2353/AB-BR/2007

Eingelangt am 14.09.2007
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BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

Präsident des Bundesrates

Mag. Wolfgang ERLITZ

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                                                           Wien, am 11. September 2007

 

                                                                                                                           Geschäftszahl:

                                                                                            BMWA-10.102/0014-IK/1a/2007

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2550/J-BR betreffend verantwortungsvoller Umgang mit der Nanotechnologie, welche die Abgeordneten Dr. Erich Gumplmaier, Kolleginnen und Kollegen am 20. Juli 2007 an mich  richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu den Punkten 1 und 2 der Anfrage:

 

Nanomaterialien sind Arbeitsstoffe im Sinne des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), das umfangreiche Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer/innen bei Verwendung von gefährlichen Arbeitsstoffen am Arbeitsplatz enthält.

 

Große Bedeutung kommt dabei der Pflicht der Arbeitgeber/innen zu, die für die
Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer/innen bestehenden Gefahren bei Verwendung von Arbeitsstoffen am Arbeitsplatz zu ermitteln und zu beurteilen (Arbeitsstoffevaluierung, §§ 4 und 41 ASchG). Bei der Beurteilung sind neben den Eigenschaften vor allem auch die konkreten Einsatzbedingungen der Arbeitsstoffe ausschlaggebend, wie z.B. deren Menge, die Art, Dauer und Intensität der Exposition, die Umgebungsbedingungen, die körperliche Belastung bei der Tätigkeit oder die Art der Aufnahme des Stoffes.

 

Im konkreten Fall muss eine Arbeitsstoffevaluierung darüber Auskunft geben, welche Arbeitsstoffe verwendet werden, welche Eigenschaften sie besitzen, wie sie verwendet werden, welche Gefährdungen für die Arbeitnehmer/innen dadurch entstehen können und welche geeigneten Schutzmaßnahmen festgelegt wurden.

 

Informationen über Expositionen gibt es für Feinstäube wie z.B. Dieselmotor-Emissionen oder Schweißrauch am Arbeitsplatz. Diese können als Nanomaterialien gelten, für sie sind Arbeitsplatz-Grenzwerte festgelegt und geeignete Messmethoden anwendbar.

 

Die Arbeitsinspektion stellt grundsätzlich im Rahmen von Genehmigungsverhandlungen und Betriebskontrollen fest, in welchen Betrieben welche Arbeitsstoffe wie verwendet werden und ob die Schutzmaßnahmen angemessen sind. Dabei wird selbstverständlich auch auf den Einsatz von Nanotechnologie geachtet (z.B. Überwachung der Luftgrenzwerte von verschiedenen Rauchen und Dieselmotoremissionen an Arbeitsplätzen).

 

Spezifische Informationen zu einzelnen Betrieben (Schutzmaßnahmen, Expositionen) sind daher im zuständigen Arbeitsinspektorat aufliegend, allgemeine zusammenfassende Aufzeichnungen oder Auswertungen über verwendete Nanomaterialien, Anzahl der exponierten Arbeitnehmer/innen oder Expositionshöhen liegen nicht vor.

 

Bei Arbeiten mit Schweißrauch oder anderen Feinstäuben sind von den Arbeitgeber/inne/n geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen, wie z.B. die Erfassung der Teilchen an der Entstehungsstelle und ihre gefahrlose Beseitigung oder Expositionsvermeidung. Im Hinblick auf Dieselemissionen wurden z.B. entsprechende Voraussetzungen für den Betrieb von motorkraftbetriebenen Flurförderfahrzeugen in geschlossenen Räumen ausgearbeitet und auch in einem Informationsblatt veröffentlicht (siehe http://www.arbeitsinspektion.gv.at/AI/Service/Erlaesse/default.htm).

