1985/AB-BR/2004

Eingelangt am 27.05.2004
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

 

Anfragebeantwortung

DER  BUNDESMINISTER

           FÜR  JUSTIZ

 

         7107/1-Pr 1/2004

 

An den

Herrn Präsidenten des Bundesrates

W i e n

 

zur Zahl 2166/J-BR/2004

 

Die Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Studien, Rechtsgutachten und ähnliche Arbeiten“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 5:

Im Zug der rechtspolitischen Diskussion zur Frage einer verpflichtenden (externen) Rotation des Abschlussprüfers hat das Bundesministerium für Justiz Herrn o. Univ.-Prof. Dr. Peter Doralt mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, für das ein Honorar von 3.500 Euro vereinbart wurde. Das Gutachten wurde im November 2003 zu dem vereinbarten Thema und Titel: „Gutachten zur Frage der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, insbesondere zu den Vor- und Nachteilen der externen Rotation“ fertig gestellt. Es wurde zur Vorbereitung eines Expertenhearings im Bundesministerium für Justiz am 18. November 2003 allen interessierten Stellen und Personen zur Verfügung gestellt.

Das Regierungsprogramm der Österreichischen Bundesregierung sieht eine „Studie, inwieweit Ehegatten im Scheidungsverfahren vor Übervorteilung geschützt werden können, mit nachfolgender parlamentarischer Enquete“ vor. Zur Durchführung der Studie hat das Bundesministerium für Justiz dem Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie und der Karmasin Marktforschung Aufträge erteilt. Die Ergebnisse liegen noch nicht vor und sollen nach dem Regierungsprogramm in einer parlamentarischen Enquete diskutiert werden.

Das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 19/2004, mit dem die Strafprozessordnung 1975 neu gestaltet wird (Strafprozessreformgesetz), hat in seiner Entstehung eine Reihe von verfassungsrechtlichen Fragen aufgeworfen. Vor allem die Leitung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaften (Abschaffung der gerichtlichen Voruntersuchung) und das einheitliche Rechtsschutzsystem (Beschwerden gegen Akte der Kriminalpolizei an das Gericht) waren auf ihre Vereinbarkeit mit dem Anklagegrundsatz nach Art. 90 Abs. 2 B-VG und dem Grundsatz der Trennung der Verwaltung von der Justiz nach Art. 94 B-VG zu prüfen.

Aus diesem Grund hat das Bundesministerium für Justiz im Juni 2002 beim Institut für Staats- und Verwaltungsrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien ein Rechtsgutachten auf Basis der Regierungsvorlage betreffend den Entwurf eines Strafprozessreformgesetzes (1165 BlgNR XXI.GP) in Auftrag gegeben.

Das Gutachten „Verfassungsrechtliche Beurteilung des Entwurfes eines Strafprozessreformgesetzes (Neugestaltung des Vorverfahrens)“, wurde von o. Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian FUNK und o. Univ.-Prof. Dr. Theo ÖHLINGER im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit des Instituts für Staats- und Verwaltungsrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien zu einem Pauschalhonorar von 16.000 Euro inklusive allfällig zu entrichtender Umsatzsteuer erstellt und ist am 6. September 2002 dem Bundesministerium für Justiz überreicht worden.

Das Gutachten wurde auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz (http://www.justiz.gv.at/broschueren/download/stporeform_gutachten_902.pdf) sowie als Band 112 der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Justiz unter dem Titel „Strafprozessreform und Verfassungsrecht“ veröffentlicht. Es war auch Gegenstand der Beratungen des vom Justizausschuss zur Vorbehandlung der Regierungsvorlage betreffend den Entwurf eines Strafprozessreformgesetzes, 25 BlgNR, eingesetzten Unterausschusses, dem die Gutachter als Experten beigezogen wurden.

Im Zuge der Vorarbeiten für die Vorverfahrensreform (Strafprozessreform 2003) musste im Hinblick auf die Diskussionen im parlamentarischen Unterausschuss zur exakten Personalbedarfsplanung und zur Gewinnung einer objektiven, empirisch untermauerten Grundlage für Verhandlungen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen eine Studie zur Ablaufoptimierung und Kapazitätsbedarfsrechnung für die neue Strafprozessordnung vergeben werden. Diese wurde auftragsgemäß von der Firma ROI gemeinsam mit dem Subauftragnehmer Hon.-Prof. Leo W. Chini durchgeführt. In dem nach einem Vergabeverfahren gemäß § 26 Abs. 4 BVergG geschlossenen Werkvertrag wurde ein Gesamthonorar von 148.500 Euro vereinbart. Die Ergebnisse der Studie waren Gegenstand der Beratungen zum Strafprozessformgesetz 2003.

Das Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie (Univ.-Doz. Dr. Arno Pilgram/Isabella Hager) wurde im Jahre 2002 mit der Erstellung einer Studie mit dem Titel „Lokalisierung und Leistungsangebote von (Verbrechens-)Opferhilfeeinrichtungen in Österreich“ beauftragt. Für die im selben Jahr abgenommene Studie hat das Bundesministerium für Justiz den Verfassern eine Förderung in der Höhe von 6.932 Euro gewährt.

Diese Studie wurde im Zuge der Beantwortung einer Anfrage der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen, zum Thema „Förderung von Opferhilfeeinrichtungen und Auswirkungen der Strafprozessnovelle 1999 [1077/J (XXII. GP)]“, zitiert und gelangte dabei auszugsweise zur Veröffentlichung (vgl. unter http://www.parlament.gv.at/portal/page?_pageid=908,149313&_dad=portal&_schema=PORTAL).

Weiters hat o. Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer ein Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit des im Artikel VII des Entwurfes eines Steuerreformgesetzes 2005 vorgeschlagenen „Pauschalabgabegesetzes“ erstattet, das noch nicht abgerechnet worden ist.

Im Jahr 2001 erging an das Ludwig Boltzmann-Institut für Menschenrechte (Ass.-Prof. Dr. Hannes Tretter) der Auftrag zur Erstellung einer Studie mit dem Titel „Rechtliche Bestimmungen zum Schutz und zur Unterstützung von Gewaltopfern in Österreich“. Für die im selben Jahr abgenommene Studie wurde den Verfassern vom Bundesministerium für Justiz eine Förderung in der Höhe von 9.447,47 Euro gewährt.

Die Studie ist über die Homepage der Universität Wien unter http://www.univie.ac.at/bim/download/Bericht_Opferschutz.pdf der Öffentlichkeit zugänglich.

O. Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer erstellte im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz Rechtsgutachten zur Frage, ob ein zurückgezogenes Bewerbungsgesuch eines Richters durch „Zurückziehung der Zurückziehung“ wieder aufleben kann sowie zur Frage der verfassungsrechtlichen Bindungswirkung von Beschlüssen der Bundesregierung.

Für die im Jahr 2003 abgenommenen beiden Rechtsgutachten wurde in Summe ein Honorar von 2.400 Euro zur Anweisung gebracht.

Über Auftrag erstellte o. Univ.-Prof. Dr. Michael Holoubek ein im Jahr 2003 abgenommenes Gutachten zur Frage der „Rechtsgültigkeit des Nachtrages vom 2. Jänner 2001 zum Mietvertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesimmobiliengesellschaft mbH vom 6. Dezember 2000“, welches mit 3.600 Euro entlohnt wurde.

O. Univ.-Prof. Dr. Heinz Krejci hat für das Bundesministerium für Justiz im Jahr 2003 eine gutachtliche Stellungnahme zur rechtlichen Zulässigkeit von Nebenbeschäftigungen von Richtern erstattet. Für diese gutachtliche Stellungnahme wurde eine Honorarnote über Euro 1.200 gelegt und beglichen.

Von einer Publikation dieser zuletzt genannten Rechtsgutachten wurde Abstand genommen, weil es sich dabei um Arbeiten ohne spezifisches öffentliches Interesse handelt, die die Klärung interner Fragen unterstützen sollten.

Zur Vorbereitung der im Jahr 2003 abgehaltenen Internationalen Medienenquete mit dem Titel „Medienkonzentration und Kontrollmechanismen in Europa: Rechtstatsachen, Rechtsinstrumente, Rechtsberufe“ erging an das Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien, vertreten durch den Institutsvorstand o. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang R. Langenbucher, der Auftrag zur Durchführung eines vergleichenden Forschungsvorhabens innerhalb der Staaten der EU über „Medienkonzentration – Kontrollmechanismen“. Diese Forschungsarbeit wurde im Jahr 2003 fertiggestellt und abgenommen und mit einer fixen Pauschalvergütung von 11.800 Euro abgegolten.

Die Ergebnisse der Forschungen wurden in der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Justiz, Folge 116, veröffentlicht.

Weiters ist die Errichtung einer Datenbank betreffend "Wehrmachtsdeserteure" zu erwähnen. Im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 14. Juli 1999, wonach alle Urteile der nationalsozialistischen Militärgerichtsbarkeit gegen Österreicher von Amts wegen aufzuheben und die dafür notwendigen Mittel zur Auffindung der Opfer und Hinterbliebenen und die Aufarbeitung der NS-Militärgerichtsakten bereitzustellen sind, hatte das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur einen entsprechenden Forschungsauftrag zur historischen Aufarbeitung der Verurteilungen von Österreichern durch die nationalsozialistische Militärgerichtsbarkeit an das Institut der für Staatswissenschaft der Universität Wien vergeben.

