2709/AB-BR/2012
Eingelangt am 04.12.2012
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Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
An den
Präsidenten des Bundesrats
Georg KEUSCHNIGG
Parlament
1017 W i e n
GZ: BKA-353.410/0006-I/4/2012 Wien, am 4. Dezember 2012
Sehr geehrter Herr Präsident!
Die Bundesräte Kneifel, Kolleginnen und Kollegen haben am 4. Oktober 2012 unter der Nr. 2918/J-BR an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Einhaltung der Medienvielfalt und Pressefreiheit in Österreich“ gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 7:
Ø Anerkennen Sie die Bedeutung einer vielfältigen lokalen und regionalen Presse für eine funktionierende Demokratie in den Gemeinden und Ländern? Wenn ja, was tun Sie, um dies zu gewährleisten?
Ø Anerkennen Sie die Freiheit eines Verlegers, sich für eine ihm geeignet erscheinende Vertriebsart zu entscheiden als Teil der Pressefreiheit? Wenn ja, was tun Sie, um dies sicherzustellen?
Ø Anerkennen Sie, dass Pressefreiheit und Medienvielfalt in Österreich uneingeschränkt gelten und geschützt werden sollen und zwar unabhängig von der Vertriebsart der Zeitung? Wenn ja, was unternehmen Sie, um dies zu gewährleisten?
Ø Die derzeit bestehende rechtliche Situation für unadressierte Zeitungen, insbesondere Regionalzeitungen, ist offensichtlich hinsichtlich des Vertriebs nicht grundrechtskonform. Was gedenken Sie zu tun, um Pressefreiheit und Medienvielfalt hier umfassend abzusichern und einen verfassungskonformen Rechtszustand herbeizuführen?
Ø Wie wollen Sie Ihrer Verpflichtung zur Erhaltung der Medienvielfalt nachkommen, um dadurch die - noch - existierende Vielfalt an Zeitungen in den Regionen zu erhalten und zu sichern, die dieses Land für eine funktionierende Demokratie an der Basis braucht?
Ø Werden Sie in Kontakt mit Vertretern der betroffenen Zeitungen bzw. der Interessenvertretung der Regionalmedien treten, um das Ausmaß des erforderlichen Rechtsschutzes für deren Vertrieb zu evaluieren und festzulegen?
Ø Bis wann kann mit einer Regierungsvorlage zur Absicherung insbesondere des Vertriebs der momentan nicht ausreichend geschützten, unadressierten Zeitungen im Sinne der Verfassung, insbesondere von Art. 10 EMRK, gerechnet werden?
Es versteht sich von selbst, dass die österreichische Bundesregierung die Bedeutung der Gewährleistung der Presse- und Medienfreiheit als wesentliche Voraussetzungen bzw. Grundpfeiler der Demokratie erkennt und sich für die Erhaltung und Fortentwicklung der Vielfalt der Medien sowohl im bundesweiten wie auch im lokalen und regionalen Bereich einsetzt.
In diesem Sinne darf ich auf das umfangreiche bestehende Fördersystem in diesem Bereich hinweisen, welches insbesondere die Presse- und Publizistikförderung aber auch den Fernsehfonds Austria umfasst. Erst 2009 wurde zudem die gesetzliche Grundlage für zwei bei der RTR-GmbH angesiedelte Fonds zur Förderung des privaten (kommerziellen und nichtkommerziellen) Rundfunks geschaffen.
Soweit Sie in Ihrer Anfrage auf ein im Juni 2012 ergangenes Urteil des EGMR betreffend Italien (Rechtssache Centro Europa 7) verweisen, erschließt sich mir jedoch nicht, wie diesbezüglich eine Vergleichbarkeit mit der von Ihnen geschilderten Situation der Regionalzeitungen in Österreich gegeben sein könnte. Vielmehr betraf der angesprochene Fall eine faktische Behinderung des Marktzuganges (mangels Zuteilung von Frequenzen konnte der betroffene Rundfunkveranstalter nie seinen Sendebetrieb aufnehmen) und stand insoweit der Gewährleistung effektiver Medienvielfalt entgegen. Es ist für mich nicht nachvollziehbar weswegen Sie davon ausgehen, dass die rechtliche Situation der Regionalzeitungen in Österreich „offensichtlich hinsichtlich des Vertriebs nicht grundrechtskonform“ ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich aber insbesondere darauf verweisen, dass hinsichtlich der Presseförderung eine Evaluierungsstudie in Auftrag gegeben wurde, die demnächst vorliegen sollte und dann Basis der weiteren Diskussion sein soll.
Mit freundlichen Grüßen