141/A-BR/2004
Eingebracht am 02.12.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Antrag
gemäß § 21 Abs. 6 GO-BR
der Bundesräte Jürgen Weiss, Ludwig Bieringer, Sissy Roth-Halvax,
Gottfried Kneifel,
Prof. Herwig
Hösele, Hans Ager,
Kolleginnen und Kollegen
betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes
Gemäß Art. 41 Abs. 1 B-VG wird dem Nationalrat der nachstehende
Gesetzesvorschlag zur
geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unterbreitet:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird
1. Artikel 95 Abs. 1 lautet:
"(1) Die Gesetzgebung der Länder wird von den Landtagen ausgeübt.
Deren Mitglieder werden
auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen
Verhältniswahlrechtes aller
nach den
Landtagswahlordnungen wahlberechtigten männlichen und weiblichen Landesbürgern
gewählt.
Soweit dies landesgesetzlich festgelegt wird, ist die briefliche Stimmabgabe im
Postwege
zulässig und kommt das Wahlrecht auch jenen Staatsbürgern zu, die am Stichtag
im
Bundesgebiet
zwar keinen Wohnsitz hatten, aber in einer Gemeinde des Landes in der
Wählerevidenz
eingetragen waren. Durch Landesgesetz werden die näheren Bestimmungen über
das
Wahlverfahren und die allfällige Wahlpflicht getroffen. In diesem Landesgesetz
sind
insbesondere auch die Gründe festzusetzen, aus denen eine Nichtteilnahme an der
Wahl trotz
Wahlpflicht als entschuldigt gilt."
2. Artikel 95 Abs. 3 lautet:
"(3) Die Wähler üben ihr Wahlrecht in Wahlkreisen aus, von denen
jeder ein geschlossenes
Gebiet umfassen muß und die in räumliche geschlossene Regionalwahlkreise
unterteilt werden
können. Die Zahl der Abgeordneten ist auf die Wahlkreise im Verhältnis der
Bürgerzahl zu
verteilen.
Sofern gemäß Art. 95 Abs. 1 eine entsprechende landesgesetzliche Regelung
getroffen
wurde, ist
die Bürgerzahl um jene Staatsbürger zu vermehren, die am Tag der letzten
Volkszählung im Bundesgebiet zwar keinen Wohnsitz hatten, aber in einer
Gemeinde des Landes
in der
Wählerevidenz eingetragen waren. Die Landtagswahlordnung kann ein
abschließendes
Ermittlungsverfahren im gesamten Landesgebiet vorsehen, durch das sowohl ein
Ausgleich der
den wahlwerbenden Parteien in den Wahlkreisen zugeteilten als auch eine
Aufteilung der noch
nicht
zugeteilten Mandate nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgt. Eine
Gliederung der
Wählerschaft in andere Wahlkörper ist nicht zulässig."
3. Artikel 117 Abs. 2 lautet:
"Die Wahlen in den Gemeinderat finden auf Grund des gleichen,
unmittelbaren, geheimen und
persönlichen Verhältniswahlrechtes aller Staatsbürger statt, die in der
Gemeinde ihren Haupt-
wohnsitz haben. Soweit dies landesgesetzlich festgelegt wird, ist die
briefliche Stimmabgabe im
Postwege
zulässig. In der Wahlordnung dürfen die Bedingungen des aktiven und passiven
Wahlrechtes
nicht enger gezogen sein als in der Wahlordnung zum Landtag. Es kann jedoch
bestimmt werden, daß das aktive und passive Wahlrecht in den Gemeinderat
Personen, die sich
noch nicht ein Jahr in der Gemeinde aufhalten, dann nicht zukommt, wenn ihr
Aufenthalt in der
Gemeinde offensichtlich nur vorübergehend ist. Weiters kann bestimmt werden,
daß das Wahl-
recht Personen
zukommt, die am Stichtag im Bundesgebiet zwar keinen Wohnsitz hatten, aber in
der Wählerevidenz eingetragen waren. Die Bestimmungen über die Wahlpflicht bei
den Wahlen
zum Landtag
(Artikel 95 Absatz 1 letzter Satz) finden für die Wahlen in den Gemeinderat
sinn-
gemäß
Anwendung. Die Wahlordnung kann bestimmen, daß die Wähler ihr Wahlrecht in
Wahl-
kreisen
ausüben, von denen jeder ein geschlossenes Gebiet umfassen muß. Eine Gliederung
der
Wählerschaft in andere Wahlkörper ist nicht zulässig."
Erläuterungen:
A)
Allgemeiner Teil:
Dieser Antrag war bereits in der vorangegangenen Gesetzgebungsperiode
des Nationalrats am
18. November
1999 im Bundesrat eingebracht (123/A-BR) und gemäß Art. 41 Abs. 1 B-VG als
ein von einem
Drittel der Mitglieder des Bundesrates unterstützter Gesetzesantrag als Beilage
Nr. 5 dem
Verfassungsausschuss des Nationalrats zugewiesen worden. Mit der Beendigung der
Gesetzgebungsperiode
ist der Antrag dann allerdings unerledigt verfallen.
