Parlamentskorrespondenz Nr. 1306 vom 18.11.2022

Nationalrat: Rechtliche Grundlage für Versand von Erinnerungsschreiben für COVID-19-Impfungen beschlossen

Opposition sieht noch viel Handlungsbedarf bei den Regelungen für die Tiertransporte

Wien (PK) - Am letzten Sitzungstag der intensiven Plenumswoche standen unter anderem kleinere Änderungen im Epidemiegesetz sowie oppositionelle Vorschläge zur Verbesserung des Tierschutzes auf dem Programm. Dabei ging es unter anderem um die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für den Versand von Erinnerungsschreiben für COVID-19-Impfungen, die mit den Stimmen von ÖVP und Grünen beschlossen wurde. Die Opposition sah dafür keine Notwendigkeit und sprach unter anderem von "sinnlosen PR-Maßnahmen". Wichtiger wäre eine generelle Reform des Epidemiegesetzes.

Gesundheitsminister kann ELGA mit dem Versand von Erinnerungsschreiben für COVID-19-Impfungen beauftragen

In der aktuellen COVID-19-Empfehlung des Nationalen Impfgremiums wird die Vervollständigung der Grundimmunisierung ab einem Alter von fünf Jahren empfohlen. Diese sollte ab sechs Monate nach der zweiten Impfung erfolgen. Um die Betroffenen dafür zu sensibilisieren bzw. die Bereitschaft für die Impfung zu erhöhen, soll mit den von den Regierungsfraktionen angeregten Anpassungen im Epidemiegesetz der Gesundheitsminister ermächtigt werden, personalisierte Erinnerungsschreiben zu versenden. Mit der praktischen Umsetzung der Maßnahme wird die ELGA GmbH beauftragt. Sie soll anhand der im zentralen Impfregister gespeicherten COVID-19-bezogenen Angaben jene Personen ermitteln, für die die Vervollständigung der Grundimmunisierung oder eine Auffrischungsimpfung gegen COVID-19 empfohlen wird, sieht der Gesetzesantrag vor.

Opposition spricht von "dilettantischer" Vorgangsweise und fordert generelle Reform des Epidemiegesetzes

Da es Beschwerden vom Datenschutzbeirat gegeben habe, soll mit dem vorliegenden Antrag die Rechtsgrundlage für die Erinnerungsschreiben für die dritte COVID-19-Impfung präzisiert werden, erläuterte Ralph Schallmeiner (Grüne). Es gehe daher einzig und alleine um die Erinnerung an die Vervollständigung der Grundimmunisierung. Die Entscheidung darüber, ob man sich impfen lassen wolle oder nicht, könne jeder bzw. jede Jugendliche ab 14 Jahren selbst für sich treffen, unterstrich er. Er könne nur an alle appellieren, das breite Impfangebot in Österreich zu nutzen.

"Wir wollen gemeinsam die Pandemie bekämpfen und meistern", betonte ÖVP-Mandatar Werner Saxinger. Einen wesentlichen Beitrag dazu leiste das Impfen, weshalb möglichst viele Menschen dazu motiviert werden sollen. In diesem Sinn sei auch der Antrag zum Epidemiegesetz zu sehen, der auf eine Empfehlung der Datenschutzbehörde zurückgehe. Anknüpfend an den Erfolg von Reminder- und Recall-Systemen sollen personalisierte Schreiben versandt werden, da sie eine stärkere Wirkung als etwa Postwurfsendungen oder Flugblätter hätten. Saxinger machte weiters darauf aufmerksam, dass bald eine neue crossmediale Impfkampagne starten werde. Die Pandemie sei noch nicht zu Ende und das Virus werde uns noch weiter begleiten, schloss sich Josef Hechenberger (ÖVP) den Argumenten seines Fraktionskollegen an.

Seine Fraktion werde der Novelle nicht zustimmen, kündigte Mario Lindner (SPÖ) an, der von einer "dilettantischen und sinnlosen Hauruck-Aktion" sprach. Er frage sich, was es bringen soll, bereits Kindern ab fünf Jahren eingeschriebene Briefe zu schicken und sie an die COVID-Impfung zu erinnern. Außerdem gehen die Änderungen darauf zurück, dass zahlreiche Datenschutzexpert:innen Kritik an der Umsetzung des Vorhabens geübt haben, gab er zu bedenken.

