2500/AB-BR/2009

Eingelangt am 02.09.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0190-Pr 1/2009

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Bundesrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 2698/J-BR/2009

 

Die Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „AKW Projekte“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Ich verweise auf die Beantwortung der korrespondierenden Anfrage an den Herrn Bundeskanzler zur Zahl 2699/J-BR/2009.

Zu 2:

Zu den Unterpunkten 1. und 2. wird auf die Beantwortung durch den Herrn Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten verwiesen. Zu Unterpunkt 3.: Um den Ersatz eines Schadens vor einem österreichischen  Gericht einklagen zu können, muss die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte gegeben sein. Nach Art. 5 Z 3 EuGVVO (Brüssel I VO = VO EG 44/2001) können Ansprüche aus unerlaubten Handlungen und Handlungen, die unerlaubten Handlungen gleichgestellt sind, vor dem Gericht des Ortes eingeklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Das ist nach der Rechtsprechung des EuGH der Ort, an dem der Schaden eingetreten ist oder der Ort des ursächlichen Geschehens. Der Ersatz eines in Österreich eingetretenen Schadens kann daher in Österreich eingeklagt werden.

Zu 3:

Das Pariser Übereinkommen vom 29. Juli 1960 über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 16. November 1982 begrenzt die Haftung des Betreibers auf 15 Millionen Sonderziehungsrechte (SZR) des Weltwährungsfonds. Für Schäden in Staaten, die nicht Vertragsstaaten sind, können die Vertragsstaaten die Haftung und die Haftungsgrenzen aber autonom festlegen.

Nach dem Brüsseler Zusatzübereinkommen vom 31. Januar 1963 zum Pariser Übereinkommen vom 29. Juli 1960 über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 28. Januar 1964 und des Protokolls vom 16. November 1982 sorgen die Vertragsstaaten dafür, dass für den Ersatz von Schäden in Vertragsstaaten bis zu 175 Millionen SZR zur Verfügung stehen. Sollte diese Summe für den vollständigen Ersatz nicht genügen, so stellt ein internationaler, von allen Vertragsstaaten gespeister Fonds weitere 125 Millionen SZR zur Verfügung.

Das Wiener Übereinkommen vom 21. Mai 1963 über die Haftung für nukleare Schäden verpflichtet die Vertragsstaaten, die Haftungsgrenze nicht unter 5 Millionen Golddollar (etwa 50 Millionen US-Dollar) festzusetzen; nach dem Änderungsprotokoll zum Wiener Übereinkommen vom 29. September 1997 beträgt diese Mindesthaftungsgrenze zwischen 100 und 300 Millionen SZR des Weltwährungsfonds. Diese Mindesthaftungsgrenze müssen die Vertragsstaaten des Wiener Übereinkommens nicht gegenüber Nichtvertragsstaaten einhalten.

Wie die Vertragsstaaten des Pariser Übereinkommens und des Brüsseler Zusatzübereinkommens im Einzelnen diesen Regelungsspielraum im nationalen Recht aktuell genutzt haben, kann mit vertretbarem Aufwand nicht ermittelt werden (es gibt eine zusammenfassende Darstellung der NEA – Nuclear Legislation, analytical study - auf dem Stand 2006, die allerdings nicht alle der angefragten Staaten umfasst). Es ist aber nicht anzunehmen, dass die Rechtsordnungen dieser Staaten für diese Fälle die Haftungsgrenze höher ansetzen als gegenüber Vertragsstaaten.

Dem Pariser Übereinkommen in der Fassung des Protokolls von 1982 und dem Brüsseler Zusatzübereinkommen in der Fassung des Änderungsprotokolls 1982 gehören folgende der aufgelisteten Staaten an: Italien, Frankreich, Großbritannien, Finnland, Schweden, Belgien und Niederlande. Vertragsstaaten des Wiener Übereinkommens sind: Estland, Kroatien, Ukraine, Bulgarien, Russland, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Bulgarien; dem Wiener Übereinkommen in der Fassung des Protokolls von 1997 gehören Rumänien und Belarus an.

Zu 4:

Für das Haftungsrecht, auch das der Atomhaftung, fehlt es an einer Gemeinschaftszuständigkeit; schon deswegen wurde bisher von einem Vorstoß zur Schaffung einer solchen Richtlinie abgesehen.

 

. August 2009

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)