Mit Bescheid vom 22. Jänner 2002 hat die Datenschutzkommission dem Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien unter Beachtung bestimmter Nebenbestimmungen die Genehmigung zur Verwendung sensibler und anderer personenbezogener Daten betreffend österreichische Opfer der nationalsozialistischen Militärgerichtsbarkeit für Zwecke historischer Forschung erteilt. In diesem Zusammenhang hat das Bundesministerium für Justiz das Institut für Staatswissenschaft mit der Errichtung einer einschlägigen Datenbank beauftragt. Gegenstand des Werkvertrages war die Errichtung einer Datenbank mit personenbezogenen Informationen über österreichische Staatsbürger, die von der deutschen Militärgerichtsbarkeit in den Jahren 1938 bis 1945 verurteilt wurden. Die Datenbank umfasst die Namen der Personen, die Delikte, den damaligen Wohnsitz, das Geburtsdatum, das Urteilsdatum und das Urteilsgericht. Diese Leistungen wurden im Rahmen des für das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur an den Auftragnehmer erteilten Forschungsauftrags erbracht und daher vom Bundesministerium für Justiz nicht mehr gesondert honoriert.

Diese Datenbank steht dem Bundesministerium für Justiz seit Februar 2003 zur Auswertung zur Verfügung. Im Hinblick auf deren Inhalt (personenbezogene sensible Daten) ist diese Datenbank der Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Die Firma ROI Seidel Management Consulting AG wurde nach § 27 Abs. 1 BVergG beauftragt, für das Bundesministerium für Justiz eine Studie zu Berechnung des richterlichen Personal­bedarfs für vorgegebene Zielwerte zur Verfahrensbeschleunigung in Zivilsachen zu erstellen. An fälligem Honorar wurden CHF 33.674,-- zur Anweisung gebracht.

Die Ergebnisse der Studie wurden am 21. April 2004 im Rahmen einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt.

Letztendlich hat das Bundesministerium für Justiz zwar im Bereich des Strafvollzuges keine extra dotierten Studien im Sinne der Anfrage bestellt, allerdings sind eine Vielzahl von Arbeiten im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung und der projektbegleitenden Evaluierung im Bereich des Straf- und Maßnahmenvollzuges in Zusammenarbeit mit universitären Einrichtungen oder ressortintern in Auftrag durchgeführt worden. Solche Studien wurden insbesondere zu medizinisch-therapeutischen Themen durchgeführt.

Hier wären nur beispielhaft folgende wissenschaftliche Studien zu erwähnen:

Dr. Reinhard Eher:                   Evaluierung und wissenschaftliche Begleitforschung im Rahmen der Tätigkeit als Leiter der Begutachtungsstation für Sexualdelinquenten der Justizanstalt Mittersteig, Außenstelle Floridsdorf

Dr. Patrick Frottier:                  Evaluierung und wissenschaftliche Begleitforschung im Rahmen der Tätigkeit als Leiter der Begutachtungsstation für Untergebrachte gemäß § 21 Abs. 2 StGB der Justizanstalt Mittersteig

Ao. Univ.-Prof. Dr. Hans Schanda: Evaluierung und wissenschaftliche Begleitforschung im Rahmen der Tätigkeit als ärztlicher Leiter der Justizanstalt Göllersdorf

 

Institut für

Kriminalsoziologie:                  Prognose zur Kriminalitätsentwicklung aus Anlass der Belagssituation in österreichischen Justizanstalten

Institut für Strafrecht

der Universität Wien:               Zur Bewährung der Vermittlung gemeinnütziger Leistungen im Rahmen diversioneller Maßnahmen

 

Die genannten Arbeiten im Wirkungsbereich der Strafvollzugsverwaltung stellen die notwendige Verknüpfung der Vollzugspraxis mit der Wissenschaft dar und dienen der Fortentwicklung der Vollzugsstandards.

Die projektbegleitenden Evaluierungsstudien und wissenschaftlichen Abhandlungen zu aktuellen Vollzugsthemen stehen der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung und sind teilweise in der einschlägigen Fachliteratur veröffentlicht worden.

Beratungsaufträge im Zuge von Reformprojekten enthalten zum Teil Analysen. Ich gehe davon aus, dass solche Analysen als Teil des Beratungsauftrages nicht vom Umfang der Anfrage umfasst sind.

 

. Mai 2004

 

(Dr. Dieter Böhmdorfer)