169/A-BR/2008
Eingebracht am 17.06.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Antrag
der
vom Vorarlberger Landtag entsandten Bundesräte (Jürgen Weiss, Edgar
Mayer und
Ing. Reinhold Einwallner)
betreffend
Änderung des Ehegesetzes und des Strafgesetzbuches zur Verhinderung
von Zwangsehen
Der Bundesrat wolle beschließen:
Gemäß Art. 41 Abs.
1 B-VG in Verbindung mit § 21 der Geschäftsordnung des
Bundesrates wird
dem Nationalrat der nachstehende Gesetzesvorschlag zur
geschäftsordnungsmäßigen
Behandlung unterbreitet:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Ehegesetz und das Strafgesetzbuch geändert werde
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel 1
Änderung
des Ehegesetzes
Das Ehegesetz,
dRGBI. I S.807/1938, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz
BGBl. I
Nr. 92/2006, wird wie folgt
geändert:
1. §26 samt Überschrift lautet:
„Zwangsehe
§26
(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe
widerrechtlich durch Gewalt oder durch
Drohung bestimmt worden ist.
(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig
anzusehen, wenn die Ehegatten
nach dem Wegfall
der Zwangslage fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher
verstorben ist,
bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten
miteinander
gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit
des
Todes des einen Ehegatten die
Nichtigkeitsklage erhoben ist."
2. § 28 Abs lautet:
„§
28 (1) Ist eine Ehe auf Grund des § 23 dieses Gesetzes nichtig, so kann
nur der
Staatsanwalt, im
Falle des § 26 nur der Staatsanwalt und der zur Ehe bestimmte
Ehegatte die Nichtigkeitsklage
erheben."
3. § 31 lautet:
„§
31 (1) Hat auch nur einer der Ehegatten die Nichtigkeit der Ehe bei der
Eheschließung
nicht gekannt oder wurde einer der Ehegatten im Sinne des § 26 zur
Eheschließung
bestimmt, so finden auf das Verhältnis der Ehegatten in
vermögensrechtlicher
Beziehung die im Falle der Scheidung geltenden Vorschriften
entsprechende Anwendung. Dabei ist ein Ehegatte, dem die Nichtigkeit der Ehe
bei der
Eheschließung bekannt war - sofern es sich hierbei nicht um den im Sinne
des § 26 zur
Eheschließung bestimmten Ehegatten handelt -, wie ein für schuldig
erklärter Ehegatte
zu behandeln.
(2) Ein Ehegatte, der die Nichtigkeit der Ehe bei der
Eheschließung nicht gekannt
hat oder der im Sinne des § 26 zur Eheschließung bestimmt wurde,
kann binnen sechs
Monaten, nachdem die Ehe rechtskräftig für nichtig erklärt ist,
dem anderen Ehegatten
erklären,
dass es für ihr Verhältnis in vermögensrechtlicher Beziehung bei
den Folgen
der Nichtigkeit
bewenden solle - selbst wenn im Falle des § 26 dem nicht zur
Eheschließung
Bestimmten die Nichtigkeit der Ehe nicht bekannt war. Gibt er eine
solche Erklärung ab, so findet
die Vorschrift des Abs. 1 keine Anwendung."
4. § 39 wird aufgehoben.
Artikel 2
Änderung des Strafgesetzbuches
Das
Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 109/2007,
wird wie folgt geändert:
1. §74 Abs. 1 wird durch folgende Z. 11 ergänzt:
„11.
Zwangsehe: Jede Form von Eheschließung, die nicht auf dem freien Willen
beider
Ehepartner beruht, sondern durch Nötigung (§ 105) oder Entziehung der
persönlichen
Freiheit zumindest eines Ehepartners
herbeigeführt wird."
2. Nach § 192 wird folgender § 192a samt Überschrift eingefügt:
Zwangsehe
„§
192a (1) Wer eine Person mit Gewalt, durch Entziehung der persönlichen
Freiheit
oder durch gefährliche Drohung
zur Eheschließung nötigt oder wer mit einer Person, die
zur Eheschließung in der vorgenannten
Weise genötigt wurde, eine Ehe schließt oder
wer als dazu Befugter in Kenntnis des
Zwanges eine Eheschließung vornimmt, ist mit
Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
(2)
Wer die Tat in Bezug auf eine minderjährige Person begeht, ist mit
Freiheits-
strafe von sechs Monaten bis zu zehn
Jahren zu bestrafen."
3. In § 58 Abs. 3 Z. 3 ist nach der Zeichenfolge „§§" die Wortfolge „192a," einzufügen.
4.
In
§ 64 Abs. 1 Z. 4 ist nach der Wortfolge „Menschenhandel (§
104a)," die Wortfolge
„Zwangsehe
(§192a)," einzufügen.
5. In § 106 Abs. 1 Z. 3 entfällt die Wortfolge „zur Eheschließung,".
Erläuterungen:
Am 4.
Oktober 2006 hat der Vorarlberger Landtag einstimmig bzw. in Teilbereichen mit
großer Mehrheit eine Entschließung mit dem Ziel verabschiedet, den
Unrechtscharakter
von Zwangsehen im Strafrecht klar herauszustreichen, entsprechende Vergehen
wirk-
sam zu ahnden und
die Opfer von Zwangsheiraten deutlich zu stärken. Eine unter
Beiziehung
sachkundiger Auskunftspersonen durchgeführte Erörterung der dazu
einge-
langten
Stellungnahmen durch den Sozialpolitischen Ausschuss am 24. Oktober 2007
ergab, dass die erhobenen Forderungen keineswegs als zum Großteil bereits
verwirk-
licht angesehen werden können.
Der Vorarlberger Landtag
hat daher am 4. Juni 2008 mit einer einstimmig gefassten Ent-
schließung aufgezeigt, in welchen konkreten
Punkten nach seiner Meinung zumindest
das Ehegesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden sollten, um
Zwangsehen
möglichst verhindern und die Opfer von Zwangsehen rechtlich besser
stellen zu können,
beispielsweise durch eine Bestimmung, wonach
Zwangsehen innerhalb von fünf Jahren
als nichtig erklärt und nicht
nur - wie bisher - innerhalb eines Jahres aufgehoben
werden können. Der Antrag greift
die vom Vorarlberger Landtag genannten Punkte, in
denen das Ehegesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden sollen,
auf.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.