Parlamentskorrespondenz Nr. 244 vom 09.03.2022

Petitionsausschuss: Umweltschutz-, Verkehrs- und Gesundheitsthemen im Fokus

Weiterhin Probleme mit nicht rechtzeitig eingelangten Stellungnahmen

Wien (PK) – Der Ausbau des Lärmschutzes entlang von Bahnstrecken, die bevorzugte Nutzung erneuerbarer Energieträger oder die Möglichkeit zur Abmeldung vom elektronischen Impfpass waren nur einige der zahlreichen Anliegen von BürgerInnen, mit denen sich heute der Petitionsausschuss befasste. Beschlossen wurde ein Sammelbericht über alle zur Kenntnis genommenen Initiativen. Die darin behandelten Themen, die von Sorgen von AnrainerInnen bezüglich der Errichtung einer Schottergrube in Gerasdorf, dem Umgang mit sogenannten Mautflüchtlingen in den betroffenen Gemeinden bis hin zur transparenteren Kennzeichnung von Lebensmitteln reichen, werden daher auch noch einmal im Plenum des Nationalrats auf der Agenda stehen.

Ausschussvorsitzender Michael Bernhard machte erneut auf das Problem aufmerksam, dass angeforderte Stellungnahmen nicht rechtzeitig einlangen würden. Sollte dies in Hinkunft weiter der Fall sein, dann werde ab der dritten Sitzung nicht mehr auf diese Stellungnahme gewartet, teilte Bernhard die einhellige Entscheidung der Fraktionsvorsitzenden mit. In der heutigen Debatte wurden etwa die Initiativen zum Schutz der Almen in Tirol (17/PET) und in der Steiermark (25/PET) oder die Petition für ein erfolgreiches Wolfsmanagement (28/PET) aufgrund fehlender Stellungnahmen vertagt.

Kontroverse Debatte über zwei Petitionen zur Errichtung einer Schottergrube in Gerasdorf

Eine Verschärfung des Mineralrohstoffgesetzes steht im Fokus einer Petition, die auf einen einstimmigen Beschluss des Gerasdorfer Gemeinderats zurückgeht und von SPÖ-Abgeordnetem Andreas Kollross unterstützt wird (30/PET). Anlass für diese Initiative ist das Ansuchen eines örtlichen Betriebs auf Errichtung einer Schottergrube in der Größe von 4,9 Hektar mitten im örtlichen Naherholungsgebiet von Gerasdorf. Aufgrund der geänderten und später reduzierten Fläche wurde das bereits eingeleitete UVP-Feststellungsverfahren zurückgezogen und somit "der Bevölkerung ihr Parteistellungsrecht im Verfahren gestohlen". Mehrere andere große Firmen zeigten ebenfalls bereits Interesse an dem Gebiet und versuchen Schürfrechte oder Grundstücke zu erwerben. Die Genehmigung dieses Kiesabbaus wäre aber der Beginn der Erschließung eines insgesamt 88 Hektar großen Kies- und Schotterabbaugebietes und würde äußerst negative ökologische, klimatische und menschliche Folgen nach sich ziehen, warnen die PetentInnen. Sie drängen daher auf eine entsprechende Novellierung des Mineralrohstoffgesetzes, um einen besseren Interessensausgleich zu ermöglichen, sowie auf eine Überprüfung der bestehenden Eignungszonen hinsichtlich ihrer Wirkung auf bestehende und zukünftige Wohngebiete und Naturräume.

In eine ähnliche Stoßrichtung geht eine von Abgeordnetem Andreas Minnich (ÖVP) vorgelegte Petition, in der ebenfalls starke Bedenken gegenüber der Kiesgewinnung im Herzen von Gerasdorf geäußert werden (32/PET). Durch den Verlust riesiger Naherholungsgebiete rund um den Marchfeldkanal sowie durch Lärm- und Staubbelastung aufgrund des Abbaus und Schwerverkehrs würde die Lebensqualität der Bevölkerung stark beeinträchtigt und die Landwirtschaft zurückgedrängt werden. Im Rahmen einer Änderung des Mineralrohstoffgesetzes könnte festgelegt werden, dass ein Verbot der Gewinnung von grundeigenen mineralischen Rohstoffen durch Änderung überörtlicher Raumordnungsvorschriften auch nach dem 1. Jänner 1999 möglich sein soll.

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ) gab zu bedenken, dass die in den Petitionen angesprochenen Probleme nicht nur Gerasdorf betreffen würden, sondern viele Gemeinden in Österreich. Er sei wie viele ExpertInnen der Meinung, dass es eine Änderung des Mineralrohstoffgesetzes brauche, da es nicht mehr zeitgemäß sei. Bedauerlicherweise hätten ÖVP und Grüne diesbezüglichen Anträgen im Umweltausschuss immer eine Absage erteilt. Noch schärfere Worte fand Melanie Erasim (SPÖ), die von einer "Show-Politik" der ÖVP sprach. Denn wie sonst könne man die Vorgangsweise beurteilen, wenn eine von einem ÖVP-Politiker eingebrachte Petition, die quasi wortident mit jener von der SPÖ unterstützten Initiative sei, von der eigenen Fraktion "abgedreht" werde.

Es sei den Stellungnahmen zu entnehmen, dass es in Gerasdorf durchaus Lösungsmöglichkeiten gegeben hätte, merkte Abgeordneter Hermann Weratschnig (Grüne) an. So hätte etwa das betroffene Bundesland Verbots- und Eignungszonen ausweisen können. Er sehe daher keinen gesetzlichen Änderungsbedarf. Außerdem könne die Kenntnisnahme einer Petition nicht grundsätzlich mit einem "Abdrehen" gleichgesetzt werden, betonte er, es gebe ja noch eine weitere Debatte darüber im Plenum.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ) hielt Weratschnig entgegen, dass es in solchen Fragen mehr Spielraum für die Gemeinden geben müsse. Auch Michael Bernhard (NEOS) hielt die Kritik von Erasim für legitim, zumal eine Petition zur Kenntnis genommen werde, ohne dass ein Problem behoben wurde.

Die beiden Petitionen wurden nicht wie von der SPÖ gefordert dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen, sondern mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Weiters zur Kenntnis genommen wurde auch die Forderung von BürgerInnen zur verpflichtenden Verlegung von Erdkabeln für 110kv-Leitungen (54/PET). Abgeordnete Fiona Fiedler (NEOS) hätte sich eine Behandlung des aus ihrer Sicht sehr wichtigen Themas im Wirtschaftsausschuss gewünscht; dies wurde jedoch nur von der FPÖ mitunterstützt.

Uneinigkeit zwischen Parteien bezüglich des Umgangs mit sogenannten Mautflüchtlingen

Eine moderne Gesetzesgrundlage, die den Anforderungen der Bevölkerung und der Wirtschaft, aber auch übergeordneten Interessen wie jener des Klima- und Umweltschutzes gerecht wird, wird in einer von Maximilian Lercher (SPÖ) überreichten Petition (64/PET) gefordert. Viele Gemeinden hätten mit sogenannten Mautflüchtlingen zu kämpfen, die eng gefassten Voraussetzungen des § 43 StVO zur Erlassung von Fahrverboten würden jedoch keine Lösung ermöglichen. Die gesetzlichen Bestimmungen zum Erlass von Lkw-Fahrverboten sollten daher im Sinne einer fortschrittlichen Verkehrspolitik präzisiert werden.

Man könnte schon jetzt auf Grundlage der bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten Fahrverbote erlassen, konstatierte Abgeordneter Hermann Weratschnig (Grüne), der auf Beispiele in Tirol verwies. Außerdem habe man bei genauen Untersuchungen festgestellt, dass es in den Gemeinden selbst oft viel eigenen Ziel- und Quellverkehr gebe. Weratschnig sprach sich daher für eine Kenntnisnahme der Petition aus und wurde dabei von seiner Fraktion und der ÖVP unterstützt.

Es brauche eine Gleichbehandlung von Landes- und Bundesstraßen, war Andreas Kollross (SPÖ) überzeugt, zumal Fahrverbote auch nicht leicht zu exekutieren seien. In seiner Heimatregion werde etwa schon seit Jahren über Fahrverbote diskutiert; die Behörden seien jedoch nicht in der Lage, etwas zu tun. Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten in dieser Frage hätte auch er eine weitere Behandlung des Themas im Verkehrsausschuss begrüßt, erklärte Abgeordneter Christian Ries (FPÖ).

Verkehrsprojekte im Fokus der BürgerInnen: Traisental-Schnellstraße und Weinviertler Schnellstraße

Für eine schnellstmögliche Errichtung der S34 sowie der B334 und gegen sämtliche verzögernde und verhindernde Maßnahmen spricht sich eine von FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker überreichte Petition (70/PET) aus. Bereits im März 2010 sei die Umsetzung der S34 beschlossen worden, nach Verzögerungen aufgrund von Einsprüchen von Bürgerinitiativen sei der voraussichtliche Baubeginn vonseiten der Asfinag für 2023 beabsichtigt. Für die B334 lägen bisher noch keine konkreten Umsetzungspläne vor. Für die betroffenen BürgerInnen, insbesondere jene der Stadt Sankt Pölten, der Bezirke Sankt-Pölten-Land und Lilienfeld, sei der Bau von großer Bedeutung – für die Entlastung des Straßenverkehrs, die Reduzierung des Lkw-Aufkommens im städtischen Verkehr, die Sicherung und Aufwertung des Wirtschaftsstandorts, die Verkürzung der Fahrzeiten für PendlerInnen und die Bekämpfung der Abwanderung aus dem Bezirk Lilienfeld. Der Ausschuss beschloss nun, noch weitere Stellungnahmen, und zwar vom ARBÖ, dem ÖAMTC, der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer einzuholen. Ganz im Gegensatz dazu stand die Petition "Stopp S34 – Wir kämpfen um unsere Natur!", die von den Abgeordneten Ulrike Fischer, Elisabeth Götze und Hermann Weratschnig (Grüne) überreicht wurde. Darin wird ein Einstellen aller Planungsmaßnahmen für die Schnellstraße S34, die zwischen St. Pölten und Wilhelmsburg gebaut werden soll, und in weiterer Folge eine Abkehr von diesem Straßenbauprojekt gefordert (79/PET). Auch dazu beantragte der Ausschuss die Einholung von weiteren Stellungnahmen.

Vertagt werden musste ein weiteres verkehrspolitisches Anliegen, da Stellungnahmen noch fehlten. In der von Rudolf Silvan (SPÖ) überreichten unterstützten Petition (72/PET) werden Verbesserungen an der Weinviertler Schnellstraße (S3) zwischen Großstelzendorf und Göllersdorf gefordert.

Gesundheitsthemen: Anerkennung der Krankheit ME/CFS sowie Möglichkeit zur Abmeldung vom elektronischen Impfpass

Die Anerkennung, die medizinische Versorgung und die soziale Absicherung von ME/CFS-PatientInnen sowie die Finanzierung der Forschung fordert eine weitere Petition aus dem Gesundheitsbereich (80/PET). Das Myalgische Enzephalomyelitis/Chronische Fatigue Syndrom (ME/CFS) sei eine schwere Multisystemerkrankung, von der in Österreich zwischen 26.000 und 80.000 Menschen betroffen sind. Diese würden an extrem eingeschränkter Leistungsfähigkeit und schwerer Fatigue leiden. Dies habe zur Folge, dass Alltagstätigkeiten zu großen Herausforderungen oder – je nach Schweregrad der Erkrankung – beinahe unmöglich werden, zeigte auch Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne) auf. Zuletzt hätten Studien Long-COVID und ME/CFS in Verbindung gesetzt und große Überschneidungen betreffend Symptome und zugrundeliegende Mechanismen der Krankheiten gezeigt. Laut Petition benötigen die Betroffenen in vier Handlungsfeldern dringend Unterstützung: Bewusstseinsbildung durch Information und Aufklärung der Ärztinnen und Ärzte wie auch der Bevölkerung, Aufbau und Finanzierung medizinischer Behandlungs- und Versorgungsstrukturen, soziale Absicherung der Betroffenen sowie finanzielle Förderung der Forschung zu ME/CFS.

Der Ausschuss beschloss, dazu noch Stellungnahmen vom Österreichischen Behindertenrat und dem Unabhängigen Monitoringausschuss zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuholen.

Eine datenschutzfreundliche Umsetzung des elektronischen Impfpasses und damit einhergehend eine Möglichkeit zur Abmeldung davon steht im Mittelpunkt einer weiteren Bürgerinitiative (39/BI). Mit der verpflichtenden Nutzung des zentralen Impfregisters für alle Impfungen werde ein permanentes System etabliert, das für die im Gesetz formulierten Ziele nicht notwendig sei. Für die Bestimmung der Durchimpfungsraten würden anonyme Daten reichen, so die Argumente der Bürgerinitiative. Es brauche in diesem Bereich keine Rasterfahndung, urteilte auch Abgeordneter Christian Ries (FPÖ), der sich für eine Zuweisung an den Gesundheitsausschuss einsetzte. Ganz gegenteiliger Ansicht war Ralph Schallmeiner (Grüne), der auf die Bedeutung eines Gesundheitsdatenregisters hinwies.

Weiters zur Kenntnis genommen wurden die Bürgerinitiativen betreffend "s´Vorderland zur Impf-Freiheit" (36/BI), "Leben für alle" (37/BI) sowie die Forderung zur schnellstmöglichen Zulassung von Ivermectin zur Behandlung von COVID-19 (38/BI).

Nähere Informationen zum aktuellen Stand des parlamentarischen Verfahrens in Bezug auf jene Bürgerinitiativen und Petitionen, die heute auf der Tagesordnung standen, sind auf der Website des Parlaments einsehbar. (Schluss) sue