 

Nach dem ASchG sind die Arbeitgeber/innen verpflichtet, für sichere Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer/innen am Arbeitsplatz zu sorgen und die Effektivität der getroffenen Maßnahmen zu überprüfen. Um die spezifischen Gefahren beurteilen zu können, haben sie insbesondere die Angaben der Hersteller/innen oder Importeur/inn/e/n, praktische Erfahrungen, Prüfergebnisse und wissenschaftliche Erkenntnisse heranzuziehen. Mit Hilfe dieser Informationen sind entsprechend wirksame Schutzmaßnahmen zu treffen, hier wären beispielsweise geeignete Atemschutzmasken (nach ÖNORM EN 149:2001) und der Einsatz von Rußfiltern an Staplern und Baumaschinen zum effektiven Schutz vor partikulären Dieselmotoremissionen zu nennen. Für Schweißrauch bieten bewährte Absaugsysteme und persönliche Schutzausrüstungen, wie belüftete Schweißerhelme, einen ausreichenden Schutz.

 

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

 

Ein spezielles Monitoring-Programm für Arbeiten mit Nanomaterialien ist in Österreich derzeit nicht geplant. Es bestehen jedoch im Rahmen der allgemeinen Vorschriften zu Arbeitsstoffen entsprechende Regelungen:

 

·        Im Rahmen der Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitplatz besteht die Verpflichtung, bei Einwirkungen von bestimmten Arbeitsstoffen (die auch als Nanomaterialien verwendet werden), z.B. Schweißrauch, Hartmetall, Kobalt und Nickel, die Gesundheit der Arbeitnehmer/innen zu überwachen, mit dem Ziel, damit verbundene Risiken präventiv zu erfassen und zu verhindern.

·        Stehen gefährliche Arbeitsstoffe in Verwendung, müssen Arbeitgeber/innen ein Verzeichnis jener Arbeitnehmer/innen führen, die der Einwirkung dieser Arbeitsstoffe ausgesetzt sind. Dieses hat insbesondere Angaben über den Arbeitsstoff, die Art der Gefährdung, Art und Dauer der Tätigkeit sowie Angaben zur Exposi-tion zu enthalten (§ 47 ASchG).

·        Arbeitgeber/innen sind verpflichtet, in regelmäßigen Zeitabständen Messungen durchzuführen, wenn Arbeitsstoffe (z.B. als Nanomaterialien) in Verwendung   stehen, für die ein MAK-Wert (Maximale Arbeitsplatzkonzentration) oder TRK-Wert (Technische Richtkonzentration) festgelegt ist, oder das Auftreten eines solchen Arbeitsstoffes nicht sicher ausgeschlossen werden kann (§ 46 ASchG, Grenzwerteverordnung 2006).

Die Ermittlung typischer Expositionsszenarien für Nanomaterialien wird im Rahmen von REACH, der kürzlich in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, aufgegriffen. REACH wird mit Hilfe von Expositionsszenarien, die durch die Verwender von Stoffen zu erstellen sind, die Möglichkeiten zur Erfassung von Risiken dieser Stoffe verbessern.

 

Ein spezifischer Kontrollauftrag an die Arbeitsinspektion ist nicht erforderlich, da die Überprüfungen im Rahmen der routinemäßigen Kontrolltätigkeit erfolgen.

 

 

Antwort zu den Punkten 4, 5 und 9 der Anfrage:

 

Nach der Gemeinschaftsstrategie für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz für den Zeitraum 2007-2012 sind Grundlagenforschung und angewandte Forschung auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes unverzichtbar für die Entwicklung von geeigneten Präventionsmaßnahmen und muss sich diese Forschung insbesondere auch auf Risiken der Nanotechnologien konzentrieren.

 

Die Förderung von Forschung auf dem Gebiet der Nanotechnologie ist in Österreich im Wesentlichen in der „Österreichischen Nano Initiative“ zusammengefasst, einem Programm des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, das von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) abgewickelt wird. Insofern darf in diesem Zusammenhang grundsätzlich auf die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie verwiesen werden.

 

Im Rahmen der Nano Initiative wurden unter anderem die Studien „Nanotechnologie-Begleitmaßnahmen – Stand und Implikationen für Österreich“ und „nanoGesund – Gesundheitsrisiken der Nanotechnologie“ erstellt, die sich umfassend mit der angesprochenen Thematik befassen und unter www.nanoinitiative.at/pl4 veröffentlicht sind.

