2079/AB-BR/2004

Eingelangt am 29.12.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

Anfragebeantwortung

Auf die schriftliche Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen vom
5. November 2004, Nr. 2268/J-BR/2004, betreffend Bekämpfung des Feuerbrandes im Obst-
bau, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

Einleitend ist festzuhalten, dass in der Verordnung (EG) Nr. 1490/2002 der Kommission vom
Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft dringend abgeraten wird, wobei der Wirkstoff
Streptomycin ausdrücklich genannt wird.

Zur rechtlichen Situation auf EU-Ebene ist weiters anzumerken, dass der Wirkstoff Streptomy-
cinsulfat nicht notifiziert wurde, d.h. kein Antragsteller Interesse an einer Aufnahme des Wirk-
stoffes Streptomycin in den Anhang
I der Richtlinie 91/414/EWG hatte und daher auch keine
Unterlagen für eine umfassende Bewertung eingereicht wurden. Aufgrund der Entscheidung
2004/129/EG vom 30.1.2004 über die Nichtaufnahme bestimmter Wirkstoffe in Anhang
I der
Richtinie 91/414/EWG des Rates sowie den Widerruf der Zulassungen für Pflanzenschutzmit-
tel mit diesen Wirkstoffen wurde Streptomycin in den Anhang I nicht aufgenommen.


Auf nationaler Ebene wurden Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Streptomycin nie zuge-
lassen und waren darüber hinaus durch die Verordnung über das Verbot von Pflanzenschutz-
mitteln, die bestimmte Wirkstoffe enthalten, BGBl.
II Nr. 308/2002 in der Fassung BGBl. II Nr.
128/2004, verboten (Ausnahme: bei Gefahr im Verzug gemäß § 13 Pflanzenschutzmittelge-
setz 1997).

Zu Frage 1:

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
(BMLFUW) hat die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) mit einer Risiko-
bewertung für Streptomycin beauftragt. Nachstehend wird das Ergebnis (Stand Ende Novem-
ber 2004) wiedergegeben:

Die der AGES vorliegenden Angaben und Unterlagen für eine Überprüfung der Zulassungs-
voraussetzungen gemäß § 7 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 sind unzureichend, da sie we-
der bezüglich Umfang noch Qualität den in der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbrin-
gen von Pflanzenschutzmitteln gestellten Anforderungen entsprechen. Insbesondere können
Fragestellungen, die sich in Zusammenhang mit einer ubiquitären Verteilung in der Umwelt
und den daraus resultierenden Auswirkungen auf Mensch, Fauna und Flora auf Grund mögli-
cher Resistenzentwicklungen ergeben, mangels valider Daten derzeit nicht vollständig beant-
wortet werden. Ebenso muss darauf hingewiesen werden, dass ein mögliches Auftreten von
Streptomycin-Rückständen im Honig über dem in der Schädlingsbekämpfungsmittel-Höchst-
werteverordnung genannten Höchstwert von 0,02 mg/kg nach Anwendung von Plantomycin
auf Basis der vorliegenden mangelhaften Daten nicht ausgeschlossen werden kann.

Seit in Kraft treten der oben genannten Verbotsverordnung hat sich keine Änderung der Be-
wertungsgrundlage für eine Überprüfung der Zulassungsvoraussetzungen gemäß Pflanzen-
schutzmittelgesetz 1997 ergeben.


Zu Frage 2:

In Österreich sind mehrere interdisziplinäre und interinstitutionelle Forschungsprojekte zum
Thema Feuerbrand im Laufen. Im Vorjahr wurde vom BMLFUW in der Österreichischen
Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit der „Feuerbrand-Round-Table" eingerichtet,
um insbesondere auch Forschungsprojekte gemeinsam zu diskutieren. Diesem Round-Table
obliegt unter anderem die fachlich-wissenschaftliche Zusammenführung der Forschungsarbei-
ten. Zu dieser Arbeitsgruppe werden alle beteiligten Stellen (Bund, Länder, Landwirtschafts-
kammern, Bundesobstbauverband, Imkerbund usw.) eingeladen. Der letzte Feuerbrand-
Round-Table fand am 23. November 2004 in der AGES statt. Diesbezügliche Informationen
stehen unter der eigens dafür eingerichteten Homepage www.feuerbrand.com zur Ver-
fügung.

