2185/AB-BR/2006
Eingelangt am 24.03.2006
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung
DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0008-Pr
1/2006
An die
Frau Präsidentin des Bundesrates
W i e n
zur Zahl 2378/J-BR/2006
Die Bundesräte Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen, haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Parteipolitik auf dem Rücken von Hochwasseropfern“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Das
Bundesministerium für Justiz ist selbstverständlich bereit, den Opfern der
Hochwasserkatastrophe im Rahmen des Möglichen Erleichterungen und Hilfestellung
zu gewähren. Dabei muss aber um Verständnis dafür gebeten werden, dass sowohl
das Bundesministerium für Justiz als auch die mit der Einhebung von Gerichtsgebühren
befassten Justizverwaltungsbehörden an die Gesetze gebunden sind. Nun sieht die
vom Gesetzgeber geschaffene Gebührenbefreiung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr.
113/2005 eine Gebührenfreiheit ausdrücklich nur für Pfandrechtseintragungen zur
Besicherung von Darlehen vor, die ausschließlich zur Beseitigung von
Hochwasserschäden aufgenommen werden. Wenn also beispielsweise ein durch das
Hochwasser beschädigtes Wohnhaus saniert werden muss, diese Sanierung mit Hilfe
eines Darlehens finanziert wird und zur Besicherung dieses Darlehens ein
Pfandrecht eingetragen wird, dann ist diese Pfandrechtseintragung von der
Eintragungsgebühr in Höhe von 1,2 % gemäß Tarifpost 9 lit. b Z 4 GGG ebenso befreit
wie von damit zusammenhängenden Gebühren (Eingabengebühr; Beglaubigungsgebühr).
Im Fall
der in der Anfrage angesprochenen Hochwasseropfer aus dem Ortsteil Schildried
sollen nun aber die betreffenden Familien „ausgesiedelt“ werden. Es ist also
offenbar beabsichtigt, dass diese Familien andere Liegenschaften zur
Befriedigung ihres Wohnbedarfs ankaufen. Für den Ankauf von Ersatzobjekten und
die daraus anfallende Eintragungsgebühr gemäß Tarifpost 9 lit. b Z 1 GGG ist
gesetzlich jedoch keine Gebührenbefreiung vorgesehen. Eine Erweiterung dieser
Begünstigung auch auf die für die Einverleibung des Eigentumsrechts an einem
Ersatzobjekt anfallende Eintragungsgebühr könnte nur vom Gesetzgeber vorgenommen
werden. Eine nur im Vollzugsweg erfolgende Ausdehnung der Gebührenbefreiung
über die derzeitige gesetzliche Schranke hinaus kann also wegen der
Gesetzesbindung der Verwaltung nicht in Betracht kommen.
Das Bundesministerium
für Justiz hat angesichts dieser eindeutigen Rechtslage nach einer Möglichkeit
gesucht, den Hochwasseropfern in Vorarlberg dennoch Hilfestellung bieten zu
können. Der dafür einzig mögliche Weg liegt in der einzelfallbezogenen
Gewährung von Gebührennachlässen gemäß § 9 des Gerichtlichen
Einbringungsgesetzes 1962. Nach allgemeinen Grundsätzen ist Voraussetzung für
einen Gebührennachlass nach dieser Gesetzesstelle das Vorliegen einer so
genannten „besonderen Härte“, die generell in den wirtschaftlichen
Verhältnissen des Zahlungspflichtigen begründet sein muss. Wie das
Bundesministerium für Justiz aber bereits bekundet hat, besteht Bereitschaft,
hier im Hinblick auf das Schicksal der vom Hochwasser Betroffenen einen
großzügigeren Maßstab als sonst üblich anzulegen.
Jedoch
ist es auch bei einer großzügigeren Handhabung erforderlich, gewisse
Voraussetzungen für einen solchen Nachlass zu prüfen und abzuklären. Diese
Prüfung muss in zwei Phasen erfolgen. Zunächst hat auf einer allgemeinen Ebene
eine Vorprüfung durch das Bundesministerium für Justiz statt zu finden. Dabei
ist zu klären, um wie viele Fälle es sich handelt, welche Liegenschaften
angekauft wurden oder noch angekauft werden sollen, um welche Gebührenbeträge
es geht (die Eintragungsgebühr für Eigentumseinverleibungen beträgt 1 % vom
Kaufpreis), wie der Zusammenhang zwischen dem Verlust des bisherigen Wohnhauses
durch das Hochwasser und dem Erwerb einer anderen Liegenschaft ausreichend
nachgewiesen wird (in Betracht kämen Bestätigungen der Landesregierung und
andere Unterlagen, wie etwa Versicherungsmeldungen und Fotos) und schließlich
in welchem Zeitraum die Erwerbsvorgänge hinsichtlich der Ersatzobjekte
vonstatten gehen, zumal nur solche Erwerbsvorgänge unter eine Nachlassregelung
fallen können, die sich in einem zeitlichen Nahebereich zur Katastrophe
abgespielt haben.
Sodann
sind in der zweiten Phase die konkreten Nachlassverfahren durchzuführen. Über
derartige Nachlassanträge entscheidet nach der Gesetzeslage der Präsident des
Oberlandesgerichts Wien. Im Rahmen des Nachlassverfahrens wären neben dem
Konnex zwischen Erwerbsvorgang und Hochwasserkatastrophe auch die jeweiligen
ökonomischen Verhältnisse zu bescheinigen.
Diese
Informationen habe ich im Wesentlichen mit Schreiben vom 9. Februar 2006 auch
dem in der Anfrage genannten Vorarlberger Landesrat zukommen lassen und ihm
eine schnelle und unbürokratische Überprüfung nach Einlangen der noch
ausständigen Unterlagen zugesichert. Es ist nicht mein Stil, Sacharbeit und
Parteipolitik zu vermengen, weshalb ich um Verständnis bitte, dass ich die
öffentlich getätigten, in der Sache wenig zielführenden Vorwürfe nicht
kommentieren möchte.
. März 2006
(Maga. Karin Gastinger)