2231/AB-BR/2006

Eingelangt am 07.09.2006
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0057-Pr 1/2006

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Bundesrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 2432/J-BR/2006

 

Die Bundesräte Jürgen Weiss, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Gemeinnützige Arbeit an Stelle einer Ersatzfreiheitsstrafe“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Mit 1. März 2006 wurde vom Bundesministerium für Justiz der örtlich eingeschränkte Modellversuch „Gemeinnützige Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe“ in Kooperation mit dem Verein NEUSTART gestartet. Die Durchführung dieses Modellversuches erfolgt auf Basis der geltenden Rechtslage im Rahmen der Möglichkeiten zur Gewährung eines Strafaufschubs und zur nachträglichen Milderung der Strafe nach § 31a StGB iVm § 410 StPO. Für die Erbringung gemeinnütziger Leistungen statt Ersatzfreiheitsstrafe ist die Zustimmung des Betroffenen erforderlich, sodass jedwede Teilnahme am Modellversuch auf Freiwilligkeit basiert. Zuweisungen von Verurteilten sind bis 29. Februar 2008 durch die Landesgerichte Graz, Innsbruck, Linz, Wels und sämtliche Bezirksgerichte dieser Landesgerichtssprengel, sowie die Bezirksgerichte Leopoldstadt, Favoriten und Döbling möglich. Die Teilnahme am Modellversuch steht grundsätzlich allen durch die zuweisenden Gerichte zu Geldstrafen verurteilten Tätern im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe offen, sofern und so lange sich ihr Wohnsitz in den Landesgerichtssprengeln Wien, Graz, Linz, Wels oder Innsbruck befindet.

Durch die Leistung von gemeinnützigen Arbeiten bei ausgewählten Einrichtungen innerhalb von sechs Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses über den Strafaufschub sollen Verurteilte die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe abwenden können.

Laut jüngster Information des Vereins NEUSTART wurden im Zeitraum vom 1. März 2006 bis 30. Juni 2006 bundesweit 300 Personen vom Verein NEUSTART zu gemeinnützigen Leistungen zugewiesen. Dieser Wert liegt über den Erwartungen und kann auf die hervorragende Kooperation mit den Gerichten zurückgeführt werden. 55 der zugewiesenen Personen sollen bereits ihr Einverständnis zur Erbringung gemeinnütziger Leistungen erklärt haben. Beispielsweise sind in Tirol per 25. Juli 2006 nach Auskunft des Vereins NEUSTART/Innsbruck neun Betroffene vermittelt worden; zwei davon zur Feuerwehr, die Übrigen als Hilfskräfte zu Sozialeinrichtungen (z.B. als Putzkraft beim Verein für Obdachlose).

Während seiner Dauer wird der Modellversuch durch Begleitforschung des Instituts für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien evaluiert. Insbesondere soll eine quantitative und qualitative Ergebnisüberprüfung mit Blick auf die Zusammenarbeit und die Erfahrungen der Projektbeteiligten, die haftvermeidenden Wirkungen der Alternativsanktion sowie die Rolle der Sozialarbeit erfolgen, um so zukünftige Einsatzbereiche dieser Sanktionsform zu erforschen.

. September 2006

 

(Maga. Karin Gastinger)