93/A-BR/96

A n t r a g

der vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte (Jürgen Weiss, Ilse Giesinger und Dr. Reinhard Bösch)

betreffend Änderung des Bundes-Verf assungsgesetzes sowie des Finanz-Verfassungsgesetzes

Der Bundesrat wolle beschließen:

Gemäß Art. 41 Abs. 1 B-VG in Verbindung mit § 21 der Geschäftsordnung des Bundesrates wird dem Nationalrat der nachstehende Gesetzesvorschlag zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unterbreitet:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesverfassungsgesetz vom xxx, mit dem das Bundes-

Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 sowie das Finanz-Verfassungsgesetz 1948 geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderung des Bundes-Verf assungsgesetzes

Das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. xxx/19xx, wird wie folgt geändert:

1. Artikel 23e Abs. 6 wird wie folgt geändert:

" (6) Wenn die Bundesregierung von einer Stellungnahme des Bundesrates zu einem Vorhaben der Europäischen Union, das Angelegenheiten betrifft, für die Art. 44 Abs. 2 gälte, abweichen will, so hat sie den Bundesrat hievon vorab zu unterrichten. Eine solche Abweichung ist nur zulässig, wenn der Bundesrat ihr nicht widerspricht. Die Wahrnehmung der Zuständigkeiten des Bundesrates gemäß Abs. 1 und diesem Absatz wird durch die Geschäftsordnung des Bundesrates näher geregelt. Dabei kann insbesondere geregelt werden, inwieweit für die Behandlung von Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union ein eigener Ausschuß zuständig ist.

2. Es wird folgender Art. 41a eingefügt:

"Artikel 41a. (1) Gesetzesvorschläge sind gleichzeitig an die Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates zu verteilen.

(2) Der Bundesrat oder der Ausschuß, dem ein Gesetzesvorschlag zugewiesen wurde, kann bis zum Abschluß der Beratungen im Ausschuß des Nationalrates eine Stellungnahme zu diesem Gesetzesvorschlag beschließen.

(3) Nähere Bestimmungen trifft die Geschäftsordnung des Bundesrates."

3. Es wird folgender Art. 42 Abs. 6 eingefügt:

" (6) Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates, die von den Ländern zu vollziehen sind oder für deren Vollziehung die Länder Aufwand zu tragen haben, bedürf en der Zustimmung des Bundesrates.

4. Es wird folgender Art. 42 Abs. 7 eingefügt:

" (7) Stellt der mit der Vorberatung eines Beschlusses des Nationalrates betraute Ausschuß des Bundesrates fest, daß der Beschluß of f ensichtliche Schreib- und Druckfehler oder sprachliche Mängel enthält und tritt der mit der Vorberatung der Vorlage im Nationalrat betraute Ausschuß dieser Feststellung bei, so kann der Bundesrat eine entsprechende Änderung des Beschlusses des Nationalrates beschließen, die der Bundeskanzler bei der Kundmachung dieses Beschlusses im Bundesgesetzblatt (Art. 49 Abs. 1) zu berücksichtigen hat.

5. Art. 44 Abs. 2 lautet:

" (2) Die Bestimmungen dieses Bundes-Verfassungsgesetzes, in denen die Zuständigkeiten des Bundes und der Länder in Gesetzgebung oder Vollziehung geregelt werden, können nur durch ein Bundesverfassungsgesetz geändert werden, das den Wortlaut dieses Bundes-Verfassungsgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Solche Änderungen oder Ergänzungen bedürfen überdies der in Anwesenheit von zumindest der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates. "

6. Art. 49b Abs. 1 erster Satz lautet:

(1) Eine Volksbefragung über eine Angelegenheit von grundsätzlicher und gesamtösterreichischer Bedeutung, zu deren Regelung der Bundesgesetzgeber zuständig ist, hat stattzufinden, wenn dies der Nationalrat auf Grund eines Antrages seiner Mitglieder oder der Bundesregierung nach Vorberatung im Hauptausschuß oder der Bundesrat beschließt. "

7. Art. 122 Abs. 4 erster Satz lautet:

" (4) Der Präsident des Rechnungshofes wird auf Vorschlag des Hauptausschusses des Nationalrates von der Bundesversammlung für eine Funktionsperiode von zwölf Jahren gewählt; eine Wiederwahl ist unzulässig. "

8. Art. 148g Abs. 2 erster Satz lautet:

-- (2) Die Mitglieder der Volksanwaltschaft werden von der Bundesversammlung auf Grund eines Gesamtvorschlages des Hauptausschusses des Nationalrates gewählt.

Artikel II

Änderung des Finanz-Verf assungsgesetzes

Das Finanz-Verfassungsgesetz 1948, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. xxx/19xx, wird wie folgt geändert:

In § 3 Abs. 1 wird angefügt:

"Finanzausgleichsgesetze bedürf en der Zustimmung des Bundesrates."

E r 1 ä u t e r u n g e n

Allgemeiner Teil

Dem Nationalrat wurden in den letzten Gesetzgebungsperioden aus dem Bundesrat mehrfach Gesetzesanträge übermittelt, mit denen die Funktion des Bundesrates als Vertretung der Länder in der Bundesgesetzgebung gestärkt werden sollte:

Gesetzesantrag vom 13 Juni 1990 (62/A-BR/90)

Gesetzesantrag vom 1. Februar 1991 (60 dB XVIII.GP)

Gesetzesantrag vom 23. März 1995 (159 dB XIX.GP)

Gesetzesantrag vom 23. März 1995 (160 dB XIX.GP)

Auch die zuletzt eingebrachten Anträge sind inzwischen wegen der vorzeitigen Beendigung der Gesetzgebungsperiode verfallen und in der Zwischenzeit nicht wieder neu eingebracht worden.

Der Vorarlberger Landtag hat sich in seiner Sitzung vom 5. Juni 1996 dafür ausgesprochen, daß vom Nationalrat zur Stärkung des Bundesrates in einem ersten Schritt zumindest jene Maßnahmen beschlossen werden, die Inhalt der am 23. März 1995 eingebrachten Gesetzesanträge waren.

Weiters hat der Vorarlberger Landtag dabei folgenden Beschluß gefaßt:

"Die Vorarlberger Bundesräte werden ersucht, im Bundesrat durch eine entsprechende Antragstellung darauf hinzuwirken, daß dem Nationalrat die am 23. März 1995 eingebrachten Gesetzesanträge 159 und 160 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XIX. GP neuerlich vorgelegt werden. "

Mit dem vorliegenden Antrag werden daher die beiden erwähnten Gesetzesanträge samt Erläuterungen ohne inhaltliche Änderungen zusammengefaßt.

Kosten: Durch das vorliegende Gesetzesvorhaben entstehen weder dem Bund noch einer anderen Gebietskörperschaft Kosten.

EU-Konformität: Es bestehen keine diesem Gesetzesvorhaben--. entgegenstehenden Rechtsvorschrif ten der EU.

Besonderer Teil Zu Artikel I:

Zu Z 1 (Art. 23e Abs. 6):

In Analogie zur Regelung für den Nationalrat soll auch der Bundesrat ein Widerspruchsrecht gegen die beabsichtigte Abweichung des jeweiligen Mitgliedes der Bundesregierung von einer bindenden Stellungnahme des Bundesrates erhalten. Es handelt sich dabei um jene Vorhaben, die zwingend durch ein Bundesverfassungsgesetz, das nach Art. 44 Abs. 2 B-VG der Zustimmung des Bundesrates bedürfte, umzusetzen sind.

