2081/AB-BR/2005

Eingelangt am 05.01.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

 

Anfragebeantwortung

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Bundesräte Prof. Albrecht
Konecny und GenossInnen, Nr. 2265/J-BR/2004, vom 5. November 2004,
betreffend Erosion der Körperschaftssteuer, beehre ich mich, Folgendes
mitzuteilen:

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass Maßnahmen, die die
Wirtschaft stärken, allen ÖsterreicherInnen zu Gute kommen: Gesunde
Unternehmen sichern und schaffen Arbeitsplätze und sind die Grundlage
unseres Wohlstands und jenes zukünftiger Generationen.

Es gilt dabei zu beachten, dass die österreichische Wirtschaft nicht nur den
Herausforderungen des heimischen Marktes zu begegnen hat. Sie ist auch
einem sehr starken internationalen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Da reicht
es nicht, dass Österreich für ein hervorragendes Unternehmertum, das
ausgezeichnete Qualifikationsniveau unserer Arbeitskräfte, die Qualität
unserer Infrastruktur und die Sicherheit in unserem Land bekannt ist. Auch
die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen beeinflussen die Attraktivität des


Wirtschaftsstandortes. Es war daher bei einem vergleichenden Blick über
unsere Grenzen hinweg klar, dass substanzielle Verbesserungen
vorgenommen werden mussten, um Standortvorteile zu halten und
auszubauen.

Dieses Ziel wurde erreicht durch

         die deutliche Senkung des nominellen Körperschaftsteuersatzes von
34% auf 25% ab dem 1. Jänner 2005,

         die Einführung der begünstigten Besteuerung von nicht entnommenen
Gewinnen für Einzelunternehmen und Personengesellschaften bereits
ab dem 1. Jänner 2004 und

         die Einführung der attraktivsten Gruppenbesteuerung in Europa ab
2005, was Österreich zu einem besonders interessanten Standort für
Entscheidungszentralen internationaler Unternehmen macht.

Die mit dieser Steuerreform verbunden Signale an österreichische und
internationale Unternehmen und Investoren wurden bereits gehört und
verstanden. Nicht nur die internationale Medienberichterstattung und
Studien von internationalen Steuerexperten bestätigen die Richtigkeit der
getroffenen Maßnahmen. Auch die Realität hat bereits bewiesen, wie
erfolgreich die gesetzten Maßnahmen sind: viele Unternehmen haben bereits
die richtigen Entscheidungen für ihren Verbleib in Österreich, für
Investitionen in unserem Land oder für die Verlagerung ihrer
Unternehmensaktivitäten nach Österreich getroffen.

Nun zu den konkreten Fragen.

Zu 1.:

Diese Behauptung kann ich nicht bestätigen.


Einerseits hat noch keine Bundesregierung zuvor eine so große
Lohnsteuersenkung vorgenommen. Besonders die kleinen und mittleren
Einkommen werden entlastet. Es werden durch die Einführung der
Kinderzuschläge zum Alleinverdiener- /Alleinerzieherabsetzbetrag gezielt
Maßnahmen für armutsgefährdete Familien gesetzt.

Andererseits haben mir meine Experten nochmals versichert, dass die
Entlastung bei Lohn- und Einkommensteuer allein durch die zweite Etappe
der Steuerreform 2005 annähernd € 1,4 Mrd beträgt. Davon entfallen mehr
als 90% auf die Lohnsteuerpflichtigen mit einem anteilsmäßigen Volumen
von etwa 7,5 Prozent der Lohnsteuereinnahmen 2004. Ob dies letztlich beim
Einkommen- oder Lohnsteueraufkommen wirksam wird, hängt dabei davon
ab, ob die steuersenkenden Maßnahmen bereits bei der laufenden
Lohnverrechnung oder erst im Zuge der (Arbeitnehmer-)Veranlagung
berücksichtigt werden.

Zu 2.:

Diese größte Steuerreform der zweiten Republik ist sozial gerecht und
ausgewogen in der Verteilung zwischen Wirtschaft und ArbeitnehmerInnen:
Haushalte und Unternehmen werden zu je rund € 1,5 Mrd entlastet. Es gibt
daher keine Verlierer und kein Missverhältnis. Darüber hinaus dient die
Entlastung bei der Körperschaftsteuer, wie ich bereits in meiner Einleitung
dargelegt habe, dem Ziel, die Attraktivität Österreichs als
Unternehmensstandort zu erhöhen. Diese Reform schafft und sichert somit
Arbeitsplätze. Somit kommen auch die zur Entlastung der Unternehmen
getroffenen Maßnahmen ebenfalls den unselbständig Beschäftigten zu Gute.

Zu 3. und 4.:

Die    Mitgliedstaaten    der    Europäischen    Union    haben    sich    auf   einen

Verhaltenskodex zur Unternehmensbesteuerung geeinigt. Darin verpflichten


sie  sich,  dass  Maßnahmen des  unfairen  Steuerwettbewerbs  unterlassen
beziehungsweise zurückgenommen werden.

Für Österreich ergab sich daraus ein Handlungsbedarf betreffend die
steuerliche Ungleichbehandlung von bislang steuerfreien Gewinnen aus der
Veräußerung von Auslandsbeteiligungen und steuerwirksamen Verlusten.
Auch betreffend Dividenden aus Niedrigsteuerländern, denen passive
Einkünfte zugrunde liegen, war Änderungsbedarf angezeigt. Diese waren vor
der Neuregelung bei der österreichischen Muttergesellschaft steuerbefreit,
wenn an der österreichischen Gesellschaft überwiegend ausländische
natürliche Personen beteiligt waren. Der ECOFIN vom November 2000 hatte
beschlossen, dass diese kodexwidrigen Maßnahmen bis spätestens Ende
2005 abgeschafft werden müssen. Für neue Gesellschaften war eine frühere
Beseitigung erforderlich. Diese gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bildeten
somit die Basis für die Neuregelung der internationalen Schachtel-
beteiligung. Die Verpflichtung zur Abschaffung dieser Maßnahmen ergibt
sich auch aus den Arbeiten des Forums der OECD zur Bekämpfung des
unfairen Steuerwettbewerbs.

Betreffend diese Neuregelung der steuerlichen Behandlung von Schachtel-
beteiligungen wurden keine eigenen Aufkommensauswirkungen angesetzt.
Die Neuregelung soll eine symmetrische Besteuerung der Veräußerungs-
gewinne sicherstellen. Im Falle auslandsdominierter Muttergesellschaften
soll dabei keine Besserstellung gewährt werden. Das Bundesministerium für
Finanzen geht davon aus, dass sich Vor- und Nachteile dieser Neuregelung
in budgetärer Hinsicht ausgleichen.

Grundsätzlich sind Gewinne, Verluste oder Wertänderungen der inter-
nationalen Schachtelbeteiligung steuerneutral, wobei für Liquidations- oder
Insolvenzverluste eine Sonderregelung zur Anwendung kommt. Ausnahme
vom Grundprinzip ist die Option auf Steuerwirksamkeit. Diese ist abhängig


vom Zeitpunkt der Eintragung ins Firmenbuch: Bei Eintragungen ins
Firmenbuch vor dem 1. Jänner 2001 ist die Steuerwirksamkeit bei einer
Optionsausübung mit der Steuererklärung für 2006 hinsichtlich jener
bestehenden Beteiligungen gegeben, die bis 1. Jänner 2006 erworben
wurden. Erfolgte die Eintragung in das Firmenbuch nach dem 31. Dezember
2000, so löst die Optionsausübung für die bis 1. Jänner 2004 bestehenden
und erworbenen Beteiligungen eine Steuerwirksamkeit mit der
Steuererklärung für 2004 aus.

Die Auswirkungen könnten sich damit gesamthaft erst im Veranlagungsjahr
2006 bemerkbar machen, da die Neuregelung erst ab diesem Zeitpunkt alle
Gesellschaften umfasst. Die Neuregelung führt aber gesamthaft zu keiner
steuerlichen Besserstellung von internationalen Schachtelbeteiligungen
gegenüber bisher, sodass von einer Budgetneutralität auszugehen ist.

Zu 5.:

Nach Auffassung des WIFO und des IHS lag die effektive Körper-
schaftsteuerbelastung in Österreich vor Inkrafttreten der Steuerreform 2005
zwischen 27 und 29 Prozent, während eine Reihe von europäischen Staaten
Nominalsätze von bis deutlich unter 20 Prozent aufweisen. Als Folge haben
österreichische Unternehmen und deren Berater öffentlich Überlegungen
angestellt, ihren Betriebsstandort in einen dieser Staaten zu verlegen. Zur
Steigerung der Attraktivität und Sicherung des Wirtschaftsstandortes
Österreich, und damit auch zur Erhaltung österreichischer Arbeitsplätze,
war es also notwendig, den Körperschaftsteuersatz abzusenken. Von der
steuerlichen Entlastung der Körperschaften profitieren hierbei in der weitaus
überwiegenden Mehrzahl klein- und mittelständische Unternehmen. Über
die Stärkung deren Wirtschaftskraft kommt dies ebenfalls den dort
beschäftigten ArbeitnehmerInnen zu Gute.


Die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes verhindert jedoch nicht nur ein
Abwandern österreichischer Unternehmen, sondern macht Österreich
darüber hinaus für die im Ausland angesiedelten Unternehmen wesentlich
attraktiver. Es wird, wie bereits die ersten Erfahrungen belegen, daher zu
einer Standortverlagerung ausländischer Unternehmen nach Österreich
kommen. Dies kann daher auch ein Mehraufkommen bringen.

Die Absenkung des Körperschaftsteuertarifes auf 25% bei gleichzeitiger
Verbreiterung der Bemessungsgrundlage durch Abschaffung der Eigen-
kapitalzuwachsverzinsung sowie durch Abschaffung der steuerfreien
Übertragung stiller Reserven wurde mit netto € 975 Mio budgetiert. Dabei
wurden der Schätzung des Bundesministeriums für Finanzen die oben
angeführten Überlegungen zu Grunde gelegt. Es wird von keinen darüber
hinausgehenden Einnahmenausfällen ausgegangen.

Zu 6.:

In Österreich bestehen derzeit etwa 620 Vollorganschaften, welche etwas
über 1.200 Unternehmen umfassen (Organgesellschaften). Die bestehende
Organschaftsregelung verursacht dabei Kosten von derzeit etwa € 75 Mio.
Das Bundesministerium für Finanzen geht nun davon aus, dass auf Grund
der Attraktivität der Gruppenbesteuerung die Zahl der Gruppenverbände
etwa dreimal so hoch sein wird.

Dies bedeutet, dass mit knapp unter 2.000 Gruppenverbänden zu rechnen
sein wird. In dieser Zahl sind umgewandelte Organschaften bereits berück-
sichtigt. Grundlage für diese Annahme sind die Schlussfolgerungen aus
einer Analyse der österreichischen Gesellschaftsstrukturen. Ebenfalls
berücksichtigt wurden Erfahrungswerte zu den schon derzeit bestehenden
Ersatzlösungen für Organschaften wie die so genannten KG-Konzerne und
Teilwertabschreibungskonzerne. Brutto ist damit zunächst von Mehrkosten
im Vergleich zur Organschaft von € 150 Mio auszugehen. Diesem Betrag ist


jedoch der Wegfall der mehrfachen Teilwertabschreibung innerhalb sowie
auch außerhalb von Unternehmensgruppen gegenzurechnen. Der Entfall der
Möglichkeit einer mehrfachen Teilwertabschreibung wird auf Grund von
Betriebsprüfungsmehrergebnissen mit € 50 Mio an Mehraufkommen
geschätzt.

