1260/AB-BR BR
 
Die Bundesräte Univ. - Prof. Dr. Böhm, Mühlwert und Mag. Gudenus haben an mich
eine schriftliche Anfrage, betreffend Bandenbildung zum Zwecke der Tierquälerei,
gerichtet, und folgende Fragen gestellt:
"1. Ist Ihnen bekannt, wie viele Vorfälle von zu Tode gemarterten Tieren in den
einzelnen Bundesländern 1996,1997 und heuer
a) angezeigt wurden,
b) gerichtsanhängig waren,
c) zur Verurteilung führten?
2. Ist Ihnen bekannt, wie viele dieser Vorfälle vermutlich oder tatsächlich mit so -
genannten Satanskulten in Verbindung zu bringen sind?
3. Welche rechtliche Handhabe außer dem Tatbestand der Tierquälerei (§ 222
StGB) hat das österreichische Rechtssystem
a) der Tätigkeit innerhalb eines Satanskultes,
b) dem organisierten Martern und Töten von Tieren entgegenzusetzen?
 
4. Müssen erst statt Tieropfern Menschenopfer gebracht werden, bevor eine Ban -
de jugendlicher Satansjünger den Tatbestand der Bandenbildung erfüllt?
5. Werden Sie anläßlich der Überarbeitung des StGB bezüglich der Gewaltdelikte
an Kindern auch die Bandenbildung zum Zwecke der Tierquälerei mit schärfe -
ren Strafen versehen?"
Ich beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu 1 und 2:
Nach den aus Anlaß dieser Anfrage eingeholten Berichten der staatsanwaltschaftli -
chen Behörden wurden seit dem Jahr 1998 wegen insgesamt acht derartiger Vorfäl -
le Anzeigen gegen durchwegs jugendliche Personen erstattet. In fünf dieser Verfah -
ren stellten die Staatsanwaltschaften Leoben, Innsbruck, Feldkirch und beim Ju -
gendgerichtshof Wien Strafanträge wegen des Vergehens der Tierquälerei nach
§ 222 StGB, zum Teil auch wegen Sachbeschädigung nach § 125 StGB. In zwei
Fällen erfolgten Schuldsprüche (Feldkirch), in einem Fall ein Freispruch aus Beweis -
gründen (Jugendgerichtshof Wien), zwei dieser Verfahren sind noch nicht rechts -
kräftig abgeschlossen (Leoben und Innsbruck). Von den übrigen drei Verfahren en -
dete eines nach der Durchführung eines außergerichtlichen Tatausgleichs durch
Einstellung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 JGG (Staatsanwaltschaft
Eisenstadt), in einem weiteren Verfahren wird derzeit ein außergerichtlicher Tataus -
gleich versucht (Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis). In einem erst im März 1998
der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt angezeigten Fall ist die Ausforschung des
oder der Täter bisher nicht gelungen. Vier dieser Vorfälle dürften im Zusammenhang
mit Satanskulten gestanden sein.
Die Staatsanwaltschaft Wien konnte lediglich die Gesamtzahl der wegen Tier -
quälerei erstatteten Anzeigen bekanntgeben, und zwar:
1996:; gegen 111 bekannte und 43 unbekannte Täter;
1997:; gegen 149 bekannte und 31 unbekannte Täter;
1998 (bis 30.3.):; gegen 33 bekannte und 3 unbekannte Täter.
 
Eine Prüfung dieser Akten unter dem Gesichtspunkt, ob sie auch Fälle von zu Tode
gemarterten Tieren zum Gegenstand hatten, war der Staatsanwaltschaft Wien nicht
möglich, weil dies nur mit einem unvertretbaren Arbeitsaufwand zu bewerkstelligen
gewesen wäre. Auch die Frage, ob im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft
Wien Fälle von Tierquälerei im Zusammenhang mit Aktivitäten von Satanskulten
standen, kann daher nicht beantwortet werden.
Die Staatsanwaltschaften St. Pölten, Korneuburg, Krems an der Donau, Linz, Salz -
burg, Wels, Steyr, Graz und Klagenfurt haben Fehlberichte erstattet.
Zu 3a:
Tätigkeiten im Rahmen eines Satanskults sind nur insoweit strafrechtlich faßbar, als
sie einen gerichtlichen Straftatbestand verwirklichen. Zu denken wäre neben den in
der Anfrage angesprochenen Fällen von Tierquälerei etwa an die Vergehen der Her -
abwürdigung religiöser Lehren nach § 188 StGB, der Störung der Totenruhe nach
§ 190 StGB, der schweren Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs. 1 Z 1 und
2 StGB oder auch an die strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben.
Zu 3b. 4 und 5:
Die in der Anfragebegründung vertretene Auffassung, wonach Tierquälerei nicht als
Sachbeschädigung angesehen werden könne, trifft nicht zu. Vielmehr steht nach
einhelliger Ansicht (vgl. Leukauf/Steininger, StGB3 Rz 13 zu § 222 sowie Rz 2b zu
§ 125; Kienapfel, Grundriß des österreichischen Strafrechts, Besonderer Teil II3 Rz 9
zu § 125 explizit zur "neuen" Rechtslage; vgl. auch den von Mayerhofer/Rieder,
StGB4 E 13 zu § 125 nach wie vor gegebenen Hinweis auf die zuvor ergangene Ent -
scheidung) § 222 StGB auch nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die
Rechtsstellung von Tieren, BGBl.Nr. 179/1988, im Verhältnis der Konkurrenz zur
Sachbeschädigung nach § 125 StGB. § 285a ABGB bestimmt zwar, daß Tiere keine
Sachen sind und durch besondere Gesetze geschützt werden. Zugleich wird aber
angeordnet, daß die für Sachen geltenden Vorschriften auf Tiere insoweit anzuwen -
den sind, als keine abweichenden Regelungen bestehen. Mangels einer derartigen
Regelung genießen sie strafrechtlich weiterhin den Schutz als Sache auch im Sinn
 
der §§ 125, 126 StGB. Das Quälen eines Tieres ist daher nicht nur als Tierquälerei
gemäß § 222 StGB, sondern - sofern es sich um eine fremdes, also nicht im Allein -
eigentum des Täters stehendes Tier handelt - auch als Sachbeschädigung nach §
125 StGB strafbar. Unter der Voraussetzung, daß Akte der Tierquälerei zu einer
nicht bloß geringfügigen "Sachbeschädigung" fremder Tiere führen, käme daher bei
Vorliegen der sonstigen Tatbestandsmerkmale des § 278 Abs. 1 StGB auch eine
Verurteilung wegen Bandenbildung in Betracht.
Die in Relation zu anderen Rechtsgütern innerhalb des Systems der Strafdrohungen
des Strafgesetzbuchs durchaus nicht niedrige Strafdrohung für Tierquälerei nach
§ 222 Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 360 Ta -
gessätzen) und die allenfalls mögliche Strafbarkeit wegen Bandenbildung nach
§ 278 StGB erscheinen aus kriminalpolitischer Sicht auszureichend. Die geplante
Verschärfung der Bestimmungen über den sexuellen Mißbrauch von Kindern stellt
meines Erachtens keinen Anlaß für Änderungen im Bereich der Bestimmungen über
die Tierquälerei dar.