Zu Z 2 (Art. 41a):

Durch die Einfügung eines neuen Art. 41a soll eine verfassungsrechtliche Grundlage für das Stellungnahmeverfahren des Bundesrates zu Gesetzesvorschlägen geschaffen werden. Eine detaillierte Ausformulierung soll in der Geschäftsordnung des Bundesrates erfolgen (siehe Antrag 84/A-BR/94)

Zu Z 3 (Art. 42 Abs. 6):

Zur Stärkung der Stellung des Bundesrates als die Länder repräsentierende Kammer der Bundesgesetzgebung soll das Zustimmungsrecht des Bundesrates auf alle Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates, die von den Ländern zu vollziehen sind oder für deren Vollziehung die Länder Aufwand zu tragen haben, erstreckt werden. Auf diese Weise sollen die Möglichkeiten des Bundesrates, die Länderinteressen wirkungsvoll zu vertreten, auf für die Länderessentielle Fragen, insbesondere jene finanzieller Natur, erweitert werden.

Zu Z 4 (Art. 42 Abs. 7):

Die Möglichkeit redaktionelle Berichtigungen (offensichtliche Schreib- und Druckfehler oder sprachliche Mängel) an Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates vornehmen zu können, entspricht einer einstimmig verabschiedeten, bisher aber noch unerledigten Gesetzesinitiative des Bundesrates (62/A-BR/90 und 63/A-BR/91)

Zu Z 5 (Art. 44 Abs. 2):

In einem Bundesstaat ist die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern von entscheidender Bedeutung. Um dieser Bedeutung Rechnung zu tragen und künftighin zu vermeiden, daß in Bundesverfassungsgesetzen oder Verfassungsbestimmungen außerhalb des Bundes-Verfassungsgesetzes Regelungen über die Kompetenzlage vorgenommen werden, sieht der neueingefügte Art. 44 Abs. 2 vor, daß Änderungen der Kompetenzverteilung nur durch eine ausdrückliche Änderung der einschlägigen Bestimmungen des BundesVerfassungsgesetzes selbst erfolgen dürfen. Um den Schutzbedürfnissen der Länder vor einseitigen Veränderungen der Kompetenzverteilung durch den Nationalrat Rechnung zu tragen, sollen solche Änderungen des B-VG der qualifizierten Zustimmung des Bundesrates bedürfen.

Zu Z 6 (Art. 49b Abs. 1):

Ebenso wie der Nationalrat soll der Bundesrat der Durchführung einer Volksbefragung beschließen können.

Zu Z 7 (Art. 122 Abs. 4 erster Satz):

Nachdem der Rechnungshof auch als Organ der Landtage tätig wird, sollte der Bundesrat in die Wahl des Präsidenten des Rechnungshof es eingebunden werden.

Zu Z 8 (Art. 148g Abs. 2 erster Satz):

Für die Volksanwaltschaft gilt, daß sie für den Bereich der Verwaltung der Länder für zuständig erklärt werden kann. Deshalb sollte der Bundesrat auch in die Wahl der Mitglieder der Volksanwaltschaftt eingebunden sein.

Zu Artikel II (5 3 Abs. 1 F-VG):

Der vorgeschlagene Artikel II des Gesetzesvorschlages sieht eine Ergänzung des § 3 Abs. 1 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 dahingehend vor, daß die auf der Stufe eines einfachen Bundesgesetzes stehenden Finanzausgleichsgesetze, durch welche die Verteilung der Besteuerungsrecht und Abgabenerträge zwischen dem Bund und den Ländern (Gemeinden) und außerdem die Gewährung von Finanzzuweisungen für ihren Verwaltungsaufwand und Zweckzuschüsse an diese Gebietskörperschaf ten aus allgemeinen Bundesmitteln geregelt werden und die daher im besonderen Maße Länderinteressen berühren, der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Der Vorschlag entspricht einer einstimmig verabschiedeten Gesetzesinitiative des Bundesrates (62/A-BR/90 und 63/A-BR/91).

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuß für Verfassung und Föderalismus vorgeschlagen.