1996/AB-BR/2004

Eingelangt am 02.06.2004
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BM für Finanzen

 

Anfragebeantwortung

 

GZ 04 0301/11-I/4/04

Herrn Präsidenten

des Bundesrates

Jürgen Weiss

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Bundesräte Wolfgang Schimböck und Kollegen, Nr. 2174/J‑BR, vom 2. April 2004, betreffend Auswirkungen der Steuerreform auf kleine Unternehmungen, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend möchte ich feststellen, dass die kleinen und mittleren Unter­nehmen das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft bilden und daher ein besonderes Anliegen der österreichischen Bundesregierung sind. Sie hat daher bereits in der Vergangenheit eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, die schwerpunktmäßig kleinen und mittleren Unternehmen zugute kommen, wie etwa die begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne, die Senkung der Lohnnebenkosten, die Abschaffung der USt-Sonder­vorauszahlung, die Lehrlingsprämie usw. Ganz allgemein sichert die Steuerreform 2004/2005 als größte Steuerreform der zweiten Republik den Wirtschaftsstandort Österreich und schafft zusätzliche Arbeitsplätze. Dies kommt selbstverständlich auch und vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen zugute.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die in der vorliegenden Anfrage erfolgte Gleichsetzung von Unternehmen mit Mindest­körperschaftsteuer (MindestKöSt) und kleinen Unternehmen nicht zutrifft, da bei den Nullfällen (= Fälle mit MindestKöSt) viele mittlere und große Unternehmen aufscheinen, die auf Grund von aktuellen wirtschaftlichen (konjunkturellen) Problemen, Verlustvorträgen vergangener Jahre oder speziellen Abzügen (Abschreibungen, Freibeträge) keinen Gewinn ausweisen.

 

Es ist festzuhalten, dass die MindestKöSt seinerzeit unter einem sozial­demokratischen Finanzminister eingeführt wurde, um zu gewährleisten, dass auch bei Ausnützung aller Möglichkeiten den steuerlichen Gewinn zu reduzieren ein Mindestausmaß an Steuer zu entrichten ist. Da diese Steuer in späteren Gewinnjahren gegen die tatsächliche Steuer verrechnet werden kann, tritt im Normalfall keine Besteuerung über 34 % ein.

 

Die Bundesregierung hat bereits durch die Abschaffung der 13. Umsatz­steuervorauszahlung bewiesen, dass die Sinnhaftigkeit von Regelungen hinterfragt wird und entsprechende Gegensteuerungsmaßnahmen gesetzt werden. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen geht von der MindestKöSt kein fataler Effekt aus, wie dies in der Anfrage dargestellt wurde. Man ist jedoch gerne bereit bei zukünftigen Reformen das Thema der MindestKöSt nochmals eingehend zu behandeln.

 

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass kleinere Gesellschaften, bei denen der Gewinn die Hauptgrundlage des Lebensunterhalts der Gesellschafter ist, eher selten bei den Nullfällen zu finden sind. Das bedeutet, dass viele von ihnen einen steuerpflichtigen Gewinn aufweisen und daher direkt von der Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 34% auf 25% profitieren.

 


Zu 1.:

Die Anzahl der Nullfälle schwankt - abhängig von der Konjunkturentwicklung und von den Gewinnermittlungsregeln – von Jahr zu Jahr ziemlich stark und liegt etwa zwischen 53 % und 70 % von rund 90.000 Fällen.

 

Zu 2.:

Da im Normalfall nicht anzunehmen ist, dass ein Unternehmen auf Dauer Verluste macht, ist durch die Verrechenbarkeit der MindestKöSt gewähr­leistet, dass auch diese Fälle letztlich von der Tarifsenkung profitieren.

 

Zu 3.:

Durch die Senkung der Körperschaftsteuer erfolgt die Entlastung von Unternehmen, die gesamt ein KöStvolumen von 4.300 Mio. € erbringen. Der Anteil der 100 größten KöSt-Zahler (ohne Oesterreichische Nationalbank) liegt bei etwa 30 % des Aufkommens, wobei hier naturgemäß deutlich größere Schwankungen auftreten als bei den Gesamtzahlen. Falls ihr Anteil am Gewinn aller Körperschaften in den Jahren ab 2005 gleich hoch bleibt, würden sie durch die KöSt-Senkung etwa 300 – 350 Mio. € gewinnen.

 

Zu 4.:

Da es sich bei der Einkommensteuer um eine Personensteuer handelt, kommt die Begünstigung für den nicht entnommenen Gewinn nicht den Unternehmen, sondern den Einkommensteuerpflichtigen zugute.

 

Die Begünstigung kann zwar ohne Gewinn aus Gewerbebetrieb (im Jahr 2000 waren dies ca. 30.000 Fälle) nicht in Anspruch genommen werden, doch ist eine Inanspruchnahme schon bei kleinen Gewinnen sehr wohl möglich, falls Einkünfte aus verschiedenen Quellen bezogen werden. Wie die Steuerstatistik für das Jahr 2000 zeigt, ist dies auch sehr häufig der Fall. So beziehen z.B. etwa zwei Drittel der Fälle mit gewerblichen Einkünften unter 8000 € auch Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit. Somit könnten grundsätzlich annähernd 150.000 Einkommensteuerpflichtige die Begünstigung in Anspruch nehmen.

Zu 5.:

Kleine Unternehmer, deren gesamter Gewinn für den privaten Konsum verwendet wird, werden – wie auch die Arbeitnehmer und Pensionisten mit kleinen Einkommen – überproportional durch die Einkommensteuer­tarifreform und gegebenenfalls durch die Kinderzuschläge zum Allein­verdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrag profitieren, wobei Selbständige mit Einkommen um 10.000 € mit bis zu über 800 € weniger Einkommensteuer sogar etwas stärker entlastet werden als andere Gruppen. Bei Alleinerziehern und Alleinverdienern mit Kindern gibt es darüber hinaus eine zusätzliche Entlastung von 130 € für das erste, 175 € für das zweite und 220 € für jedes weitere Kind, was z.B. bei drei Kindern immerhin 525 € jährlich ausmacht. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen besteht daher diesbezüglich keine Notwendigkeit für spezielle steuerliche Maßnahmen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Karl-Heinz Grasser eh.