2740/AB-BR/2014

Eingelangt am 31.03.2014
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-12.000/0002-I/PR3/2014     
DVR:0000175
 


An den

Präsidenten des Bundesrates

Michael LAMPEL

 

Parlament

1017    W i e n

 

Wien, am     . März 2014

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Die Bundesräte Dr. Brunner, Kolleginnen und Kollegen haben am 31. Jänner 2014 unter der Nr. 2961/J an mich eine schriftliche Anfrage betreffend  Maßnahmen zur Verhinderung von Schockrechnungen der Telekomunternehmen gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

  Ø   Aus welchem Grund gilt die Kostenbeschränkungsverordnung nur für den Datenverbrauch, nicht jedoch für Telefon- und SMS-Dienste?

 

Im Gegensatz zum Datenverbrauch ist der Konsum von Minuten und SMS subjektiv wesentlich besser wahrnehmbar. Überraschend hohe Rechnungen kommen somit sehr selten vor. Dies konnte anhand der Beschwerdestatistik belegt werden. Weiters wurde im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung der Kostenbeschränkungsverordnung (KostbeV) empirisch untersucht, wie die Kunden selbst das Schutzbedürfnis bei SMS und Sprache einschätzen. Im Ergebnis wurde dieses wesentlich geringer eingeschätzt als bei Daten.

 


Auch war zu berücksichtigen, dass die Einführung technischer Systeme zur Kostenbeschränkung für SMS/Sprache unverhältnismäßig teuer gewesen wäre und das Risiko allgemeinerPreissteigerungen mit sich gebracht hätte. Diese Umstände müssen gemäß § 25a TKG 2003 zwingend abgewogen werden, insbesondere die Bedachtnahme auf technische Möglichkeiten, Art des Vertrages und des Dienstes, und das verfassungsrechtliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Erwerbsfreiheit. Diese Beurteilung ergab, dass die Auferlegung einer Kostenbeschränkung für SMS und Sprache nicht gerechtfertigt ist. Die Beschwerdestatistiken bei der Schlichtungsstelle der RTR (https://www.rtr.at/de/komp/STR_Bericht2012) zeigen auch nach wie vor keine signifikanten Schwerpunkte in diesem Segment.

 

 

Zu Frage 2+3:

  Ø   Sind Unternehmen genauso vor horrenden Tarifhöhen zu schützen wie Private?

  Ø   Warum wurde bei Unternehmen nicht das „opt-out“-System gewählt, sondern das „opt-in“-System?

 

Unternehmer sind in hohem Maße von einer unterbrechungsfreien Versorgung mit Telekommunikationsdiensten abhängig. Jeder Unternehmer soll daher selbst entscheiden können, ob er in den Schutzbereich der Kostenbeschränkungsverordnung einoptiert oder nicht. Überraschende Sperren des Internetzugangs bei Erreichen eines bestimmten Betrages können jedenfalls nachteilige Folgen für den Geschäftsbetrieb haben. Unternehmern ist im Geschäftsleben auch in anderen Rechtsbereichen generell eine höhere Sorgfalt und Verantwortung bei der Besorgung der eigenen Angelegenheiten zuzumuten als Verbrauchern (siehe z.B. die Regelungen im Konsumentenschutzgesetz, die auch mit gutem Grund nur Verbrauchern zu Gute kommen). In der Praxis ist es daher von jedem Unternehmer zu erwarten, mit der auch im sonstigen Geschäftsleben notwendigen Kompetenz selbst zu entscheiden, welche Variante für ihn die sinnvollste ist.

 

 


Zu Frage 4:

  Ø   Warum genießen insbesondere die Unternehmer in Österreich einen geringeren Schutz vor Horrorrechnungen als im EU-Ausland?

 

Hierzu ist einleitend festzuhalten, dass die Schutzbestimmungen der VO (EG) 531/2012 (Roaming-III-Verordnung) ebenfalls nur Roaming-Datendienste betreffen. Eine Sperre beim Anfallen erhöhter Entgelte für Sprach-Roamingverbindungen ist auch in der Roaming-III-Verordnung nicht vorgesehen.