Im Saldo ist damit der Budgetausfall für die Gruppenbesteuerung mit
€ 100 Mio zu beziffern.

Zu 7. und 8.:

Zunächst möchte ich nochmals festzuhalten, dass mit der Steuerreform
auch sehr viel direkt für die ArbeitnehmerInnen getan wurde. Weiters
entspricht es nicht den Tatsachen, dass die Körperschaftsteuersenkung den
ArbeitnehmerInnen nicht zu Gute kommt. Es hilft wohl nichts, bei Steuer-
entlastungen nur oder zum allergrößten Teil unmittelbar ArbeitnehmerInnen
zu begünstigen, wenn dadurch die Arbeitsplätze ins Ausland abwandern.

Die gesamte Steuerreform einschließlich der Konjunkturbelebungspakete
brachte den ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen eine Dauerentlastung
in einem Volumen von € 1,7 Mrd. In Kombination mit den wirtschafts-
stärkenden Maßnahmen für Unternehmer hat diese Bundesregierung damit
sehr viel mehr für ArbeitnehmerInnen getan als je eine Bundesregierung
zuvor.

An dieser Stelle betone ich nochmals,  dass die größte  Steuerreform der
zweiten Republik nicht nur ein Mehr für die Wirtschaft, sondern auch ein
Mehr für ArbeitnehmerInnen und Familien bedeutet. Ich erinnere dazu an
          den neuen Steuertarif, der neben der durchschnittlichen Entlastung
           der österreichischen SteuerzahlerInnen mit rund € 500 pro Jahr auch
           eine dauerhaft leistungsfreundliche und leistungssteigernde Wirkung
           garantiert


         die spürbare Entlastung der Gruppe der Alleinverdiener -(erzieher)
durch   Einführung   der   Kinderzuschläge   zum   Alleinverdiener-   und
Alleinerzieherabsetzbetrag

         die Anhebung der Zuverdienstgrenze beim Alleinverdienerabsetzbetrag
und zwar von 4.400 Euro auf 6.000 Euro, was in besonderem Maße
Frauen zu Gute kommt

         die Anhebung des Pendlerpauschales um etwa 15 Prozent.

Die Bundesregierung setzt somit ihren sozial ausgewogenen Reformkurs, der
durch Meilensteine wie dem Kinderbetreuungsgeld geprägt ist, erfolgreich
fort.

Zu 9. bis 15.:

Auf Grund des EU-Verhaltenskodex zur Unternehmensbesteuerung ist ein
niedriger Beteiligungsprozentsatz vorzusehen. Österreich hat, wie bereits
erwähnt, asymmetrische Besteuerungsregelungen sowie steuerliche
Ungleichbehandlungen beseitigt, indem eine völlige steuerliche Neutral-
stellung von Gewinnen und Verlusten oder Wertänderungen geschaffen
wurde. Halten sich österreichische Unternehmen an diese Gesetzes-
bestimmungen, dann stehen ihnen auch steuerliche Begünstigungen, die
sich auf Basis des Gesetzes ergeben, zu.

Im Übrigen weise ich darauf hin, dass, wenn ein österreichisches Unter-
nehmen sich an anderen nationalen Unternehmen beteiligt, eine Dividenden-
befreiung bei einer nationalen Beteiligung bereits ab einer Aktie gegeben ist.
Bei internationalen Schachtelbeteiligungen ist eine Grenze von 10% vorge-
sehen.

Beteiligungen können nunmehr nach einer Behaltedauer von einem Jahr
steuerfrei veräußert werden. Bislang war eine Behaltedauer von 2 Jahren
vorgesehen.


Der Hintergrund für die Erarbeitung dieser Bestimmungen lag daher in der
Beseitigung von wettbewerbsverzerrenden steuerlichen Maßnahmen. Dass
die beispielhaft angeführte OMV von dieser Regelung profitieren könnte,
wäre legitim.