213/A(E)-BR/2015

Eingebracht am 01.06.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Bundesräte Sonja Zwazl, Gottfried Kneifel, Reinhard Todt, Efgani Dönmez

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Sicherstellung des Rechtes auf umfassende, altersadäquat angepasste, individuelle, gendergerechte Bildungs- und Berufsorientierung für Kinder und Jugendliche vom Beginn bis zum Ende ihrer Schulzeit.

Der relativ hohe Anteil an Schulabbrecherinnen und -abbrechern, der steigende Anteil Jugendlicher und junger Erwachsener, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in beruflicher Ausbildung befinden und dies auch nicht unmittelbar anstreben (NEET) sowie die steigende strukturelle Jugendarbeitslosigkeit erfordern eine Anpassung der aktuellen Maßnahmen auf dem Gebiet der Bildungs- und Berufsorientierung, um diesem negativen Trend entgegenzusteuern.

Mit dem Grundsatzpapier „Ausbau der Berufsorientierung und Bildungsberatung“ des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur vom November 2010 wurden wertvolle Schritte zur Implementierung des Themas im Schulbetrieb gesetzt. Ebenso ist die Entscheidung zu begrüßen, dass mit dem Schuljahr 2017/2018 an den Neuen Mittelschulen der Gegenstand Berufsorientierung generell zum Pflichtgegenstand im Rahmen der Stundentafel im Zeitraum zwischen 7. und 8. Schulstufe festgelegt wurde.

Diese durchaus positiven Maßnahmen greifen jedoch zu kurz. Im Vordergrund muss das Bekenntnis stehen, dass jeder Mensch ab dem Eintritt in den Kindergarten nach seinen Begabungen unter Einbindung der Eltern individuell gefördert wird. Das Thema ist nicht als punktuelle Maßnahme zu behandeln sondern als Prozess zu verstehen und umzusetzen. Während in der Elementarpädagogik und der Volksschule die Bildungs- und Berufsorientierung fächerintegrativ und Teil des Übergangsportfolios sein sollte, ist die Schaffung einer verbindlichen Übung „Berufs- und Bildungsorientierung“ in allen Schulstufen der Sekundarstufe zur Sicherstellung der Reflexion der Information und der Auseinandersetzung mit den individuellen stärken- und kompetenzorientierten Bildungs- und Berufsmöglichkeiten unerlässlich.


Im Sinne eines Prozesses sind bewährte, jedoch oftmals punktuelle Maßnahmen wie Berufspraktika, Potenzialanalysen, Bildungsberatungen, Bewerbungstrainings, und vieles mehr in diesen Unterricht besser einzubinden.

Von besonderer Bedeutung sind berufspraktische Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler, um ein Gefühl für die Arbeitswelt zu bekommen und Erfahrungen zu einzelnen Berufsbildern sammeln zu können. Die aktuelle Regelung zu Schulveranstaltungen im § 13 Schulunterrichtsgesetz deckt sämtliche Aktivitäten gleichermaßen ab, vom Schiausflug über die Sportwoche bis zu den Berufspraktischen Tagen. Berufsorientierung ist daher im Rahmen der Schulautonomie entsprechend umzusetzen.

§ 13 b Schulunterrichtsgesetz regelt die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme individueller Berufs(bildungs)orientierungsangebote und knüpft dabei an die Schulstufe an. Richtigerweise sollte hier an das individuelle Schulbesuchsjahr angeknüpft werden, da erst damit auch sämtliche Wiederholungsfälle erfasst sind.

Innerhalb des Schulsystems und der Schulverwaltung sind entsprechende Vorkehrungen für diese Maßnahmen zu treffen. Diese reichen von einem Qualitätsmanagementsystem durch Einbindung in die „Schulqualität Allgemeinbildung“ (SQA, QIBB und MOST), durch z.B. Ausbildung und entgeltliche Beschäftigung von IBOBB-Koordinatoren und Koordinatorinnen an jeder Pflichtschule.

Darüber hinaus sollte zur Sicherstellung des fächerintegrativen Unterrichts in der Elementarpädagogik und in der Volksschule für alle angehenden Pädagoginnen und Pädagogen eine verpflichtende Grundausbildung im Fach Berufsorientierung erfolgen.

Besonderer Wert soll bei allen Maßnahmen auf gendergerechte Berufsorientierung für beide Geschlechter gelegt werden.

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert,

a)     für jede Jugendliche und jeden Jugendlichen eine nach den individuellen Stärken und Fähigkeiten ausgerichtete umfassende, altersadäquat angepasste, gendergerechte Bildungs- und Berufsorientierung im Sinne eines Prozesses vom Kindergarten bis zum Abschluss der Pflichtschule und - wie im Arbeitsprogramm der Österreichischen Bundesregierung 2013 bis 2018 festgelegt - als verbindliche Übung auf der gesamten Sekundarstufe I mit flexiblen Formen der Umsetzung im Unterricht und unter Einbeziehung externer Expert-/innen umzusetzen


b)     die verbindliche Übung Bildungs- und Berufsorientierung so zu definierten, dass außerschulische Angebote, z.B. von Sozialpartnern und Sozialpartnerinnen oder Vereinen etc. besser eingebunden werden.

c)      sicher zu stellen, dass im Rahmen des § 13 Schulunterrichtsgesetz (SchuG) berufspraktische Tage in der 3. und 4. Schulstufe im Ausmaß von jeweils 5 Tagen durchgeführt werden.

d)     eine Novelle zu § 13 b Schulunterrichtsgesetz (SchuG) zu prüfen, wonach individuelle Berufs(bildungs)orientierung ab dem individuellen 8. Schulbesuchsjahr erfolgen kann.

e)     sich dafür einzusetzen, dass für Berufs- und Bildungsorientierung

a.     ein Qualitätsmanagement festgelegt und das Thema als zentrales Element der „Schulqualität Allgemeinbildung“ (IBOBB) normiert wird und

b.     eine eigenständige Verantwortlichkeit in der Schulaufsicht geschaffen wird.

f)      sich dafür einzusetzen, dass an jeder Pflichtschule eine Koordination für Berufs- und Bildungsorientierung sichergestellt wird und für alle angehenden Pädagoginnen und Pädagogen eine verpflichtende Grundausbildung im Fach Berufsorientierung erfolgt.“