2345/AB-BR/2007

Eingelangt am 10.09.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2547/J-BR betref- fend 380 kV-Netzausbau in Salzburg: Stromtransit-Freileitung oder Erdverkabelung - Risiken und/oder Chancen", welche die Abgeordneten Mag. Susanne Neuwirth, Kolleginnen und Kollegen am 20. Juli 2007 an mich richteten, stelle ich fest:

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

Ob die VERBUND-APG AG Freileitungs- oder Kabelprojekte einreicht, ist von ihr selbst nach betrieblichen, versorgungstechnischen und wirtschaftlichen Gesichts- punkten zu entscheiden. Eine Einflussmöglichkeit des Bundesministers für Wirt- schaft und Arbeit auf derartige Entscheidungen ist aktienrechtlich nicht vorgesehen. Das Genehmigungsverfahren ist von der örtlich zuständigen Landesregierung durch- zuführen.

Antwort zu den Punkten 2 bis 5 der Anfrage:

Diese Fragen betreffen keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.


Antwort zu den Punkten 6 bis 9 der Anfrage:

Auf Basis der Richtlinien zum Elektrizitätsbinnenmarkt sind die Übertragungsnetz- betreiber gehalten, ihr Netz sowohl den Erfordernissen des Marktes, als auch einer höchstmöglichen Betriebs- und Versorgungssicherheit des Gesamtsystems entspre- chend instand zu halten und erforderlichenfalls auszubauen und sie diskriminie- rungsfrei den Netzzugangsberechtigten zur Verfügung zu stellen. Die Politik kann keinen Einfluss auf konkrete Investitionsentscheidungen oder Projekte nehmen.

Es besteht daher auch keine Grundlage für Studien zur Frage, welche konkreten Investitionen von den Energieunternehmen (nicht) eingefordert werden können.

Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

Das Forschungsvorhaben Innovative Konzepte für die Entwicklung der elektrischen Infrastruktur zur systemtechnischen Einbindung großer Kapazitäten erneuerbarer Energie" wird von der Universität Duisburg-Essen in der Zeit zwischen 1. Februar 2007 und 31. Jänner 2010 durchgeführt; Ergebnisse sind naturgemäß noch nicht bekannt.

Antwort zu den Punkten 11 und 12 der Anfrage:

Die nationale und internationale Entwicklung im Bereich Übertragungsnetztechnolo- gie wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit aufmerksam beobachtet. Dabei zeigt es sich, dass weltweit Übertragungsnetze fast ausschließlich als Freilei- tungen ausgeführt wurden und werden, während Verkabelungen im Übertragungs- netz nur in Ausnahmefällen, nämlich in dicht besiedeltem Gebiet und dort, wo Freilei- tungen aus anderen Gründen nicht möglich sind, eingesetzt werden. Wo Höchst- spannungskabel eingesetzt werden, handelt es sich praktisch ausschließlich um An- speisungen von Städten (z.B. die 380 kV-Nordanspeisung von Wien, Länge ca. 5 km) oder von Flughäfen, Kraftwerken etc. (z.B. 380 kV-Kabel Turbigo - Rho in


Italien, Länge ca. 8 km) bzw. um Verbindungsleitungen zwischen dem Übertra- gungsnetz und dem Verteilernetz.

Die Österreichische Energieagentur kommt in einem im Auftrag der Salzburger Lan- desregierung erstellten Bericht zu dem Ergebnis, dass Freileitungen zweifelsohne die Standardtechnologie im 380 kV-Übertragungsnetz" sind, während VPE-Kabel in dieser Spannungsebene eine verhältnismäßig neue Technologie darstellen, die auch hinsichtlich Errichtung und Betrieb besondere Anforderungen mit sich bringt.

Lediglich in Japan existiert bisher eine gemäß Herstellerangaben 40 km lange 550 kV-Kabelleitung. Diese Shin-Keiyo-Toyosu-Leitung" ist die weltweit erste Kabellei- tung im Höchstspannungsbereich über eine längere Strecke; sie wurde erst Ende 2000, also mehrere Jahre nach ihrer Fertigstellung, (teilweise) in Betrieb genommen, ausreichende Erfahrungswerte liegen noch nicht vor.

Die Möglichkeit von Verkabelungen im Höchstspannungsbereich ist Gegenstand zahlreicher Forschungen; diese und weitere technologische Entwicklungen lassen erwarten, dass langfristig auch im Höchstspannungsbereich und über längere Stre- cken die Verlegung von Erdkabeln standardmäßig möglich sein könnte.

Antwort zu den Punkten 13 bis 19 der Anfrage:

Nachdem für die Beurteilung des Standes der Technik" auf einen zwar neuen, aber bereits gesicherten Entwicklungsstand abzustellen ist, ergibt sich, dass Höchstspan- nungs-Erdkabellösungen über lange Übertragungsstrecken schon deshalb nicht Stand der Technik" sind, weil es sie praktisch noch nicht gibt.

In Österreich sind 25 km 220- und 380 kV-Starkstromleitungen erdverkabelt, durch- wegs auf Kurzstrecken. Dementsprechend fehlen auch jene Erfahrungen, die für eine sinnvolle Einschätzung der in den Fragen genannten Aspekte erforderlich sind.


Antwort zu Punkt 20 der Anfrage:

Die Erfahrung zeigt, dass Freileitungen bei Überspannungen, dem häufigster Fehler, aufgrund des Isolationsmediums Luft selbstheilend sind und es zu keinem Leitungs- ausfall kommt, während bei Kabelleitungen Überspannungen immer zu einer Schä- digung der Isolation und notwendigerweise zu einer Reparatur führen. Reparaturen bei Freileitungen sind demnach nur selten erforderlich und dauern im Normalfall nur Stunden bis maximal wenige Tage; Reparaturen an Kabelleitungen nehmen hinge- gen zumindest Tage, meist aber einen längeren Zeitraum in Anspruch, während dem die Leitung außer Betrieb bleiben muss.

Antwort zu Punkt 21 der Anfrage:

Bei Höchstspannungs-Erdkabeln fehlen noch entsprechende Langzeiterfahrungen, Kabelhersteller gehen aber bei VPE-Kabeln von einer Lebensdauer von bis zu 40 Jahren aus. Bei Freileitungen wird von einer möglichen Lebensdauer von zumindest 120 Jahren ausgegangen.

Antwort zu den Punkten 22 bis 29 der Anfrage:

Die sehr ernst zu nehmenden Ängste zahlreicher Menschen im Umgebungsbereich von Hochspannungsleitungen sind wichtiger Gegenstand von starkstromwegerecht- lichen Genehmigungsverfahren. Die von der International Commission on Non- lonizing Radiation Protection (Internationale Kommission zum Schutz vor nichtioni- sierender Strahlung, ICNIRP) sowie der WHO definierten einschlägigen Grenzwerte sind in den anwendbaren Normen voll berücksichtigt. Da diese Werte auch bei den größten in Österreich existierenden Hochspannungsleitungen und dort sogar in Spannfeldmitte, d.h. unmittelbar unter der Leitung im Punkt der größten Exposition, deutlich unterschritten werden, kann nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht von der Möglichkeit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden.


Dementsprechend kann es in Österreich auch niemandem untersagt werden, sein Haus unmittelbar unter einer 380 kV-Leitung zu errichten, so lange er die erforderli- chen Sicherheitsabstände zum Leiterseil einhält.

Im Übrigen sind die konkreten Vor- und Nachteile eines zur Genehmigung einge- reichten Leitungsprojekts stets von der zuständigen Genehmigungsbehörde im kon- kreten Einzelfall zu beurteilen.

Antwort zu den Punkten 30 und 31 der Anfrage:

Sofern derartige Fragen in Genehmigungsverfahren relevant sind, werden sie - be- zogen auf das jeweilige konkrete Projekt - von entsprechenden Sachverständigen beurteilt. Abhängig sind die Verluste von der technischen Ausgestaltung der jeweili- gen Leitungsanlage, wobei der Spannungsebene, dem eingesetzten Leitermaterial, dem Leiterquerschnitt und der Leitungsauslastung besondere Bedeutung zukommt.

Antwort zu den Punkten 32 und 33 der Anfrage:

Zunächst ist das Ergebnis des Gutachtens abzuwarten. Sodann handelt es sich um eine Geschäftsführungsentscheidung des Verbund-Vorstandes. Die Republik Öster- reich als 51%-Aktionär der Verbundgesellschaft und ihre Eigentümervertreter haben nicht die Absicht und gemäß Aktiengesetz auch nicht das Recht, in eine solche Ent- scheidung einzugreifen.

Ob und wie eine elektrische Leitungsanlage konkret gebaut werden kann, wird im UVP-Verfahren von der jeweils örtlich zuständigen Landesregierung getroffen, die zu beurteilen hat, ob und unter welchen Bedingungen das jeweils eingereichte Projekt genehmigungsfähig ist.