2287/AB-BR/2007

Eingelangt am 02.04.2007
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BM für Wirtschaft und Arbeit

 

Anfragebeantwortung

 

 

Präsident des Bundesrates

Manfred GRUBER

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

                                                                                                                           Wien, am            März 200728.03.2007

 

                                                                                                                           Geschäftszahl:

                                                                                            BMWA-10.102/0002-IK/1a/2007

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2484/J-BR      betreffend einer Stellungnahme der Ministerien zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Europäische Energie- und Klimastrategie/Verbundplan, welche die Abgeordneten Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen am 5. Februar 2007 an mich richteten, stelle ich einleitend Folgendes fest:

 

In ihrem „Vorrangigen Verbundplan“ führt die Europäische Kommission auf Seite 5, letzter Absatz wie folgt aus: „Die EU wird bis 2013 mindestens € 30 Mrd. in Infrastruktur investieren müssen (€ 6 Mrd. für die Stromübertragung, € 19 Mrd. für Erdgasrohrleitungen und € 5 Mrd. für Flüssiggasterminals - LNGTerminals), sollen die in den TEN-E-Leitlinien dargelegten vorrangigen Vorhaben vollständig verwirklicht werden“.

 

Auf Seite 15 des „Vorrangigen Verbundplans“ heißt es weiters: „TEN-E-Vorhaben sollten in erster Linie von den betroffenen Wirtschaftsbeteiligten finanziert werden.“ Die „Verordnung (EG) Nr. 2236/95 des Rates vom 18. September 1995 über die Grundregeln für die Gewährung von Gemeinschaftszuschüssen für transeuropäische Netze“ – sie legt gemäß ihrem Artikel 1 „[…] die Bedingungen und Verfahren für die Gewährung von Gemeinschaftszuschüssen für Vorhaben von gemeinsamem       Interesse im Bereich der transeuropäischen Netze für Verkehrs-, Telekommunika-tions- und Energieinfrastrukturen nach Artikel 129c Absatz 1 des Vertrags fest“ – bestimmt in ihrem Artikel 5 Abs. 3 Folgendes:

 

„Der Gesamtbetrag des Gemeinschaftszuschusses im Rahmen dieser Verordnung darf unabhängig von der gewählten Form 10 v.H. der gesamten Investitionssumme nicht übersteigen. Ausnahmsweise darf sich der Gesamtbetrag des Gemeinschaftszuschusses in folgenden Fällen auf bis zu 20 v.H. der gesamten Investitionssumme belaufen:

 

[…]

 

b) vorrangige Vorhaben im Bereich der Energienetze;

 

[…].“

 

In der aktuellen finanziellen Vorausschau der EU sind unter dem Punkt “06 03 04, Financial support for projects of common interest in the trans-European energy network“ für den Zeitraum bis 2013 in Summe € 149,4 Mio. vorgesehen.

 

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

 

Hinsichtlich der insbesondere im Bereich der Elektrizitätsversorgung gegebenen Problematik ist unter Hinweis auf die bereits getätigten Ausführungen zur Anfrage Nr. 2408/J-BR/2006 festzuhalten, dass das Rückgrat eines Elektrizitätssystems und damit Garant einer hohen Versorgungssicherheit nicht nur ausreichende Erzeugungskapazität, sondern auch stabile und gut ausgebaute Übertragungs- und Verteilnetze sind. Auf Basis der Richtlinien zum Elektrizitätsbinnenmarkt sind die Übertragungsnetzbetreiber gehalten, ihr Netz sowohl den Erfordernissen des Marktes, als auch einer höchstmöglichen Betriebs- und Versorgungssicherheit des Gesamt-systems entsprechend instand zu halten und erforderlichenfalls auszubauen und sie diskriminierungsfrei den Netzzugangsberechtigten zur Verfügung zu stellen.

 

Da dies Aufgabe der Unternehmen ist, kann die Politik nur Rahmenbedingungen schaffen, jedoch keinen Einfluss auf konkrete Investitionsentscheidungen bzw. Projekte nehmen.

 

Wie die Verbund APG berichtet hat, kommt es, u.a. bedingt durch den massiven Ausbau von Windkraftanlagen im Osten Österreichs und den damit verbundenen kurzfristigen Leistungsschwankungen, dem seit Jahren über dem europäischen Durchschnitt liegenden Stromverbrauchszuwachs sowie Kraftwerksstilllegungen im Süden Österreichs durch die noch immer fehlende Anbindung in den Süden zu teils sehr problematischen Verhältnissen im Übertragungsnetz.

