273/A(E)-BR/2020

Eingebracht am 12.03.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

Der Bundesräte Mag Pisec, Bernard, Rösch und weiterer Bundesräte

betreffend Maßnahmenpaket zur Abfederung der negativen Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft aufgrund des Coronavirus

Die Ausbreitung des Coronavirus zeitigt negative Auswirkungen nicht nur auf die Weltwirtschaft sondern zunehmend auch auf die heimische Wirtschaft.

So rechnet die Industriellenvereinigung „mit einem negativen Effekt der Corona-Epidemie auf Österreichs BIP von rund einer halben Milliarde Euro. Bei einem Ausbruch in Österreich würde der Verlust massiv steigen.

Der von der Industriellenvereinigung (IV) berechnete BIP-Verlust wird durch die Auswirkungen des Coronavirus auf die Handelsbeziehungen zu China 569 Millionen Euro betragen, was etwa 0,15 Prozent der Bruttowertschöpfung im Jahr 2020 entspricht.

Der zu erwartende reale BIP-Zuwachs wird daher um rund zwölf Prozent geringer ausfallen als ursprünglich gedacht, so IV-Chefökonom Christian Helmenstein. "Kurzfristig führt die COVID-19-Epidemie zu einem auch in Österreich spürbaren Verlust an wirtschaftlicher Dynamik", betont Helmenstein.

Risikofaktoren in Europa und zuhause

Nicht berücksichtigt ist in diesen IV-Berechnungen, falls sich die Situation in Italien, immerhin gleichauf mit den USA der zweitwichtigste Handelspartner Österreichs, noch verschärfen würde. Und wirklich dramatisch wären die Folgen eines epidemischen Ausbruchs in Österreich selbst mit entsprechenden Auswirkungen auf den Tourismus, der 16 Prozent der Wirtschaftsleistung beisteuert.“ (trend.at / 25.02.2020)

Die Berechnungen der IV im Detail:

1.    Die Produktionseinbußen in China lösen laut IV ein Minus der direkten Bruttowertschöpfung in Österreich in Höhe von 105 Millionen Euro oder 0,03 Prozent aus. Unter Einbeziehung der indirekten Effekte in China sowie in Österreich beläuft sich der zu erwartende Effekt auf insgesamt minus 316 Millionen Euro oder 0,08 Prozent des BIP

2.     Österreichs Unternehmen beziehen chinesische Vorleistungen (für 2020 geschätzte 4,5 Milliarden Euro), davon in vier Branchen (Pharmazeutik, Elektro/Elektronik, Automobilwirtschaft und Luftverkehrswirtschaft) unmittelbar 388 Millionen Euro. Unter der Annahme, dass kurzfristig keine Substitutionsmöglichkeiten zum Bezug der betreffenden Vorleistungen aus anderen Ländern bestehen, erreicht der Rückgang des Bruttoproduktionswertes in Österreich 86 Millionen Euro, der gesamte Effekt rund 133 Millionen Euro. Daraus leitet sich bei einem durchschnittlichen inländischen Wertschöpfungsanteil in den betreffenden Branchen in Höhe von 48 Prozent ein Rückgang der Bruttowertschöpfung von 64 Millionen Euro oder ein Minus von gerundet 0,02 Prozent der Bruttowertschöpfung in Österreich insgesamt ab.

3.     Im Tourismus geht man von einem Rückgang von 80 Prozent chinesischer Touristen aus. Dies würde ein Minus von 236 Millionen Euro bei den Gesamtausgaben chinesischer Touristen bedeuten. Dieser Wert korrespondiert mit einem Rückgang der direkten Bruttowertschöpfung in Österreich in Höhe von 124 Millionen Euro. Inklusive indirekter Effekte errechnet sich daraus ein Rückgang der Bruttowertschöpfung in Höhe von insgesamt 189 Millionen Euro beziehungsweise von 0,05 Prozent, (trend.at / 25.02.2020)

Wie einer Aussendung (OTS0135) vom 25. Februar 2020 zu entnehmen ist, hat der Handelsverband die möglichen Auswirkungen des Coronavirus auf den europäischen und österreichischen Einzelhandel analysiert und kommt zu folgenden Ergebnissen: „Eines ist bereits klar: Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie werden auch in Europa erheblich sein. Nach Bekanntwerden der jüngsten Zahlen zur Ausbreitung in China, Japan, Südkorea und zuletzt Italien sind die Aktienkurse seit Wochenbeginn eingebrochen. (...)

Lieferengpässe im Textil- & Elektrohandel befürchtet

Die Schäden durch Produktionsausfälle, gestörte Lieferketten sowie eingeschränkte Konsummöglichkeiten sind vor allem in China und Südkorea beträchtlich. Beide Länder sind wichtige Handelspartner für Österreich. Hinzu kommen vorübergehende Produktionsstopps, von denen auch heimische Unternehmen betroffen sind, die im Reich der Mitte fertigen lassen. (...)

Mittelfristig sind allerdings fast alle Branchen, Hersteller und Händler davon betroffen - seien es Möbel, Maschinenteile oder Medikamente. Auch für die europäische Futtermittelindustrie wird es schwieriger, weil einige Vitaminpräparate für Futtermittel knapp werden.

