151/A(E)-BR/2006
Eingebracht am 14.03.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Bundesräte Boden, Elisabeth Kerschbaum
und KollegInnen
betreffend rechtliche Sicherstellung der Gentechnikfreiheit österreichischer
Nationalparks
Österreich ist
seit vielen Jahren Vorreiter im Biolandbau, die Konsumentinnen und
Konsumenten in unserem Land stehen nach wie
vor in sehr hohem Ausmaß gentechnisch
manipulierten Lebensmitteln ablehnend gegenüber.
Die österreichischen Nationalparks sind nicht nur Vorzeigemodelle und
Impulsgeber für den
wichtigen österreichischen Tourismus,
sondern auch in den Augen erholungssuchender
Österreicherinnen und Österreicher in vieler Hinsicht schützenswerte Gebiete in
unserem
Land.
Die Regelung einer Koexistenz zwischen gentechnikfreier und
gentechnisch manipulierter
landwirtschaftlicher Produktion wird seit Jahren intensiv diskutiert, jedoch
liegen bis heute
praktikable Regelungen nicht vor.
Vor dem
Hintergrund einer EU-weiten Kennzeichnungsregelung sowohl für Saatgut als auch
für Lebensmittel werden seitens der
EU-Kommission seit Monaten gentechnisch manipulierte
Saatgutsorten bzw. Lebensmittel zum freien Verkehr zugelassen. Was
EU-weit zugelassen
wurde, kann national nur schwer verboten werden. Ein nationales Verbot EU-weit
zugelassener Erzeugnisse (Saatgut, Lebens- und Futtermittel) ist EU-rechtlich
nur zulässig,
wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorgebracht werden, die negative
Auswirkungen
auf die Gesundheit und/oder die Umwelt
zeigen. Alle bisherigen Verbote, die einzelne MS für
bestimmte zugelassenen GVO verhängt haben (zB Österreich, Luxemburg,
Griechenland),
wurden bisher vom EU-Gesetzgeber als
unzulässig bewertet. MS, die Verbote nicht aufheben,
müssen mit Verfahren beim EUGH rechnen.
Regionale
begründete Einschränkungen der Verwendung von GVO zB in definierten
ökologisch sensiblen Gebieten sind hingegen
EU-rechtlich grundsätzlich möglich, wenn
bestimmten Kriterien Rechnung getragen wird.
In
diesem Zusammenhang ist unmittelbarer Handlungsbedarf gegeben, um die
Biodiversität,
bzw. die „Unberührtheit" der österreichischen Nationalparks für die
nächsten Generationen
sicher zu
stellen.
Die unterzeichneten Bundesräte stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
•
Die
österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, in Abstimmung mit den
Landesregierungen ein Freisetzungs- und Ausbringungsverbot von GVO in den
Nationalparks Österreichs in der Form durchzusetzen, dass eine Verunreinigung
der
Nationalparks mit GVO nach dem Stand von
Wissenschaft und Technik vermieden wird
(dh zB auch angrenzende Gebiete sind GVO-frei zu halten, keine
GVO-Wildfütterung in
Naturschutzgebieten).
•
Die
österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Rahmen der EU-
Ratspräsidentschaft mit Nachdruck dafür
einzusetzen, dass in europäischen und globalem
Maßstab nach dem Vorbild Österreichs große zusammenhängende GVO-freie
Biosphärenreservate geschaffen werden.
•
Die
österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, bei der europäischen
Zulassung
von GVO (nach RL 2001/18/EG bzw VO
1829/2003/EG) die Bundesländer im Bezug auf
den Schutz besonderer Ökosysteme und begründeten Einschränkungen der
generellen
Zulassung von GVO entsprechend
einzubeziehen.
•
Die
österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, die Bundesländer - sollten
Anträge für Zulassungen zum Inverkehrbringen von GVO anstehen - bei der
eigenständigen Prüfung im Bezug auf die
Erhaltungsziele in Europaschutzgebieten und in
Bezug auf den Schutz der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier-
und
Pflanzenarten in anderen Schutzgebieten nationalen und internationalen Ranges
bestmöglichst zu unterstützen. Wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die
kommerzielle Inverkehrbringung von GVO zu erheblichen Beeinträchtigungen in
einem
Naturschutzgebiet führen könnte, so sind
auf Grund des Vorsorgeprinzips die Freisetzung
und Ausbringung von GVO in die Umwelt gesetzlich zu untersagen. Es ist
eine Prüfung
sowohl von Fall zu Fall als auch von Gebiet
zu Gebiet entsprechend den EU-Regelungen
vorzunehmen.
•
Die
Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Co-Existenzkonferenz im April
in Zusammenarbeit mit den anderen europäischen MS die Weichen für einen
Ratsbeschluss zu legen, der die Europäische Kommission auffordert, eine
EU-weite
verbindliche Regelung für die Co-Existenz von gentechnisch veränderten Kulturen,
herkömmlichen Kulturen und biologischen
Kulturen vorzulegen. Diese Regelung muss es
einzelnen Regionen in der Gemeinschaft grundsätzlich freistellen, das
Aussähen und
Aussetzen von GVO in der Landwirtschaft und Umwelt mittels
nationaler/regionaler
Sonderregelungen, die sich an messbaren Kriterien orientieren,
rechtsverbindlich zu
untersagen. Solche Kriterien können sich aus der kleinbetrieblichen Struktur in
der
Landwirtschaft ergeben oder am Umstand festmachen, dass Co-Existenz-sichernde
Maßnahmen technischer oder organisatorischer Art ohne unverhältnismäßigen
Aufwand
nicht möglich sind. Auch im Bezug auf Haftungsfragen im Zusammenhang mit der
Co-
Existenz müssen in einer derartigen Regelung Rahmenvorgaben verankert werden.
Die
Kommission soll diesen Vorschlag noch in
diesem Jahr vorlegen.
•
Die
österreichische Bundesregierung wird aufgefordert, hinsichtlich des ersten
vorläufigen Berichtes („Interim-Report") des WTO-Schiedsgerichtes im
Rahmen des
WTO-Verfahrens zum europäischen
GVO-Zulassungsverfahren zwischen den USA und
der EU, die im Parlament vertretenen politischen Parteien innerhalb
einer Woche
umfassend zu informieren.
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss f. Land-, Forst- und Wasserwirtschaft