 

Grundsätzlich sind die Vorhaben der EK zum Ausbau der Netzinfrastrukturen sehr zu begrüßen, da deren Ausbau sowohl der langfristigen Versorgungssicherheit zugute kommt, als auch die Entwicklung der Binnenmärkte für Strom und Gas fördert. Speziell im Elektrizitätsbereich kommt dem Höchstspannungsnetz eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit Effizienzsteigerungen zu, da die Übertragungsverluste in gut ausgebauten Netzen wesentlich geringer sind, als dies in schlecht ausgebauten Netzen der Fall ist. Allein die fehlenden Verbindungen des Höchstspannungsnetzes in Österreich verursachen Energieverluste, welcher der Erzeugung mehrerer Kraft-werke entspricht. Im Übrigen ist ein direkter Zusammenhang zwischen Netzinfrastruktur und Senkung des Energiebedarfs in der Weise, dass eine Konterkarierung der Senkung durch einen Ausbau der Infrastruktur stattfinden soll, nicht zu erkennen. Im Gegenteil, neben den verminderten Netzverlusten ergeben sich bei einem gut ausgebauten Netz vielerlei Möglichkeiten der Optimierung im Gesamtsystem. Dies gilt auch für Effizienzsteigerungen, die aufgrund der im globalen Wettbewerb        stehenden Unternehmen der produzierenden Industrie notwendig sind, da viele der Kostenkomponenten in einigen anderen Ländern gar nicht vorhanden bzw. wesentlich geringer sind (zB. Ökostrom, CO2, Energieabgaben, etc.).

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Zum Bereich Elektrizität halte ich fest:

 

a)     Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung bzw. Realisierung von Großprojekten  liegen primär im Bereich der sehr langen Genehmigungsverfahren. Zur Pro-blematik der Einspeisung aus Windkraftanlagen habe ich bereits Stellung genommen, so sind auch in Deutschland und Dänemark erhebliche Probleme im Netz durch hohe Einspeisung aus Windkraft gegeben, die letztlich nur durch Verstärkung der Übertragungsnetze beherrschbar sein werden.

 

b) - d)   Hinsichtlich des Elektrizitätswesens und des Starkstromwegerechtes trifft die Bundesverfassung folgende kompetenzrechtliche Abgrenzung:

Gemäß Art. 10 Abs. 1 Zif. 10 B-VG sind die Gesetzgebung und die Vollziehung in Angelegenheiten des Starkstromwegerechts, soweit sich die Leitungsanlage auf zwei oder mehrere Länder erstreckt, Bundessache. Das      Elektrizitätswesen, soweit es nicht unter Art. 10 B-VG fällt, ist gemäß Art.12 Abs.1 Z.5 B-VG nur hinsichtlich der Gesetzgebung über die Grundsätze Bundessache, während die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung in den Kompetenzbereich der Länder fallen.

 

Die in der Anfrage genannten 380 kV-Leitungen „Dürnrohr – Slavetice“ und „Stupava-Wien-Südost“ berühren nur das Bundesland Niederösterreich. Für die Vollziehung des Starkstromwegerechtes hinsichtlich dieser Leitungsan-lagen ist daher nicht der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, sondern die Landesregierung von Niederösterreich zuständig. Eine Aufsichtsfunktion des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit in Angelegenheiten elektrischer Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer er-strecken, besteht gegenüber den Landesregierungen nicht. Der Bundes-minister für Wirtschaft und Arbeit ist in derartigen Angelegenheiten auch nicht eine mit Weisungsrecht gegenüber den Landesregierungen ausgestattete sachlich in Betracht kommende Oberbehörde.

 

In der aktuellen Langfristplanung, die von den Regelzonenführern gemäß § 22a ElWOG mindestens einmal jährlich zu erstellen ist und die beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zur Genehmigung eingereicht      werden kann, werden die angeführten innerösterreichischen Leitungsprojekte nicht angesprochen.

 

Zum weiters angeführten Leitungsprojekt „Udine-Okroglo“ sowie den Verbindungsleitungen Litauen-Polen ist zu bemerken, dass sich diese offensichtlich nicht auf österreichisches Bundesgebiet erstrecken und damit auch keine Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gegeben sein kann.