Neben einem effektiven Gesundheitsschutz für die Bevölkerung muss die österreichische Bundesregierung jetzt auch das wirtschaftliche Krisenmanagement für unsere Unternehmen stärker in den Fokus nehmen", sagt Handelsverband­Geschäftsführer Rainer Will.

Am 9. März 2020 forderte nunmehr der Handelsverband in einer Aussendung ein Stabilitätspaket für besonders stark betroffene Handelsunternehmen:

„Dazu sollten jedenfalls die Möglichkeit der Kurzarbeit durch Einplanung von Budgets, Kreditgarantien im Ausmaß von 100 Millionen Euro und die temporäre Bezuschussung zur Erfüllung von Mietverträgen gehören. (...)

Sowohl in Innenstädten als auch in Shoppingcentern ist das geänderte Konsumverhalten durch starke Frequenzrückgänge spürbar, die zu Umsatzeinbußen von teils über 30 Prozent führen. Betroffen sind Non-Food Händler quer durch alle Warengruppen. Ganz besonders im Mode-, Schuh- und Schmuckhandel, der auch auf die Kaufkraft von Touristen setzt. Gerade stationäre Händler mit Geschäftslokalen in Tourismus-Hotspots wie der Wiener Innenstadt bis zu Skiregionen in Tirol und Vorarlberg sind vom Rückgang ausländischer Besucher besonders stark betroffen. Einige heimische Händler verzeichnen zudem Verzögerungen von internationalen Lieferungen. Viele Container werden bereits jetzt mit einem Monat Verspätung avisiert. Bei der Luftfracht aus China ist der Preis für ein Kilogramm Textil sprunghaft von 80 Cent auf 17 Euro angestiegen. Ob die Lieferungen überhaupt aus den asiatischen Produktionsländern nach Europa gelangen, kann, selbst wenn man diesen Preis entrichtet, nicht garantiert werden.“ OTS0073, 9. März 2020

Neben den erwähnten Branchen stehen insbesondere Veranstalter, die vom nunmehr beschlossenen Verbot sämtlicher Veranstaltungen über 100 Personen in geschlossenen Räumen bzw. von Outdoor-Veranstaltungen über 500 Menschen betroffen sein werden bzw. durch bereits erfolgte Absagen betroffen sind, vor großen Schwierigkeiten, da der Anspruch auf Zuerkennung von Entschädigungszahlungen nicht klar zu sein scheint, wie unter anderem die Wiener Zeitung von 06.03.2020 berichtete:

„Im Gesundheitsministerium heißt es auf Anfrage: Sage der Veranstalter aus eigenem Antrieb das Event ab, gebe es keine Entschädigungspflicht nach dem Epidemiegesetz 1950. Laut Juristen des Ressorts gilt das auch für den Fall, dass die Veranstaltung behördlich abgesagt wird.

In die gleiche Kerbe schlägt Bußjäger. (Anm.: Professor für Verwaltungsrecht an der Universität Innsbruck) An der Situation ändere sich wenig, wenn die Veranstaltung durch die Behörden mittels Bescheid nach dem Epidemiegesetz untersagt worden wäre. So sehe das Gesetz zwar in Paragraf 15 vor, dass Behörden im Bedarfsfall alle Arten von Veranstaltungen untersagen können. Entsprechende Entschädigungszahlen dafür seien aber nicht festgeschrieben, so Bußjäger.(...)“

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der dargelegten Fakten und damit im Sinne der notwendigen Unterstützung der heimischen Unternehmen stellen die unterfertigten Bundesräte daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Wirtschaftsausschuss wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein Maßnahmenpaket auszuarbeiten, das geeignet ist, die negativen Auswirkungen infolge der Ausbreitung des Coronavirus auf die heimische Wirtschaft, insbesondere auf Handelsbetriebe, Gastronomie-, Freizeit- und Tourismusbetriebe sowie Unternehmen der Event- und Veranstaltungsbranche, unter anderem durch Umsetzung nachstehender Forderungen zu minimieren:

1.    Bereitstellung von unmittelbar 100 Millionen Euro und in weiterer Folge von einer Gesamtsumme bis zu einer Milliarde Euro an Förderungsmitteln seitens des AMS für den heimischen Arbeitsmarkt zur Abrufung, um Schäden an der österreichischen Volkswirtschaft abzuwenden

2.    Gewährung temporärer Zuschüsse für betroffene KMUs insbesondere im Handel, um Mietzahlungen bei einbrechenden Umsätzen leisten zu können

3.    Staatliche Haftungsübernahmen für bestehende Kredite / Bankenforderungen für KMUs und EPUs

4.    Steuererleichterungen bzw. vorübergehende Steuerbefreiungen, Zins­erleichterungen sowie Stundung laufender Finanzierungen als Überbrückung

5.    Sicherstellung von Entschädigungszahlungen für Veranstalter in Folge von Absagen von Veranstaltungen in Zusammenhang mit dem Coronavirus.“

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, diesen Antrag dem Wirtschaftsausschuss zuzuweisen.