Parlamentskorrespondenz Nr. 496 vom 12.05.2022

Bundesrat besiegelt Entlastung von Pendler:innen

Debatte über Energiepaket samt Erhöhung des Pendlerpauschales

Wien (PK) – Ein Entlastungspaket der Koalitionsparteien gegen die Teuerung aufgrund der gestiegenen Energie- und Treibstoffpreise führte heute im Bundesrat zu einer intensiven Debatte. Das sogenannte Energiepaket samt Erhöhung des Pendlerpauschales wurde schließlich mehrheitlich angenommen. Ein dazu eingebrachter Entschließungsantrag der SPÖ für Steuergerechtigkeit für arbeitende Österreicher:innen blieb in der Minderheit.

Eine Mehrheit in der Länderkammer fand das EU-Berufsanerkennungsgesetz, das europarechtliche Vorgaben umsetzt und einen partiellen Berufszugang zu bestimmten Gesundheitsberufen gewährleistet.

Erhöhung des Pendlerpauschales bis Juni 2023

Dem ÖVP-Grüne-Antrag zufolge wird das Pendlerpauschale befristet um 50% erhöht. Die Regelung wird von Mai 2022 bis Juni 2023 gelten. Weiters soll der Pendlereuro für diesen Zeitraum vervierfacht werden. Für Steuerpflichtige, die keine Steuer zahlen, soll die Rückerstattung der Sozialversicherung um 100 € erhöht werden.

Aber auch Unternehmen sollen mittels einer Senkung der Erdgasabgabe und der Elektrizitätsabgabe wegen der gestiegenen Energiepreise entlastet werden. Die Abgaben werden ebenfalls zeitlich befristet auf das europäische Mindestbesteuerungsniveau gesenkt. Diese liegen dann bei 0,021 € pro Kubikmeter bzw. pro Kilowattstunde. Bei den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist eine Verbesserung der Liquidität durch eine Agrardieselvergünstigung, demnach eine steuerliche Entlastung für den Dieseleinsatz, vorgesehen. Daher soll eine Mineralölsteuerbegünstigung in Höhe von 7 Cent je Liter unter Berücksichtigung der Verbrauchswerte bzw. der Art und des Ausmaßes der bewirtschafteten Flächen gewährt werden. Auch hier ist eine Befristung vorgesehen.

Als "mehr Flop als Top" bezeichnete Dominik Reisinger (SPÖ/O) die Maßnahmen, die Teuerung abzufedern. Der Senkung der Erdgasabgabe könne er Positives abgewinnen, insgesamt werde die SPÖ dem Paket aber nicht zustimmen. Beim Pendlerpauschalemodell ortet Reisinger eine Umverteilung "von unten nach oben" und eine Verteilung mit der "Gießkanne". Außerdem sei es absolut unverantwortlich, wenn nur zögerlich Entlastungsmaßnahmen gesetzt würden. Er brachte den SPÖ-Entschließungsantrag mit der Forderung einer strukturellen Steuerreform ein, die über eine reine Abgeltung der kalten Progression für die Arbeitseinkommen hinausgehen und den Steueranteil am Gesamtabgabenaufkommen von den Steuern auf Arbeit hin zu den Steuern auf leistungslose Einkommen aus Kapital und Millionärsvermögen verschieben müsse.

Ablehnend zum Antrag der Koalition zeigte sich auch Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W), der etwa bei den Maßnahmen für Pendler:innen ebenso wie bei der Agrardieselvergünstigung "ÖVP-Klientelpolitik" ortet. Auch er begrüße zwar die enthaltene Senkung der Erdgasabgabe und der Elektrizitätsabgabe, wiewohl die NEOS mittelfristig weitergehen würden. So sprach er sich für das sogenannte "iberische Modell" im Sinne der Möglichkeit aus, die Kopplung der Strompreise an die Gaspreise zu beheben und so für niedrigere Strompreise zu sorgen.

An Reisinger schloss sich Andrea Michaela Schartel (FPÖ/St) insofern mit Kritik an, dass die Maßnahmen für Pendler:innen nur einen sehr kleinen Teil an Arbeitnehmer:innen betreffe. Es brauche keine "marketingwirksamen" Maßnahmen und Menschen nicht erst Hilfe in zwei oder drei Jahren, sondern jetzt. Aus ihrer Sicht ließe sich das Problem über eine Senkung der Mineralölsteuer und ein Aussetzen der CO2-Bepreisung lösen.

400 Mio. € für Pendler:innen und 900 Mio. € Entlastung bei Erdgas und Elektrizität seien keineswegs nur "Schall und Rauch", entgegnete Elisabeth Wolff (ÖVP/W) der Kritik. Mit diesem Paket würden Menschen auf allen Ebenen entlastet. Das Bündel an Maßnahmen der Bundesregierung sei gezielt, "und es werden sicher nicht die letzten Maßnahmen sein", wenn es weitere Kostensteigerungen geben sollte, meinte sie.

Auch Adi Gross (Grüne/V) sprach von einer spürbaren Entlastung, die dieses mittlerweile zweite Maßnahmenpaket zum Teuerungsausgleich bringe. Etwa bei der Energieabgabe für Strom und Gas ergebe es eine überdurchschnittliche Erleichterung für geringe Einkommen. Insgesamt würde heute ein kleiner Teil eines großen Pakets beschlossen, so Gross, der im Hinblick auf den kommenden Winter davon ausgeht, dass auch dann wieder darauf reagiert werden müsse, wie sich die Gesamtsituation entwickle.

Die heute debattierten Maßnahmen stellen auch Finanzminister Magnus Brunner zufolge nur einen Teil eines ganzen Maßnahmenbündels für jene dar, die am meisten von der Teuerung betroffen sind. Zur Forderung betreffend Aussetzen der CO2-Bepreisung zeigte er sich verwundert, zumal die Entlastung über den regionalen Klimabonus dazu wesentlich größer sei und dies ein Gesamtpaket darstelle. Wichtig sei ihm, klarzustellen, dass Österreich viel rascher gegen die Teuerung reagiere als alle anderen europäischen Staaten. 1,3 Mrd. € würden allein die heute debattierten Maßnahmen umfassen, von insgesamt 4 Mrd. €. für Anti-Teuerungspakete. Eine Mehrwertsteuersenkung würde aus seiner Sicht viel mehr die kritisierte "Gießkanne" darstellen und etwa bei Lebensmitteln Besserverdienende mehr entlasten als Schlechterverdienende. Beim Sprit wäre die Mehrwertsteuersenkung schlichtweg europarechtlich nicht möglich, so der Finanzminister.

EU-Vorgaben beim partiellen Zugang zu bestimmten Gesundheitsberufen

Beim EU-Berufsanerkennungsgesetz-Gesundheitsberufe 2022 (EU-BAG-GB 2022) werden Änderungen in acht Rechtsmaterien vorgenommen, und zwar im Ärztegesetz, Apothekengesetz, Apothekenkammergesetz, Gehaltskassengesetz, Hebammengesetz, Tierärztegesetz, Zahnärzte- und Zahnärztekammergesetz. Dabei geht es im Sinne der Förderung des freien Personen- und Dienstleistungsverkehrs um die Verpflichtung, Berufsangehörigen aus anderen Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen einen partiellen Berufszugang zu einem reglementierten Beruf zu gewähren.

Hintergrund dafür ist, dass Österreich nach Auffassung der Europäischen Kommission die geänderte EU-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen sowie eine damit im Zusammenhang stehende Verordnung nur unzureichend umgesetzt hat. Dies hat in der Folge zu drei Vertragsverletzungsverfahren geführt. Da in dieser Causa nun auch ein höchstgerichtliches Urteil des EuGH vorliegt und Österreich ein Verfahren ohne Erfolgsaussichten vermeiden will, sollen nun die entsprechenden Bestimmungen auch für die Ärzt:innen, Zahnärzt:innen, Tierärzt:innen, Apotheker:innen und Hebammen nachvollzogen werden. Weiters werden die erforderlichen Anpassungen bei den berufs- und kammerrechtlichen Regelungen vorgenommen. (Fortsetzung Bundesrat) mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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