2178/AB-BR/2006

Eingelangt am 31.01.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-11.000/0034-I/CS3/2005     DVR:0000175

 

 

An die

Präsidentin des Bundesrates

Sissy Roth-Halvax

Parlament

1017  Wien

Wien, 30. Jänner 2006

 

 

Sehr geehrte Frau Päsidentin!

 

 

Die schriftliche Anfrage Nr. 2371/J-BR/2005 betreffend Ersatz der PKW-Autobahnvignette durch Integration der Gebühren in die Mineralölsteuer als fahrleistungsabhängige Abgabe, die die Bundesräte Ing. Einwallner und KollegInnen am 1. Dezember 2005 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Fragen 1 bis 4:

Inwieweit werden Sie dem Beschluss des Volkswirtschaftlichen Ausschusses des Vorarlberger Landtages Rechnung tragen?

 

Sind Sie mit uns der Ansicht, dass durch das vom Volkswirtschaftlichen Ausschuss des Vorarlberger Landtages vorgeschlagene Modell unerwünschte Ausweichverkehre vermieden werden können?

 

Werden Sie die österreichische EU-Präsidentschaft nutzen, um den im Beschlusstext angeregten europäischen Gleichklang anzustreben und wenn ja, wie gedenken Sie das zu tun?

 

Welche begleitenden Unterstützungsmaßnahmen für Pendlerinnen und Pendler werden Sie setzen?

 

Antwort:

Die Finanzierung des hochrangigen Straßennetzes in Österreich (Autobahnen und Schnellstraßen) ist im Jahr 1997 von der früheren Budgetfinanzierung, die von der Allgemeinheit über Steuermittel getragen wurde, auf eine Nutzerfinanzierung durch Maut und Vignette umgestellt worden. Der Gesetzgeber hatte dazu die entsprechenden Bestimmungen beschlossen.

 

Hintergrund war das Bestreben, im Sinne einer besseren Kostengerechtigkeit vor allem jene in- uns ausländischen Autofahrer zur Kostentragung heran zu ziehen, die auch tatsächlich den Nutzen aus der kostenintensiven Infrastruktur ziehen.

 

 

 

Zweites Element dieser Entscheidung war die Notwendigkeit, die bis zu diesem Zeitpunkt im Budget für die Errichtung der Autobahnen und Schnellstraßen angehäuften erheblichen Kreditverpflichtungen Maastricht-gerecht - das heißt mit einer Refinanzierung außerhalb des Budgets - zu verlagern.

 

Zu diesem Zwecke wurden die Kreditverpflichtungen aus dem Autobahn- und Schnellstraßennetz sowie der weitere Ausbau und die Erhaltung dieser Straßen der nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen agierenden und deshalb seitens der EU als dem privaten Sektor zuerkannten ASFINAG übertragen und dieser zur Finanzierung dieser Verpflichtungen die Einhebung von Maut und Vignetten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gesetzlich und vertraglich zugesichert, was sich bisher als wirkungsvolles Finanzierungsinstrument erwiesen hat.

 

Ein Abgehen von dieser Finanzierungsform aus direkten Benutzerbeiträgen (Maut, Vignette) etwa in der vom volkswirtschaftlichen Ausschuss des Vorarlberger Landtages vorgeschlagenen Form der Rückkehr zur Steuerfinanzierung hätte erhebliche Auswirkungen auf die Kostengerechtigkeit in Österreich.

Einerseits würde das bedeuten, dass zukünftig über die Treibstoffkosten wieder vor allem auch jene inländischen Autofahrer zur Finanzierung des hochrangigen Straßennetzes herangezogen werden, die selbst diese Infrastruktur nie oder zumindest kaum benutzen (Abkehr von der kostengerechten Nutzerfinanzierung). Andererseits würden ausländische Autobahnbenutzer, die derzeit über Maut oder Vignette einen Finanzierungsbeitrag für die tatsächliche Inanspruchnahme dieser hochwertigen Infrastruktur leisten, zukünftig wieder gratis in Österreich fahren, wenn sie nicht auch in Österreich tanken (Abkehr vom Prinzip der Territorialfinanzierung), was bei einer Erhöhung der Mineralölsteuer und damit der Treibstoffkosten in Österreich wieder häufiger der Fall sein würde.

 

Die Möglichkeit vor allem für ausländische Kraftfahrer, die Autobahnen und Schnellstraßen in Österreich wieder gratis (also ohne jeden Kostenbeitrag) benutzen zu können, würde möglicherweise zu einer gewissen Verringerung von heute bestehendem aber lokal begrenztem Ausweichverkehr führen. Dies würde aber damit erkauft, dass zukünftig vor allem inländische Kraftfahrer über eine erhöhte Mineralölsteuer die bisher von den ausländischen Kraftfahrern und Nutznießern der Infrastruktur getragenen Kosten übernehmen müssten.

 

Darüber hinaus darf auch nicht übersehen werden, dass im Falle des Ersatzes der Vignette durch eine erhöhte Mineralölsteuer auch die sachliche Rechtfertigung für das Beibehalten der fahrleistungsabhängigen Maut für Fahrzeuge über 3,5 t in Frage gestellt werden würde.

In diesem Zusammenhang bestünde die reale Gefahr, dass die EU-rechtlich anerkannte Finanzierungskonstruktion der ASFINAG und damit auch die Auslagerung der Straßenschulden aus dem Budget in Diskussion kämen, als bisher aus marktwirtschaftlichen Erträgen (Maut, Vignette) finanzierte Kosten nun wieder gänzlich oder zumindest teilweise aus Steuermitteln gedeckt werden würden.


 

Ein Europaweiter Umstieg von der Maut-/Vignetten- auf eine Steuerfinanzierung, wie vom Vorarlberger Landtag angedacht, müsste als Steuerangelegenheit zunächst im Rat der Finanzminister diskutiert werden. Ein derartiges Ansinnen dürfte angesichts der in zahlreichen EU-Mitgliedstaaten aber bestehenden und weiter zunehmenden Autobahnfinanzierung über Konzessions- und damit Mautgesellschaften mit langfristigen Verträgen keine Aussichten auf Erfolg haben. Diese Frage stellt jedenfalls keinen Schwerpunkt der österreichischen EU-Präsidentschaft dar.

 

 

Mit freundlichen Grüßen