2355/AB-BR/2007

Eingelangt am 18.09.2007
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 
Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0099-I 3/2007

Herrn Präsidenten

des Bundesrates

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 17. SEP. 2007

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. der Bundesräte Susanne Neuwirth, Kolleginnen

                        und Kollegen vom 20. Juli 2007, Nr. 2546/J-BR/2007, betreffend

                        380 kV-Netzausbau in Salzburg: Stromtransit-Freileitung oder

                        Erdverkabelung Risiken und / oder Chancen

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Bundesräte Susanne Neuwirth, Kolleginnen und Kollegen vom 20. Juli 2007, Nr. 2546/J-BR/2007, betreffend 380 kV-Netzausbau in Salzburg: Stromtransit-Freileitung oder Erdverkabelung – Risiken und / oder Chancen, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Grundsätzliches:

 

Einleitend darf darauf hingewiesen werden, dass die Beurteilung der in der Anfrage angesprochenen gesundheitlichen Risiken durch nichtionisierende Strahlung nicht in meinen Kompetenzbereich fällt, sondern der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend im Rahmen des Kompetenztatbestandes „medizinische Beurteilung der Anwendung ionisierender und nichtionisierender Strahlen“ obliegt.

 

Aufgrund des sehr großen öffentlichen Interesses an der Thematik wurde auch in meinem Ressort der aktuelle internationale Wissensstand laufend beobachtet; weiters wurden nationale und internationale Fachexpertisen finanziell unterstützt. Im Rahmen dieser Tätigkeiten hat mein Ressort in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, dem Verband der Elektrizitätswerke Österreichs und dem Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie eine Studie zu „dokumentierten Forschungsresultaten über die Wirkung niederfrequenter elektromagnetischer Felder“ in Auftrag gegeben, die kürzlich fertig gestellt worden ist. Erkenntnisse aus dieser Studie hinsichtlich Starkstromleitungen sind in der folgenden Anfragebeantwortung zusammengefasst.

 

Um der Besorgnis von weiten Teilen der Bevölkerung hinsichtlich möglicher gesundheitsschädigender Wirkungen von nichtionisierender Strahlung zu begegnen, wird von meinem Ressort eine Informationsbroschüre vorbereitet. Diese Broschüre steht knapp vor der Fertigstellung und wird in meinem Ressort kostenlos erhältlich und auch auf der Homepage des Lebensministeriums allgemein zugänglich sein.

 

Zu den Fragen 1, 12 und 13:

 

380 kV-Hochspannungsfreileitungen sind Quelle für elektrische und magnetische Felder. Die elektrischen Felder sind direkt unter den Leiterseilen am Punkt des größten Durchhanges am höchsten und nehmen mit zunehmendem Abstand deutlich ab; sie werden ferner von Objekten (Bäume, Häuser,…) stark abgeschwächt. Auch an den Stellen größter Intensität wird der von der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICNIRP) für die Allgemeinbevölkerung festgelegte Referenzwert eingehalten.

 

Die Intensität der magnetischen Felder hängt stark von dem durch die Leitung fließenden Strom ab. Da dieser sich je nach Auslastung des Netzes ändert, ändert sich auch die magnetische Flussdichte. Berechnungen ergaben, dass für eine 380 kV-Hochspannungsfreileitung mit magnetischen Flussdichten von maximal etwa 20 % des von der ICNIRP festgelegten Referenzwertes  für  die Allgemeinbevölkerung  zu rechnen ist.  Durch Untersuchungen zeigte sich,

dass in einer Entfernung von 150 m von Hochspannungs-freileitungen die magnetischen Flussdichten ≤ 0,2 % des ICNIRP-Referenzwertes lagen, in 200 m Entfernung ≤ 0,1 %.

 

Erdkabel sind ebenso wie Freileitungen Verursacher elektrischer und magnetischer Felder. Was die elektrischen Felder betrifft, verursachen Erdkabel in ihrer Umgebung keine oder nur sehr geringe Expositionen, da die elektrischen Felder entweder durch einen vorhandenen Kabelschirm vollständig oder aber durch das Erdreich über dem Kabel sehr gut abgeschirmt werden.

