2673/AB-BR/2012

Eingelangt am 15.05.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für europäische und internationale Angelegenheiten

Anfragebeantwortung

 

 

Die Bundesräte Efgani Dönmez, Kolleginnen und Kollegen haben am 15. März 2012 unter der Zl. 2884/J-BR/2012 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend "Wien-Besuch von Mohammad- Najjar" gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 3:

Gemäß Art. 19 Abs. 4 des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran berührt das EU-Reiseverbot nicht die Fälle, in denen ein Mitgliedstaat durch eine völkerrechtliche Verpflichtung gebunden ist, und zwar u.a. (i) wenn er Gastland einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation ist, oder (ii) wenn er Gastland einer internationalen Konferenz ist, die von den Vereinten Nationen (VN) einberufen worden ist oder unter deren Schirmherrschaft steht.

Österreich ist als Sitzstaat der Vereinten Nationen gemäß Abschnitt 29 des Amtssitzabkommens (BGBl. III Nr. 99/1998) völkerrechtlich verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Vertretern von Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen die Einreise nach und den Aufenthalt im Gebiet der Republik Österreich zu erleichtern, ihrer Ausreise aus dem Gebiet der Republik Österreich keine Hindernisse in den Weg zu legen und dafür zu sorgen, dass sie bei ihren Reisen zum und vom Amtssitz der Vereinten Nationen nicht behindert werden, sowie ihnen während der Reise jeden erforderlichen Schutz zuteilwerden zu lassen. Die von diesen Personen benötigten. Sichtvermerke müssen von Österreich kostenlos und so rasch wie möglich erteilt werden. Artikel 25 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (EU Visakodex) sieht für derartige Fälle vor, dass aufgrund internationaler Verpflichtungen ein Visum erteilt werden kann, welches allerdings auf das Hoheitsgebiet des ausstellenden Vertragsstaates (hier Österreich) zu beschränken ist. Der iranische Innenminister Mostafa Mohammad Najjar ist seit 23. Juni 2008 auf der EU- Sanktionenliste (siehe Annex II des Ratsbeschlusses 2010/413/GASP vom 26. Juli 2010). Gegen alle gelisteten Personen wurden gezielte Sanktionen verhängt, die u.a. eine Kontensperre, ein Verbot der Bereitstellung von Geldern und ein Reiseverbot (mit Ausnahmen) umfassen. Ein EU- Verbot der Teilnahme gelisteter Personen an VN-Veranstaltungen in Wien würde im Widerspruch zu den völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs als Sitzstaat der Vereinten Nationen stehen.

Zu Frage 2:

Der iranische Innenminister Mostafa Mohammad Najjar ist nicht auf der Liste des Iran- Sanktionenkomitees des VN-Sicherheitsrates gemäß Resolution 1737 (2006) angeführt. Daher sind die Bestimmungen des VN-Sanktionen- und Ausnahmenregimes nicht anwendbar und war folglich auch kein Ausnahmeantrag an das VN-Sanktionenkomitee zu stellen.

Zu den Fragen 4 und 5:

Die kritische österreichische Haltung gegenüber dem iranischen Nuklearprogramm und den schweren Menschrechtsverletzungen im Iran ist seit langem bekannt (siehe u.a. dazu die Presseaussendungen des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) vom 28. Februar 2011, 12. Juli 2011 und 23. März 2012). Die Reise des iranischen Innenministers Mostafa Mohammad Najjar nach Wien erfolgte, um an der 55. Tagung der VN- Drogenkommission (UN Commission on Narcotic Drugs, CND) teilzunehmen. Da der Wien- Besuch nicht Österreich, sondern einer multilateralen Tagung im Rahmen der Vereinten Nationen galt und auch kein bilaterales Treffen mit österreichischen Vertretern stattfand, bestand kein Anlass, den Besuch öffentlich zu kommentieren. Als Mitglied der Vereinten Nationen hat der Iran das Recht, an den Tagungen der CND und anderen internationalen Konferenzen der Vereinten Nationen in Wien teilzunehmen, und ist daher vom VN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UN Office on Drugs and Crime, UNODC) auch einzuladen. Der Iran ist von der Drogenproduktion in Afghanistan und Pakistan unmittelbar als Transit- und Zielland betroffen. Der Iran investiert beträchtliche Human- und Finanzmittel in die Drogenbekämpfung und unterstützt zahlreiche Programme von UNODC, das auch über ein Büro in Teheran verfügt. Laut UNODC kann die Zusammenarbeit mit dem Iran im Bereich der Drogenbekämpfung als generell zufriedenstellend bezeichnet werden. Aus Sicht des BMeiA erscheint es daher zielführend, den Iran in die internationalen Maßnahmen zur Bekämpfung des Drogenhandels einzubinden.


Die Verhängung und Exekution der Todesstrafe im Iran wird vom BMeiA in Gesprächen mit dem Iran sowie in internationalen Gremien - wie zuletzt anlässlich der Sitzung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen im März 2012 - regelmäßig kritisiert.