Es sei nicht Aufgabe des Ministers, an Impfungen zu erinnern, sondern jene der Sozialversicherungen, argumentierte Gerhard Kaniak (FPÖ). Generell übte er Kritik an den vielen Einzelmaßnahmen, die endlich durch ein neues Epidemiegesetz ersetzt werden sollten. Die Schreiben würden zudem viel zu viel kosten; dieses Geld könnte man sich sparen und etwa für die Gesundheitsprävention einsetzen. Abgeordneter Gerald Hauser (FPÖ) übte vor allem Kritik am Informations-Folder zur Corona-Schutzimpfung, in dem behauptet werde, dass kein COVID-19-Impfstoff eine Erkrankung auslösen könne. Das sei nachweislich falsch, urteilte Hauser. Laut seinen Informationen wurden bis dato schon 26.703 Todesfälle, die in zeitlicher Nähe zur Impfung eingetreten seien, an die Europäische Arzneimittelbehörde gemeldet.

NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler sah keine Notwendigkeit für den Versand von Erinnerungsbriefen, da sie hohe Kosten verursachen und zudem nur wenig Wirkung zeigen würden. Die Schreiben werden genauso wenig helfen wie die einst geplante Impflotterie, prognostizierte sie. Dabei handle es sich nur um "sinnlose PR-Maßnahmen".

Unterschiedliche Ansichten bei der Debatte über Oppositionsanträge zum Tierschutz

Auf der Agenda standen zudem drei Entschließungsanträge zum Thema Tierschutz, in denen es um strengere Regelungen für den Tiertransport, Maßnahmen gegen den illegalen Welpenhandel sowie die Veröffentlichung der Berichte des Tierschutzrates ging. Erst vor einigen  Wochen gab es eine ausführliche Debatte über diese Fragen im Rahmen eines öffentlichen Expertenhearings im Gesundheitsausschuss des Nationalrats. Grundlage dafür bildete das Volksbegehren "Stoppt Lebendtier-Transportqual", das von 426.938 Personen unterzeichnet wurde.

In einem SPÖ-Entschließungsantrag wurde gefordert, Transporte nur noch zum nächstgelegenen Schlachthof oder über eine einzige EU-Mitgliedsstaatsgrenze hinweg erlaubt werden sollen. In einer weiteren Initiative setzten sich alle drei Oppositionsparteien für Verschärfungen im Kampf gegen den illegalen Welpenhandel ein. Welpen, die im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeiten nach Österreich verbracht werden, sollten einen ausreichenden Schutz vor Tollwut haben und beim Import ein Mindestalter von fünfzehn Wochen aufweisen, so der Vorstoß. Derzeit reiche aber für den Import von Hunde- und auch Katzenwelpen ab acht Wochen eine selbst ausgestellte "Tollwut-Unbedenklichkeitsbescheinigung". Diese Ausnahme für den kommerziellen Handel fanden Dietmar Keck (SPÖ), Peter Schmiedlechner (FPÖ) und Fiona Fiedler (NEOS) problematisch, da bei organisierten Welpenhändler:innen aus dem benachbarten Ausland in der Regel nicht nachvollziehbar sei, von wo die Tiere bezogen wurden. Oft seien die Welpen auch schwer krank. Beide Initiativen der SPÖ fanden keine Mehrheit.

Die NEOS halten es für wichtig, dass die Berichte des Tierschutzrates im Sinne einer bürgernahen und transparenten Verwaltung niederschwellig und zeitnah zugänglich gemacht werden. Die Protokolle seien zwar grundsätzlich im Internet abrufbar, es dauere aber oft Monate, bis sie online sind, zeigen die NEOS auf. Nachdem diese Entschließung schon im Ausschuss nach Einbringung eines gesamtändernden Abänderungsantrags von ÖVP, Grünen und NEOS auf mehrheitlichen Zuspruch stieß, wurde der Antrag heute auch im Nationalrat mehrheitlich angenommen.

Grüne sehen wesentliche Verbesserungen beim Tierschutz, den Tiertransporten und dem Kampf gegen den illegalen Welpenhandel

Olga Voglauer (Grüne) erinnerte an die erst vor einigen Monaten beschlossene umfassende Novellierung des Tierschutzgesetzes, das wesentliche und weitreichende Verbesserungen gebracht habe. Ein wesentlicher Teil davon war auch die Stärkung des Tierschutzrates, dessen Empfehlungen sehr ernst genommen werden. Sie unterstütze daher auch die Forderung der NEOS nach mehr Transparenz in diesem Bereich. Was den illegalen Welpenhandel betrifft, so verwies Voglauer auf die diesbezügliche veterinärbehördliche Binnenmarkt-Verordnung. Demnach dürfen seit Oktober ausschließlich nur Hunde nach Österreich importiert werden, die gegen Tollwut geimpft sind. Ausnahmen gebe es lediglich für Arbeitshunde mit behördlicher Genehmigung. Welpen, die jünger als 16 Wochen sind, dürfen somit nicht mehr eingeführt werden. Dies sei ein Meilenstein, weil damit Österreich als Absatzland für den illegalen Welpenhandel unattraktiv geworden sei. Nicht anschließen konnte sich Voglauer dem SPÖ-Antrag zum Tiertransport, weil damit zum Beispiel ein Export von Kärnten nach Kroatien nicht mehr möglich wäre.

ÖVP verweist auf letzte Tierschutznovelle und setzt auf Veränderungen "mit Augenmaß und Hausverstand"

ÖVP und Grüne haben sich im Regierungsprogramm klar zur Weiterentwicklung des Tierschutzes bekannt, unterstrich Josef Hechenberger. Durch die Novellierung des Tierschutzgesetzes konnten bereits zahlreiche Fortschritte wie das Auslaufen der Haltung von Schweinen auf Vollspaltenböden oder das Verbot der ständigen Anbindehaltung von Rindern erreicht. Um bei all diesen Entwicklungen auch die Landwirt:innen mitzunehmen, brauche es "Augenmaß und Hausverstand", zeigte sich Hechenberger überzeugt. Dieser Aussage schloss auch Carina Reiter (ÖVP) an, die zudem einen niederschwelligen und zeitnahen Zugang zu den Berichten des Tierschutzrates für wichtig hielt. Martina Diesner-Wais (ÖVP) verwies auf bedeutsame Änderungen im Tiertransportgesetz, während Andreas Kühberger (ÖVP) den Kauf von lokalen Produkten bewarb. Der größte Anteil der Tiere werde schon jetzt zum nächstgelegenen Schlachthof gebracht, führte Klaus Lindinger (ÖVP) ins Treffen.  

Opposition sieht noch einigen Handlungsbedarf beim Tierschutz und den Tiertransporten

Dietmar Keck (SPÖ) ging auf den Antrag zum illegalen Welpenhandel ein und bekräftigte, dass es für kein Land Ausnahmen vom Nachweis der Tollwutimpfung geben sollte. Diese würden nämlich dazu führen, dass sich der Handel in andere Staaten wie zum Beispiel Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Schweiz oder Liechtenstein verlege. Der zuständige Minister könnte ganz einfach bei der EU-Kommission deponieren, dass Österreich diese Ausnahmen nicht nutzen wolle. Was das Anliegen der NEOS auf leichtere Zugänglichkeit und vor allem zeitnahe Veröffentlichung der Berichte des Tierschutzrates angeht, so sei dies vollkommen berechtigt, urteilte Keck. Abgeordneter Rudolf Silvan bezeichnete " die hochgelobte Novelle zum Tiertransportgesetz" als Schönfärberei, weil nach wie vor Zuchttiere in Drittstaaten exportiert werden dürfen.

FPÖ-Mandatar Alois Kainz sah massiven Handlungsbedarf vor allem im Bereich der Schlachtviehtransporte und schloss sich daher der SPÖ-Forderung an. Dies entspreche auch dem dringenden Wunsch der Bevölkerung, der in mehreren Volksbegehren zu diesem Thema zum Ausdruck gekommen sei, meinte Hannes Amesbauer (FPÖ). Man könne zudem die Lösung von politischen Problemen nicht immer auf die Konsument:innen abwälzen. FPÖ-Mandatar Peter Schmiedlechner warnte vor überbordenden Vorschriften für die Landwirtschaft, wie dies etwa bei der Putenhaltung in Österreich der Fall sei. Er drängte erneut auf eine lückenlose verpflichtende Herkunftskennzeichnung. Dazu brachte er einen Entschließungsantrag ein, der jedoch keine Mehrheit fand.

Katharina Werner von den NEOS sah die Tollwut-Verordnung als ersten richtigen Schritt, diesem müssten aber noch weitere folgen. Erfreut zeigte sie sich über die Zustimmung zur Initiative ihrer Fraktion in Sachen Tierschutzrat.

Die fraktionslose Abgeordnete Pia Philippa Strache unterstützte den SPÖ-Antrag zum illegalen Welpenhandel. Wenn es gelinge, dass keine Welpen mehr, die jünger als 15 Wochen sind, nach Österreich importiert werden, könne viel Tierleid verhindert werden. Ähnliche Anstrengungen müssten bei den Regelungen für Tiertransporte unternommen werde, da es noch immer zu ganz viele Missständen gebe. (Schluss) sue

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.