2559/AB-BR/2010

Eingelangt am 08.09.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0129 -I 3/2010

Herrn Präsidenten

des Bundesrates

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 7. SEP. 2010

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum,

Kolleginnen und Kollegen vom 12. Juli 2010, Nr. 2766/J-BR/2010,

betreffend eines Klimaschutzgesetzes

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen vom 12. Juli 2010, Nr. 2766/J-BR/2010, teile ich Folgendes mit:

 

Zu Frage 1:

 

Die Treibhausgasemissionen Österreichs beliefen sich im letzten verfügbaren Berichtsjahr 2008 (dem ersten Jahr der Kyoto-Verpflichtungsperiode) auf insgesamt 86,6 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent. Abzüglich angekaufter Reduktionseinheiten aus JI- und CDM-Projekten in Höhe von 9 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent, der Nettobindung von CO2 durch Forstwirtschaft (0,7 Mio. Tonnen CO2) sowie dem Beitrag von Anlagen, die dem EU-Emissionshandelssystem unterliegen (1,3 Mio. Tonnen CO2) betrugen die „Kyoto-relevanten“ Emissionen 75,7 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent. Daraus resultiert für das Jahr 2008 eine Lücke zum Kyoto-Zielwert für Österreich (68,8 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent) in Höhe von rund 6,9 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent.


Zu Frage 2:

 

Die größten Abweichungen vom Kyoto-Zielwert gemäß der österreichischen Klimastrategie waren im Jahr 2008 im Verkehrssektor (+3,7 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent) und in der Industrie außerhalb des Emissionshandels (+2,4 Mio. Tonnen) festzustellen. Im Verkehr konnte seit Ende der 1990er Jahre ein besonders starker Anstieg der Emissionen registriert werden, der zu einem wesentlichen Anteil mit dem stark gewachsenen Kraftstoffexport im Fahrzeugtank (sog. „Tanktourismus“) in Zusammenhang steht.

 

In den Sektoren Raumwärme, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und „fluorierte Gase“ konnte im Jahr 2008 eine Zielerreichung bzw. nur leichte Überschreitung der Zielwerte der Klimastrategie registriert werden. Die Bundesministerienzuständigkeit ergibt sich nach dem Bundes­ministeriengesetz.

 

Zu Frage 3:

 

Das geplante Klimaschutzgesetz (KSG) sieht für die Kyoto-Periode 2008-2012 eine Aufteilung des österreichischen Klimaziels auf Sektoren vor. Die Aufteilung basiert dabei auf den Zahlen der Klimastrategie 2007. Diese Aufteilung war schon im Erstentwurf des KSG enthalten und bildet die Grundlage für die Diskussionen mit den anderen Ministerien und den Ländern.

 

Zu Frage 4:

 

Österreich nutzt für die gegenwärtige Kyoto-Periode (2008-2012) die Möglichkeit des Beitrags von JI- und CDM-Projekten zur Zielerreichung. Bislang wurden Reduktionseinheiten zur Abdeckung von rund 45 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent angekauft bzw. vertraglich vereinbart. Hierfür stehen gemäß Umweltförderungsgesetz aus dem Bundesbudget 531 Mio. Euro zur Verfügung.

 

Für die Periode 2013 bis 2020 enthält die Energiestrategie Österreich Maßnahmenvorschläge, die eine Zielerreichung durch Reduktionsanstrengungen im eigenen Land ermöglichen.


Zu Frage 5:

 

Das Kyoto-Protokoll sieht keine expliziten „Strafzahlungen“ vor, sondern die Möglichkeit für Vertragsparteien, ihre Ziele auch unter Zuhilfenahme von Zertifikatszukäufen zu erreichen. Je nach Entwicklung der Emissionen in den Jahren 2009 bis 2012 in Österreich könnten weitere Zukäufe notwendig werden, wobei eine Quantifizierung aufgrund der wirtschaftlich bedingten Unsicherheiten zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist.

 

Zu Frage 6:

 

Eine detaillierte Beantwortung dieser Frage ist derzeit nicht möglich. Es handelt sich um ein Forschungsthema, dem man sich gerade in jüngster Zeit mit großem Interesse widmet.

 

Zu den Fragen 7 bis 9:

 

Der Frageinhalt ist derzeit Gegenstand von Verhandlungen.

 

Zu Frage 10:

 

Die Verhandlungen zum Klimaschutzgesetz haben gemäß Beschluss der Landesumweltreferentenkonferenz (LURK) 2009 auf hoher Beamtenebene in einer vor einem Jahr eingesetzten Arbeitsgruppe sowie im Bund-Länder-Koordinierungsgremium „Kyoto-Forum“ stattgefunden. Die Arbeitsgruppe Klimaschutzgesetz sowie das Kyoto-Forum sind mehrmals zusammengetreten um die Grundlagen für die Einigung bei der diesjährigen LURK vorzubereiten.

 

Zu Frage 11:

 

Die Einigung auf der Landesumweltreferentenkonferenz im Juni 2010 ist ein entscheidender Durchbruch für den Klimaschutz in Österreich. Die Einigung auf die wesentlichen Eckpunkte eines Klimaschutzgesetzes hat wichtige Fragen und Streitpunkte in den bisherigen Verhandlungen gelöst; sie ist ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zur Beschlussfassung des Klimaschutzgesetzes und Handlungsanweisung für das Ausgestalten eines neuen Gesetzesentwurfes.


Zu Frage 12:

 

Frageinhalt ist Gegenstand derzeitiger Verhandlungen.

 

Zu Frage 13:

 

Zunächst ist festzuhalten, dass die bestehende Vereinbarung nach Art. 15a B‑VG über Maßnahmen im Gebäudebereich (BGBl. II Nr. 251/2009), die an die Stelle der Vereinbarung über Maßnahmen im Bereich der Wohnbauförderung (BGBl. II Nr. 19/2006) tritt, keineswegs ineffizient ist, sondern von allen Ländern umgesetzt wurde und zu nachweislichen Maßnahmenwirkungen geführt hat (siehe dazu „Zusammenfassende Berichte über die Maßnahmenwirkungen“ auf der Internetseite www.klimastrategie.at). Zur politischen Vereinbarung über die Mittelverwendung aus der Mineralölsteueranhebung 2007 ist anzumerken, dass diese nicht als rechtsverbindliche Vereinbarung nach Art. 15a B‑VG ausgearbeitet wurde. Im Übrigen wird auf die Antworten zu Fragen 7 bis 9 und 12 verwiesen.

 

Zu Frage 14:

 

Es wird die Beschlussfassung noch in diesem Jahr angestrebt.

 

Zu den Fragen 15 bis 17:

 

Frageinhalt ist Gegenstand derzeitiger Verhandlungen.

 

Zu Frage 18:

 

Die bislang erfolgreich implementierten Maßnahmen – beispielsweise die Förderung von Klimaschutzmaßnahmen im Rahmen der Umweltförderung im Inland und des Klima- und Energiefonds, Impuls- und Bewusstseinsbildungsprogramme im Rahmen von „klima:aktiv“ und „klima:aktiv mobil“, die Beimischung ökologisch einwandfreier Biokraftstoffe im Verkehr, die Reglementierung der Nutzung von fluorierten Gasen, die klimagerechte Behandlung von Abfällen und die Umsetzung umweltgerechter Maßnahmen in der Landwirtschaft – werden weitergeführt und nach Möglichkeit verstärkt. Dadurch werden Jahr für Jahr zusätzliche Emissionsreduktionen bewirkt, welche die Lücke zur Erreichung des Kyoto-Ziels weiter ver­kleinern werden. Laut aktuellem Klimaschutzbericht sind die Sektoren, die in meinen Zuständigkeitsbereich fallen, auf Kyoto-Zielerreichungspfad.


Zu Frage 19:

 

Mit den Novellen 2008 und 2009 des Ökostromgesetzes wurden die Rahmenbedingungen für die Ökostromförderung wieder deutlich attraktiver gestaltet. Einige Ecken und Kanten der Novelle 2006 konnten entschärft, andere – wie die Deckelung des Budgets – zumindest etwas abgerundet werden. Die aktuelle Einspeisetarif-VO 2010 setzt wieder ein klares Signal in Richtung neue Ökostromanlagen. Über eine Novelle des Ökostroms werden derzeit unter Federführung des BMWFJ Verhandlungen geführt.

 

Zu Frage 20:

 

Durch die Novelle 2009 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz haben wir auf die verstärkten Anforderungen hinsichtlich des Klimaschutzes reagiert, indem festlegt wurde, dass für UVP-pflichtige Vorhaben im Rahmen der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) ein Klima- und Energiekonzept vorzulegen ist. Dieses soll sicherstellen, dass alle dem Stand der Technik entsprechenden Energieeinsparungs- sowie Klimaschutzmaßnahmen bei Neuvorhaben sowie großen Erweiterungsvorhaben umgesetzt werden.

 

Darüber hinaus sind alle Kraftwerksanlagen in den Emissionshandel gemäß EU-Richtlinie eingebunden, wobei bereits für die laufende Periode (2008-2012) signifikante Einschränkungen bei der Zuteilung von Gratiszertifikaten für kohlebetriebene Anlagen vorgenommen wurden. Ab 2013 erhalten Strom produzierende Anlagen keine kostenfreien Emissionszertifikate mehr, d.h. der Bedarf an Zertifikaten muss über Versteigerungen gedeckt werden. Dadurch steigt der Anreiz für die Kraftwerksbetreiber, in Energieeffizienz und Brennstoffumstellungen zu investieren.

 

Zu Frage 21:

 

Zur Ökologisierung des Kfz-Fuhrparks ist Folgendes zu sagen:

 

-       Die klima:aktiv mobil-Initiative des Lebensministeriums hat seit 2005 die Anschaffung von rund 2.650 Fahrzeugen (Pkw, Lkw, Busse, Traktoren) mit alternativen Antrieben für Betriebe, Gemeinden und Verbände unterstützt; damit werden jährlich 120.000 Tonnen CO2 eingespart. Das Programm hat durch Maßnahmen für umweltfreundliches Mobilitätsmanagement von insgesamt über 850 Projektpartnern mehr als 360.000 Tonnen CO2-Emissionen eingespart;

 

-       Seit Juli 2008 wurde die Ökologisierung der NoVA weiter umgesetzt und ein Steuerbonus für neue Pkw mit CO2-Emissionen unter 120 g CO2/km bzw. ein Malusbetrag für Pkw mit CO2-Emissionen über 180 g CO2/km sowie ein Steuerbonus für alternative Antriebe und erneuerbare Kraftstoffe, wie Antriebe mit Biodiesel, Pflanzenöl, Superethanol E85, Biogas und Hybridantrieb, geschaffen.


Die Effekte der Maßnahmen sind aus der statistischen Erhebung klar ersichtlich:

 

-       Seit 2008 hat der Bestand an Pkw mit alternativem Antrieb um 6.700 zugenommen;

 

-       Der Anteil verbrauchsarmer Pkw an den Neuzulassungen ist von 5 % (Juni 2008) auf 19 % im Dezember 2009 angestiegen, der Anteil großer Pkw mit Emissionen über 180 g CO2/km von 21 % auf 16 % gesunken;

 

-       Mit Jänner 2010 wurde die Malusgrenze von 180 g CO2/km auf 160 g CO2/km abgesenkt: der Anteil der großen Pkw mit CO2-Emissionen über 160 g CO2/km (Malus-Regelung) ist von einem Anteil von 27 % im Dezember 2009 auf 21% im Mai 2010 gesunken.

 

Zu Frage 22:

 

Im Rahmen der Erstellung der Energiestrategie wurde dieses wichtige Thema der Wohnbau-Sanierung ausführlich diskutiert und ein Bündel von Maßnahmen vorgeschlagen, um dieses Ziel zu erreichen.

 

Zu Frage 23:

 

a) Das Schutzgut „Klima“ findet sich bereits in § 1 UVP-G 2000 verankert. Mit der UVP-G-Novelle 2009 wurde die verpflichtende Vorlage eines Klima- und Energiekonzeptes im Rahmen der Umweltverträglichkeitserklärung eingeführt.

Das Klima- und Energiekonzept im Rahmen der UVE soll daher sicherstellen, dass bei UVP-pflichtigen Vorhaben dem Stand der Technik entsprechende Energieeinsparungs- sowie Klimaschutzmaßnahmen getroffen werden.

 

b) Die Zuständigkeit für den Generalverkehrsplan liegt bei der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie.

 

c) In der neu abgeschlossenen Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG zwischen dem Bund und den Ländern über „Maßnahmen im Gebäudesektor zum Zweck der Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen“ wurde auch eine Weiterentwicklung der wohnrechtlichen Rahmenbedingungen festgeschrieben (Artikel 15).

 

d) Die Aufklärung der Konsumentinnen und Konsumenten über die Klima- und sonstigen Umweltauswirkungen von Lebensmitteln stellt ein besonders wichtiges Anliegen dar. In den letzten Jahren konnte in diesem Bereich bereits ein sehr hohes Bewusstsein der Menschen erreicht werden. Initiativen wie „Gutes vom Bauernhof“ oder „Genuss Region Österreich“ haben hier stark unterstützend gewirkt.


Zu Frage 24:

 

Die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen ist ein laufender Prozess, der durch die Energiestrategie Österreich neuen Schwung erlangen wird. Das Klimaschutzgesetz ist jedoch eine unverzichtbare rechtliche Grundlage.

 

Der Bundesminister: