2495/AB-BR/2009

Eingelangt am 01.09.2009
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0134-I 3/2009

Herrn Präsidenten

des Bundesrates

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 31. AUG. 2009

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum,

Kolleginnen und Kollegen vom 2. Juli 2009, Nr. 2700/J-BR/2009,

betreffend AKW Projekte

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen vom 2. Juli 2009, Nr. 2700/J-BR/2009, teile ich Folgendes mit:

 

Eingangs erlaube ich mir, auf das Regierungsprogramm zu verweisen, das Ziele und Maßnahmen der Anti-Atom Politik der Bundesregierung ausführlich darstellt. Dieses Programm gilt es im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten konsequent umzusetzen. In diesem Sinne wirft die vorliegende Anfrage Grundsatzfragen auf, die ich ebenso grundsätzlich beantworten möchte.

 

Österreich lehnt die energetische Nutzung der Kernenergie nach wie vor ab – u. a. weil sie weder mit den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung in Einklang zu bringen ist noch eine kostengünstige und zukunftsverträgliche Option zur Bekämpfung des Klimawandels darstellt. Diese Position vertrete ich konsequent auf bilateraler, europäischer wie internationaler Ebene. Im Einklang mit internationalem und europäischem Recht muss Österreich allerdings die nationale Souveränität anderer Staaten hinsichtlich der Auswahl der Energieträger grundsätzlich respektieren.

 

Dort jedoch, wo es um legitime Schutzbedürfnisse der österreichischen Bevölkerung bzw. um den Schutz der Umwelt geht, ist Österreich berechtigt und verpflichtet, seine Stimme zu erheben. Ich habe daher bereits im Jänner 2009 – kurz nach meinem Amtsantritt – öffentlich deutlich gemacht, dass sich Österreich an allen UVP-Verfahren zu kerntechnischen Anlagen, die negative Auswirkungen auf Österreich haben oder haben könnten, beteiligen wird. Oberste Maxime ist und bleibt der optimale Schutz der österreichischen Bevölkerung und der Umwelt.

 

Die einzelnen Fragen, soweit sie einen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffen, beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

 

Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Es wird auf die Zuständigkeit des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten verwiesen.

 

Zu Frage 2:

 

Generell gilt, dass die Entwicklungen hinsichtlich der angeführten Projekte – aber auch jener europäischen, die hier nicht angeführt wurden, wie etwa Belene in Bulgarien oder der mögliche Ausbau des KKW Krsko in Slowenien – von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern systematisch verfolgt werden. Ebenso generell gilt, dass die Projekte in den Nachbarstaaten Gegenstand des Informationsaustausches und der Konsultation im Rahmen der bilateralen „Nuklearinforma­tionsabkommen“ sind. Daher lässt sich auch sagen, dass sich viele dieser Projekte noch in einem sehr frühen Stadium der Planung befinden.

 

Bezüglich der Blöcke 3 und 4 des KKW Mochovce sei auf das laufende UVP-Verfahren verwiesen. Alle Informationen hiezu sind auf der Internet-Seite des Umweltbundesamtes zu finden. Bezüglich der schweizerischen Projekte wurden die einschlägigen Verfahren eingeleitet, konkrete Unterlagen sind jedoch noch nicht verfügbar. Das BMLFUW wird hier in jedem Falle umgehend informieren. Die Projekte in Dukovany, Bohunice und Paks befinden sich im Planungsstadium.

 

Bezüglich der Projekte in Belarus und in Kaliningrad hat Österreich sein Interesse an einem grenzüberschreitenden UVP-Verfahren bereits schriftlich deponiert. Anzumerken ist, dass die Russische Föderation das Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo-Konvention) zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert hat, somit die Anwendbarkeit der Espoo-Konvention nicht gesichert ist. Zu Penly ist eine diesbezügliche Anfrage im Rahmen der UVP-Richtlinie in Vorbereitung.

 

Auf politischer Ebene wird, wie eingangs erläutert, die Ablehnung der Kernenergie und somit neuer KKW bei jeder Gelegenheit klar zum Ausdruck gebracht.

 

Zu Frage 3:

 

Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Es wird auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 2699/J-BR/2009 durch den Herrn Bundeskanzler verwiesen.

 

Zu Frage 4:

 

Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Es wird auf die Zuständigkeit des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten bzw. der Bundesministerin für Justiz verwiesen.

 

Zu Frage 5:

 

Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

 

Zu Frage 6:

 

Eine Auflistung aller Gespräche, deren Inhalt und Ergebnisse, würde einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand implizieren. Ich versichere aber, dass ich mit meinen Amtskolleginnen und Amtskollegen innerhalb und außerhalb der Europäischen Union „AKW-Pläne“ wiederholt zur Sprache und die Position der österreichischen Bundesregierung klar zum Ausdruck gebracht habe. Daran werde ich auch in Zukunft festhalten.

 

Zu Frage 7:

 

Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Es wird auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 2698/J-BR/2009 durch die Bundesministerin für Justiz verwiesen.

 

Zu Frage 8:

 

Zunächst sei erneut auf die Zuständigkeit des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten verwiesen. Aus rein nuklearpolitischer Sicht stehe ich der Ausarbeitung und dem Abschluss von Abkommen mit gleichgesinnten Staaten eher reserviert gegenüber, da dies wertvolle Ressourcen binden würde ohne einen nennenswerten Zusatznutzen zu erbringen. Sowohl auf politischer, als auch auf administrativer Ebene sind die einschlägigen Kontakte vielfältig. In jenen Fällen oder bei jenen Themen, bei denen ähnlich gelagerte Interessen gegeben sind, werden diese auch gemeinsam verfolgt. Dies beschränkt sich jedoch keineswegs nur auf grundsätzlich kernenergiekritische Staaten.

 

Zu Frage 9:

 

Es wird auf die Beantwortung der Frage 6 verwiesen.

 

Zu Frage 10:

 

Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Es wird auf die Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend verwiesen.

 

Zu Frage 11:

 

Starkstromleitungen sind grundsätzlich vom UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. I Nr. 2/2008, erfasst. Anhang 1 Ziffer 16 bestimmt, dass Starkstromleitungen mit einer Nennspannung von mindestens 220 kV und einer Länge von mindestens 15 km UVP-pflichtig sind. Starkstromleitungen in bestimmten schutzwürdigen Gebieten (besondere Schutzgebiete, alpine Regionen) sind bereits mit einer Nennspannung von mindestens 110 kV und einer Länge von 20 km UVP-pflichtig. Bei Änderungsvorhaben von bestehenden Leitungen wäre § 3a   UVP-G 2000 zu berücksichtigen. Bei Vorhaben, für die ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren bis zum 31.12.1994 eingeleitet wurde, ist das UVP-G 2000 nicht anzuwenden (§ 46 Abs 3). Für bundesländerübergreifende Projekte kommt bis zum Ablauf der Übergangsfrist im UVP-G vor allem das Starkstromwegegesetz 1968 (Zuständigkeit BMWFJ) in Frage.

 

Zu den Fragen 12 bis 16:

 

Die Richtlinie 2009/71/Euratom des Rates vom 25. Juni 2009 über einen Gemeinschaftsrahmen für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen ist am 22. Juli 2009 in Kraft getreten. Sie ist bis 22. Juli 2011 in nationales Recht umzusetzen. Der Anwendungsbereich der Richtlinie umfasst nicht nur Kernkraftwerke, sondern auch Forschungsreaktoren und Anlagen des Brennstoffkreislaufs (inklusive Standortzwischenlager) mit Ausnahme von Endlagern und geht damit weit über den Anwendungsbereich bestehender Rechtsinstrumente hinaus. Festgelegt werden Grundprinzipien für den Rechtsrahmen, für die Aufsichtsbehörden und für die Betreiber von kerntechnischen Anlagen, sowie die Verpflichtung regelmäßiger Selbstbewertungen mit internationaler Überprüfung, über die allen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission Bericht zu erstatten ist. Selbstbewertungen mit internationaler Überprüfung erfolgten bisher nur auf freiwilliger Basis im Rahmen der IAEO. Eine Verpflichtung dazu sowie die offene Berichterstattung darüber stellen unzweifelhaft eine Verbesserung gegenüber dem Status Quo dar.

 

Österreich konnte sich mit seinen wichtigsten Forderungen durchsetzen. Verbesserungen gegenüber dem Status Quo betreffen auch und vor allem die Rechtsverbindlichkeit, den erwähnten weiten Anwendungsbereich, die Verankerung des Prinzips „Sicherheit zuerst“ für Behörden und Betreiber sowie die Transparenzbestimmungen.

 

Mit der rechtlichen Verankerung des Ziels einer kontinuierlichen Verbesserung der nuklearen Sicherheit besteht grundsätzlich Handlungsbedarf für Betreiber und Aufsichtsbehörden. Dies gilt auch für die in der Anfrage erwähnten Anlagen. Die von der Fragestellerin erwähnten „Safety Guides“ der IAEO sind eine Interpretations- und Anwendungshilfe zur Umsetzung der übergeordneten „Safety Requirements“, die wiederum ihre Grundlage in den in der Richtlinie referenzierten „Safety Fundamentals“ haben. Diese „Safety Fundamentals“ bilden zusammen mit den von der WENRA ausgearbeiteten Sicherheitsreferenzniveaus für Leistungsreaktoren einen in der Umsetzung der Richtlinie zu berücksichtigenden technischen Bezugsrahmen.

 

Diese Richtlinie ist ein wichtiger erster Schritt bei der Schaffung europäischer Sicherheitsstandards für kerntechnische Anlagen, dem freilich weitere folgen müssen. Ich werde mich daher auch weiterhin massiv für maximale Sicherheit, Transparenz und den Informationsaustausch kerntechnische Anlagen betreffend einsetzen. Nun gilt es aber auch, diese Richtlinie umzusetzen und sie in der Folge im Lichte praktischer Erfahrungen weiterzuentwickeln.

 

Zu Frage 17:

 

Es wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen.

 

Zu Frage 18:

 

Von den in Österreich anfallenden radioaktiven Abfällen werden von der Nuclear Engineering Seibersdorf GmbH kontaminierte Metalle – unter Anderem aus der Dekommissionierung des ASTRA-Forschungsreaktors – zum Einschmelzen an ein ausländisches Unternehmen übergeben. Durch diese Aufbereitung, die in Österreich nicht durchgeführt werden kann, kann eine Trennung in ein weitgehend inaktives Metall und höher kontaminierte Schlackerückstände und somit eine wesentliche Reduktion der Abfallmengen (etwa 20:1) erreicht werden. Das so rückgewonnene Metall kann für (eingeschränkte) Zwecke weiterverwendet werden, die übrigbleibende Schlacke ist radioaktiver Abfall und wird zur Zwischen- und späteren Endlagerung nach Österreich zurückverbracht.

 

Zu Frage 19:

 

Zunächst wird auf die Beantwortung (2447/AB-BR/2009) der parlamentarischen Anfrage Nr. 2649/J-BR/2008 verwiesen.

 

Das Modernisierungsprogramm für die Einrichtungen der Nuclear Engineering Seibersdorf GmbH für das Management des radioaktiven Abfalls hat mit 2009 begonnen und soll bis zum Jahr 2020 laufen. Der Großteil der erforderlichen Investitionen ist dabei bis zum Jahr 2015 vorgesehen.

 

Der Bundesminister: