2001/AB-BR/2004

Eingelangt am 14.06.2004
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BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur

 

Anfragebeantwortung

 

GZ 10.001/6-III/4a/04

 

 

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Jürgen Weiss

Parlament

1017 Wien

 

         Wien, 14. Juni 2004

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2179/J-BR/2004 betreffend TOP 14 der Tagesordnung der Ministerratssitzung vom 14. April 2004, die die Bundesräte Prof. Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen am 14. April 2004 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Ad 1.:

Der gegenständliche Bericht hat folgenden Inhalt:

„Seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union wird unser Bildungssystem an interna­tionalen Standards gemessen. Unser Land hat dem durch einen Ausbau des Fremdsprachenerwerbs in allen Schularten (Englisch in der Volksschule ab der 1 . Schulstufe, vermehrte Französisch-Angebote in den Gymnasien, eine größere Angebotspalette an Sprachen ab der 10 Schulstufe, vor allem Italienisch und Spanisch) und zahlreiche Kooperationsprojekte mit Schulen in EU-Staaten Rechnung getragen.

 

Internationale wissenschaftliche Vergleiche der Bildungssysteme haben ergeben, dass in Staaten, in denen eine systematische Rechenschaftslegung über Ergebnisse von Bildung erfolgt, höhere Leistungen erreicht werden. Diesen Gedanken hat das Regierungsübereinkommen dadurch aufgegriffen, dass es für den Bereich Schulentwicklung und Qualitätssicherung die Standarderarbeitung als zen-
trales Anliegen festlegt. Mit den Bildungsstandards werden neue Formen der Vergleichbarkeit von Lernergebnissen etabliert, die nicht nur den aktuellen Stand verlässlich beschreiben, sondern auch Hinweise auf notwendige Weiterentwicklungen für das Bildungssystem zeitnah liefern können. Damit erfolgt eine Erweiterung der Bewertungsgrundlagen von Bildungseinrichtungen von einer ausschließlichen Inputorientierung hin zur Bewertung des Outputs.

 

Aus diesem Grund legt das BMBWK besonderen Wert auf die Entwicklung und Einführung von bundesweit geltenden Bildungsstandards.

Funktion und Entwicklung von Bildungsstandards:

Die auf breiter Basis von Fachdidaktikern und Schulpraktikern erarbeiteten und mit den Experten der Zukunftskommission abgestimmten Eckpunkte für die Erstellung von Bildungsstandards sind:

 

·         Bildungsstandards legen fest, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler bis zu den Nahtstellen vierte Klasse Volksschule und vierte Klasse Hauptschule oder Gymnasium nachhaltig erworben haben sollen und zwar in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch.

·         Sie konzentrieren sich dabei auf die Kernbereiche eines Unterrichtsfaches und beschreiben die erwarteten Lernergebnisse. Dabei werden auch fachliche und fachübergreifende Basisqualifikationen definiert, die für die weitere schulische Bildung bzw. berufliche Ausbildung von Bedeutung sind. Neben der Feststellung von Wissen werden auch die Kompetenz zur Anwendung des Gelernten und die Fähigkeit verwandtes Wissen in die Lösung von Aufgabenstellungen einzubeziehen bewertet.

·         Nach eingehender Diskussion wurde festgelegt, dass die den Bildungsstandards entspre­chenden Aufgabenstellungen auf jenem Niveau formuliert werden, das von der großen Mehrheit der Klasse problemlos erreicht werden kann.

·         Da die Bildungsstandards sich auf den Kernbereich des bestehenden Lehrplans beziehen, bleibt für die Lehrerinnen und Lehrer genügend Freiraum, um Schülerinnen und Schüler mit Lernschwächen ebenso intensiv individuell zu fördern wie besonders Begabte.

·         Durch die verbindliche Verordnung und das regelmäßige Messen der Bildungsstandards soll eine pädagogisch wirksame Rückmeldestrategie entstehen, die Lehrern, Eltern und Schülern Auskünfte über die Bildungsergebnisse und deren Veränderungen gibt. Die Ergebnisse sollen zu einer vermehrten Information von Eltern und Schülern über die berufsbezogenen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie zu einer Beratung über individuelle Verbesserungsstrategien beitragen.