Die aktuellen Forschungsaktivitäten zum Thema Feuerbrand in Österreich umfassen Projekte
sowohl in der Grundlagenforschung als auch im angewandten Bereich, die sich einerseits mit
längerfristigen Strategien zur Verringerung der Anfälligkeit, hauptsächlich von Obstsorten, und
andererseits mit der kurz- bis mittelfristigen Entwicklung und Erprobung alternativer Kontroll-
möglichkeiten des Erregers befassen. Durch die Kontakte und Abstimmungen der Versuchs-
anstellung (Ringversuch) mit Deutschland und der Schweiz können zusätzliche Erkenntnisse
auch in Österreich genutzt werden.

Die für kurzfristige Bekämpfungs- und Vorsorgemaßnahmen relevanten Ergebnisse des Jah-
res 2004 sind:

Risikoabschätzunq und Strategien zur Bekämpfung von Feuerbrand (2004 - 2005) Dr. Moos-
beckhofer, Dr. Ruppitsch, Dr. Richter, AGES:

Die AGES führt Untersuchungen über die Risikoabschätzung und Strategie zur Bekämpfung
von Feuerbrand durch, bei dem der Schwerpunkt auf Untersuchungen zur Wirksamkeit von
Alternativpräparaten zu Streptomycinsulfat und deren Ausbringung durch Bienen liegt. Unter
Quarantänebedingungen werden Sortenanfälligkeiten durch Testungen mit künstlicher Infekti-
on durchgeführt und bisher als Feuerbrandwirtspflanzen nicht beschriebene oder umstrittene


Pflanzenarten mittels künstlicher Infektion hinsichtlich ihrer Feuerbrand-Empfindlichkeit über-
prüft.

Bei der Erprobung direkter Kontrollmaßnahmen wird zunächst unter Quarantänebe-dingungen
mit künstlicher Infektion die Wirksamkeit der zwei antagonistischen Hefepräparate Blossom
Protect® und BMPC sowie des Wachstumsregulators Regalis® in Kombination mit dem her-
kömmlichen Pflanzenschutzmittel Cuprofor® im Vergleich zu Kontroll- und Referenzvarianten
(Plantomycin®) gegenüber dem Feuerbranderreger an Pflanzen(teilen) getestet. Als Ausbrin-
gungsmethoden werden sowohl die übliche Spritzapplikation, als auch die Ausbringung durch
Bienen erprobt, die sich besonders bei Streuobst bzw. bei generell mittels Spritzapplikation
nicht erreichbaren Pflanzen eignen würde. Letztere Ausbringungsmethode sollte dann auch im
Freiland (Spezialzelte) erprobt werden. Da die Wirkungsweise der o. a. Hefepräparate noch
nicht bekannt ist, werden auch elektronenmikroskopische Untersuchungen durchgeführt. Die
bisherigen vorläufigen Untersuchungen haben ergeben, dass die Hefepräparate zwar recht
zufrieden stellend wirken, aber für die Ausbringung durch Bienen noch modifiziert werden soll-
ten.

Die 2004 in der Steiermark und in Vorarlberg durchgeführten Spritzapplikationen im Freiland
haben unterschiedliche Ergebnisse erbracht und werden im Jahre 2005 zur Absicherung wei-
tergeführt werden.

Weitere Informationen stehen unter www.ages.at zur Verfügung.
Zu Frage 3:

Die einzige derzeit wirkungsvolle nichtchemische Bekämpfungsmaßnahme ist der Rückschnitt
bzw. in vielen Fällen sogar die Rodung von befallenen Pflanzen. Um große finanzielle Verluste
zu verhindern und Neuanpflanzungen zu ermöglichen, könnte seitens der Länder eine Ent-
schädigung auf Basis einer vom Bundes-Obstbauverband bereits vor längerer Zeit vorgelegten
Richtlinie angedacht werden.