 

e) und f)     Es besteht keine Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit für Kraftwerksprojekte im Ausland. Mir sind auch keine diesbezüg-lichen (Ausbau-)Pläne bekannt gegeben worden.

 

 

Zum Bereich Gasnetze halte ich fest:

 

Eines der Projekte, welchen im Vorrangigen Verbundplan der Europäischen Kommission besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, ist das Erdgaspipelineprojekt „Nabucco“. Dieses Projekt ist für die Sicherheit der Versorgung Österreichs und der EU mit Erdgas von sehr großer Bedeutung und wird von Österreich daher nachdrücklich unterstützt.

 

Die langfristige Planung für Erdgasfernleitungsnetze ist gemäß § 12e Abs.5 GWG bei der Energie-Control Kommission zur Genehmigung einzureichen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die in der langfristigen Planung dargestellten Maßnahmen geeignet erscheinen, die in § 12e Abs. 1 GWG genannten Ziele zu unterstützen und nicht zu gefährden. Da es sich bei der Energie-Control Kommission um eine unabhängige, weisungsfreie Behörde handelt, kann ich auf die diesbezüglichen Entscheidungen keinen Einfluss nehmen.

 

Antwort zu den Punkten 3 und 4 der Anfrage:

 

Dazu ist grundsätzlich auf die Antwort zu Frage 2 zu verweisen und zu wiederholen, dass keine Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit zur Genehmigung dieser Leitungsprojekte besteht. Die Antragstellung zur Genehmigung der Langfristplanung liegt im Ermessen der Regelzonenführer und ist in Hinblick auf die genannten Leitungsprojekte bislang nicht erfolgt.

Es ist zudem Sache der Unternehmen, Leitungsprojekte in Angriff zu nehmen und bei den zuständigen Behörden die erforderlichen Genehmigungen zu erwirken.

 

 

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

Diese Frage kann nur von den betroffenen Unternehmen und der Europäischen Kommission beantwortet werden. Zu den fehlenden innerösterreichischen Leitungsverbindungen wurde schon wiederholt Stellung genommen. Die Haltung der Bundesregierung zur Kernenergienutzung allgemein, die auch der Herr Bundeskanzler anlässlich der Diskussionen beim Frühjahrsgipfel der Europäischen Staats- und Regierungschefs nachdrücklich vertreten hat, darf als bekannt vorausgesetzt werden.

 

 

 

 

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

Wie aus dem Vorrangigen Verbundplan der Europäischen Kommission hervorgeht (S. 12, 2. Absatz), wird es Aufgabe des Koordinators sein, „die europäische Dimension des jeweiligen Vorhabens zu fördern und einen grenzübergreifenden Dialog zwischen den Bauträgern, dem öffentlichen und dem privaten Sektor, den lokalen und regionalen Behörden und der örtlichen Bevölkerung in Gang zu setzen. Der    Koordinator wird zur Koordinierung der nationalen Verfahren (einschließlich der Umweltverfahren) beitragen und einen Bericht über die Fortschritte des Vorhabens (der Vorhaben) und die Schwierigkeiten und Hindernisse, die voraussichtlich zu einer erheblichen Verzögerung führen, vorlegen.“

Eine Einschränkung der nationalen Behördensouveränität ist daraus nicht ableitbar, ebenso wenig ist sie europarechtlich denkbar.

 

Eines der Projekte, für welches ein Europäischer Koordinator eingesetzt werden soll, ist übrigens das Erdgaspipelineprojekt „Nabucco“. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, welch große Bedeutung auch die EU diesem Projekt beimisst.

 

 

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

 

Für Fragen der Verwaltungsverfahrensgesetze ist primär das Bundeskanzleramt zuständig. Die Wahrung der Parteienrechte in Genehmigungsverfahren von Projekten ist von hoher Wichtigkeit, gleichzeitig haben aber Projektwerber einen Anspruch auf eine objektive Entscheidung in angemessener Zeit. Hier ein ausgewogenes Verhältnis zu finden war und ist Aufgabe des Gesetzgebers und in der Vollziehung Aufgabe der zuständigen Behörden. Die Vorschläge der Europäischen Kommission zielen offensichtlich auf eine Beschleunigung der Verfahren ab, um unzumutbar lange Verfahrensdauern zu vermeiden. Jede Verbesserung der Verfahrensökonomie mit einer Einschränkung von Parteirechten zu verknüpfen, greift sicherlich zu kurz, da eine angemessen rasche Entscheidungsfindung für alle Beteiligten von Vorteil ist.