2097/AB-BR/2005

Eingelangt am 18.02.2005
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BM für Finanzen

 

Anfragebeantwortung

GZ. BMF-310102/0007-I/4/2004

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Herrn Präsidenten

des Bundesrates

Mag. Georg Pehm

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2281/J‑BR/2004, vom 20. Dezember 2004 der Bundesräte Edgar Mayer und KollegInnen, betreffend Änderung des Pensionskassengesetzes, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend möchte ich auf die Bedeutung der Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung, wie die österreichischen Pensionskassen, hinweisen. Als Ergänzung zu einem gesicherten Pensionssystem, welches auf dem Umlageverfahren beruht, stellt diese zweite Säule neben der individuellen Altersversorgung (3. Säule) einen wesentlichen Baustein einer zukunftsweisenden Altersabsicherung dar. Damit wird auch den Bedürfnissen zukünftiger Generationen Rechnung getragen. Diese Bundesregierung hat daher durch eine Weiterentwicklung des Pensionskassengesetzes und des Betriebspensionsgesetzes die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, welche auch in diesem Bereich stabile Produkte mit einer kontinuierlichen Entwicklung ermöglichen. Die Ermöglichung der grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit der Anbieter stellt dabei einen ebenso wichtigen Meilenstein dar, wie die gehobenen Aufsichtsstandards unter Zugrundelegung qualitativer Rahmenbedingungen in den Veranlagungsvorschriften ("prudent-person-Prinzip"). Auch die Erweiterung der Produktpalette um die "betriebliche Kollektivversicherung" sowie die Bedachtnahme auf eine Absicherung des Systems auch in Zeiten negativer Entwicklungen auf den internationalen Kapitalmärkten trägt neben der verwaltungskostenschonenden Ausgestaltung der Rahmenbe-
dingungen zu einer Attraktivität der zweiten Säule bei.

 

Zur Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen durch das Bundesministerium für Finanzen möchte ich generell anmerken, dass mein Ressort stets darauf Bedacht ist, nicht nur die gegebenen Rahmenbedingungen wie etwa die österreichische Bundesverfassung und umzusetzende Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates zu beachten. Auch die Interessen der heimischen Wirtschaft und der ÖsterreicherInnen werden nicht zuletzt im Rahmen der Begutachtung ausführlich diskutiert und finden dabei in bestmöglicher Form Berücksichtigung.

 

Im gegenständlichen Fall schreibt die Richtlinie 2003/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Juni 2003 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung vor, dass Einrichtungen wie die österreichischen Pensions-
kassen, welche Garantien selbst tragen, zusätzliche aufsichtsrechtliche Eigenmittel halten müssen.

 

Auf Grund der schlechten Entwicklung auf den internationalen Kapitalmärkten war es im Rahmen des Budgetbegleitgesetztes 2003 erforderlich, die Bestimmungen des Pensionskassengesetzes betreffend den Mindestertrag zu novellieren, um eine erhebliche finanzielle Belastung für die Pensionskassen, die die Eigenmittel der Pensionskasse aufzehren könnte, zu vermeiden. Im Hinblick auf die nunmehrige Umsetzung der zitierten Richtlinie, und insbesondere auch zur Erreichung einer verfassungskonformen Ausgewogenheit, wurden die Pensionskassen bereits für das Geschäftsjahr 2003 verpflichtet, eine Rücklage für künftige Verpflichtungen aus dem Mindestertrag aufzubauen. Es ist im Übrigen auch darauf hinzuweisen, dass die Mitarbeitervorsorgekassen zur Absicherung der Kapitalgarantie in gleicher Weise eine Rücklage zu dotieren haben.

 

Sowohl hinsichtlich der Garantie aus dem Mindestertrag, als auch bei der Dotierung der Mindestertragsrücklage, handelt es sich um eine gesetzliche Verpflichtung der Pensionskasse. Daher ist eine Verlagerung dieser Verpflichtung in die Veranlagungs- und Risikogemeinschaft aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen verfassungsrechtlich bedenklich. Es dürfte sich dabei nämlich um einen Eingriff in Eigentumsrechte handeln, da eine solche Maßnahme zu Lasten der Anwartschafts- und Leistungsbe-
rechtigten erfolgen würde.

 

Aus bereits vorliegenden Interpretationen der Europäischen Kommission zur zitierten Richtlinie lässt sich schließen, dass es auch nicht mit den Be-
stimmungen dieser Richtlinie vereinbar wäre, wenn für eine Verpflichtung der Pensionskasse in der Veranlagungs- und Risikogemeinschaft eine finan-
zielle Vorsorge gebildet würde.

 

Nicht zuletzt ist die Dotierung einer Reserve in der Veranlagungs- und Risikogemeinschaft generell systemwidrig, da alle Finanzdienstleister Rücklagen aus versteuerten Gewinnen - nach Körperschaftssteuer (KöSt) - zu bilden haben. Eine Ausnahme für Pensionskassen würde Begehrlich-
keiten anderer Finanzdienstleister auf Befreiung von der KöSt bewirken, was nach vorsichtigen Schätzungen zu einem KöSt-Ausfall von bis zu € 600 Mio. bis 2009 führen könnte.

 

In der Regierungsvorlage zur Novellierung des Pensionskassengesetzes sind jedoch insbesondere bei den Eigenmittelbestimmungen des § 7 PKG mehrere Begünstigungen vorgesehen. Durch diese werden bereits vorhandene Eigenmittel für die Dotierung der Mindestertragsrücklage frei. Darüber hinaus wird es den Eigentümern der Pensionskasse erleichtert, zusätzliche Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, die in der Bilanz der Eigentümer nicht aufwandswirksam sind.

 

Auch der einvernehmlich, also mit Zustimmung der ArbeitnehmerInnenver-
treterInnen und der ArbeitgeberInnen, mögliche Verzicht auf den von den Pensionskassen zu garantierenden Mindestertrag wird zu einer Verringerung der notwendigen Dotierung der Mindestertragsrücklage beitragen.

 

Das Bundesministerium für Finanzen ist den von Seiten der Pensionskassen kommunizierten Interessen, welche auch in der gegenständlichen Anfrage ihren Niederschlag gefunden haben, bei der zur Ausarbeitung der aktuellen Novellierung des Pensionskassengesetzes soweit wie möglich entgegenge-
kommen. Ich bin der Überzeugung, dass dem Parlament somit eine ausgewogene und die Interessen sowohl der Pensionskassen als auch der ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen berücksichtigende Regierungsvor-
lage zur Beschlussfassung übermittelt wurde.

 

 

Mit freundlichen Grüßen