Er stützt sich inhaltlich auf einstimmige Entschließungen mehrerer
Landtage sowie auf
mehrfache
Forderungen der Landeshauptleutekonferenz und der Landtagspräsidentenkonferenz,
mit denen die Einführung der Briefwahl gefordert wird. Die
Landtagspräsidentenkonferenz vom
15. Oktober
1998 hatte sogar die ausdrückliche Bitte ausgesprochen, im Wege des Bundesrates
einen Gesetzesentwurf zu initiieren.
In der Zwischenzeit wurde auch im Bericht des Ausschusses 3 (Staatliche
Institutionen) des
Österreich-Konvents vom 9. Februar 2004 Einvernehmen darüber festgehalten,
„dass bundes-
verfassungsgesetzlich (zumindest) dafür Vorkehrung getroffen werden
sollte, dass bei Landtags-
wahlen (und
auch bei Gemeinderatswahlen) die selben Möglichkeiten zur Stimmabgabe
außerhalb des Wahlgebietes bestehen sollten wie bei Nationalratswahlen (vgl.
Art. 26 Abs. 2
letzter Satz
B-VG; § 60 NRWO)."
Es ist für die Bürgerinnen und Bürger in der Tat schwer verständlich,
dass zwar bei Nationalrats-,
Bundespräsidenten- und EU-Wahlen eine briefliche Stimmabgabe bei Aufenthalten
außerhalb des
Wahlgebietes
möglich ist, bei Landtags- und Gemeinderatswahlen hingegen nicht, obwohl dort
durch die
kleineren Wahlgebiete der Bedarf noch größer wäre.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass bei Wahlen in die
Interessenvertretungen,
z.B. bei den Arbeiterkammerwahlen, die uneingeschränkte briefliche Stimmabgabe
möglich ist,
ohne dass es
dabei zu Problemen hinsichtlich der unbeeinflussten und geheimen Stimmabgabe
gekommen wäre. Gleiches gilt für zahlreiche andere Staaten, in denen die
Briefwahl schon seit
langer Zeit erfolgreich angewandt wird. Wenn man sieht, dass beispielsweise in
der Schweiz
bereits in
mehreren Kantonen die elektronische Stimmabgabe über das Internet eingeführt
wird,
ist die
Einführung der Briefwahl in Österreich umso dringender.
Die Notwendigkeit einer raschen Einführung der Briefwahl, möglichst
schon für die nächsten
Landtagswahlen,
ergibt sich auch daraus, dass ein erheblicher Teil der sinkenden
Wahlbeteiligung
darauf
zurückzuführen ist, dass immer mehr Wählerinnen und Wähler ihre Stimme deshalb
nicht
abgeben können, weil sie sich auf Grund der heute gegebenen Mobilität gerade am
Wahltag
außerhalb
ihres Wahlgebietes befinden.
B) Besonderer Teil:
Zu Z1:
Mit der Neufassung von Art. 95 Abs. 1 B-VG (Einfügung eines neuen
zweiten Satzes) soll der
Landesgesetzgeber
ermächtigt werden, für die Landtagswahl die briefliche Stimmabgabe
einführen und den im Ausland lebenden Bürgern die Teilnahme an der Landtagswahl
ermöglichen zu
können.
Zu Z 2:
Mit der Neufassung von Art. 95 Abs. 3 B-VG (Einfügung eines neuen
dritten Satzes) sollen in
sinngemäßer
Anwendung der Regelungen für die Nationalratswahl die außerhalb des Landes
lebenden
Landesbürger in die Verteilung der Mandate auf die Wahlkreise einbezogen werden
können.
Zu Z 3:
Mit der
Neufassung von Art. 17 Abs. 2 B-VG (Einfügung eines neuen zweiten und fünften
Satzes
soll der Landesgesetzgeber ermächtigt werden, für die Wahlen in den Gemeinderat
die briefliche
Stimmabgabe einführen und den im Ausland
lebenden Bürgern die Teilnahme an der Wahl
ermöglichen zu können.
C) EU-Konformität:
Die angestrebten
Änderungen stehen nicht in Widerspruch zu Rechtsvorschriften der Europäi-
schen Union.
D) Finanzielle Auswirkungen:
Bei
entsprechender Inanspruchnahme der Möglichkeit zur brieflichen Stimmabgabe und
der Ein-
beziehung von im Ausland lebenden Wahlberechtigten wird sich für die Länder und
Gemeinden -
sofern sie von der Ermächtigung Gebrauch
machen - ein geringfügiger Mehraufwand durch die
Herstellung zusätzlicher Wahlkarten ergeben.
Es wird das
Verlangen gestellt, diesen Antrag gemäß § 21 Abs. 6 der Geschäftsordnung des
Bundesrates dem Nationalrat zur weiteren
geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zu
übermitteln