 

Das rechtlich zwingende Schutzniveau bei Nutzung von mobilen Datendiensten durch Unternehmen im Inland ist nicht geringer als jenes im EU-Ausland einzustufen. Vielmehr bietet die KostbeV in § 3 Abs 2 bei Erreichen eines Entgeltstandes von € 60,- neben der Sperre der Datendienste noch weitergehende Möglichkeiten, wie einen „Speed-Step-Down“ (Reduzierung der Bandbreite) oder die Möglichkeit zur unbeschränkten und kostenfreien Weiternutzung der Datendienste. Die Roaming-III-Verordnung sieht hierzu lediglich die Verpflichtung zur Sperre der Dienste vor. Der Teilnehmer hat hierbei nur die Wahl, die Sperre zu akzeptieren oder diese aufheben zu lassen und die Datendienste auf eigenes Kostenrisiko weiter zu nutzen. Voraussetzung für diesen Schutz ist bei Unternehmern i.S.d. KschG aber eben der aktive Schritt des Einoptierens unter den Schutz der KostbeV. Diesbezüglich wird auf die Überlegungen in der Antwort zu den Fragen 2 und 3 verwiesen.

 

 

Zu den Frage 5 bis 8:

  Ø   Haben Sie mit den österreichischen Telekomunternehmen das Gespräch gesucht, damit diese hinkünftig durch Selbstbeschränkung Tarifmodelle, welche derart exzessive Preise für den Datenverbrauch im Inland vorsehen, nicht mehr anbieten?

  Ø   Wenn ja, haben die Telekomunternehmen angekündigt, hinkünftig auf exzessive Preise beim Datenverkehr im Inland zu verzichten?

  Ø   Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, dass es hinkünftig keine exzessiven Preise beim Datenverkehr im Inland gibt?

  Ø   Welche Maßnahmen werden Sie setzen, dass die Preise, die österreichischen Telekomunternehmen den inländischen Kunden für den Datenverbrauch im Inland verrechnen, nicht mehr höher sein können als die Preise, die nach der Roaming-III-Verordnung für den Datenverbrauch im EU-Ausland verrechnet werden dürfen?

 

Die RTR hat vor Erlassung der KostbeV mit den österreichischen Telekommunikationsunternehmen Gespräche geführt, die insbesondere zur Grenze von € 60 geführt haben. Diese Regelungen nach der KostbeV sind anzuwenden. Zivilrechtlich ist jedoch das Tarifmodell von den Unternehmen grundsätzlich privatautonom zu gestalten, wobei die Regulierungsbehörde - bei Vorliegen einer beträchtlichen Marktmacht eines Unternehmens auf einem Endkunden-Gesprächsmarkt - wettbewerbsrechtlich Schranken setzen kann. Ich werde jedoch die RTR ersuchen, im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten zum Universaldienst auf das Kriterium der Erschwinglichkeit von Datentarifen besonders zu achten.


Zu Frage 9:

  Ø   Wie würden Sie die Einführung einer gesetzlichen Höchstgrenze bewerten, damit der Datenverbrauch im Inland nicht teurer als im EU-Ausland sein kann (Stichwort „Inländergleichbehandlung“)?

 

Grundsätzlich bin ich sehr zurückhaltend, wenn es um die Frage geht, wichtige Konsumentenschutzregelungen nicht im Konsumentenschutzgesetz, in welches sie systematisch einzubauen wären, sondern in anderen Materiengesetzen, wie im TKG 2003, zu verankern. Konsumentenschutz ist eine horizontale Materie und sollte daher auch für alle Sachbereiche gleichermaßen zentral geregelt und nicht auf verschiedene Rechtsmaterien aufgesplittert werden.

 

Ich teile aber die Auffassung, dass Tarifbestimmungen transparent und für den mündigen Kunden auch vorhersehbar und steuerbar sein sollen. Ich darf daher nochmals auf die Ausführungen zu den anderen Fragen verweisen, in welchen die bereits jetzt bestehenden Schutzmechanismen dargestellt und erläutert werden.