Parlamentskorrespondenz Nr. 576 vom 25.05.2022

Neu im Justizausschuss

Anträge der Opposition zu Justizthemen

Wien (PK) – Die Oppositionsparteien haben für den Justizausschuss Anträge zu diversen Themen eingebracht. Dabei geht es etwa um Auftragsvergaben an russische Unternehmen, um die Beweissicherung zu Kriegsverbrechen, um Kinderehen, um den Doppeladler am Justizpalast, um Tierquälerei, um das Erwachsenenschutzgesetz, um den Unterhaltsvorschuss sowie um die Ergebnisse der Kinderkostenstudie.

NEOS: Russische Unternehmen von öffentlichen Vergaben ausschließen

Russische Staatsbürger:innen und russische Unternehmen seien mit einem Sanktionspaket auf europäischer Ebene von öffentlichen Aufträgen in der Europäischen Union ausgeschlossen worden, werfen die NEOS mit einem Entschließungsantrag auf (2444/A(E)). Dennoch können den NEOS zufolge öffentliche Aufträge im Unterschwellenbereich nach wie vor an russische Unternehmen gehen. So gelte der diesbezügliche Ausschluss laut EU-Verordnung etwa nicht, wenn der Leistungsteil unter 10% des Auftragswerts liege, oder auch für Bauaufträge unter 5,382 Mio. € bzw. Dienst- und Lieferaufträge unter 215.000 €.

Seitens des Justizministeriums sei dazu für Österreich klargestellt worden, dass hier strengere nationale Maßnahmen EU-rechtskonform wären, ohne dass allerdings vonseiten der zuständigen Justizministerin klare Vorgaben gesetzlich verankert worden seien, so die Argumentation. Die meisten Vergaben in Österreich liegen dem Antrag zufolge unter 100.000 € und seien somit nicht von den Sanktionen erfasst. Die NEOS fordern daher eine Gesetzesänderung zum Bundesvergabegesetz 2018, mit der russische Unternehmen von sämtlichen öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossen werden sollen.

NEOS: Beweissicherung zu Kriegsverbrechen und anderen Straftaten nach dem Völkerrecht

Die NEOS fordern mit einem Entschließungsantrag, eine zentrale Stelle für die Bekämpfung von Völkerrechtsverbrechen in der Ukraine mit ausreichend Personalressourcen nach dem Vorbild Deutschlands einzurichten (2517/A(E)). Die Stelle solle wesentlich für die Beweissicherung sowie Weiterleitung der Beweise von Völkerrechtsverbrechen zuständig sein. Deutschland habe hierfür mittlerweile eine entsprechende "Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen" geschaffen. In Österreich bleibe trotz einiger Maßnahmen unklar, welche Einrichtung mit welchen Ressourcen betraut wurde, um hierzulande wichtige Beweise zeitnah zu sichern. Ebenso sei nicht klar, inwieweit dies auch ohne ein Ersuchen von einer internationalen oder ausländischen Strafermittlungsbehörde realisiert werden soll, so die NEOS. Ein gleichlautender Antrag wurde dem Innenausschuss zugewiesen (2519/A(E)).

NEOS: Schließung von Kinderehen verhindern

Eine Änderung im Ehegesetz zur Verhinderung von Kinderehen fordern die NEOS mit einem weiteren Antrag (2449/A(E)). So könne in Österreich eine Ehe auch geschlossen werden, wenn eine Person minderjährig ist und das 16. Lebensjahr vollendet hat. In so einem Fall sei die Voraussetzung für eine Eheschließung, dass ein zukünftiger Ehepartner oder eine zukünftige Ehepartnerin volljährig ist und die minderjährige Person die Zustimmung des/der gesetzlichen Vertreter:in erhält. Diese österreichische Rechtslage werde von der UNICEF als Kinderehe definiert, kritisieren die NEOS. Die Erfahrungen der Kinder- und Jugendanwaltschaften würden auch zeigen, dass in Österreich immer wieder - vor allem weibliche - Minderjährige von ihren Eltern gegen ihren Willen verheiratet werden. Die pinke Fraktion fordert daher, den entsprechenden Wortlaut im Ehegesetz zu streichen und damit die Ehemündigkeit ohne Ausnahme auf 18 Jahre festzulegen, um die Schließung von Kinderehen zu verhindern und dadurch den Schutz von Minderjährigen vor einer zu frühen Heirat zu gewährleisten.

NEOS: Entfernung des Doppeladlers vom Justizpalast

Um die Justiz als eine der drei Säulen im bewährten System der Gewaltenteilung geht es den NEOS mit einem Entschließungsantrag zur Entfernung des Doppeladlers vom Justizpalast (2453/A(E)). Es prange über dem Haupteingang des Justizpalastes - also dem wichtigsten Justizgebäude des Landes – noch immer der Ständestaat-Doppeladler, so die Kritik. Auch angesichts der bedeutenden Geschichte dieses Gebäudes sei das ein unhaltbarer Zustand. Es sei gedanken- und würdelos, ein Gebäude wie den Justizpalast mit den Symbolen einer Diktatur zu schmücken, wie die NEOS es formulieren. Sie fordern daher die Justizministerin auf, im Einvernehmen mit dem für Denkmalschutz zuständigen Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport den Doppeladler vom Haupteingang des Justizpalastes umgehend entfernen zu lassen.

FPÖ fordert abschreckende Sanktionen in schweren Fällen absichtlicher Tierquälerei und Tierfolter

Der strafgesetzliche Sanktionsrahmen zum Schutz von Tieren sei unzureichend, wirft die FPÖ in einem Entschließungsantrag auf (2465/A(E)). Im Jahr 2020 sei es in ganz Österreich zu grausamen und brutalen Übergriffen auf Tiere gekommen, führen die Freiheitlichen eine Reihe von Beispielen von schweren Misshandlungen von Tieren an. Selbst in jenen Fällen, in denen ein Täter oder eine Täterin ausgeforscht werden kann, seien die tatsächlichen staatlichen Sanktionen zu gering, um eine general- und spezialpräventive Wirkung zu entfalten, die dem hohen Handlungs- und Gesinnungsunwert, den tatsächlich erlittenen Qualen des gefolterten Tieres und dem seelischen Leid der hiervon betroffenen Menschen ansatzweise angemessen sei.

Die FPÖ fordert daher, den strafgesetzlichen Schutz für schwere Fälle von absichtlicher Tierquälerei und Tierfolter durch Einführung einer neuen Deliktsqualifikation zum bestehenden Grunddelikt der Tierquälerei zu erhöhen. Demnach erscheine eine Obergrenze von zumindest drei Jahren Freiheitsstrafe und eine Untergrenze von zumindest sechs Monaten Freiheitsstrafe dem "hohen Unwert" derartiger Taten angemessen.

FPÖ für Evaluierung des Erwachsenenschutzgesetzes

In einem weiteren Entschließungsantrag geht es der FPÖ um eine Evaluierung des Erwachsenenschutzgesetzes (2540/A(E)). Es würden immer wieder Fälle bekannt, in denen der von beiden Seiten, insbesondere aber vom Vertretenen bzw. von der Vertretenen, erwünschte Kontakt von dem/der Erwachsenenvertreter:in unterlaufen werde. Die zuständigen Behörden und Gerichte würden das mit ihren Entscheidungen bestätigen. Die Freiheitlichen fordern daher eine Evaluierung, ob das Gesetz im Sinne des Gesetzgebers von den Behörden und Gerichten angewandt wurde und wird. Zu evaluieren sei ihnen zufolge außerdem, ob es einen Verbesserungsbedarf betreffend Kontakterhalt naher Angehöriger und anderer Familienmitglieder gebe, die eine enge Bindung zu dem/der Vertreten haben. Darüber hinaus sei die Frage zu stellen, ob es einen Verbesserungsbedarf bei der Beratung von Kontaktsuchenden gebe oder es einer verbesserten Unterstützung von Beratungsstellen bedürfe. Gegenstand der Evaluierung sollen auch die Ausgestaltung der Verfahren vor den Pflegschaftsgerichten sowie etwaige gesetzestechnische, verwaltungstechnische oder organisatorische Lücken sein, die es zu schließen gebe.

SPÖ für Anpassung der Berechnungsgrundlage des Unterhaltsvorschusses

Mit einem Entschließungsantrag setzt sich die SPÖ dafür ein, dass bis zu einer "längst überfälligen" Umsetzung einer Unterhaltsgarantie künftig der Unterhaltsvorschuss auf Basis des Durchschnittseinkommens in Österreich berechnet werden soll, sofern das Kind mit der derzeitigen Berechnungsgrundlage finanziell schlechter gestellt ist (2570/A(E)). Die Absicherung des Unterhalts ist den Sozialdemokrat:innen zufolge ein wesentlicher Baustein, um etwa die hohe Armutsgefährdung von 31% bei Kindern von Alleinerziehenden zu bekämpfen. Die aktuelle Kinderkostenanalyse zeige außerdem sehr deutlich, wie dringend notwendig die Umsetzung der geplanten Reformen zur Armutsbekämpfung von Kindern in alleinerziehenden Familien sei.

SPÖ: Ergebnisse der Kinderkostenstudie ernst nehmen

Die SPÖ erinnert daran, dass der frühere Sozialminister Rudolf Anschober im Juli 2020 nach langem Zögern endlich die Erstellung einer Kinderkostenanalyse in Auftrag gegeben habe, was von vielen Seiten begrüßt worden sei. Die Hoffnungen seien groß gewesen, da die neuen empirischen Erkenntnisse als Grundlage für eine gerechtere Familienpolitik herangezogen werden sollen. Obwohl nun aber seit Ende des Jahres 2021 die Ergebnisse vorliegen, seien diese weder politisch bewertet noch als Basis für Reformen herangezogen worden, bemängelt die SPÖ. Handlungsbedarf gebe es aber genug, zumal Ein-Eltern-Haushalte durchschnittlich nur 376 € (Unterhalt, Unterhaltsvorschuss oder Halbwaisenrente) erhalten. Die mittleren monatlichen Kinderkosten würden jedoch bei rund 900 € pro Kind liegen, zeigen die Sozialdemokrat:innen auf. Dies führe dazu, dass fast jedes fünfte Kind in Österreich armutsgefährdet sei. Die Umsetzung der 2017 von allen Parteien befürworteten Unterhaltsgarantie auf Basis des tatsächlichen Bedarfs von Kindern sowie die Anpassung der seit 1964 nicht erhöhten Regelbedarfssätze seien daher besonders drängend. Darüber hinaus soll die Kinderkostenstudie der Statistik Austria umgehend dem Nationalrat zugeleitet werden (2408/A(E)). Ein gleichlautender Antrag wurde dem Familienausschuss zugewiesen (2409/A(E)). (Schluss) mbu