Auf europäischer Ebene sind das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung im Programmausschuss der Thematischen Priorität NMP "Nanotechnologien, Werkstoffe und industrielle Technologien" des 7. EU-Rahmenprogramms für F&E vertreten; es gibt eine Reihe von EU-Projekten wie z.B. „Nanosafe“, die sich mit der Materie – oft schon seit mehreren Jahren – auseinandersetzen.

 

Auf Anregung Österreichs und anderer Mitgliedstaaten wird die Europäische Beobachtungsstelle für Risiken am Arbeitsplatz, die bei der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz eingerichtet ist, einen Überblick über den aktuellen Stand des Wissens und der Forschungsergebnisse zu Nanotechnologie und Fragen des Arbeitsschutzes erarbeiten. Ziel ist eine systematische Erhebung und Auswertung von Forschungsdaten aus Sicht des Arbeitsschutzes. Diese Veröffentlichung der Europäischen Risikobeobachtungsstelle soll in der Folge auf europäischer und nationaler Ebene als wichtige Grundlage für erforderliche weitere Maßnahmen im Arbeitsschutz genutzt werden.

 

Für bestimmte Arbeitsstoffe sind Grenzwerte in den Anlagen I und II der Verordnung über Grenzwerte für Arbeitsstoffe und über krebserzeugende Arbeitsstoffe (Grenzwerteverordnung – GKV) festgelegt. Diese gelten grundsätzlich auch dann, wenn diese Arbeitsstoffe in der Größe von Nanopartikeln verwendet werden.

 

Ein eigener stoffunspezifischer Grenzwert, der die speziellen Eigenschaften von   Nanopartikeln (z.B. Hautresorption) berücksichtigt, existiert nicht. Derzeit gibt es   weder auf europäischer noch auf österreichischer Ebene Initiativen für einen Grenzwert für Nanomaterialien.

 

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

Im Rahmen von diversen Veranstaltungen und Tagungen wurde seitens der Arbeitsinspektion über den aktuellen Stand des Wissens berichtet.

 

Die Arbeitsinspektion unterstützt und berät – wie schon bisher – im Rahmen ihrer Überprüfungstätigkeiten Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen bei der Durchführung betrieblicher Arbeitsschutzmaßnahmen. Darüber hinaus erfolgt eine Betreuung durch Präventivfachkräfte, deren Aufgabe es ist, die Arbeitgeber/innen in allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes zu unterstützen.

 

Diese Aktivitäten und die geltenden Arbeitsschutzregelungen erscheinen ausreichend, um Betriebe für den sicheren Umgang mit Nanomaterialien zu sensibilisieren und sie bei der Festlegung entsprechender präventiver Schutzmaßnahmen zu unterstützen.

 

 

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

 

Die Arbeitsinspektor/inn/en werden im Rahmen der internen Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen laufend auf dem aktuellen Wissenstand gehalten. Des weiteren haben Mitarbeiter/innen der Arbeitsinspektion bereits an mehreren einschlägigen nationalen und internationalen Weiterbildungsveranstaltungen teilgenommen und sind über neuere Entwicklungen durch Literatur, Internet und den Austausch mit internationalen Expert/inn/en informiert. Auch die Österreichische Gesellschaft für    Arbeitsmedizin (ÖGAM) hat zu diesem Thema Vorträge im Rahmen ihrer jährlichen Tagung organisiert.

 

 

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

 

Im Moment besteht kein Veränderungs- oder Anpassungsbedarf von Rechtsvorschriften zum Arbeitsschutz in Österreich. Die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen reichen zum Schutz der Arbeitnehmer/innen vor den Einwirkungen gefährlicher Arbeitsstoffe aus, um den sicheren Umgang mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz zu gewährleisten.

 

Was das bestehende Chemikalienrecht betrifft, so geht REACH zwar nicht spezifisch auf Nanomaterialien ein, legt jedoch ein Regime fest, welches allgemein auf die möglichst umfassende Erfassung von Risiken für Gesundheit und Umwelt abzielt.

 

Die übrigen Teilfragen betreffen nicht den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.