·         Die Ergebnisse der Standardüberprüfungen stellen kein Mittel zur Leistungsbeurteilung der Schülerinnen und Schüler im Sinne der Leistungsbeurteilungsverordnung dar.

·         Die Ergebnisse der Standardüberprüfungen sind keine Leistungsfeststellung der Lehrerinnen und Lehrer. Sie bedeuten jedoch eine wichtige Rückmeldung zur Unterrichtsarbeit, die, falls erforderlich, zu Veränderungen in der unterrichtsmethodischen und didaktischen Gestaltung führen muss.

·         Auf der Basis der Überprüfungen erfolgt kein Ranking der Schulen durch die Schulver­waltung. Es werden jedoch damit Beiträge zum Leistungsvergleich der Schulen geleistet.

·         Die Pädagogischen Akademien und die universitäre Lehramtsausbildung haben die erarbeiteten Bildungsstandards in die Ausbildungsmodule einzubeziehen. Die Pädagogischen Institute werden im Rahmen ihrer Lehrerfortbildung einen Schwerpunkt zur Umsetzung der Bildungsstandards verankern.

·         Auf der Basis der Bildungsstandards können die Ergebnisse der Bildungsarbeit in einem 3-Jahres-Rhythmus durch ein breit angelegtes Bildungsmonitoring, das mittels anonymi­sierter Stichproben erfolgen wird, festgestellt werden.

 

Durchführungsschritte:

·         Seit zwei Jahren arbeiten Fachexperten aus Fachdidaktik, Schulpädagogik und Schulpraxis an der Entwicklung methodisch hochwertiger und praxisnaher Bildungsstandards.

·          Zur Umsetzung wurde dabei eine Steuerungsgruppe aus Vertretern des Ministeriums, der Schulverwaltung, der Schulaufsicht in den Bundesländern, der Wissenschaft und des Zentrums für Schulentwicklung eingerichtet.

·         Die ersten Entwürfe werden seit Herbst 2003 an 18 Pilotschulen der 8. Schulstufe, seit dem Sommersemester 2004 auch an Volksschulen erprobt (Pilotphase 1).

·         Ende April 2004 werden die Bildungsstandards in Mathematik (8. Schulstufe) präsentiert In der Folge werden zunächst die Bildungsstandards für Englisch und Deutsch in der 8. Schulstufe und danach die Bildungsstandards für die 4. Schulstufe folgen.

·         Ab dem Herbst 2004 wird in einer zweijährigen Pilotphase II an etwa 100 Schulen in allen Bundesländern erprobt, ob die erarbeiteten Bildungsstandards den Ansprüchen der einfa­chen Anwendbarkeit und der Validität der Ergebnisse entsprechen. In dieser Erprobungs­phase können die Lehrplanarbeit, die Schulentwicklung und die Lehreraus- und -fortbildung auf diese neue Orientierung hin ausgerichtet werden.

·         In allen Bundesländern werden Informationsveranstaltungen über die vorgesehenen Maß-nahmen zur Implementierung der Bildungsstandards durchgeführt.

·         Nach der Auswertung der Pilotphase II und der Rückmeldungen erfolgt die endgültige Festlegung der Bildungsstandards für die vierte und achte Schulstufe. Diese sind dann feststehender Bestandteil des Unterrichts.

·         Ab dem Schuljahr 2008 sind jährlich verbindliche Standardüberprüfungen für Schülerinnen und Schüler der vierten und achten Schulstufe vorgesehen (30 % der Schülerpopulation, je 10 % in den genannten Fächern).“

 

Ad 2.:

Im Rahmen der Ministerratssitzung vom 14. April 2004 hat keine inhaltliche Diskussion über den vorgelegten Bericht stattgefunden.

 

Ad 3. und 4.:

Der Bericht wurde entsprechend meinem Antrag von der Bundesregierung zur Kenntnis genommen.

 

Die Bundesministerin:

 

E. Gehrer eh.