2644/AB-BR/2012

Eingelangt am 04.01.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 


BMJ-Pr7000/0293-Pr 1/2011


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

 

Frau
Präsidentin des Bundesrates

 

 

Zur Zahl 2854/J-BR/2011

Die Bundesräte Hans-Jörg Jenewein und weitere Bundesräte haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „gerichtlich beeideter Sachverständiger Univ. Prof. Dr. Max Friedrich“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Ein Eingehen auf diese Fragen ist mir aus Gründen des Datenschutzes nicht möglich.

Zu 2 und 5 bis 7:

Diese Fragen betreffen nicht Angelegenheiten meines Vollziehungsbereiches, sondern solche der unabhängigen Rechtsprechung.

Zu 3:

Soweit überblickbar haben seit 2009 drei Personen Entschädigungszahlungen im gegebenen Zusammenhang geltend gemacht, wobei zwei strafgerichtliche Verurteilungen durch Wiederaufnahme der Verfahren aufgehoben wurden.


Zu 4:

In zwei Fällen erfolgte eine vergleichsweise Bereinigung der Entschädigungssachen, wobei die Republik Österreich Vermögensschäden in Höhe von insgesamt Euro 204.000,00 ersetzte und zusätzlich Pensionsbeiträge in Höhe von Euro 30.659,11 nachentrichten musste.

In einem weiteren Fall scheiterten die Vergleichsverhandlungen. Der Entschädigungswerber hat Forderungen in einer Höhe von Euro 116.034,30 zwischenzeitig klagsweise geltend gemacht.

In den oben angeführten Schadensbeträgen sind die frustrierten Verfahrenskosten (inklusive der Kosten für Gutachten in den erneuerten Verfahren) nur teilweise berücksichtigt, sodass die Frage nach dem Gesamtschaden – abgesehen von dem noch offenen streitigen Verfahren – nicht abschließend beurteilt werden kann.

Zu 8:

Univ.Prof. Dr. M.F. wurde im Jahr 1998 von der damals zuständigen Untersuchungsrichterin zum Sachverständigen bestellt.

Zu 9 bis 11, 16 bis 23 und 25 bis 28:

Der ständige Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten hat anlässlich seiner Beratungen am 1. Dezember gemäß § 32c GOG beschlossen, die Bundesministerin für Inneres sowie die Bundesministerin für Justiz zu ersuchen, ihm alle Akten und Unterlagen im Zusammenhang mit dem Entführungsfall Kampusch – ausgenommen zivilrechtliche Akten bzw. Akten betreffend Privatanklagedelikte – zur Einsicht zu übermitteln. Aufgrund dieses Beschlusses wurden die betreffenden Akten und Unterlagen der Parlamentsdirektion unverzüglich übermittelt. Im Hinblick auf die dadurch ermöglichte umfassende parlamentarische Kontrolle und den von mir zu wahrenden Datenschutz, insbesondere Schutz des Privat- und Familienlebens des Entführungsopfers, bitte ich um Verständnis, dass ich zu diesen Fragen inhaltlich nicht Stellung nehmen kann.

Zu 12 bis 14 und 24:

Ein Sachverständiger hat entsprechend dem Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB für jenen Fleiß und jene Kenntnisse einzustehen, die seine Fachkollegen gewöhnlich haben. Dazu zählt auch, dass das Gutachten nach den aktuellen Regeln der Wissenschaft erarbeitet und erstellt wird, und zwar auch hinsichtlich der im Rahmen der Befundaufnahme und Gutachtenserstellung einzuhaltenden Anforderungen, Kriterien und Prüfschritte.

Auch die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit diesen Erfordernissen im Einzelfall entsprochen worden ist, ist letztlich Sache der unabhängigen Gerichte. Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich zu diesen Fragen nicht näher Stellung nehmen kann.


Zu 15:

Univ. Prof. Dr. M. F. ist seit 22. November 1984 in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen nunmehr für die Fachgebiete 02,16 Neurologie und 01,35 Psychiatrie, psychotherapeutische Medizin (mit der Einschränkung: nicht für aussagepsychologische Gutachten) eingetragen.

Gemäß § 6 Abs. 2 SDG erfolgt die Einleitung eines Rezertifizierungsverfahrens über schriftlichen Antrag an die jeweils zuständige Präsidentin bzw. des jeweils zuständigen Präsidenten des Landesgerichts. Dabei sind jene Verfahren zu nennen, in denen der um Rezertifizierung ansuchende Sachverständige in einem maßgeblichen Zeitraum vor der Antragstellung tätig geworden ist. Die zuständige Präsidentin bzw. der zuständige Präsident hat nach § 6 Abs. 3 SDG – wenn ihr/ihm der Sachverständige hinsichtlich seiner Eignung nicht ohnehin bekannt ist – in Form von Stichproben von mehreren Richterinnen und Richtern, die in Verfahren zu entscheiden hatten, in denen der Sachverständige ein Gutachten erstattet hat, schriftliche Stellungnahmen über die Eignung des Sachverständigen einzuholen. Die Präsidentin bzw. der Präsident kann zusätzlich auch andere Erhebungen pflegen sowie ein Gutachten der Kommission einholen, die im Eintragungsverfahren die fachliche Eignung des Bewerbers prüft (§ 4 a SDG).

Der Sachverständige Univ. Prof. Dr. M. F. beantragte am 8. August 2008 die Einleitung eines Rezertifizierungsverfahrens aufgrund der Befristung seiner Eintragung mit 31. Dezember 2008. In diesem Zusammenhang wurden von der für die Entscheidung zuständigen Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien fünf aus mehr als 70 Verfahren, in denen Univ. Prof. Dr. M. F. in den letzten Jahren als Gerichtssachverständiger tätig war, ausgewählt. In vier Fällen bezeichneten die um Stellungnahme ersuchten Richterinnen und Richter die Gutachten des genannten Sachverständigen als sorgfältig, schlüssig, nachvollziehbar und korrekt aufgebaut. Zum fünften stichprobenartig ausgewählten Verfahren konnte keine Stellungnahme abgegeben werden, weil das Gutachten zu diesem Zeitpunkt noch in Ausarbeitung war.

Im Rahmen der gemäß § 6 Abs. 3 letzter Satz SDG fakultativ vorgesehenen weiteren Erhebungen legte Univ. Prof. Dr. M. F. eine Liste von außeruniversitären Vorträgen vor.

Zusätzlich verschaffte sich das Entscheidungsorgan in einem persönlichen Gespräch am 16. Dezember 2008 auch einen unmittelbaren Eindruck von Univ. Prof. Dr. M. F., wobei Gegenstand dieser Besprechung auch die gegen den Sachverständigen seinerzeit im Zusammenhang mit zwei Verfahren vor dem Landesgericht Klagenfurt erhobenen Vorwürfe wegen mangelhafter Gutachten waren.


Aufgrund der durchwegs positiven Ergebnisse der Erhebungen und der nachvollziehbaren Rechtfertigung des Sachverständigen hinsichtlich der gegen ihn erhobenen Vorwürfe erfolgte die Rezertifizierung des genannten Sachverständigen bis 31. Dezember 2018.

Zu 29 und 30:

Im Zusammenhang mit der Rezertifizierung von Univ. Prof. Dr. M. F. als Gerichts-sachverständiger gab es keinerlei Interventionen.

 

Wien,      . Dezember 2011

 

 

 

Dr. Beatrix Karl