2703/AB-BR/2012

Eingelangt am 16.11.2012
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

GZ. BMVIT-9.500/0033-I/PR3/2012    

DVR:0000175

 
 


An den

Präsidenten des Bundesrates

Georg Keuschnigg

Parlament

1017    W i e n

 

 

Wien, am      . November 2012

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Die Bundesrätin Kerschbaum, Freundinnen und Freunde haben am 18. September 2012 unter der Nr. 2915/J-BR an mich eine schriftliche Anfrage betreffend EU-Flughafenpaket – lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu  den Fragen 1 bis 3:

Ø  Haben Sie formell eine Streichung von Artikel 10 (wie vom österreichischen Bundesrat, aber auch z.B. vom deutschen Bundestag gefordert) geltend gemacht?

Ø  Wenn nein, warum nicht?

Ø  Wenn ja, welches Ergebnis konnten Sie in diesem Punkt erzielen?

 

Österreich hat sich gemeinsam mit anderen Staaten - darunter auch Deutschland - in den Ratsarbeitsgruppen Luftfahrt gegen die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Fassung des Artikels 10 ausgesprochen.


 

Der ursprüngliche Artikel 10 „Kontrollbefugnis“ wurde gestrichen. Teile seines Inhalts sind nunmehr in stark abgeschwächter Form in Artikel 7 „Regeln für die Einführung von Betriebsbeschränkungen“ enthalten. Insbesondere das Recht der Kommission zur Aussetzung von lärmbedingten Betriebsbeschränkungen existiert nicht mehr: Falls die Kommission feststellt, dass bei der Einführung einer lärmbedingten Betriebsbeschränkung das in der gegenständlichen Verordnung vorgesehene Verfahren nicht eingehalten wurde, kann sie dies den jeweils zuständigen Behörden entsprechend mitteilen.

 

 

Zu den Fragen 4 bis 8:

Ø  In welcher Sitzung bzw. Verhandlung wurde Ihnen von wem eine Zusage erteilt, dass das Wiener Mediationsverfahren bzw. sein Ergebnis von der EU-Regelung nicht berührt bzw. in Frage gestellt wird?

Ø  Wie ist diese Ausnahmeregelung konkret formuliert?

Ø  In welcher Form wurde diese Ausnahmeregelung festgehalten bzw. sind inzwischen Protokolle des Rats oder geänderte Verordnungsvorlagen vorhanden?

Ø  Welchen Spielraum sieht die von Ihnen erreichte Ausnahmeregelung für a) künftige Mediationsverfahren sowie b) die Ergänzung oder Aktualisierung bestehender Mediationsvereinbarungen vor (auch die derzeitige Wiener Mediationsvereinbarung hat z.B. nicht alle Betroffenen eingebunden und Lösungen/Verbesserungen für Mediationsbeteiligte teilweise auf Kosten Dritter erzielt, was dringend überarbeitungsbedürftig ist)?

Ø  Wäre eine rein privatrechtliche Mediationsvereinbarung, deren Inhalte nicht auch bescheidmäßig verfügt werden, überhaupt von Art. 10 des Kommissionsvorschlags erfasst, denn Artikel 10 spricht von Verfügungen der zuständigen Behörde?

 

Der diesbezügliche Artikel 15a wurde in der RAG-Sitzung am 30. April 2012 behandelt. Der Artikel 15a „Übergangsbestimmungen“ lautet: „Betriebsbeschränkungen und Entscheidungen über den Betrieb von Flughäfen, die bereits vor Inkrafttreten dieser Verordnung erlassen wurden, fallen nicht unter diese Verordnung, sondern, soweit die Richtlinie 2002/30/EG anwendbar ist, unter diese Richtlinie und gegebenenfalls unter die einzelstaatlichen Vorschriften zu deren Umsetzung. Für diese Maßnahmen gilt daher weiterhin die Richtlinie 2002/30/EG.“

 

In einem neuen Erwägungsgrund wird weiters erläutert, dass Betriebsbeschränkungen und Entscheidungen über Betriebsbeschränkungen, die bereits vor Inkrafttreten dieser Verordnung erlassen wurden und nicht unter diese Verordnung fallen, auch Maßnahmen umfassen können, die auf Gerichtsbeschlüssen beruhen oder das Ergebnis eines Mediationsverfahrens sind.

Die Wiener Mediation mündete im Mediationsvertrag, in dem die Einrichtung des Dialogforums als ständige Plattform zur Eingabe aktueller Verbesserungsvorschläge aber auch von Kritikpunkten etabliert wurde. Da der Mediationsvertrag vom gegenständlichen Verordnungsvorschlag unberührt bleibt, ist damit auch Raum für eine Fortsetzung des Dialogs und die Umsetzung von konsensualen Lösungsansätzen gegeben.


Zu Frage 9:

Ø  Welche Verbesserungen hinsichtlich der im EU-VO-Entwurf sehr unbefriedigenden und einseitig flugverkehrsfreundlichen Vorgaben für die Bewertung der Effizienz von „lärmbedingten Betriebsbeschränkungen“ haben Sie a) in welcher Weise eingebracht, b) erreicht?

