Parlamentskorrespondenz Nr. 485 vom 10.05.2022

Rechnungshof-Ausschuss zu Verwaltungssponsoring und Wohnbauförderung in Wien

Rechnungshof empfiehlt Complianceprozesse für Sponsoring zu etablieren

Wien (PK) – In einer zweiten Sitzung am heutigen Tag widmete sich der Rechnungshofausschuss unter anderem den Themen Verwaltungssponsoring und Wohnbauförderung in Wien. Beide Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.

Rechnungshof kritisiert fehlende Sponsoringvereinbarungen und Sponsoren mit sonstigen Geschäftsbeziehungen zu Ministerien

Der Rechnungshof überprüfte von August bis November 2019 das Verwaltungssponsoring und Schenkungen im Bundeskanzleramt, im Wirtschaftsministerium und im Innenministerium. Prüfungsziel war die Beurteilung der Regelungen für Zuwendungen insbesondere hinsichtlich Verwaltungssponsoring im internationalen Vergleich, von Sponsoring-Vereinbarungen bzw. Vereinbarungen über Zuwendungen ohne Gegenleistung. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2015 bis Mitte 2019 (III-277 d.B.).

In allen drei Ministerien stieß die Prüfung auf Sponsoren, die neben den Sponsoring-Vereinbarungen in einer sonstigen Geschäftsbeziehung zum Ministerium standen oder Förderungen erhielten. Derartige Fälle könnten den Anschein von Interessenkonflikten hervorrufen oder bewirken, sodass die Bevölkerung das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Verwaltung verliere, heißt es in dem Prüfbericht. In allen drei Ministerien fehlten teilweise schriftliche Vereinbarungen zu Sponsoring-Aktivitäten oder vergleichbaren Zuwendungen. Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ) betonte, dass Kooperationen gemäß dem Medientransparenzgesetz zu melden sein.

Insbesondere das Innenministerium habe mehrere Zuwendungen ohne Gegenleistung (Schenkungen, Kostenübernahmen) erhalten - zum Teil auch von Vereinen mit exekutivförderndem Vereinszweck. Einen Überblick über diese Zuwendungen konnte das Ministerium nicht vorlegen, kritisierte der Rechnungshof.

Einheitliche Definition von Sponsoring fehlt

In Österreich gebe es keine einheitliche Definition von Sponsoring, und dies führe zu Abgrenzungsproblemen, kritisierte der Rechnungshof. Für das Innenministerium empfahl der der Rechnungshof die Sponsoring-Richtlinie zu überarbeiten und dabei eine möglichst breite Geltung, klare Vorgaben zur Bewertung der Gegenleistung und erhöhte Transparenz vorzusehen.

Sponsoring-Ausgaben ohne klaren Kriterien

In den Jahren 2015 bis 2019 traten das Bundeskanzleramt und das Wirtschaftsministerium auch selbst als Sponsoren auf. Das Bundeskanzleramt meldete Sponsoring-Ausgaben von 325.000 € und das Wirtschaftsministerium in der Höhe von 161.000 €. In beiden Ministerien gab es keine Richtlinien oder Vorgaben mit klaren Kriterien zur Bewertung der Werbeleistung, kritisierte der Rechnungshof. Damit sei nicht sichergestellt gewesen, dass die Höhe des Sponsoring-Betrags dem Wert der Werbeleistung entsprach.

Abgeordnete für mehr Transparenz

Für Gerald Loacker (NEOS) kommt der Korruptionsbekämpfung eine hohe Bedeutung zu und Sponsoring seitens der Ministerien konnte der Abgeordnete nicht befürworten. Daher sprach er sich für verbindliche Regelungen beim Sponsoring, unter Berücksichtigung einheitlicher Grundsätze, aus. Außerdem mahnte Loacker, dass Sponsoringvereinbarungen stets schriftlich durchgeführt werden sollten.

Hermann Gahr (ÖVP) und Martin Litschauer (Grüne) sahen Handlungsbedarf für mehr Transparenz. Demnach machte sich Gahr für eine Follow-Up-Überprüfung durch den Rechnungshof stark und wollte die Einhaltung der Richtlinie intern sichergestellt wissen.

