1957/AB-BR/2004

Eingelangt am 02.02.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

 

Die schriftliche Anfrage Nr. 2139/J-BR/2003 betreffend Neugestaltung der Wegekostenrichtlinie, die
die Bundesräte Jürgen Weiss und KollegInnen am 18. Dezember 2003 an mich gerichtet haben,
beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Frage:

In welcher Weise werden Sie die in der Entschließung des Vorarlberger Landtages ausgedrückten
Anliegen vertreten?

ad 1:

Die Bundesregierung möge ein klares Bekenntnis zu einer Querfinanzierung alternativer
Maßnahmen zur Entlastung des Straßenverkehrs, insbesondere der Verbesserung der
Bahninfrastruktur aus den Mauteinnahmen der Straße abgeben.

Antwort:

Die im Weißbuch der Kommission und in Grundsätzen auch im Vorschlag zur Änderung der
Wegekostenrichtlinie enthaltene Möglichkeit, in sensiblen Gebieten Zuschläge zu Mautgebühren
zwecks Querfinanzierung („Anschubfinanzierung") alternativer Verkehrsinfrastrukturen im selben
Korridor zu erheben, wird generell unterstützt, allerdings lässt der derzeit vorliegende RL-Text
noch sehr viele Fragen dazu offen (siehe auch Antwort zu Punkt 3c).

ad 2:

Die Bundesregierung möge sich im Rahmen der Überarbeitung der Wegekostenrichtlinie dafür
einsetzen, dass ein harmonisierter, europaweit gültiger Mindesttarif für schwere Nutzfahrzeuge in
jener Höhe eingeführt wird, damit er auch als Lenkungsinstrument zur Lösung der
Transitproblematik im Alpenraum wirksam wird;

Antwort:

Die Einführung eines Mindesttarifes für schwere Nutzfahrzeuge in ganz Europa würde eine
Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Anwendung von Maut- oder Gebührensystemen
voraussetzen. Gerade das ist aber keinesfalls Zielsetzung dieser Richtlinie und würde einen
schwerwiegenden Eingriff in die Subsidiarität der Mitgliedstaaten bedeuten. Mitgliedstaaten,


die solche Systeme aus eigener Entscheidung anwenden wollen, unterliegen aber den
Bestimmungen der Richtlinie.

ad 3:

Die Bundesregierung möge bei den zuständigen Ministern dafür eintreten, dass der vorliegende
Entwurf der Wegekostenrichtlinie nach folgenden Gesichtspunkten abgeändert wird:

a) externe Kosten, wie beispielsweise Gesundheits- und Umweltkosten, müssen bei der
Berechnung der Mauthöhe internalisiert werden können;

b) die Definition des Anwendungsbereiches der Wegekostenrichtlinie ist so klarzustellen, dass
über das Transeuropäische Straßennetz hinaus ohne Einschränkungen sowohl die vom
Ausweichverkehr gefährdeten Straßenabschnitte bemautet werden können, als auch die
Einführung einer leistungsabhängigen und für das gesamte öffentliche Straßennetz geltenden
Schwerverkehrsabgabe, z.B. nach Schweizer Vorbild, möglich wird.

c) die Mautgebühren für eine Querfinanzierung sind hinsichtlich der möglichen Höhe der
Zuschläge und der inhaltlichen Abgrenzung flexibler zu gestalten;

d) die Möglichkeiten der Querfinanzierung müssen in dem Sinne ausgeweitet werden, dass neben
der Verbesserung der Bahninfrastruktur auch alternative Maßnahmen zur Entlastung des
Straßenverkehrs oder Umweltschutzmaßnahmen finanziert werden können;

e) die fehlende Definition von sensiblen Gebieten ist für den Alpenraum mit dem Geltungsbereich
der Alpenkonvention als territoriales Abgrenzungskriterium zu ergänzen und klarzustellen;

f) im Anhang III ist die Zuordnung der leichten und schweren LKWs zu den Schadensklassen, die
für die Tarifbildung u.a. maßgebend sind, zu ändern;

Antwort:

Die Einrechnung externer Kosten wurde seitens Österreichs in der Ratsarbeitsgruppe
„Landverkehr" der Europäischen Kommission bereits mehrfach deponiert; eine Einigung innerhalb
der Mitgliedstaaten ist derzeit nicht in Sicht.

Zur Definition des Anwendungsbereiches der RL ist festzustellen, dass diese gegenwärtig
eine den Bestimmungen der Richtlinie unterliegende Mauteinhebung auf dem sog.
Hauptstraßennetz vorsieht (TEN+Straßen mit Ausweichverkehr). Darüber hinaus soll es den
Mitgliedstaaten unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des EU-Vertrages (z.B.
Nichtdiskriminierung) freigestellt sein, auch alle anderen, nicht zum Hauptstraßennetz zählenden,
Straßen zu bemauten.

Ein Vergleich mit der Schweiz ist allerdings insofern problematisch, da die Schweiz zum einen kein
EU Mitglied ist und zum anderen die Schweizer LSVA (leistungsabhängige
Schwerverkehrsabgabe) eine von der für die gesamte Schweiz zuständigen Zollverwaltung
eingehobene öffentlichrechtliche Abgabe („Kilometersteuer") ist, während es sich bei der Maut in
Österreich um ein privatrechtliches Benutzungs-/Leistungsentgelt handelt.

Einer Verwendung von Mauteinnahmen zu einer erweiterten Querfinanzierung kann nur dann
zugestimmt werden, wenn es sich um Zuschläge zum Mauttarif handelt, die über die eigentliche


Infrastrukturkostendeckung der Mautstraßen hinausgehen. Andernfalls würden die für die
Erhaltung und den Betrieb des Straßennetzes und die Erfüllung der Finanzierungsverpflichtungen
unbedingt notwendigen Beträge fehlen und die Aufrechterhaltung des eigenen vom Bundesbudget
unabhängigen Finanzierungskreises der ASFINAG gefährdet sein. Es wird dabei auch davon
abhängen, inwieweit die von der EK beanstandeten Mauttarife, insbesondere auf einigen
Sondermautstrecken, weiterhin zur Anwendung gelangen können.

Hinsichtlich der Definition sensibler Gebiete wurde seitens Österreichs vorgeschlagen, dass den
Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, auf Basis objektiver umweltbezogener
Aspekte unterschiedliche Klassen sensibler Gebiete festzulegen. In diesem Zusammenhang sollte
auch eine umfassende Definition möglicher sensibler Gebiete selbst in die Richtlinie aufgenommen
werden. Weiter wird zur Berücksichtigung der stetigen Erhöhung des Verkehrsaufkommens die
Möglichkeit der Einhebung von Zuschlägen im Ausmaß der Aufkommenserhöhung auf den
betreffenden Achsen des Straßennetzes zur Diskussion gestellt werden.

Die im Richtlinienentwurf vorgenommenen Fahrzeugzuordnungen zu den Schadensklassen im
Anhang
III sind nur schwer nachvollziehbar und bedürfen einer Überarbeitung durch die
Kommission. Ein Punkt, der auch in den Sitzungen der Ratsarbeitsgruppe bereits mehrfach
angesprochen worden ist; eine Entscheidung darüber ist jedoch derzeit - wie auch zu den
Problembereichen „Externe Kosten" und „sensible Gebiete" - noch nicht in Sicht.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass seitens meines Ressorts hinsichtlich des Großteils
der Forderungen des Vorarlberger Landtages Konsens besteht und diese Forderungen bei den
Verhandlungen mit der Europäischen Kommission vertreten werden.