 

Vom gegenständlichen Verordnungsentwurf ist in Österreich nur der Großflughafen Wien betroffen. Dieser hat mit dem Mediationsverfahren bereits in der Vergangenheit freiwillig Lärmschutzmaßnahmen finanziert bzw. getroffen. Auch am Flughafen Salzburg gelten lärmbedingte Betriebsbeschränkungen, die aber wegen der Zahl der jährlichen Flugbewegungen von der geplanten EU-Verordnung unberührt bleiben. Ein vorrangiges Verhandlungsziel war es daher, die positiven Ergebnisse der Wiener Mediation in der Verordnung abzusichern, was mit der Textierung des Artikels 15a inklusive der Erwägungsgründe auch gelungen ist. 

 

 

Zu Frage 10:

Ø  Der Bundesrat hat in seiner Mitteilung deutlich kritisiert, dass der Kommissionsvorschlag einseitig der Kosteneffizienz und generell wirtschaftlichen bzw. Branchen-Belangen Vorrang gibt – ein unausgewogener Zugang, der auch Inhalt des sogenannten „ausgewogenen Ansatzes“ der ICAO ist, weshalb dieser von Fluglärmbetroffenen seit jeher kritisch bewertet wird. Der Bundesrat fordert deshalb in seiner Mitteilung wörtlich einen „gerechten“, d.h. nicht einseitig zugunsten der Luftverkehrswirtschaft gestalteten Interessensausgleich in Sachen Fluglärm. Was haben Sie in diesem Sinn im EU-Verkehrsministerrat a) konkret eingebracht, b) durchgesetzt?

 

Der ausgewogene Ansatz „balanced approach“ basiert auf einer Entschließung der ICAO (ICAO Entschließung A33/7). Diese wurde von allen ICAO-Mitgliedstaaten mitgetragen. Dieser Ansatz zielt auf die Verminderung der schädlichen Auswirkung von Fluglärm, bei dem die möglichen Maßnahmen, insbesondere die Reduzierung des Fluglärms an der Quelle (möglichst moderne und damit leise Flotte), Flächennutzungsplanung und –verwaltung sowie lärmmindernde Betriebsverfahren und Betriebsbeschränkungen in einheitlicher Weise geprüft werden, um das Lärmproblem auf einem einzelnen Flughafen auf die kosteneffizienteste Weise zu lösen. Durch das Implementieren des „balanced approach“-Ansatzes in den Vorschlag zur gegenständlichen  EU-Verordnung ist erhöhte Rechtssicherheit gegenüber Drittstaaten gegeben.

 

 

Zu Frage 11:

Ø  Welche Einschränkungen für die eindeutig überschießenden Spielräume der Kommission laut Artikel 11 des Verordnungsvorschlags haben Sie a) konkret eingebracht, b) durchgesetzt?

 

Artikel 11 „Delegierte Rechtsakte“ überträgt der Kommission die Befugnis zur technischen Aktualisierung der Lärmhöchstwerte gemäß Artikel 4, Absatz 4 (bei der Ausmusterung sind Kap. 4 Annex 16 LFZ nicht betroffen) und Artikel 8, Absatz 1 lit. a (Lärmzeugnis gemäß ICAO Annex 16, Kap. 3) sowie des Bescheinigungsverfahrens gemäß Artikel 6, Absatz 1 (Lärmwert gemäß Chicago-Abkommen, 6. Ausgabe März 2011). Weiters kann die Kommission technische Aktualisierungen der Methodik und der Indizes gemäß Anhang I verfügen.

 

Art. 11 gibt der Kommission somit lediglich die Möglichkeit, Anpassungen aufgrund neuer Entschließungen, insbesondere der ICAO, entsprechend zu würdigen. Ein Beispiel wäre die jetzige Ausnahme von ICAO Kap. 4 LFZ bei der Flottenausmusterung: In Zukunft wäre hier die dem verbesserten Anrainerschutz dienliche Modifizierung zu den leiseren ICAO Kap. 5 Flugzeugen denkbar.

 

 

Zu Frage 12 und 13:

Ø  Sind weitere Verhandlungen zur Verordnung über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen im Verkehrsministerrat vorgesehen? Wenn ja, wann?

Ø  Wie ist der vorgesehene weitere Zeitplan für den Beschluss der Verordnung?

 

Im Zuge des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens der Europäischen Union ist vor einer weiteren Behandlung im Rahmen eines Verkehrsministerrats zunächst die erste Lesung des Europäischen Parlaments zur Verordnung abzuwarten.

 

Eine Einigung in zweiter Lesung oder gegebenenfalls im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens ist unter Irischer Präsidentschaft (1. Halbjahr 2013) zu erwarten. Nach Veröffentlichung im Amtsblatt und einer entsprechenden Übergangsfrist (derzeit vorgesehen: 24 Monate) wäre gegenwärtig mit einem Inkrafttreten nicht vor Anfang 2015 zu rechnen.