2513/AB-BR/2009

Eingelangt am 02.10.2009
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Anfragebeantwortung

 

 

Herrn Präsidenten

des Bundesrates

Erwin Preiner                                                                    Wien, am    Oktober 2009

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310102/0009-I/4/2009

 

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2719/J-BR/2009 vom 3. August 2009 der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Das Bundesministerium für Finanzen nimmt die vom Rechnungshof in seinem Bericht über Finanzierungsinstrumente der Gebietskörperschaften zu einzelnen Punkten abgegebenen Empfehlungen sehr ernst und schließt sich der Einschätzung des Rechnungshofes inhaltlich an:

 

Der Rechnungshof erachtet zu Absicherungszwecken abgeschlossene und an Grundgeschäfte gebundene Derivativgeschäfte unter strikter Beachtung der vorgegebenen Risikolimits als ein taugliches Instrument, um ein gegebenes Schuldenportfolio hinsichtlich seiner Struktur einem veränderten Marktumfeld anzupassen. Im gegenständlichen Bericht des Rechnungshofes wird aber auch festgehalten, dass die Durchführung von Derivativgeschäften zu reinen Spekulationszwecken nicht gerechtfertigt werden kann.

 

Zu 2. und 3.:

Laut Feststellung des Rechnungshofes führten die überprüften Gebietskörperschaften – bis auf den Bund – keine durchgängigen Risikobewertungen der Schuldenportfolios durch. Demnach wurden erst ab dem Jahr 2006 Gesamtrisikoanalysen der Finanzschulden durchgeführt.

 

Ein Vergleich von Risikokennzahlen zwischen allen Gebietskörperschaften war laut Rechnungshofbericht nicht möglich, weil die Risikobewertungen sowohl hinsichtlich der verschiedenen Risikokennzahlen als auch der Berechnungsart sehr unterschiedlich gestaltet waren. So berechneten die Gebietskörperschaften beispielsweise den Value at Risk (Risikomaß, das den Erwartungswert des Verlustes des Portfolios bei einer ungünstigen Marktentwicklung angibt) nach unterschiedlichen Kriterien und Zeiträumen.

 

Dem Rechnungshof lag lediglich für das Jahr 2006 eine einigermaßen vergleichbare Auswertung des Value at Risk der Gesamtschuld der vier Gebietskörperschaften vor.

 

Die höheren Risiken, welche die Länder insbesondere beim Abschluss von Derivativ-geschäften eingingen, spiegeln sich u.a. in dieser Kennzahl wider und waren gemäß der Feststellung des Rechnungshofes – gemessen als prozentueller Anteil des Value at Risk an der Gesamtschuld – im Jahr 2007 bis zu acht Mal höher (Maximalwert 41%) als der vergleichbare Risikowert des Bundes (5%).

 

Zu 4.:

Laut Feststellung des Rechnungshofes erzielten die Länder Burgenland, Kärnten und Salzburg durch den Einsatz von Derivativgeschäften im Zeitraum von 2002 bis 2007 eine Reduktion der Zinsbelastung um 78,86 Mill. EUR; der Bund konnte seinen Zinsaufwand in diesem Zeitraum um 3,024 Mrd. EUR vermindern. Die Gesamtzahl für die drei Länder überdeckt allerdings gewisse Unterschiede. Zu Burgenland hält der Rechnungshof etwa fest, dass nach anfänglichen Gewinnen von 21,28 Mill. Euro in den Jahren 2004 bis 2007 Verluste von 11,36 Mill. Euro entstanden. Für Kärnten beziffert der Rechnungshof die Einsparungen aus Swapgeschäften im Überprüfungszeitraum mit 3,87 Mill. Euro. Im Vergleich dazu beziffert der Rechnungshof das Verlustrisiko für Kärnten im Jahr 2006 mit rund 120 Mill. Euro. Salzburg hat aus seinen Derivativgeschäften ein Bruttoergebnis von 210,38 Mill. Euro erzielt, von denen 65,04 dem Landeshaushalt zugeführt wurden. Salzburg ist allerdings von allen überprüften Gebietskörperschaften das höchste Risiko eingegangen: im Jahr 2007 betrug das Verlustrisiko 41 Prozent der Samtverschuldung des Landes.

 

Zu 5.:

Hierzu wurde eine Stellungnahme der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) eingeholt, welcher die folgenden Angaben entnommen sind:

 

Der Nettobarwert aus dem Fremdwährungsportfolio seit 1993 betrug per 31. Dezember 2008 rund 5,16 Mrd. EUR.

 

Bei ausschließlichen Eurofinanzierungen wäre die Finanzschuld des Bundes somit um diesen Betrag bzw. rund 2% des BIP höher.

 

Zu 6.:

Der Rechnungshof stellt fest, dass Burgenland, Kärnten und Salzburg seit dem Jahr 2006 Gesamtrisikoanalysen der Finanzschulden durchführen. Das Veranlagungsmanagement basierte auf kurz- bzw. mittelfristigen Finanz- und Liquiditätsplanungen. Vorgaben zum maximal tragbaren Marktrisiko, Messungen der erzielten Risiko-Ertragsverhältnisse und Benchmarks zur Performancebeurteilung fehlten laut Rechnungshof überwiegend (Ausnahme: Burgenland).

 

Der Rechnungshof empfiehlt Burgenland, Kärnten und Salzburg, im Sinne eines effizienten Schuldenmanagements geeignete Maßnahmen und Instrumente zur Bewertung, Begrenzung und Steuerung von Finanzierungsrisiken zu ergreifen bzw. zu installieren. Dementsprechend sollte das Risikomanagement auf Methoden aufbauen, die im Bankensektor Anwendung finden. Das sind insbesondere Value at Risk-Modelle zur Abschätzung des Zinsänderungsrisikos auf den Barwert (Marktwert) der Verschuldung sowie Modified Duration- und Cashflow at Risk-Modelle als Indikatoren für die Zinskostensensitivität auf Marktzinsveränderungen.

 

Der Rechnungshof empfiehlt weiters, das Risiko insbesondere in Verbindung mit Derivativgeschäften für verschiedene Haltedauern zu berechnen, um zusätzliche Anhaltspunkte für die Angemessenheit bestehender Ertragsvorstellungen zu gewinnen. Sollten Geschäfte mit speziellen, schwer bewertbaren Strukturen abgeschlossen werden, wäre aufgrund der Probleme mit der Bewertung des damit eingegangenen Risikos mit besonderer Vorsicht und verringertem Volumen vorzugehen.

 

Darüber hinaus wäre das bei Derivativgeschäften vorhandene zusätzliche Ausfallsrisiko des Vertragspartners gebührend zu beachten bzw. zu reduzieren. Neben strengen Auswahlkriterien in Bezug auf die Bonität des Swappartners und Limitvorgaben für jeden Vertragspartner sollten Swaptransaktionen mit Besicherungsinstrumenten (so genannten Collaterals) unterlegt werden. Durch die Abwicklung der Swapgeschäfte über die ÖBFA könnten die Länder in den Genuss des bei der ÖBFA installierten Collateral-Systems kommen und damit ihre Kreditrisiken reduzieren.

 

Derzeit liegen dem Bundesministerium für Finanzen keine weitergehenden Informationen zum Stand der Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes in den Ländern vor. Das Bundesministerium für Finanzen wird jedoch gegenüber seinen subnationalen Partnern – auch über den Kreis der Länder Burgenland, Kärnten und Salzburg hinaus – mit Nachdruck auf die Notwendigkeit eines effizienten und nachhaltigen Risikomanagementsystems hinweisen.

 

Abschließend wird in weiterem Zusammenhang die Empfehlung des Staatsschulden-ausschusses hervorgehoben, wonach die Länder und Gemeinden die Erfahrungen des Bundes hinsichtlich eines stabilitätsorientierten Debt-Managements verstärkt nutzen sollten, um bestmögliche Finanzierungskonditionen langfristig zu gewährleisten.

 

 

Mit freundlichen Grüßen