Rechnungshof für verbindliche Regelungen zu Sponsoring

Laut Rechnungshof sollten die Ministerien darauf hinwirken, dass die wesentlichen Grundsätze einer Sponsoring-Richtlinie bei der Erarbeitung einer Zuwendungs-Richtlinie in der interministeriellen Arbeitsgruppe entsprechend berücksichtigt werden. Außerdem sollten die Tätigkeiten der Arbeitsgruppe zeitnah mit einem praxisorientierten Ergebnis enden.

Im Bundeskanzleramt und im Wirtschaftsministerium wären verbindliche Regelungen für Sponsoring beziehungsweise sonstige vergleichbare Zuwendungen zu erarbeiten, hieß es vom Rechnungshof. Für beide Institutionen wären Complianceprozesse für Sponsoring unter Einbeziehung der für Compliance zuständigen Abteilung zu etablieren. Zur Verstärkung der Transparenz empfahl der Rechnungshof die regelmäßige Veröffentlichung eines Sponsoringberichts.

Wirtschaftsministerium: Richtlinie zum Verbot des Sponsorings erstellt

Verbindliche Regelungen zum Sponsoring wurden in Form einer Richtlinie zum Verbot des Sponsorings und sonstiger Zuwendungen formuliert, informierte ein Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums Abgeordneten Philip Kucher (SPÖ). Die Bestimmungen gehen über die Forderungen des Rechnungshofs hinaus, betonte er. Sponsoring sei grundsätzlich verboten, Ausnahmen gebe es aber für Kulturgüter und technische Geräte und es gelte das Schriftlichkeitsgebot, führte der Mitarbeiter aus. Sofern von einer Ausnahme Gebrauch gemacht werde, müsse künftig eine Vereinbarung auf Basis der Mustervereinbarung unterzeichnet werden. Diese Richtlinie sei verpflichtend für alle Mitarbeiter:innen anzuwenden, hielt das Wirtschaftsministerium fest. In Summe seien 90% der Vorgaben des Rechnungshofs umgesetzt und auch darüber hinausreichende Regelungen erarbeitet worden. Elisabeth Götze (Grüne) zeigte sich über den hohen Grad der Umsetzung erfreut.

RH-Analyse zu gefördertem Wohnbau in Wien

In einem weiteren Bericht behandelte der Rechnungshof im Jahr 2019 den geförderten und gemeinnützigen Wohnbau in Wien. Die Gebarungsüberprüfung erfolgte aufgrund Verlangen von Mitgliedern des Gemeinderats. Ziel der Überprüfung war es, die Aufgabenwahrnehmung beim Wohnbau, der Wohnbauförderung und der Aufsicht über gemeinnützige Bauvereinigungen sowie baulicher Maßnahmen bei Gemeindebauten zu beurteilen. Damit waren insbesondere das Wirtschaftsministerium, die Stadt Wien und "Stadt Wien – Wiener Wohnen" sowie die "Stadt Wien – Wiener Wohnen Kundenservice GmbH" umfasst. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2013 bis 2018 (III-222 d.B.).

Fördervoraussetzung bei der Errichtung von Neubauprojekten seien angemessene Baukosten, stellte der Rechnungshof fest. 2016 wurden die als angemessen betrachteten Gesamtbaukosten angehoben. Im Juni 2018 wurde die Kostengrenze aufgehoben und stattdessen waren nun die angemessenen Gesamtbaukosten nach der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Vergabe von Leistungen zu beurteilen.

Der Rechnungshof kritisierte in seinem Bericht, dass diese Verordnung nicht geeignet war, angemessene Gesamtbaukosten sicherzustellen. Diese sei nicht aktuell gewesen, umfasste nur Teile des Vergabeverfahrens und enthielt keine Obergrenze. Die Prüferinnen und Prüfer empfahlen daher eine entsprechende Verordnung über die Vergabe von Leistungen bei der Errichtung geförderter Wohnungen zu erlassen und deren Einhaltung für jedes Wohnbauprojekt zu überprüfen.

Baumaßnahmen verursachen hohe Leerstände

Bauliche Maßnahmen zwischen der Rückgabe eines Mietobjekts an Wiener Wohnen und der Wiedervermietung hätten zu zahlreichen Leerständen geführt, analysierte der Rechnungshof. Ziel sei nun, eine schnelle Wiedervermietung des Mietobjekts für die Folgemieterin oder den Folgemieter sicherzustellen. Der Rechnungshof kritisierte den Anstieg an leerstehenden Wohnungen von 2013 bis 2017 um 82%, (von 4.892 auf 8.908 Mietobjekten). Allerdings sank im Jahr 2018 die Anzahl leerstehender Wohnungen auf 7.689. Dieser Leerstand sei weiter abzubauen, so die Empfehlung.

Angesichts der Ergebnisse der Analyse sei das von der FPÖ initiierte Prüfungs-Verlangen gerechtfertigt gewesen, unterstrich Johann Singer (ÖVP). Bei den Sanierungen von gemeinnützigen Wohnungen werde ein Zyklus von 30 Jahren angestrebt. Tatsächlich liege der Sanierungszyklus bei 67 Jahren, hob er hervor. Singer trat dafür ein, die notwendigen Sanierungen rasch durchzuführen. Auch Abgeordneter Schmiedlechner (FPÖ) wollte den Sanierungsrückstau aufgearbeitet wissen und nahm dabei auch den Bund in die Schuld.

Stärkere Verfolgung bei Missachtung des Verbots von Kurzzeitvermietungen

Seit Ende 2018 ist die gewerbliche Nutzung einer Wohnung in einer Wohnzone für kurzfristige Beherbergungen nicht mehr zulässig. In der Analyse kritisierten die Prüfer:innen, dass die Stadt Wien Verstöße zu wenig verfolge. Der Rechnungshof verwies darauf, dass kurzzeitig vermietete Wohnungen dem Wohnungsmarkt entzogen werden und das Wohnungsangebot im Stadtgebiet verknappen. Dies könne zu einer Steigerung der Mietpreise beitragen. Mittlerweile seien Maßnahmen ergriffen worden, um der gewerblichen Vermietung entgegenzutreten, hielt die Prüfungsleiterin fest.

Seitens der SPÖ interessierte sich Ruth Becher für die Wohnzufriedenheit bei Mieter:innen von Wiener Wohnen. Martin Litschauer (Grüne) thematisierte die verwendeten Heizsysteme im gemeinnützigen Wohnbau und regte an, dort in Systeme zu investieren, die nicht zu hohen Betriebskosten für die Mieter:innen führen würden.

Berechnung des Kaufpreises: Kostendeckungsprinzip, Gewinne, Begrenzung durch Verkehrswert

Elisabeth Götze (Grüne) sprach die Berechnung des Kaufpreises bei Wohnungen von gemeinnützigen Bauträgern an. Bei der nachträglichen Kaufpreisberechnung bei Wohnungen mit einer Eigentumsoption gelte das Kostendeckungsprinzip, hielt ein Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums fest. Dabei seien jedenfalls die gesamten Herstellungskosten abzudecken. Beschränkte Gewinne seien notwendig, um den Bau weiterer Projekte zu finanzieren und als Obergrenze sei der Verkehrswert anzusehen.

Gerald Loacker (NEOS) sah die Aufsicht über gemeinnützige Wohnbauträger als schlecht gelöst an. Zudem wollte er den Begriff "Angehörige des Baugewerbes" einheitlich definieren. Im Bereich des gemeinnützigen Wohnbaus sei der Bund gesetzgebend tätig, die Länder aber mit der Vollziehung betraut. Dabei gebe es Auffassungsunterschiede, führte der Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums aus. Ob ein Rechtsgeschäft mit nahen Angehörigen stattfinden könne, sei eine Einzelfallentscheidung. Der Gesetzgeber versuche dabei "massive Grenzen zu setzen".

Weitere auf der Tagesordnung stehende Berichte wurden einstimmig ohne Diskussion zur Kenntnis genommen. Konkret waren das die Berichte Brandschutz in der Wiener Hofburg (III-51 d.B.), Management der IT-Sicherheit in der Verwaltung ausgewählter Bundesministerien (III-410 d.B.) sowie Österreichische Kulturforen (III-10 d.B.). (Schluss Rechnungshofausschuss) gla


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