längere Dauer zu organisieren, immerhin drohe ein "langer Partisanenkrieg".

Außenministerium sieht wenig Chance auf baldigen Waffenstillstand

Bei seinem Lagebericht im Ausschuss meinte ein als Experte anwesender Botschafter aus dem Außenministerium (BMeia), die Erfolgschancen der aktuellen Vermittlungsbemühungen seien "50:50", es gebe kaum Chancen auf einen Waffenstillstand in den nächsten Tagen. Einen Lichtblick biete eventuell der 10. März 2022, wenn sich auf Initiative der Türkei die Außenminister der Ukraine und Russlands treffen würden. Den bisherigen Gesprächen der Kriegsgegner in Belarus sprach der Botschafter ab, echte Erfolgsaussichten gehabt zu haben, zumal von russischer Seite unerfüllbare Forderungen gestellt würden.

Schnelle Wirtschaftssanktionen wirksamstes Mittel zur Entspannung

Der Anmerkung von Bundesrat Johannes Hübner (FPÖ/W), Österreich hätte sich im Sinne seiner Neutralität bei der Teilnahme an internationalen Sanktionen gegen Russlands zurückhalten sollen, wollte der BMeia-Experte nicht beipflichten. Schnell umgesetzte Wirtschaftssanktionen haben ihm zufolge aufgrund ihrer unmittelbaren Wirksamkeit den größten Effekt. Außerdem hätte es bei den europäischen und transatlantischen Partnern wenig Verständnis für ein Ausscheren Österreichs gegeben. Das "geeinte Auftreten der EU" nannte der Botschafter als einen zentralen Faktor in den Verhandlungen.

Zwar seien die Sanktionen nicht gegen die russische Bevölkerung generell gerichtet, betonte der Experte, doch träfen sie Firmen und Vermögen. Gemeinsam mit der hohen Zahl Gefallener auch auf russischer Seite könne dies schließlich eine Ende der Militärmanöver herbeiführen. Ob russische Oligarchen, deren Vermögenswerte im Rahmen der Sanktionen eingefroren wurden, auf Russlands Präsident Wladimir Putin großen Einfluss hinsichtlich eines Einhalts der Aggressionen ausüben können, bezweifelte der Botschafter allerdings. Putin habe in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass Oligarchen weniger Einfluss auf die russische Politik haben, meinte er auf diesbezügliche Nachfragen der Bundesräte Adi Gross (Grüne/Vbg) und Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS). Entscheidend sei jedoch, die Kommunikationskanäle auf Botschafterebene offen zu halten, auch hinsichtlich künftiger Perspektiven im bilateralen Verhältnis.

Energie: Abhängigkeit von Gas reduzieren

Bundesrätin Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/Sbg) sprach im Zusammenhang mit den Sanktionen gegen Russland speziell den Energiesektor an und erfuhr vom Außenministerium, dass ein Stopp der Gaslieferungen aus Russland natürlich "negative Konsequenzen für Österreich" hätte. Dennoch wollte der Botschafter nicht ausschließen, dass russische Rohstoffexporte auch mit Sanktionen belegt werden. Immerhin lebe Russland großteils von seinen Rohstofflieferungen. Obwohl die unmittelbare Versorgung in Österreich sichergestellt sei, müsse man die Abhängigkeit im Gasbereich reduzieren, so der BMeia-Vertreter.

Einig mit Bundesrat Schennach zeigte sich der Botschafter, dass die Ankündigungen von EU-Kommission und Europäischem Parlament, die Ukraine könnte mit einem "Fast-Track-Verfahren" zu einer EU-Mitgliedschaft kommen, höchstens symbolisch zu werten seien. Auf vertraglicher Ebene gebe es derartige Schnellverfahren nicht, außerdem würde man dadurch Länder wie Nordmazedonien, die schon seit Jahren an einer Aufnahme in die Union arbeiteten, vor den Kopf stoßen. Auf die Frage von Ingo Appé (SPÖ/K), wohin die Entwicklung der letzten Tage führen werde, wusste auch der Experte keine eindeutige Antwort. Angesichts der Angriffe, durch die – wie Bundesrätin Eder-Gitschthaler formuliert hatte – die Weltordnung verändert werde, müsse der Fokus nun auf den Schritten hin zu einem Waffenstillstand liegen. (Fortsetzung EU-Ausschuss) rei


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