 

Für die bei unterirdisch verlegten Kabeln an der Oberfläche erzeugten magnetischen Felder sind die Abstände der Leiter voneinander bestimmend für die Intensität dieser Felder, aber auch Verlegetiefe, Verlegeart, Kabelaufbau und Schirm beeinflussen die Höhe der magnetischen Flussdichte in der Umgebung. Das Magnetfeld nimmt mit zunehmender seitlicher Entfernung vom Kabel rasch ab. Auch bei Erdverkabelung werden die zum Schutz der Allgemeinbevölkerung von der ICNIRP festgelegten Referenzwerte der magnetischen Flussdichten immer unterschritten.

 

Angemerkt sei, dass sich im gesamten europäischen 380 kV-Netz mit einer Länge von nahezu 100.000 Kilometern der erdverlegte Anteil auf nur knapp 200 Kilometer, vorzugsweise im städtischen Bereich, beschränkt.

 

Der Umweltsenat als zuständige Rechtsmittelbehörde für Genehmigungen nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz hat sich erst im März dieses Jahres im Rahmen der Berufungsentscheidung betreffend die 380 kV-Steiermarkleitung ausführlich mit diesen Fragen beschäftigt. In Kapitel 7.2.3. des Bescheides werden nicht nur Fachmeinungen österreichi-scher ExpertInnen, sondern auch Studien vorwiegend aus Deutschland (z.B. die Unabhängige Sachverständigenkommission aus Deutschland, die „Vergleichenden Studien zu Stromübertragungstechniken im Höchstspannungsnetz“ von Univ. Prof. Bernd R. Oswald, die „Studie Netzverstärkungs-Trassen zur Übertragung der Windenergie: Freileitung oder Kabel?“ von Univ. Prof. Heinrich Brakelmann) hinsichtlich der Auswirkungen von Freileitungen und Verkabelungen ausgewertet. Diese Fachmeinungen und Studien bestätigen die oben angeführten Vor- als auch Nachteile für beide Varianten der Stromübertragung.

 

Zu den Fragen 2 bis 4:

 

Der Formulierung der Frage 2 kann nicht eindeutig entnommen werden, welche Empfehlung der Europäischen Kommission der Fragestellung zugrunde liegt. Sollte die Unterlage „Undergrounding of Electricity Lines in Europe“ gemeint sein, ist festzuhalten, dass diese Unterlage primär wirtschaftliche Aspekte beleuchtet; auf die Zuständigkeit des Bundes-ministers für Wirtschaft und Arbeit sei diesbezüglich verwiesen.

 

Zu Frage 5:

 

Da das angesprochene Vorhaben erst im Februar 2007 begonnen wurde und ein voraussichtliches Ende seitens der Auftragnehmerin, der Universität Duisburg-Essen, mit Anfang 2010 angegeben wird, können zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine seriösen Aussagen zu den Inhalten getroffen werden.

 

Zu den Fragen 6 bis 11:

 

Es sind keine fixen Mindestabstände von Leitungstrassen zu verbautem Siedlungsgebiet hinsichtlich des Schutzes vor elektromagnetischen Feldern definiert. Abstände können aus der Einhaltung der von der ICNIRP festgelegten Grenzwerte, auf die auch die Vornorm ÖVE/ ÖNORM E8850 zurückgreift, resultieren.

 

Betreffend die gesundheitlichen Fragen darf ich auf die Zuständigkeit der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend hinweisen.

 

Zu den Fragen 14 und 15:

 

Die Berücksichtigung der Ergebnisse des externen Gutachtens liegt in der Verantwortung der Auftragsgeber  des Gutachtens.  Es wird  Aufgabe der zuständigen Behörde im Rahmen eines

Genehmigungsverfahrens sein, die konkrete Machbarkeit aus ökologischer, technischer und rechtlicher Sicht zu prüfen, sobald ein entsprechender Genehmigungsantrag vorliegt.

 

 

 

Der Bundesminister: