2397/AB-BR/2008

Eingelangt am 11.04.2008
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0036-I 3/2008

Herrn Präsidenten

des Bundesrates

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 11. APR. 2008

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen

und Kollegen vom 18. Februar 2008, Nr. 2601/J-BR/2008, betreffend

Atomhaftpflicht: geltende int. Regelungen, Haftpflichtfall mit negativen

Auswirkungen auf Österreich

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen vom 18. Februar 2008, Nr. 2601/J-BR/2008, betreffend Atomhaftpflicht: geltende int. Regelungen, Haftpflichtfall mit negativen Auswirkungen auf Österreich, teile ich Folgendes mit:

 

Eingangs halte ich fest, dass das österreichische Atomhaftungsrecht (Atomhaftungsgesetz 1999, BGBl. I Nr. 170/1998, AtomHG 1999) im Unterschied zum internationalen Nuklear­haftungsregime aus der Sicht des Geschädigten eine Reihe von ganz wesentlichen Vorteilen aufweist. Das österreichische Atomhaftungsrecht legt im Unterschied zum Pariser Übereinkommen vom 29. Juli 1960 über die Haftung auf dem Gebiet der Kernenergie und seinen Protokollen („Pariser Atomhaftungskon­vention“) und dem Wiener Übereinkommen vom 21. Mai 1963 über die Haftung für nukleare Schäden und seinen Protokollen („Wiener Übereinkommen“) den Gerichtsstand am Ort des Schadenseintritts fest, enthält keine Kanalisierung der Haftung auf den Anlagenbetreiber, keine Haftungshöchstsummen und keine zeitlichen Beschränkungen für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen.

 

 

In diesem Zusammenhang ist klar und deutlich darauf hinzuweisen, dass Österreich im Bereich des Atomhaftungsrechts eine Sonderstellung einnimmt. In erster Linie geht es daher  darum, dieses österreichische  „Sonderregime“ zu verteidigen.

 

Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 3:

 

Hiezu wird auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 2598/J-BR durch den Herrn Bundeskanzler verwiesen.

 

Zu Frage 4:

 

Die Studie der NEA über das Atomrecht in den OECD-Staaten (Study on Nuclear Legislation in OECD countries) enthält ein Kapitel über die Atomhaftung. Diese Studie wird periodisch aktualisiert, zuletzt im September 2006. Im Jahr 2004 war in einem Fragebogen der NEA auch das Atomhaftungsrecht darzustellen. Auch im Rahmen der International Workshops on the Indemnification of Nuclear Damage (2001 und 2005) wurde das österreichische Atomhaftungsrecht dargestellt. Im Rahmen des derzeit stattfindenden „Impact Assessment“ der Europäischen Kommission betreffend einen Beitritt von EURATOM zur „Pariser Atomhaftungskon­vention“ hat Österreich die Vorzüge des AtomHG 1999 gegenüber der „Pariser Atomhaftungskon­vention“ entsprechend dokumentiert.

 

Zu Frage 5:

 

Die Nachbarstaaten Österreichs sind bis auf die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein Vertragsparteien entweder der „Pariser Atomhaftungskon­vention“ oder des „Wiener Überein­kommens“. Das AtomHG 1999 weicht, wie eingangs erwähnt, in wesentlichen Grundsätzen von den bestehenden Regimen des internationalen Atomhaftungsrechts, deren Vertrags­parteien die Nachbarstaaten sind, ab.

Anzumerken ist, dass die Schweiz bereits angekündigt hat, nach Abschluss einer Überarbei­tung des Schweizer Atomhaftungsrechts  der „Pariser Atomhaftungskonvention“ beizutreten.

Aufgrund des Umstandes, dass das österreichische Atomhaftungsrecht gegenüber dem internationalen Nuklearhaftungsregime aus der Sicht des Geschädigten wesentlich günstiger ist, erscheinen Verhandlungen mit Nachbarstaaten über die Atomhaftung materiell oder über eine Regelung, wonach in bestimmten Fällen das AtomHG 1999 vorrangig anzuwenden ist, nicht zielführend. Es ist jedoch bereits auf Basis der geltenden Regelungen des öster­reichischen Atomhaftungsgesetzes möglich, im Falle von Schäden, die in Österreich eintreten, Haftungsansprüche vor einem österreichischen Gericht geltend zu machen.

 

Zu Frage 6:

 

Diesbezüglich darf auf die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz verwiesen werden.

 

Zu Frage 7:

 

Auch hier wird auf die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz verwiesen. Ich möchte  aber ergänzen, dass in der Entscheidung des Rates der EG vom 8. März 2004 (2004/294/EG) zur Ermächtigung derjenigen EU-Mitgliedstaaten, die der „Pariser Atomhaftungskonvention“ angehören, das Protokoll vom 12. Februar 2004 zur Änderung des Pariser Übereinkommens vom 29. Juli 1960 zu ratifizieren, ausdrücklich festgehalten wurde, dass dadurch die Position Irlands, Luxemburgs und Österreichs nicht berührt wird. Diese ausdrückliche Verankerung der Sonderstellung Österreichs, Irlands und Luxemburgs konnte nur durch das hartnäckige gemeinsame Auftreten der drei Staaten bewirkt werden.

 

Zu Frage 8:

 

In Anbetracht der großen Bandbreite an möglichen Auswirkungen ist eine konkrete Schätzung der jeweils möglichen Schäden seriöser Weise nicht möglich.

 

Zu Frage 9:

 

Die private Vermögenslage eines Unternehmens ist nicht Gegenstand der Vollziehung des Bundes.

 

Zu Frage 10:

 

Es wird auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 2599/J-BR durch die Frau Bundesministerin für Justiz verwiesen.

 

Zu Frage 11:

 

Diesbezügliche Studien sind mir selbstverständlich bekannt. Ich verweise in diesem Zusammenhang insbesondere auf die durch das Forum für Atomfragen in meinem Auftrag erstellte Analyse „Kernenergie, Klimawandel und Nachhaltigkeit“, die nicht nur die Kostenfrage beleuchtet, sondern ganz klar aufzeigt, dass Energieeffizienz und alternative Energien ökologisch und ökonomisch wesentlich günstiger sind als die Kernenergie.

 

Zu Frage 12:

 

Das Klima- und Energiepaket soll dazu führen, dass der CO2-Ausstoß in der EU insgesamt deutlich gesenkt wird und Erneuerbare massiv gefördert werden. Die einzelnen Bestimmungen des Klimapakets müssen vor diesem Hintergrund einer Gesamtbetrachtung unterzogen werden. Dass Versteigerungen im Emissionshandel in Zukunft verstärkt zur Anwendung kommen sollen, ist grundsätzlich positiv zu sehen, da es die Möglichkeit eröffnet, die voraussichtlich substanziellen Versteigerungserlöse für konkrete Klimaschutzmaßnahmen, insbesondere im Bereich Erneuerbare oder Energieeffizienz, einzusetzen.

 

 

Der Bundesminister: