2672/AB-BR/2012

Eingelangt am 11.05.2012
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

 

Präsident des Bundesrates

Gregor Hammerl

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                            Wien, am 10. Mai 2012

 

                                                                                            Geschäftszahl:

                                                                          BMWFJ-10.102/0002-IM/a/2012

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 2883/J-BR betreffend „geringe Anzahl von Unternehmensgründungen in Österreich“, welche die Abgeordneten Mag. Reinhard Pisec, Kolleginnen und Kollegen am 14. März 2012 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

 

Die österreichischen Gründer sind anpassungsfähig und flexibel, um auf Änderungen im wirtschaftlichen Umfeld bestmöglich reagieren und diese auch für sich  nutzen zu können.

 

2011 wurden 28.320 Unternehmen (ohne Personenbetreuer) gegründet, ein Rückgang von 4,5 % gegenüber 2010, der durch die rückläufige Wirtschaftsentwicklung und durch die allgemeine Unsicherheit durch die Währungs- und Schuldenkrise bedingt ist.


Seit 2000 bewegt sich die Zahl der Gründungen aber nahezu auf konstantem Niveau mit nur vergleichsweise geringen Schwankungen zwischen den Jahren, was nachstehende Grafik veranschaulicht.

 

 

Dem gegenüber steht die nach wie vor hohe Überlebensdauer der neugegründeten Unternehmen; knapp 70 % sind nach fünf Jahren noch am Markt tätig. Beachtlich ist auch der Rekordwert der Gründerinnen: Mehr als 40 % der neugegründeten Unternehmen wurden von Frauen gegründet, ein europäischer Spitzenwert.

 

Die Anzahl der Ein-Personen-Unternehmen ist weiterhin steigend - bereits rund 55 % aller gewerblichen Unternehmen sind EPU (Frauenanteil 43,4 %, Durchschnittsalter allgemein 43,9 Jahre). 90,4 % der EPU sind nicht eingetragene Einzelunternehmer/innen, 2,1 % eingetragene Einzelunternehmer/innen und    7,5 % GmbH. Etwa 80 % der neugegründeten Einzelunternehmen sind EPU (Quelle WKO, Stand 2011).

 

 

Antwort zu den Punkten 2 und 5 der Anfrage:

 

Das Umfeld für Gründungswillige in Österreich hat sich in den vergangenen Jahren laufend verbessert. Zahlreiche rechtliche und administrative Hürden sind beseitigt worden. Zudem hat die Bundesregierung das soziale Netz für Jungunternehmer/innen mit der Selbstständigen-Vorsorge und der freiwilligen Arbeitslosenversicherung enger geknüpft sowie an die Bedürfnisse der Zielgruppe angepasst. Weiters wurde auch für Unternehmer das so genannte "Jahressechstel" eingeführt. Positiv ausgewirkt hat sich zudem der Entfall mehrerer Lohnnebenkosten für den ersten Mitarbeiter. Durch die 2011 beschlossene Novelle des Neugründungs-Förderungsgesetzes wurde erreicht, dass Jungunternehmer/innen ihre Befreiung von bestimmten Lohnnebenkosten nicht mehr nur im ersten, sondern auch im zweiten und dritten Jahr nach der Gründung in Anspruch nehmen können. Dabei entfallen die Dienstgeberbeiträge zur Wohnbauförderung, zum Familienlastenausgleichsfonds, zur Unfallversicherung und zur Kammerumlage für maximal zwölf Monate.

 

Gleichzeitig unterstützt mein Ressort Jungunternehmer/innen über gezielte Förderprogramme: Investitionen werden durch die Möglichkeit von staatlichen Haftungen bei der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws) sowie durch erp-Kleinkredite, die speziell Mikrounternehmen zugutekommen, erleichtert. Weitere Maßnahmen nützen vor allem innovativen Jungunternehmer/inne/n: Sie können beispielsweise von der Venture-Capital-Initiative der aws profitieren, die Kapital für forschungs- und technologieorientierte Firmen in der Gründungs- und Frühphase zur Verfügung stellt. Besonders wichtig ist auch die Förderung von Gründungen im Hochtechnologiebereich - sowohl durch die Programme der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), als auch im Rahmen der aws-Jungunternehmer-Offensive.

 

Seit Mai 2011 werden mit dem Gründungs.Investitions.Scheck und seit 1. Jänner 2012 mit dem Jungunternehmer-Scheck EPU und Kleinstgründungen gefördert. Investitionen von € 5.000 bis € 20.000 werden mit einem Betrag von € 1.000 gefördert. Der Verwaltungsaufwand für die Jungunternehmer/innen ist dabei gering.

 

Mit dem Gründungs.Technologie.Scheck wird der angesprochenen Zielgruppe von Gründer/inne/n rasch und unbürokratisch in der kritischen Anfangsphase des Unternehmens der Zugang zu spezifischem externen Know-how in den Bereichen Geistiges Eigentum und Technologie ermöglicht. Damit soll für den/die Gründer/in auch ein Beitrag geleistet werden, unnötige Anfangskosten - etwa durch falsche Entscheidungen in diesen kritischen Bereichen - zu vermeiden. Beratungsleistungen von € 5.000 bis € 15.000 werden mit einem Betrag von € 1.000 unterstützt.


Diese Scheckprogramme werden laufend evaluiert und den Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechend angepasst.

 

Neue Impulse setzt das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend auch im Rahmen seines Innovations-Fitnesspakets. Als erster Schritt wird seit Mitte 2011 ein zusätzlicher Innovationsscheck im Wert von je € 10.000 angeboten, um noch mehr Betriebe zum Einstieg in Forschung und Entwicklung zu motivieren. Dieser Gutschein kann für den Zukauf von Leistungen wie Machbarkeitsstudien, Testverfahren, Marktforschung sowie Produktentwicklungs- und Strategieberatung verwendet werden. Dazu kommt für innovative Gründer/innen ein Technologiescheck im Wert von je € 1.000, der zum Beispiel für Forschungs- oder Patentberatungen eingelöst werden kann. Ebenfalls ausgebaut wird die Förderung für Kreativleistungen. 2012 etabliert das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend im Rahmen eines EU-Projekts einen Kreativscheck im Wert von je € 5.000 zur Umsetzung von Innovationen am Markt. Einlösbar ist dieser Bonus zum Beispiel für die Überarbeitung eines Prototyps durch einen Designer.

 

Seit Beginn 2008 ist die "Abfertigung Neu" auch für Unternehmer Realität. Damit wurde die soziale Sicherheit der Wirtschaftstreibenden entscheidend verbessert. Die durch die Absenkung der Krankenversicherungsbeiträge frei werdenden Mittel werden steuermindernd in eine Vorsorgekasse einbezahlt und später in Form einer monatlichen Zusatzpension oder als einmaliger Barbetrag ausbezahlt. Bei einem Wechsel zwischen selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit können die Ansprüche nach dem Rucksackprinzip mitgenommen werden.

 

Die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige ab dem 1. Jänner 2009 soll die Entscheidung zur selbständigen Erwerbstätigkeit erleichtern und das Verarmungsrisiko verringern. Selbständige, die vorher als Arbeitnehmer eine bestimmte Zeit arbeitslosenversichert waren, bleiben dies als Selbständige, und zwar ohne Zusatzkosten. Die Einbeziehung von Selbständigen in die Arbeitslosenversicherung erfolgt im Rahmen eines Optionen - Modells unter Wahrung der bisher erworbenen Ansprüche.

 


Damit fällt eine wesentliche Barriere bei der Entscheidung zwischen Selbständigkeit und Unselbständigkeit; die Übergänge werden in beide Richtungen fließender. So wird es den Menschen erleichtert, ihre Ideen einmal in selbständiger, einmal in unselbständiger Erwerbstätigkeit zu realisieren.

 

Seit 1. September 2009 ist die Entscheidung über die Einstellung eines ersten Mitarbeiters durch die Befreiung von SV-Dienstgeberbeiträgen (rund 21% der Bruttolohnkosten) für den ersten jungen Mitarbeiter (bis 30 Jahre) für zwölf Monate erleichtert worden. Diese Förderung ist beim Arbeitsmarktservice zu beantragen.

 

Weitere Verbesserungen und Aktivitäten für Jungunternehmer sind:

-          Tarifreform: niedrigere Beitragsgrundlagen für Pensions- und Krankenversicherung für Jungunternehmer in den ersten drei Jahren.

-          Regionale Gründerzentren bzw. Inkubatoren und Gründer-Coaching.

-          Bewusstseinsbildende Aktivitäten im Schulwesen (JUNIOR, IFTEC) und an Universitäten und Fachhochschulen (Unterstützung von Spin-Offs im akademischen Bereich: UNIUN, INiTs).

-          Gründungslehrstühle an den Universitäten Klagenfurt, Linz und Wien.

-          Österreichweite Business-Plan-Wettbewerbe (i2b, GO-Gründerwettbewerb).

-          Reform des Insolvenzrechts nach dem Motto "Sanieren statt Zerschlagen"; Ersetzung eines Ausgleichs- durch ein Sanierungsverfahren.

-          Das Unternehmensgründungsprogramm des AMS bietet eine Unterstützung auf dem Weg von der Arbeitslosigkeit zur Selbständigkeit durch Weiterbildung, Beratung und Training.

-          Servicezentrum für Künstler, eingerichtet bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft.

 

Ergänzend zu den Maßnahmen betreffend das inländische Zielpublikum ist wichtig, dass auch ausländische Investoren für eine Betriebsgründung in Österreich angesprochen werden. Die in meinem Kompetenzbereich agierende staatliche Betriebsansiedlungsgesellschaft Austrian Business Agency (ABA) leistet hier schon seit Jahren hervorragende Arbeit. In den Jahren 2000 bis 2011 konnte die


ABA beachtliche Ansiedlungserfolge erzielen: In diesem Zeitraum wurden insgesamt 1.786 ausländische Ansiedlungen am Standort Österreich von der ABA erfolgreich betreut, die mit einem Investitionsvolumen von rund € 4,9 Mrd. und 27.236 neuen Arbeitsplätzen verbunden waren.

 

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

 

Die Bundesregierung räumt der unternehmerischen Ausbildung auf allen Ebenen der beruflichen Bildung in Österreich bei der Gestaltung der Curricula und in der Lehrerausbildung Priorität ein. Zwei Projekte, an welchen sich das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend auch finanziell beteiligt, sind an dieser Stelle besonders zu erwähnen:

 

JUNIOR - Schülerinnen und Schüler gründen Unternehmen

JUNIOR Enterprise Austria unterstützt seit 15 Jahren zahlreiche Maßnahmen im Bereich Entrepreneurship Education an österreichischen Schulen unter der Lizenz von Junior Achievement Young Enterprise Europe (JA-YEE) und JA Worldwide. Eingebettet in das Netzwerk der Volkswirtschaftlichen Gesellschaften und von diesem unterstützt, agiert JUNIOR Enterprise Austria in den Bundesländern direkt bei der Schule. Die angebotenen Bildungsprogramme fördern bei den teilnehmenden Schüler/inne/n fachliche und soziale Kompetenzen, auch für die spätere Berufstätigkeit.

 

u:start - Das Programm zu Selbstständigkeit & Gründung des Alumniverbandes der Universität Wien 

u:start (www.alumni.ac.at/ustart/info) bietet Orientierung, Ausbildung, Mentoring, Beratung und Vernetzung bei der Umsetzung einer Idee bzw. bei der Gründung eines Unternehmens. Bei der Businessplan-Erstellung wird die Geschäftsidee einer grundlegenden Prüfung unterzogen und im Mentoring-Gespräch erhalten die angehenden Gründer wertvolle Tipps von erfahrenen Gründern. Die im Laufe von u:start entstandenen Geschäftskonzepte können am Ende zum Businessplanwettbewerb eingereicht werden. Die Prämierung sowie die Vorstellung der Gründungsideen (und Gründer/innen) erfolgt im Rahmen der Abschlussveranstaltung an der Universität Wien.


 

Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

 

Das Unternehmensserviceportal (USP) ist eine Initiative der österreichischen Bundesregierung und bietet seit 1. Jänner 2010 nützliche Informationen zu unternehmensrelevanten Themen. Ziel ist es, einen zentralen One-Stop-Shop einzurichten, in dem Unternehmen die für sie relevanten Informationen abfragen sowie ihre Informationsverpflichtungen rasch und effizient abwickeln können. Das USP bietet rund um die Uhr an zentraler Stelle Informationen und Tipps zu behördlichen Aspekten der unternehmerischen Tätigkeit, etwa zu Gründung eines Unternehmens, Steuern, Firmenbuch und gesetzlichen Neuerungen. Zusätzlich können zahlreiche Formulare abgerufen, über einen direkten Zugang Amtswege online erledigt oder die zuständige Behörde gesucht werden.

 

Wer in Österreich ein nicht protokolliertes Einzelunternehmen gründen möchte, kann dies innerhalb eines Tages durchführen. Österreich nimmt hier verglichen mit Ländern wie Deutschland, Großbritannien, Schweden, Niederlande oder Finnland eine absolute Spitzenposition ein.

 

Im Zuge der Errichtung des USP wurde eine Lösung für „einfache“ Unternehmensgründungen in Form von umfassender Information und einem bundesweit einheitlichen Online-Formular umgesetzt. Anfang 2010 wurde der Betrieb aufgenommen. Durch die „Unternehmensgründung online“ können Bürger/innen, die sich mit einer gewerblichen Tätigkeit selbstständig machen möchten, auf geprüfte Inhalte zurückgreifen und sich dadurch Zeit und Geld ersparen. So ist heute die elektronische Gewerbeanmeldung an einem Tag möglich. Zusätzlich zum Informationsangebot und dem Online-Formular werden Tipps rund um die Unternehmensgründung sowie Hinweise zu den Fördermöglichkeiten gegeben.