265/A(E)-BR/2019

Eingebracht am 04.07.2019
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Bundesrät*innen David Stögmüller, Korinna Schumann, Ewa Dziedzic, Freundin-
nen und Freunden

betreffend Klimakatastrophe verhindern

BEGRÜNDUNG

Weltweit führen uns bereits Extremwetterlagen, Dürre, Hitzetote, Artensterben, stei­gende Meeresspiegel, Nahrungsmittelengpässe und neue Fluchtbewegungen auf ein­dringliche Weise vor Augen, welchen dramatischen Handlungsdruck wir beim Klima­schutz haben. Wissenschaftliche Prognosen werden dabei von der Realität längst überholt.

Laut Weltklimabericht liegt die weltweite Erderwärmung mittlerweile bei etwa einem Grad, Tendenz steigend. Um eine unkontrollierbare globale Erwärmung mit nicht ab­sehbaren Folgen zu verhindern, ist es unerlässlich, die Treibhausgasemissionen schnellstmöglich massiv zu reduzieren. Mit wirkungsvollen Maßnahmen bewahren wir nicht nur unsere Artenvielfalt und Lebensgrundlagen vor Ort. Klimaschutzmaßnahmen sind auch klare Zeichen unserer Verantwortung für nachfolgende Generationen und unserer internationalen Solidarität einschließlich der Verringerung von Fluchtursa­chen.

Denn die Klimakrise ist nicht bloß ein Klimaproblem: Sie ist ein Wirtschafts-, Sicherheits-, Menschenrechts-, Artenschutz und Friedensproblem.

Das Weltklima-Übereinkommen von Paris aus dem Jahr 2015 ist eine der wichtigsten Weggabelungen in Sachen Klimaschutz. Das Klimaabkommen sieht vor, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius, möglichst 1,5 Grad Celsius, gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu beschränken und in der zweiten Hälfte des Jahrhun­derts eine vollständige Dekarbonisierung anzustreben. Österreich hat dieses Überein­kommen ratifiziert und sich auf EU-Ebene verpflichtet, seinen Treibhausgasausstoß bis 2030 um mindestens 36% zu verringern, bezogen auf das Ausgangsjahr 2005.

Aktuelle Emissionsszenarien des Umweltbundesamtes zeigen aber, dass Österreich von seinen Klimaschutzzielen weit entfernt ist und die Emissionen in den letzten Jah­ren sogar wieder zugenommen haben. Trotz der Alarmsignale und der Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen hat sich Österreich in seiner Klima- und Energiestrategie 2030 Ziele gesetzt, die dem Pariser Vertrag in keiner Weise gerecht werden:

Bei der Umsetzung des von der österreichischen Bundesregierung an die EU-Kommission übermittelten Entwurfs des Nationalen Energie- und Klimaplans würde Öster­reich in der derzeitigen Fassung seine Klimaziele um Millionen von Tonnen CO2 ver­fehlen.

Von internationalen Expertinnen und Experten wird der Energie- und Klimaplan von Österreich katastrophal bewertet -so liegt Österreich am schlechten 19. Platz. Zudem können die Verfehlungen der Emissionsziele enorme Kosten für Österreich nach sich ziehen. So zeigen Berechnungen von Fachleuten, dass Strafgeldzahlungen von bis zu 10 Milliarden Euro bis 2030 drohen.

Führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Klimafor­schung, Ökonomie, Physik, Meteorologie, Gletscherforschung und Sozial- und Geis­teswissenschaften haben sich Anfang Januar 2019 in einem dringlichen Appell an die Österreichische Bundesregierung gewandt: „Wenn Österreich seine internationalen Klimaschutzverpflichtungen aus dem Pariser Weltklimaabkommen einhalten will, muss die Bundesregierung endlich entschlossen gegensteuern. Alles andere wäre verant­wortungslos und das genaue Gegenteil einer enkelfreundlichen Politik.“

Klar ist: die jetzigen politischen Maßnahmen zum Klima-, Arten-, Wald-, Meeres- und Bodenschutz reichen bei weitem nicht aus.

Viele junge Menschen sehen diesen dringenden Handlungsbedarf in Sachen Klima­schutz ebenfalls und wollen nicht mehr hinnehmen, wie mit ihrer Zukunft umgegangen wird. Sie haben die Gefahr erkannt und fordern die Politik auf, jetzt zu handeln. Was in Schweden als Streik der engagierten Schülerin Greta Thunberg begann, ist mittler­weile auch in Österreich angekommen: Fridays for Future.

Jeden Freitag gehen dabei Schülerinnnen und Schüler auf die Straße und fordern eine wirksame Klimapolitik in Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaabkommen, insbe­sondere die Erreichung des 1,5-Grad-Zieles. Mehrere Tausend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (Scientists for Future) haben sich hinter die Klimabewegung der jungen Menschen gestellt und damit die Dringlichkeit betont, mit der die Klimakrise endlich ernst genommen werden muss. Sie fordern ein konsequentes und effizientes Handeln, damit die drohende Klimakatastrophe abgewendet werden kann.

Wir können und müssen endlich handeln. Wir sind die erste Generation, die die Aus­wirkungen der Klimakrise voll zu spüren bekommt - und die letzte, die eine Klimaka­tastrophe verhindern kann. In den letzten Monaten haben bereits Städte wie Basel, Vancouver, London und zuletzt Kiel den Klimanotstand ausgerufen, um auf die Dring­lichkeit der Klimaproblematik und die Auswirkungen des menschlichen Handelns auf das Klima aufmerksam zu machen. Der Begriff „Klimanotstand“ ist dabei keine juristi­sche Grundlage für die Ableitung kritischer Notstandsmaßnahmen, sondern symbo­lisch und als verbindliche politische Prioritätensetzung zu verstehen.

Deshalb fordern wir, den Klimaschutz auf Basis der internationalen Vereinbarungen im Bundes-Verfassungsgesetz zu verankern, damit Klimaschutz auf allen staatlichen Ebenen über seine bisherige verfassungsrechtliche Verankerung in der Staatszielbe­stimmung „umfassender Umweltschutz“ hinaus verstärkt zu berücksichtigen ist. Auch müssen die bisherigen Bemühungen zum Klimaschutz intensiviert und ausgeweitet werden: Wichtige Teile eines engagierten Klimaschutzes sind dabei jedenfalls eine Energie- und Mobilitätswende, der Stopp von klimaschädlichen Subventionen sowie eine aufkommensneutrale ökologische-soziale Steuerreform zur Attraktivierung eines klimaschonenden Verhaltens. Klimaschutzmaßnahmen bringen zusätzliche Impulse für die Wirtschaft und damit neue zukunftsorientierte Arbeitsplätze. So hat auch die Klimaschutzreferentlnnenkonferenz am 12. April dieses Jahres einstimmig die Umset­zung eines umfassenden Maßnahmenpaketes beschlossen, das ebenfalls diese For­derungen an die Bundesregierung formuliert, was der österreichische Bundesrat ver­stärken und unterstützen möchte.

Die Klimakrise macht vor den Staatsgrenzen nicht halt. Es gibt Klimaschutz-Maßnahmen, die können wir nur grenzüberschreitend verwirklichen. Die Europäische Union hat hier besondere Verantwortung, sie muss beim Klimaschutz die (globale) Führungs­rolle übernehmen und das Pariser Weltklimaabkommen in die Tat umsetzen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, insbesondere die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus, dass

       der Nationale Energie- und Klimaplan unter Einbindung von wissenschaftlichen ExpertInnen und Experten überarbeitet wird, sodass Österreich frühzeitig den Anforderungen des Pariser Weltklimavertrags gerecht wird,

       die Energiewende sowie die Mobilitätswende mit voller Kraft forciert wird,

       klimaschädigende Subventionen gestrichen und eine aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform umgesetzt wird,

       sie auf EU-Ebene dafür eintritt, dass die klimapolitischen Maßnahmen auf eu­ropäischer Ebene intensiviert und die europaweiten Klimaziele zur Erfüllung des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaschutzabkommens angehoben werden;

sowie insbesondere der Vizekanzler und Bundesminister für Verfassung, Reformen,

Deregulierung und Justiz,

       bis zum 1. September 2019 einen Begutachtungsentwurf vorzulegen, mit dem der Klimaschutz auf Basis der internationalen Vereinbarungen im Bundes-Ver- fassungsgesetz verankert wird.“

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.